Gastbeitrag: Alle reden von Inklusion, der LVR will sie abschaffen.

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Liebe Lesende,

an dieser Stelle folgt nun ein Gastbeitrag des von mir sehr geschätzten Manfred Schramm:

Alle reden von Inklusion, der LVR will sie abschaffen.

4. 12. 2013

Am 6. Dezember will der Landschaftsverband Rheinland den Rückzug aus der Refinanzierung der Therapiekosten in den integrativen Kindergärten beschliessen.

Das bedeutet die deutliche Schlechterstellung von behinderten und förderbedürftigen Kindern in Kindertagesstätten.
Unter dem Deckmantel der ‘Erfüllung von Inklusionsanforderungen’ sollen de facto in erster Linie Einsparungen erzielt werden.

Zum politischen Umfeld:
Bundes- und Landespolitik schreiben sich Inklusion und Bildungsrepublik auf die Fahnen und lassen die handelnden Personen – Schulämter, Jugendämter, Lehrer, Erzieher, Therapeuten und letztlich die Kinder und Eltern – im Stich.

Kein Kind zurück lassen” tragen NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann und NRW-Familienministerin Ute Schäfer seit lange als werbewirksamen Leitspruch vor sich her.
Bundeskanzlerin Angela Merkel ruft die “Bildungsrepublik Deutschland” aus und will Bildungspolitik zur Chefsache machen (schon 2009).

Große Worte, wo bleiben die Taten?

Die von der Politik allein gelassenen bemühen sich nach Kräften und versuchen nun – vermutlich aus der Not heraus – sich aus so mancher finanzieller Verantwortung zu stehlen.

Zurück zum LVR und zur Sache:
Seit 1983 werden Integrative Kitas vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) finanziell gefördert. Konkret bezieht sich die Bezuschussung auf integrative Gruppen, in denen fünf Kinder mit und zehn Kinder ohne Behinderung pädagogisch und therapeutisch gefördert werden. Die finanzielle Förderung entlastet dabei sowohl die Eltern als auch den Träger der Kita und die Kommune.

Aufgrund der Forderung der UN-Konvention zur Gleichstellung von Menschen mit und ohne Behinderung wurde für diesen Bereich ein neues Konzept entwickelt, für das derzeit die Weichen gestellt werden.

Inklusive Bildung, die die bestmögliche Förderung aller Kinder realisiert, braucht bestmögliche Rahmenbedingungen.
Dazu gehören:

  • Die Wahrung der Chancengleichheit für alle Kinder und Familien;
  • Die Erweiterung der Qualifikation der pädagogischen Fachkräfte im Bereich inklusiver Bildung;
  • Das Arbeiten im interdisziplinären Team (Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Therapeuten und den Erziehern ermöglicht einen ganzheitlichen Blick auf das Kind);
  • Die Kontinuität der Therapien;
  • Flexible Gruppengrößen und Altersstrukturen (angepasst an die Kinder in der Gruppe);
  • Die Förderung der Kinder im Alltagsgeschehen;
  • Die Entlastung der Eltern (zeitlich und finanziell);
  • Eine Elternberatung und -begleitung;
  • Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Seit Anfang des Kindergartenjahres 2012/2013 wurden durch den LVR bereits einige Veränderungen für neu aufgenommene Kinder mit einem integrativen Kindergartenplatz umgesetzt:

  1. Die Kosten für das Mittagessen werden nicht mehr übernommen;
  2. Die Elternbeiträge werden nicht mehr übernommen;
  3. Fahrtkosten zur Kindertageseinrichtung werden nicht mehr übernommen;

Weitere Änderungen betreffen die Träger der Einrichtungen und die Kommunen:

  1. Die anteilige Finanzierung der vom Gruppendienst freigestellten Leitung
    wurde gestrichen;
  2. Der Jugendamtsanteil wird bis Ende 2013 sukzessive abgebaut;
  3. Der Trägeranteil wurde in eine Pauschale umgewandelt;
  4. Therapeuten dürfen nur noch befristet eingestellt werden.

Neben diesen schon einschneidenden Veränderungen durch den LVR ist in einem weiteren Schritt das sogenannte „kindbezogene Förderverfahren“ geplant.
Hierbei rückt die Förderung von einem oder mehreren Kindern mit Behinderung in Regelkindergärten in den Vordergrund (Einzelintegration).
Durch den Wegfall und die Kürzungen der oben aufgeführten Finanzmittel und der in diesem Zusammenhang geplanten umfassenden Beteiligung der gesetzlichen Krankenkassen an den Kosten der therapeutischen Versorgung, werden die Therapieformen, wie sie derweil von angestellten Therapeuten in den integrativen KiTas angeboten werden, langfristig der Vergangenheit angehören.
Therapie gibt es dann nur noch auf Rezept!

Es ist zu befürchten, dass die geplanten Einschnitte des LVR zu einer deutlichen Verschlechterung der Rahmenbedingungen führen werden.
Die geplanten Veränderungen führen zu einer weiteren Ausgrenzung von Kindern mit erhöhtem Förderbedarf.
Das Ziel von Inklusion soll jedoch das gemeinsame Miteinander sein und die Umgestaltung der Einrichtungen sollte bestmögliche räumliche und personelle Voraussetzungen für alle Kinder umfassen.
Wenn die Kinder mit Beeinträchtigung für ihre Entwicklung nicht mehr die bestmögliche Förderung erfahren, werden wir als Gesellschaft dem Anspruch der Gleichstellung von Menschen mit und ohne Behinderung nicht mehr gerecht.
Der Verlust von finanziellen Zuwendungen lässt die betroffenen Kinder zu Leidtragenden werden und schwächt damit gerade die, denen es gilt einen sicheren Einstieg in das Leben zu ermöglichen.
Durch den Wegfall der fest angestellten Therapeuten in den integrativen Kitas wird sich die therapeutische Förderung in Praxen und/oder in Einzelsitzungen innerhalb der Einrichtung verlagern.
Das Fachwissen und die interdisziplinäre Förderplanung, die Förderung im Alltagsgeschehen, so wie der kurzfristige Austausch und die damit verbundene spontane Reaktion auf die Bedürfnisse des
Kindes gehen dadurch verloren. Förderbedürftige Kinder und ihre Eltern werden sich ausgegrenzt fühlen.
Die Forderung der UN-Konvention zur Gleichstellung von Menschen mit und ohne Behinderung wird ad absurdum geführt.

