Donnerstag, 17. Oktober 2013
Top 12. Gesetz zur Offenlegung der Bezüge von Sparkassenführungskräften im Internet
Gesetzentwurf der Fraktion der PIRATEN
Block I
1. Lesung
Wir legen einen Gesetzentwurf vor, demzufolge endlich alle Sparkassen verpflichtet werden, die Bezüge ihrer Vorstandsmitglieder barrierefrei im Internet offenzulegen. Zur Schaffung von Transparenz im Sinne barrierefreier Politik, genügt es nicht, Daten in Jahresberichten schwierig auffindbar willkürlich zur Verfügung zu stellen. Vielmehr ist es notwendig, dass die Daten maschinenlesbar und zentral abrufbar sind. Außerdem sollen auch diejenigen Sparkassen dazu gebracht werden, Daten über die Vorstandsbezüge zu veröffentlichen, die sich bislang beharrlich weigern. Schließlich stellt sich die Veröffentlichungsfrage jedes Jahr aufs Neue, wenn sich z. B. nach einer Kommunalwahl Vorstände und Verwaltungsräte neu zusammensetzen.
Dietmar Schulz, Haushalts- und Finanzpolitischer Sprecher der Piratenfraktion: „Schluss mit der Geheimniskrämerei! Die Sparkassen müssen als öffentliche Unternehmen zur Veröffentlichung der Vorstandsgehälter verpflichtet werden – und zwar verfassungskonform im Internet. Leider hat Rot-Grün unsere Gesetzesänderung vom vergangenen Juli mehrheitlich abgelehnt. Aber wir lassen nicht locker, um endlich transparente Fakten im Sparkassen-Land NRW zu schaffen. Der stereotype Hinweis der Regierungsfraktionen auf Ungesetzlichkeit zieht nicht. Er wird lediglich vom politischen Unwillen getragen.“
Abstimmungsergebnis: Der Gesetzentwurf wurde einstimmig an den Haushalts- und Finanzausschuss (federführend) sowie an den Ausschuss für Kommunalpolitik überwiesen.
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Protokoll der Rede von Dietmar Schulz:
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer hier im Saal und zu Hause am Stream! Zunächst einmal, ich dachte, das mit der Spaßpartei wären wir. Aber man lernt nie aus.
Kommen wir zu dem von uns hier vorgelegten Gesetzentwurf zur Offenlegung der Bezüge von Sparkassenführungskräften im Internet, Tagesordnungspunkt 12.
Wie wir den Presseberichten in den letzten Tagen und Wochen entnehmen konnten, können die bestehenden Transparenzregeln des Sparkassengesetzes in Verbindung mit dem Transparenzgesetz Nordrhein-Westfalen bezüglich der Veröffentlichungspflichten der Sparkassen als politisch und formaljuristisch ineffektiv betrachtet und bezeichnet werden. Dies belegen auch die zähflüssigen, wenngleich durchaus nachhaltigen Bemühungen des Finanzministeriums, der Sache Herr zu werden.
Nach wie vor gibt es in Nordrhein-Westfalen Sparkassen, die nur sehr zögerlich ihren Veröffentlichungsmöglichkeiten nachkommen, den Bitten nachkommen. Es gibt immer noch einige – wir haben sie im Ausschuss als „kleine gallische Dörfer“ bezeichnet –, die sagen, unsere Sparkassen müssen nicht veröffentlichen
Diesem politischen Ausgangspunkt widmet sich unser Antrag erneut. Wir hatten das schon einmal im Zusammenhang mit der Novellierung des Sparkassengesetzes im Monat Juli, allerdings etwas davon abweichend auch differenziert.
Wie zu vernehmen war und ist, sieht unter anderem das Finanzministerium die Materie der Veröffentlichungspflichten – wohlgemerkt: der Pflichten – durch das Handelsgesetzbuch als abschließend geregelt. Auch in den verschiedenen Ausschussberatungen war es immer wieder einhellige Meinung, das Handelsgesetzbuch regele das abschließend. Die Möglichkeiten im Sparkassengesetz seien damit erschöpft.
