Veröffentlicht am von und in Frank Herrmann, Persönliche Blogposts.

Am 31.7. haben wir uns zum 5. Mal mit Fans aus NRW getroffen. Dieses Mal waren sehr viele Vertreter der Fanprojekte zugegen. Die Schilderungen der extrem angespannten Situation rund um den Fußball verheißen nichts Gutes für den weiteren Verlauf der Saison. Alle Beteiligten stehen unter enormem Druck. Fan-Vertreter berichteten, dass Gefährderansprachen schon ungewöhnlich weit im Vorfeld der Spiele erfolgen und aktuell Stadtverbote auf Verdacht verhängt würden. Durch die Ankündigungen des DFB und der DFL, mehr Geld für die Gewaltprävention zur Verfügung zu stellen, und nach der Anhörung im Landtag NRW entstand hingegen ein optimistisches Gefühl, dass sich etwas tut. Das Wort „Dialog“ stand im Vordergrund der Debatte. Auch auf Seiten der Vereine, der Verbände, der ZIS und der Politik wurden Fehler im Umgang mit den Fans eingeräumt. Im Moment beherrscht aber wieder nur der Sicherheitsaspekt die Debatte. Die ZIS sagt Spiele ab, es werden massiv Stadionverbote erteilt, und antirassistische Banner und Zaunfahnen werden verboten. Die Polizeigewerkschaften warnen vor einem deutlichen Gewaltpotential bei Spielen der 2. Liga, und Teile der Presse kündigen Horrorszenarien an. Wohlgemerkt: Die Saison hat noch nicht einmal richtig begonnen – in der 2. und 3. Liga wird seit 2 Wochen gespielt, und die 1. Liga startet erst am 9. August.

Diese Gewalt- und Sicherheitsdebatte, die im Moment von der ZIS und der Polizei forciert wird, muss dringend heruntergefahren werden. Im Moment werden öffentlich „Horrorszenarien“ heraufbeschworen. Wie soll das denn weitergehen? Es gibt doch überhaupt keine Fakten, die die Spielabsagen oder das Verhängen von Stadt- und Stadionverboten für hunderte Fans rechtfertigen würden. Die vielen Repressionen auf Verdacht können dagegen sehr schnell dazu führen, dass genau das eintritt, was man vermeiden will, nämlich dass Fans in der Gewalt ein Ventil suchen. Hier muss abgerüstet werden, damit die zarte Pflanze der vertrauensbildenden Maßnahmen, die doch gerade erst in die Wege geleitet wurden, sich entwickeln kann. Der Innenminister muss jetzt reagieren und deeskalierend in die Debatte eingreifen. Wir können nicht jedes einzelne Spiel als Risikospiel behandeln. Das ist den Polizisten und auch den Fans nicht zuzumuten, und es zerstört die Atmosphäre des Fußballs. Für die Spielabsagen stehen doch nur die höchst umstrittenen Daten der ZIS zur Verfügung. Und diese geben schließlich nur die Sicht der Polizei wieder. Hier die Fanprojekte einzubeziehen könnte ein Ansatz sein. In welche Statistik fließen denn die vielen Erfahrungen der Fanprojekte ein? Diese Erfahrungen sind ein Schatz für die Evaluierung von vorbeugenden Maßnahmen und wären kostbar für Studien über die vielen neuen Entwicklungen der letzten Jahre. Das zeigt wieder, dass wir endlich unabhängige Analysen und Evaluierungen brauchen. Anfang September werden wir im Innenausschuss über eine Reform der Datenerfassung und -auswertung der ZIS im Innenausschuss reden und bei dieser Gelegenheit Herrn Jäger auffordern, den offenen Dialog mit den Fans fortzusetzen.

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