Der LVR muß diese Änderungen dringend neu überdenken; das NRW-Familienministerium und die NRW-Landespolitiker müssen die Finanzierung der von ihnen gewollten inklusiven Förderung deutlich verbessern und dies den Landesjugendämtern signalisieren.
Schönen Worten müssen endlich Taten folgen.
Sonst wird auf Dauer die Inklusion in NRW-Kitas exkludiert!

 

 

 

Kurzer Bericht über Ausschussreise nach Brüssel

Veröffentlicht am von unter 20 Piraten, Europa und Eine Welt (A06), Nico Kern, Persönliche Blogposts.

Am 3. und 4. Dezember reiste ich mit dem gesamten Ausschuss für Europa und Eine Welt zur NRW-Vertretung in Brüssel. Dort gab es in kurzer Folge mehrere europapolitische Informationsvorträge und auch unsere Ausschusssitzung. Themen der Vorträge: Möglichkeiten und Ziele der Mitwirkung von NRW an der EU-Gesetzgebung, ein Gedankenaustausch zu aktuellen EU-Themen, sowie eine Präsentation zur wirtschaftspolitischen Koordinierung von der Abteilungsleiterin der zuständigen Generaldirektion „Wirtschaft und Finanzen“. Hier entspann sich eine kontroverse Diskussion: Es wurde deutlich, dass die Austeritätspolitik (Kürzungspolitik) der EU-Kommission im NRW-Europa-Ausschuss teilweise unterstützt, aber auch deutliche Kritik erfährt. Insbesondere in Hinblick auf die Jugendarbeitslosigkeit in den südlichen Ländern, wurde mehr Einsatz von der EU eingefordert.

Bei einem Arbeitsfrühstück mit Mitgliedern des Europaparlaments aus NRW haben wir u.a. ausführlich über die Zuwanderung aus osteuropäischen Ländern gesprochen und die Probleme, die dabei vor allem in manchen Städten des Ruhrgebiets auftreten.

In unserer Ausschusssitzung am Mittwoch haben wir uns von den Fachreferenten der Landesvertretung über die Bereiche EU-USA-Freihandelsabkommen (TTIP), Datenschutz-Grundverordnung und Verkehrspolitik schwerpunktmäßig informieren lassen. Dabei ist klar, dass uns insbesondere das TTIP in 2014 noch intensiv beschäftigen wird. Zwei Verhandlungsrunden zwischen EU und USA fanden bereits statt. Über den Verhandlungsstand werden aber noch nicht einmal alle EU-Parlamentarier in Kenntnis gesetzt, sondern nur die Mitglieder von zwei Ausschüssen, die jedoch zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Das lässt nichts Gutes erwarten…

Ein Bericht des Generaldirektors der Generalsekträtariats des EU-Rates über seine Arbeit bildete den Abschluss unserer Reise. Dabei wurde uns auf amüsante Weise vermittelt, mit welchen Schwierigkeiten auch diese Arbeit verbunden ist. Hier müssen nämlich die Interessen der Mitgliedstaaten der EU auf einen Nenner gebracht werden. Dass dies keine leichte Aufgabe ist, glaubt man gerne, wenn man nur an Großbritannien denkt. Darauf, ob die Briten die EU verlassen oder nicht, möchte aktuell niemand viel Geld verwetten. Aber klar ist, dass die Interessen des Finanzplatzes London bei der Entscheidung über den Verbleib in der EU wesentlich ins Gewicht fallen werden.

Es bleibt also spannend…

 

 

Zusehen – betroffen sein – und wegschauen?

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Regionalkonferenz zur Entwicklung eines integrierten Handlungskonzeptes gegen Rechtsextremismus und Rassismus der Landesregierung

(An der Stelle muss auch nochmal kritisch der Extremismusbegriff hinterfragt werden. Hufeisentheorie und so…)

Flyer:

http://mobile-beratung-nrw.de/attachments/article/106/Flyer_Koeln.pdf

Weil die anderen Termine für mich nicht so gut passten, bin ich heute nach Köln gefahren. Die Rede der Bürgermeisterin zum Auftakt der Konferenz als Appell für Zusammenarbeit verschiedener Gruppen gegen Rassismus, aber auch angrenzender Themen wie Homophobie wirkte durchaus authentisch. Ich kenne mich zu wenig in Köln aus, um zu beurteilen, wie viel in Köln wirklich getan wird gegen z.B. Fremdenfeindlichkeit. Allerdings kenne ich Köln als sehr weltoffene Stadt mit toleranten Menschen und vielen linken Projekten.

Weil der Staatssekretär, der danach reden sollte, zu spät war, kam erst der Beitrag des Poetryslammer Jan Philipp Zymny. Was allerdings ganz lustig anfing, wurde schnell unschön. Lustig machen über geschlechtergerechte oder diskriminierungsfreie Sprache. Verteidigung von N-Wort-Gebrauch. Ich ahne zwar, dass er möglicherweise darauf hinaus will, dass man Kinder durch Verbot von Wörtern in Büchern nicht vor der Wirklichkeit schützen kann. Und dass wir uns deshalb nicht von Verantwortung frei machen können, Kinder und Jugendliche politisch zu bilden. Oder dass Hass Nazis nicht verschwinden lässt. Dass man überlegen muss, wieso Menschen zu Nazis werden. Kann man machen. Die Art und Form finde ich trotzdem zutiefst problematisch. (Witze, die Nazis lustig finden könnten…und die Frage, ob man sich über Juden, Frauen, Behinderte lustig machen darf. Jeder habe ja das Recht, dass man sich über sie lustig macht. Sich nicht über Gruppen lustig zu machen, wäre also ausgrenzend.) Äh. Nö. Schlicht. Nein. (An der Stelle hat mich nur davon abgehalten, den Raum pöbelnd zu verlassen, dass man darüber diskutieren muss.) Sprache transportiert Werte. Ich empfand den Vortrag deshalb nicht witzig, sondern erschreckend unreflektiert. Erschreckend unreflektiert, weil diskriminierende Sprache und rechte Gewalt zwei Ausdrucksweisen eines Grundproblems sind: einer Gesellschaft, die auf Konkurrenz und Gewalt beruht statt auf Solidarität und gegenseitiger Hilfe. Diskriminierende Sprache ist nicht witzig, weil hiermit Sexismus und Rassismus als Ausdruck von struktureller Gewalt fortgeführt wird.