Die Hinwirkungspflichten, die in § 19 Abs. 6 des Sparkassengesetzes – in Verbindung mit dem Transparenzgesetz – geregelt sind, können daher allenfalls als Krücke bezeichnet werden. Wie sich zeigt, stützt diese Krücke auf jeden Fall nicht, denn eine Verpflichtung lässt sich daraus eben nicht entnehmen. Es bleibt also bei Goodwill-Aktionen der Sparkassen, ob sie nun veröffentlichen oder nicht. Auch die BaFin kann da wenig helfen. Es gibt auch keine rechtliche Handhabe, zu einer Verpflichtung zu kommen.
Mit Blick auf die Bindungswirkung des Handelsgesetzbuches gilt für die Sparkassen Folgendes: Tatsächlich stellt das HGB eine Materie des Wirtschaftsrechts dar, für die der Bund die Gesetzgebungskompetenz hat. Das Transparenzgesetz in Verbindung mit dem derzeitigen Regelungsbestand des Sparkassengesetzes ist ein eher stumpfes Schwert. Gerade deshalb sollte die neue Veröffentlichungspflicht der Sparkassen – so, wie wir sie vorschlagen – nicht im Zusammenhang mit den handelsrechtlichen Bilanz- und Veröffentlichungspflichten – wie in § 19 des Sparkassengesetzes geregelt – festgelegt werden, sondern sie sollte selbstständig als Transparenzgebot im Sinne des Verfassungs- und Organisationsrechts der Sparkassen in einem neuen Abschnitt in das Sparkassengesetz aufgenommen werden. Für dieses – sprich: für das Verfassungsorganisationsrecht der Sparkassen – haben nämlich die Länder die Gesetzgebungskompetenz. Es gibt also Kollision im Sinne der konkurrierenden Gesetzgebung nach Artikel 74 des Grundgesetzes.
Das OLG Köln hat in dem vielfach zitierten und herangezogenen Urteil dazu ausgeführt:
„Im Bereich des Sparkassenwesens fällt die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes nicht einschränkungslos an. Es wird vielmehr zwischen dem Sparkassenverfassungsrecht und dem Sparkassenorganisationsrecht als sogenanntem formellen Sparkassenrecht einerseits sowie andererseits dem materiellen Sparkassenrecht unterschieden, welches die Geschäftspolitik und die Wirtschafts- und Geschäftsführung der Sparkassen betrifft.“
Insofern mag es also sein, dass der Transparenzgedanke als selbstständige demokratisch und rechtsstaatlich begründete organisationsrechtliche Kategorie den Kollegen der Exekutive im Finanzministerium vielleicht noch etwas fremd ist. Wir sollten hier aber im Rahmen der Legislative, wo wir immer wieder hören, dass gerade dazu der Mut besteht, den Transparenzgedanken in verschiedene Gesetze hineinzutragen, auch hier aufbringen. Wir sollten auch hier durch einen neuen Abschnitt im Sparkassengesetz den Weg öffnen, eine Verpflichtung aufzunehmen, die diesem Transparenzgedanken grundsätzlich besser entspricht.
Dies gilt umso mehr, als wir nicht den vielfach kritisierten Ansatz der differenziert individualisierten Veröffentlichung in Geschäftsberichten oder Bilanzen bzw. in Jahresabschlüssen oder Anhängen dazu präferieren, sondern eben den Weg über ein barrierefrei zu erreichendes Portal innerhalb des Sparkassenorganisationsrechts.
In diesem Sinne werbe ich im Namen der Piratenfraktion für eine offene und – vor allem im Sinne der auch seitens der Regierungsfraktionen und der Landesregierung stets bekundeten Transparenzbestrebungen – ergebnisorientierte Beratung in den Ausschüssen. – Vielen herzlichen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)