(Ihr lest an der Stelle einfach mal was von Anatol Stefanowitsch zum Thema.)

Der Staatssekretär hat dann mal kurz dargestellt, was eigentlich die Idee hinter dem Handlungskonzeptes ist. Zunächst Hinweis darauf, dass es weit mehr Opfer rechter Gewalt gibt, als bisher zumindest öffentlich war.

Auftrag aufgrund des Koalitionsvertrages (also, weil man es muss, nicht aus Überzeugung?). Anbindung beim Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport.

Idee: Angebote bündeln und “neue Impulse setzen”

Ziel: NRW ist ein Land, in dem Menschen respektvoll miteinander umgehen und das soll auch so bleiben.

(An der Stelle würde ich mir einmal ehrliche Aussagen wünschen, dazu, dass an vielen Stellen Politik, Justiz, Medien und Gesellschaft bisher erschreckend versagt hat und das immer noch tut.)

Lobend erwähnt werden die Beratungsstellen für Opfer von rechter Gewalt. (Für Back up in Dortmund kann ich die großartige Arbeit bestätigen.) Weiterhin gibt es ein Aussteigerprogramm.

Leitfragen: Was sind die relevanten Handlungsfelder? (Schule, Jugendeinrichtungen etc.)
Welcher Beitrag kann in verschiedenen Handlungsfeldern geleistet werden? Was sind geeignete Maßnahmen? (Ende 2014 soll das Konzept stehen)

Worldcafé

1. Tisch: Thema: Wo brennt’s? sehr unterschiedliche Menschen (Flüchtlingsrat NRW, Bezirksbürgermeisterin, KJG, Menschen aus Pädagogik etc.), erkannt wird, dass das Problem Rassismus in der Mitte der Gesellschaft existent ist, auch durch Medien und Politik befeuert, Problem bei Fußballfans (Aachen, Herausdrängen der Ultras, Angriff einer Demo (wurde von Polizei quasi nicht verhindert), vielfältige rechte Gruppierungen (Die Rechte, NPD, Kameradschaften), Unsicherheiten bei Menschen, bürgerliches Klientel, was mit rassistischen Äußerungen kommt, Informationen der Polizei über angemeldete Demos der Rechten werden nicht weitergegeben, trotz gegenteiliger Absprache)

2. Tisch: Thema: Wer muss einbezogen werden? Antifaschistische Bündnisse mehr einbeziehen und nicht kriminalisieren, weniger Repression gegen Antifa-Gruppen, Medien (vor allem wegen von Vorurteilen gegen linke, angeblich gewaltbereite Antifa-Menschen geprägte Berichterstattung von Demos sowie Verschärfung von Rassismus durch Medien), Schulen, Lehramtsanwärter*innen, Unis (auch zu Positionierung bringen), Migrant*innen-und Flüchtlingsorganisationen, Transparenz herstellen über Aktionen/Handlungskonzepte, Vernetzung verbessern

3. Tisch: Thema: Was wird gebraucht? Mehr Vernetzung, weniger gegeneinander, Transparenz der Angebote, mehr Betroffene einbeziehen, finanzielle Mittel für Projekte, politische Bildung, Kommunikation verbessern, Spannungsverhältnis abbauen (weniger Repression gegen linke Gruppierungen)

Die Ergebnisse wurden vor der großen Gruppe nochmal vorgestellt.

Wo brennt es?
Rechte im ländlichen Raum, Aufwind von rechten, parlamentarischen Gruppen, Rechte in der Fußballszene, Rassismus in der Bevölkerung, zu wenig in Lehrplänen in der Schule, institutioneller Rassismus (in Behörden, bei der Polizei etc.), Konkurrenzgesellschaft, Abstiegsängste als Ursache.

Was funktioniert gut?
Ehrenamtliches Engagement gegen Rechts, besonders bei konkreten Anlässen wie Demos
Mobilisierung klappt
Problem dabei: Polizeigewalt, Überwachung durch Polizei
Teilweise gute Vernetzung, gute Beratungsstellen
Verbot von Kameradschaften, aber man sollte sich darauf nicht verlassen (keine Beruhigung dadurch, Nazis sind deshalb nicht weg)
Diskriminierung melden und viele Infos:
http://www.nrwgegendiskriminierung.de

Was wird gebraucht?
Besser vernetzen, online Infos, Datenbanken, Schulen: Demokratieverständnis, Leistungsdruck, zu wenig Selbstwirksamkeit, Förderung von lokalen Strukturen (auch finanziell), Sensibilisierung, (Problem: wenn ich das in meinem Verein, meiner Gruppe, meiner Partei anspreche, bin ich schnell “Nestbeschmutzerin”)

Wer muss einbezogen werden und wie?
Verschiedene Akteure sollen gemeinsam gegen Rechte aktiv sein, trotz unterschiedlicher Weltanschauung, Problembewusstsein verbessern (bei der Polizei zum Beispiel), Prävention (Lehrer*innen, Lehrpläne, Interessenvertretungen von Schüler*innen und Student*innen), Unis, Sportverbände, Unternehmerverbände, Migrant*innenvertretungen

Was wird vom Land erwartet?
Dauerhafte Finanzierung von Projekten (muss überparteilich Konsens sein), Bekämpfung von institutionellem Rassismus, Stärkung des Ehrenamtes, mehr “runde Tische”, Flüchtlingspolitik verbessern(Unterbringung verbessern, in normalen Wohnungen z.B.), Fehlinformationen vermeiden oder abbauen

Fazit:

Den zweiten Teil mit dem Worldcafé fand ich recht gelungen, weil sehr viele unterschiedliche Menschen aus unterschiedlichsten Gruppierungen/Institutionen miteinander bis Gespräch kamen. Was dann letztendlich für das Handlungskonzept von der Regierung konkret kommt, bleibt abzuwarten (und ja: Da bin ich aus antifaschistischer Perspektive eher mal skeptisch.)
Zynisch könnte man sagen: Vorwiegend weiße Männer reden über Diskriminierung
Positiv überrascht war ich aber vom Ansprechen von institutionellem Rassismus und struktureller Gewalt.

#Vorratsdatenspeicherung im Landtag NRW – oder: Parlamentarische Zwänge tun manchmal weh

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alone-62253_640Am vergangenen Mittwoch, den 27. November wurde im Landtag NRW unter Tagesordnungspunkt 6 etwa gegen 21 Uhr über unseren Antrag debattiert, sich auf allen Ebenen gegen die Vorratsdatenspeicherung einzusetzen. Dazu haben wir einen Antrag remixt, der im Schleswig-Holsteinischen Landtag bereits behandelt wurde, und ihn nahezu wortgleich ins Plenum eingebracht.

Er lautete wie folgt:

Vorratsdatenspeicherung stoppen!

I. Der Landtag stellt fest:
Die Vorratsdatenspeicherung ist ein hochproblematischer Eingriff in die Grundrechte der Bürger unseres Landes.
II. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:
sich auf allen politischen Ebenen, auf EU-Ebene, im Bundesrat und der Innenministerkonferenz gegen jede Form der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung einzusetzen.

Kurz, knackig, unmissverständlich.

Während der entsprechende Antrag in Schleswig-Holstein von Piraten, SPD, Grünen und SSW eingebracht und gemeinsam beschlossen wurde, ist dieser Antrag in Nordrhein-Westfalen durchgefallen. Neben CDU und SPD haben auch die Grünen gegen diesen Antrag gestimmt. Letztere aus “parlamentarischen Zwängen”, genauer gesagt aufgrund ihres Koalitionsvertrages mit der SPD. Wollen hat man schon gemocht, aber dürfen hat man sich nicht getraut. Hier haben die Aussagen wieder einmal nicht zum Handeln gepasst.

Die Debatte ist insgesamt höchst aufschlussreich. Hans-Willi Körfges (SPD) redet über alles mögliche, aber nicht über die Sache. Verena Schäffer (Grüne) argumentiert für unseren Antrag, stellt aber fest, ihn ablehnen zu müssen. Daniel Sieveke (CDU) findet den Antrag eine Missachtung des Parlaments, weil er ja nur aus zwei Zeilen besteht. Eine Begründung, warum der Antrag in Schleswig-Holstein gut, aber bei uns schlecht ist, hat niemand von ihnen geliefert. Lediglich die FDP hat mit uns gegen die Vorratsdatenspeicherung und für unseren Antrag gestimmt. Besonderes Highlight ist der Beitrag von Innenminster Jäger (SPD). Er lässt wirklich kein Argument aus der Gruselkiste der Angstmacher aus. Wer die Debatte nachsehen will, kann das hier tun:

Bei der namentlichen Abstimmung sind bei manchen Grünen die körperlichen Beschwerden, “Nein” zu sagen, quasi spürbar.

Meinen Redebeitrag zum Nachlesen gibt es hier.

Im Anschluss an dieses interessante Abstimmverhalten haben wir ein Pressestatement herausgegeben, dessen Videoaufzeichnung Ihr hier sehen könnt:

Ich freue mich auf Feedback!

Strafen und Überwachung für alle Fans – Bankrotterklärung der Politik

Veröffentlicht am von unter Bürgerrechte, Das Neueste, Frank Herrmann, Persönliche Blogposts.

Gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ erklärte der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius am Samstag, dass er sich auf der in dieser Woche stattfindenden Innenministerkonferenz für das niederländische Modell bei sogenannten „Hochrisikospielen“ einsetzen möchte. Ihm schwebt vor, dass bei bestimmten Spielen alle anreisenden Fans der Auswärtsmannschaft ihre Karten erst nach einer persönlichen Identifizierung ausgehändigt bekommen, und dies auch nur, wenn sie per festgelegter und organisierter Reise mit Sonderbussen zum Spielort fahren. Dieses Modell greift massiv in die Freizügigkeit und in die Persönlichkeitsrechte der Fans ein. Wieder einmal zeigt sich ein Innenminister vollkommen gleichgültig gegenüber der massiven Verletzung von Bürgerrechten. Im selben Interview gibt er übrigens selbst zu bedenken, dass die vom DFB als Strafe gegen Vereine verhängten „Geisterspiele“ nicht toll sind, weil alle Fans von solchen Kollektivmaßnahmen getroffen werden. Aber wenn alle Auswärtsfans ihre persönlichen Daten abgeben müssen und in ihrer Reisefreiheit eingeschränkt werden, dann ist das für Boris Pistorius anscheinend OK.

Schon jetzt sprechen viele Interessenvertreter von Fußballfans von einer Datensammelhysterie. Mit personalisierten Tickets ist ein Missbrauch durch Behörden und Vereine vorprogrammiert. Selbst der DFB und die DFL haben in ihrer Stellungnahme zu einer Anhörung im Frühjahr dieses Jahres im Landtag NRW geschrieben: „Personalisierte Tickets ermöglichen keinen wirkungsvollen Sicherheitsgewinn und sind nach den Erfahrungen u. a. der WM 2006 nicht vollständig kontrollierbar. Zudem steht der Sicherheitszugewinn in keinem Verhältnis zum Datenschutz und der praktischen Umsetzung.“ Hört, hört!

Heute legte der Chef der diesjährigen Herbstkonferenz der Innenminister noch einmal nach: Der Rheinischen Post sagte er, dass er gerne gegen alle ermitteln würde, die sich innerhalb einer Gruppe bewegen, aus der heraus Straftaten begangen werden. Die Total-Aushebelung der Unschuldsvermutung begründet Boris Pistorius ganz lapidar damit, dass niemand „zufällig“ in solche Gruppen hineingerate. Aber genau solche Fälle beschreiben Hunderte von Berichten auf den Fanforen. Ein weiteres argumentatives Armutszeugnis wird in beiden Interviews angeführt: Die Arbeit der Fanprojekte sei gut, aber bei „roher Gewalt“ könnten sie nichts ausrichten. Zunächst einmal ist das Zünden von Pyrotechnik keine „rohe Gewalt“, und außerdem sollte Niedersachsen die Fanprojekte überhaupt erst einmal nach dem NKSS-Stellenschlüssel – übrigens von 1993 – mit ausreichend Mitarbeitern austatten, und zwar bevor der Innenminister in der Presse behauptet, dass „wir in diesem Bereich auch mit Fanprojekten […] nicht mehr weiterkommen.“

Es ist sehr bedauerlich, dass Herr Pistorius sich nun auch noch in die Reihe der Scharfmacher und hysterischen Innenminister einreiht. Zunächst wirkte er noch besonnen, denn vor dem Niedersachsenderby sprach er mit Fans und versuchte neue Wege in der festgefahrenen Gewaltdiskussion rund um Fußballspiele zu gehen. Und nun muss man von einem Minister einer Landesregierung solche Sätze lesen, die die Situation rund um das Niedersachsenderby angeblich beschreiben sollen: „Wer so etwas sieht, fühlt sich wie im Krieg.“ Es geht unseren Innenministern nicht mehr um die Realität, sondern nur noch um Profilierung gegenüber der anderen bissigen Kampfhunde. Egal bei welchem Thema – die Lösung unserer Innenminister lautet immer: mehr Drohungen, mehr Strafen, mehr Überwachung. Das ist die Bankrotterklärung der Politik gegenüber den stetig größer werdenden gesellschaftlichen Problemen unserer Zeit!

Bundestag ohne Koalition?

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Passend zu meinem letzten Artikel über “Die Tücken unserer Parlamente” denke ich einfach mal laut und vielleicht etwas naiv weiter nach…

Derzeit wird viel diskutiert über eine mögliche Koalition von SPD und CDU.

Wäre denn der Bundestag und damit die Politik in unserem Land nicht “spannender”, wenn es gar keine Koalition gäbe?

Wenn Positionen jedes Mal ausgehandelt werden müssten und Debatten damit “echter” würden?

Wenn die Mehrheiten nicht immer im Voraus klar wären, sondern Entscheidungen von Themen abhängig waren und nicht von Koalitionsverträgen?

Ich freue mich über Anregungen, Meinungen, Diskussionsbeiträge.

Die Tücken unserer Parlamente

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(oder: the system is broken)

Was geschah:

Gestern gab es im Landtag NRW unter anderem einen recht knapp gehaltenen Antrag von uns bezüglich Vorratsdatenspeicherung. Der Text lautete:

Der Landtag stellt fest:

Die Vorratsdatenspeicherung ist ein hochproblematischer Eingriff in die Grundrechte der Bürger unseres Landes.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf:
sich auf allen politischen Ebenen, auf EU-Ebene, im Bundesrat und der Innenministerkonferenz gegen jede Form der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung einzusetzen.

Natürlich ist das ein Showantrag. Was auch sonst? Es war weitgehend klar, wie da abgestimmt wird. (Das ist es im Parlament übrigens meistens. Leider.)

Das Interessante an diesem Antrag ist aber Folgendes:

Der Antrag ist so originär gar nicht von uns. Er stammt aus Schleswig-Holstein. Von Piraten, SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und SSW.

http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/1200/drucksache-18-1285.pdf

Der erste Satz unseres Antrages ist original übernommen aus dem Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und SSW.

VII.3 Innenpolitik:

“Die Vorratsdatenspeicherung ist ein hochproblematischer Eingriff in die Grundrechte. Deshalb werden wir uns auf Europa- und Bundesebene im Bundesrat und der Innenministerkonferenz gegen jede Form der Vorratsdatenspeicherung einsetzen.”

In NRW stimmen nun SPD und Grüne gegen den Antrag von uns. Warum eigentlich? Weil er von uns kommt? Nicht nur. Im Koalitionsvertragim Bund der noch ganz frischen Koalition von CDU und SPD steht zur Vorratsdatenspeicherung:

“Die EU-Richtlinie über den Abruf und die Nutzung von Telekommunikationsverbindungsdaten werden wir umsetzen. Dabei soll ein Zugriff auf die gespeicherten Daten nur bei schweren Straftaten und nach Genehmigung durch einen Richter sowie zur Abwehr akuter Gefahren für Leib und Leben erfolgen. Die Speicherung der deutschen Telekommunikationsverbindungsdaten, die abgerufen und genutzt werden sollen, haben die Telekommunikationsunternehmen auf Servern in Deutschland vorzunehmen. Auf EU-Ebene werden wir auf eine Verkürzung der Speicherfrist auf drei Monate hinwirken.”

Die SPD hat sich also an die Vorgaben aus dem Bund gehalten. Die Grünen mussten sich dem anschließen, weil sie zwar gegen Vorratsdatenspeicherung sind (natürlich auch weiterhin), aber versprochen haben, mit dem Koalitionspartner zu stimmen. Das sind also diese “parlamentarischen Zwänge”.

Aus die Maus.

Mir tut sowas weh. Ich möchte nicht gegen meine Überzeugungen handeln und auch nicht dagegen abstimmen. Nicht aufgrund eines wie auch immer ausgestalteten “Fraktionszwangs”, aber es täte mir auch weh im Rahmen einer Zusammenarbeit wie einer Koalition. Sicher gibt es Kompromisse, aber auch die haben halt ihre Grenzen. Zumindest für mich.

Es ist aber ein grundsätzliches Systemproblem. Parlamentarismus führt unweigerlich zum Wunsch nach Macht. Zum Streben, eine Regierung zu bilden oder daran beteiligt zu werden, um etwas bewirken zu können. (Ich denke: Machtstrukturen kann und sollte eins aber immer wieder anzweifeln, hinterfragen, wenn möglich nach anderen hierarchiefreieren Systemen streben. Dem gegenüber steht aber eben diese Macht, die sich selbst erhält und verstärkt und zur Not Widerstände (auch gewaltsam?) beseitigt.)

Ist das im Parlament also alles nur Schein?
(Die Kurzfassung: An vielen Stellen: JA!)

Von Marc-Uwe Kling – Tütensuppentotalitarismus
Da sagt das Känguru: “Ich darf nicht wählen und ich will auch nicht. Der Wahlschein suggeriert Freiheit. Aber in Wirklichkeit: Alles Kapitalismus, alles Nestlé….”

Ich verstehe Nichtwähler*innen. Instinktiv ist Menschen, selbst wenn sie keine Ahnung haben, was so genau in Parlamenten abläuft, klar, dass es eigentlich nur Schein einer Debatte ist. Wenn die Regierungskoalition erst einmal feststeht, sind die Mehrheiten klar und dann sind sämtliche Diskussionen dort zwar mitunter hübsch anzusehen und zu hören, ändern aber genau nichts mehr am Abstimmungsverhalten.

Da werden Stunden zum Haushalt geredet. Das ist durchaus gut für die Nachvollziehbarkeit. An der Abstimmung ändert das aber nichts. Nie. (Oder hat da je nach 12 Stunden Debatte irgendwo irgendeine Regierung mal gesagt: “Ja. So haben wir das noch nie gesehen. Wir machen das jetzt anders.” Nö. Nie.)

Fazit:

Der geneigte Leser ahnt schon: Auch ich habe da nicht die allumfassende Lösung. Aber: So macht unsere Demokratie für viele Menschen keinen “Spaß”. Sie erfassen, dass ihr Einfluss zu gering ist mit Wahlen alle paar Jahre und resignieren. Weil wir als Wähler*innen nichts bewirken.

Gefährlich daran ist, dass davon oftmals die konservativen Kräfte profitieren. Menschen aus der linken Szene ziehen sich offensichtlich eher aus “dem System” zurück, an das sie ohnehin nicht glauben.

Spannender wären Debatten, wenn die Mehrheiten fallbezogen immer wieder neu ausgehandelt werden müssten. Wenn man die Behäbigkeit wegnimmt. Wenn dem System die Gewissheit fehlen würde. So aber hängen wir fest in einem Konstrukt aus Koalitionen und Zwängen.

Das Problem: Der gefühlte Wunsch der Deutschen nach Sicherheit. Sicher ist das System unserer “Demokratie”. Aber es ist durchsetzt von Zwängen, die nicht mehr zeitgemäß sind.

(Ich weiß nicht, ob ich noch erlebe, dass und wie es sich ändert. Weil dieses System auch von Beharrlichkeit ist. Weil es um Besitzstandswahrung geht. Um Posten. Um Geld. Um Macht. Und an der Stelle müssen sich die Piraten nicht vormachen, dass sie in ähnlicher Situation sicher seien könnten, anders zu handeln. Wir haben nur das Glück, bisher nie in einer Regierung zu sein. Wir sind aber nicht per se bessere Menschen.)

Große Koalition der Lobbyisten

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scene-97966_640Schon in den Koalitionsverhandlungen zeichnet sich ab, was wir unter einer #GroKo zu erwarten haben: Den Durchmarsch der Lobbyisten. Ich habe ein paar besonders erschreckende Beispiele aus den Verhandlungen hier gesammelt. Derweil übt sich der Bundestag in Arbeitsverweigerung…

Verkohlung der Bundesrepublik

• Unter Führung von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Kraft für die SPD und Bundes”umwelt”minister Altmaier für die CDU wurde die Kehrtwende von den erneuerbaren Energien zu den Interessen von Großkonzernen wie RWE und EON vereinbart. KohleKraft tut das offenbar so gut, dass ein Kraftwerksbranchen-Lobbyist witzelte: “Frau Kraft macht gerade meinen Job“.
• Auf Wunsch der RWE sollen Erzeuger erneuerbarer Energien verpflichtet werden, einen Vertrag mit den Großkonzernen abzuschließen, der dazu führen dürfte, dass sie 6ct pro produzierter Kilowattstunde an die Multis bezahlen müssen.
• Mit den just eingegangenen Spenden des Evonik-Konzerns (90.000 Euro für die SPD, 70.000 Euro für die CDU) hat das gewiss gar nichts zu tun. Hauptaktionär der Evonik ist übrigens die RAG-Stiftung der RAG Aktiengesellschaft, einst Ruhrkohle AG genannt.
• Ich wollte es nicht glauben – bis Hannelore Kraft es mir persönlich erklärt hat.

Die Koalition der Drossel

• Einen ordentlichen Ausschuss für Internet und digitale Gesellschaft wird es im Bundestag nicht geben, genauso verzichtet man auf ursprüngliche Pläne für einen Internet(staats)minister.
• Die Telekom bekommt wieder Zugriff auf die letzte Meile, durch den Abbau der Netzregulierung. Angela Merkel nennt das den Telekommunikationssektor “etwas besser” zu “ordnen”.
• Ein bisschen Netzneutralität möchte man. Einer “Vielzahl von Managed Services” erteilt man eine Absage – was aber heißt, dass man einige Managed Services durchaus dulden würde. Also wird es doch ein Zwei-Klassen-Internet geben, die erste Klasse wird nur etwas exklusiver.
• Die Netzneutralität im Mobilfunkbereich ist noch schwammiger: Internettelefonie wird erlaubt (ist ja toll), kostet aber extra. Eine kreative Auslegung von Neutralität.
• Der Abschnitt zu Urheberrecht aus der Arbeitsgruppe Innen & Justiz liest sich wie aus der Feder der Content-Lobby-Verbände. Böse Erinnerungen an ACTA und co. werden wach.

Aktionismus statt Strafrecht

• Im Strafrecht plant die Große Koalition die Einführung eines Auto-Fahrverbotes für Straftäter. Hätten sie doch bitte vorher mal jemanden gefragt, der sich damit auskennt. Altbekannter Aktionismus, der nachher wieder vom Bundesverfassungsgericht repariert werden muss.
• Bei Massen-DNA-Tests geraten jetzt auch automatisch die Verwandten ins Fadenkreuz – durch sogenannte “Beinahe-Treffer”. Mit einer Unschuldsvermutung hat das nichts mehr zu tun, wohl eher mit Sippenhaft.

Der Sieger, der keiner ist

Während die Presse ein mediales Zerrbild des Verhandlungsstandes berichtet (die CDU habe ihren Markenkern verraten meldet beispielsweise das Handelsblatt) stellt sich der Verhandlungsstand im Grunde anders da: “Nicht einmal ansatzweise gibt es großkoalitionäre Absichten, das umzusetzen, was die SPD im Wahlkampf verheißen hatte” nennt es Arno Klönne bei Heise.

Letzte Chance Mitgliederbefragung?

Die SPD hat sich die Bestätigung ihrer Basis vorbehalten – eine Mitgliederbefragung soll über den Koalitionsvertrag entscheiden. Tatsächlich ist das nur eine Inszenierung und hat keinerlei Bindungswirkung. Eine Mitgliederbefragung ist in der Satzung der SPD nicht vorgesehen, es ist eben kein Mitgliederentscheid. Die Spitze der SPD muss sich nicht daran halten – sie kann sich die Erlaubnis dann trotzdem auf einem kleinen Parteitag mit Delegierten abholen. Und die Spitze droht im Falle eines nichtpassenden Votums schon mit Rücktritt.

Es ist also egal, was die Mitglieder wollen. Ein Trauerspiel. Schreiner haben Hochkonjunktur: Schleifspuren von über den Tisch gezogenen SPD-Mitgliedern entfernen. Ein klares Signal der SPD-Basis, dass ihr Werte und Überzeugungen mehr bedeuten als Ministerposten für ihre Granden würde ich mir dennoch sehr wünschen.

Es sieht nicht gut aus für die nächsten vier Jahre.

to buvo or not to buvo

Veröffentlicht am von unter Persönliche Blogposts.

Unser Landesvorsitzender, der Herr Schiffer, Euch vielleicht als pakki bekannt, hat mich nun schon einige Male darauf angesprochen, ob ich bereit wäre für den BuVo zu kandidieren. Nun hat er seine Drohung wahr gemacht und mich auf der Kandidatenliste vorgeschlagen. Ich hätte es mir einfach machen können und sagen: geh weg! Da er aber nun nicht der erste und einzige war, der mit dieser Idee auf mich zukam, denke ich nun also ernsthaft darüber nach.

Nein, ich reiße mich ganz sicher nicht um einen zusätzlichen Job. Auch meine Visitenkarte ist schon reichlich bedruckt, ein weiterer Titel kann’s nun auch nicht sein. Nun ist es aber so, dass ich ja auch ganz gerne mal über irgendwelche Vorstände hergezogen habe. Vielleicht ist es an der Zeit, zu zeigen, ob ich den Job besser machen kann.

Das Risiko ist nicht so ganz klein … traditionsgemäß wird nicht mal der Bundesparteitag vergehen und der BuVo wird irgendwo in die Scheiße gegriffen haben. Vielleicht nicht mal ich selbst, vielleicht jemand anders. Ist aber egal – gehängt werden eh alle. Wenn der BuVo es verkackt, bleibt’s u. a. an mir haften. Wenn ich es verkacke, zum Beispiel, weil ich den Zeitaufwand falsch eingeschätzt habe oder mich überschätzt habe, wird mein Job im Landtag dadurch nicht leichter.

Also fange ich mal ganz vorne an. Es gibt Rahmenbedingungen, die Grundvoraussetzung wären, um auf dieser Liste da oben zu bleiben. Da wären (vermutlich ist die Aufzählung zum jetzigen frühen Zeitpunkt längst nicht komplett):

  • Team
  • Zeit & Organisation
  • Trennung Amt und Mandat
  • Unterstützung in der Fraktion
  • Unterstützung in der Partei

Also beleuchten wir die einzelnen Punkte mal näher:

Team

Um es klar zu sagen: es gibt No-Gos! Bei bestimmten Konstellationen bin ich raus. Ich sehe aber momentan nicht die Gefahr, dass diese Kandidaten gewählt werden. Und wenn doch? Dann dürfte es das eh gewesen sein mit der Partei in der Form, wie wir sie kennen und lieben ;-) – also: check.

Was mir wichtiger ist: Der Bundesvorstand muss im Team funktionieren. Die gewählten Mitglieder müssen sich respektieren, vor allem müssen sie aber (aktiv und passiv) kritikfähig sein. Ich will keinen Flauschvorstand, ich halte es aber auch für völlig sinnbefreit, sich in der Öffentlichkeit die Birne einzuhauen. Einige der Kandidat*Innen kenne ich und weiß ich soweit einzuschätzen, dass das funktionieren sollte.

Zeit und Organisation

Ich will keine große Gewichtung in die einzelnen Punkte hier bringen, aber der Zeitfaktor …

Die ersten Reaktionen auf Twitter, Mail u. ä. waren, neben der Frage nach Trennung von Amt und Mandat, die Frage nach der verfügbaren Zeit. Nein, ich habe keine Langeweile. Meine Wochenarbeitszeit liegt schon heute bei rund 60 Stunden (Landtag, Piraten, Kommunales etc.). Nein, ich kann nicht Woche für Woche zwanzig Wochenstunden mit Vorstandsarbeit oben drauf packen. Mein Job als Abgeordneter lässt es allerdings zu, dass ich mir die Zeit bis auf wenige Ausnahmen selbst einteilen und organisieren kann. Wenn Bedarf da ist, kann ich auch mal 40 oder 50 Stunden Vorstandsarbeit machen und andere Dinge schieben oder anderweitig organisieren.

Ich kann priorisieren, ich kann Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden und entsprechend handeln. Meine Erfahrung der letzten 18 Monate im Landtag NRW zeigt mir, dass ich das meistens auch nicht sooo schlecht mache.

Ich werde mir strategisch ein Team zusammenstellen, die mich entsprechend auch in meiner BuVo-Tätigkeit unterstützen werden, die mir aushelfen werden, wenn die Zeit tatsächlich mal knapp wird.

Ich glaube: check.

Trennung Amt und Mandat

Am 31. Mai letzten Jahres wurde ich auf Nominierung meiner Fraktion zum Landtagsvizepräsidenten gewählt. Dieses Amt wird allgemeinhin als überparteilich angesehen und gelebt. Ich bin seit mindestens 18 Monaten gewohnt, mit einem entsprechenden Konfliktfeld umzugehen. Dabei bin ich in der Lage, Fraktionsmeinungen in das Präsidium einzubringen, aber auch Präsidiumsentscheidungen in der Fraktion zu vertreten.

Ich wüsste wirklich nicht, warum mir das im Verhältnis Fraktion <=> Bundesvorstand nicht gelingen sollte. Ich sehe da überhaupt kein natürliches Spannungsverhältnis. Mein Verständnis ist an sich auch eher so geprägt, dass wir an der gleichen Seite des Seils ziehen und lieber Partei XYZ auf der gegenüberliegenden Seite steht oder liegt. ;-)

Und in Gewissensfragen entscheidet eh Daniel Düngel und weder der Landtagsabgeordnete oder sonst was.

Ein letztes noch in diesem Punkt: So von wegen “Machtkonzentration”. Ich fühle mich nicht mächtig. Ich habe überall nur eine Stimme. Auf Parteitagen, im Landtag, im Präsidium und vielleicht auch bald im Bundesvorstand. Und wenn jemand glaubt, dass ich jemanden im Bundesvorstand zum Beispiel allein dadurch von irgendwas überzeugen kann, nur weil ich Landtagsabgeordneter bin, dann läuft da grundsätzlich was falsch …

Um es an der Stelle kurz zu machen, wenn ihr für die Trennung von Amt und Mandat seid, erklärt das und wählt entsprechend. Wenn ihr das nicht erklären könnt: check.

Unterstützung in der Fraktion

Megawichtig ist mir die Unterstützung in der Fraktion. Ich habe mit nahezu allen Mitfraktionären Gespräche geführt oder sonstwie ausgetauscht.

Ich fasse zusammen: Es gibt vereinzelt Skepsis in Bezug auf Trennung von Amt und Mandat und auch was den Zeitfaktor angeht. Es gibt Einzelne, die das irgendwie doof finden, aber niemanden der sagt: Nein, du bist der falsche Mann, du kannst das nicht. Wir haben keinen Beschluss oder dergleichen gefasst, wir haben nicht mal in großer Runde darüber diskutiert, ich kann aber sagen: der Großteil meiner Fraktion unterstützt mich.

Das ist mir sehr wichtig und dafür danke ich Euch schon jetzt :) – also: check.

Unterstützung in der Partei

Ein weiterer Punkt ist natürlich die Unterstützung in der Partei. Pakki hatte seinerzeit eine Liste ins Wiki gepackt mit Unterstützern .. dort ist die Unterstützung noch recht mau. Allerdings ist das jetzt auch nicht großartig beworben worden.

In der Zwischenzeit habe ich allerdings auch mit verschiedenen Piraten bundesweit gesprochen. Viele würden sich über meine Kandidatur freuen und haben mir entsprechende Unterstützung zugesagt. Insofern: check.

Daher bitte ich Euch nun offiziell um Unterstützung: Unterstützerliste im Wiki

und sonst?

Die Frage ist aber auch:

Was will ich da eigentlich in diesem Vorstand? Was will ich besser machen? Ich mach’s kurz und ausbaufähig:

  • Bessere Vernetzung Land <=> Bund
  • Bessere Vernetzung Fraktionen <=> Partei
  • Marken- / Imagebildung vorantreiben
  • Korrektiv sein
  • politisch sein

Jetzt hängt dieser Blogpost seit rund zwei Wochen in der Pipeline. Weil ich mich nicht entscheiden konnte …

Nun: Ich habe mich entschieden. Ich werde kandidieren.

Jetzt müsst ihr entscheiden.

Ich freue mich auf ein spannendes Jahr. Wenn ihr mich wählt, werde ich mich für einen starken, politisch agierenden Bundesvorstand einsetzen. Und wenn ich nicht gewählt werde: Mund abwischen, weitermachen.

Es gibt sooo viel zu tun. Jemand(TM) müsste mal anfangen. ;-)

Präsidium vor Ort: Bergisches Städtedreieck

Veröffentlicht am von unter Persönliche Blogposts.

Am gestrigen Donnerstag waren wir mal wieder mit dem Präsidium des Landtags zu einer Regionenreise unterwegs. Ziel dieses Mal war das Bergische Städtedreieck Solingen, Remscheid und Wuppertal.

Neben offiziellen Empfängen und Besuchen bei den drei Oberbürgermeisterinnen und -meistern, standen Besuche der Zwilling-Werke in Solingen (mit dem äußerst interessanten Besuch des einzigen integrativen Betriebskindergarten Deutschlands), dem Röntgen-Museum in Remscheid und dem von-der-Heydt-Museum in Wuppertal an. Einen ausführlichen Bericht könnt ihr auf den Seiten des Landtags lesen, dort gibts auch weitere Bilder.

 

Landtagspraesidium2013_GerdNeumannMedienzentrumWuppertalLandtagspräsidentin Carina Gödecke trägt sich ins Goldene Buch der Stadt im Von der Heydt-Museum ein. Foto: Gerd Neumann/Medienzentrum