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I. Ausgangslage

Viele eigentlich sinnvoll nutzbare Daten, welche im nordrhein-westfälischen Öffentlichen Personennahverkehr anfallen, liegen wie auf einer riesigen Datenabfallhalde ungenutzt herum. Fehlende offene Schnittstellen und Standards verschließen den Weg für neue Ideen und einen besseren Service im Sinne der Kundinnen und Kunden in Bus und Bahn.

Dabei zeigen erfolgreiche Mobilitäts-Apps, wie aussichtsreich die Nutzung offener Daten sein kann. Die Beispiele stammen zwar überwiegend aus dem englischsprachigen Raum und nicht aus Deutschland, aber auch hierzulande gibt es – trotz einer fehlenden Open-Data-Strategie – bereits geniale Apps, wie „SZ Zugmonitor“ oder „Öffi“. Diese Apps leisten einen wesentlichen Beitrag zur Mobilitätsabwicklung und Zufriedenheit der Fahrgäste. Dennoch bedeutet die fehlende Open-Data-Gesamtstrategie des Landes bislang insgesamt eine verpasste Chance für einen besseren Kundenservice im Nahverkehr.

Dabei hat sich längst eine motivierte Open-Data-Szene etabliert, die nur darauf wartet, endlich umfassend mit den Daten arbeiten zu können. Seit der Auftaktveranstaltung von Open.NRW der Landesregierung warten jedoch viele begeisterte und engagierte Digital-Experten noch immer auf die vollständige Freigabe aller Mobilitätsdaten – seien es historische Daten oder Livedaten in Echtzeit.

Währenddessen nimmt das Engagement des Öffentlichen Nahverkehrs etwa beim „Datenrecycling“, also der Aufbereitung der Daten, um diese zum Wohle der Allgemeinheit zielgerichtet einzusetzen, oder durch die Ausrichtung von „Hackathons“ zu. Diese Anstrengungen sind allerdings zumeist punktuell. Die dezentrale Organisation der Verkehrsbetriebe stellt offenkundig eine besondere Herausforderung auf dem Weg zu mehr Kooperationen und einer flächendeckenden Bereitstellung der Mobilitätsdaten dar. Zwar gibt es bereits erste definierte Schnittstellen, um zwischen den Betrieben, Verbünden und Partnern Daten auszutauschen (VDV-Schrift 453), aber noch werden nicht alle Daten offen gelegt. Bei einigen Verkehrsverbünden ist es nach Aussagen von Branchenkennern und engagierten Expertinnen und Experten der Open-Data-Bewegung einfach, einen Zugang zu erhalten. Bei anderen hingegen ist es nahezu unmöglich, auf die Schnittstellen zuzugreifen.

Dabei bleiben viele wichtige Vorteile, die mit Open-Data Einzug halten können, ungenutzt. Es gibt zum Beispiel noch immer kein Microrouting innerhalb der Bahnhöfe. So werden nur pauschale Erfahrungswerte für die Wegberechnung angesetzt, so dass Fahr- und Umsteigeempfehlungen millionenfach an der Realität vorbeigehen. Den Fahrgästen werden so unnötige Wartezeiten zugemutet.

Auch Anbieter wie Google, die aufgrund ihrer Nachfragemacht über (intransparente) Exklusivverträge verfügen, berücksichtigen nicht die Feinheiten des nordrhein-westfälischen Nahverkehrssystems. Wenn es beispielsweise im Zuge von Verspätungen kurzfristige Absprachen zwischen der Deutschen Bahn und den Verkehrsbetrieben vor Ort gibt, um zwecks Anschlussgewährleistung eine Abfahrt hinauszuzögern, werden diese Informationen und Daten u. a. von Google nicht berücksichtigt. Aus Kundensicht bedeutet dies dann oftmals schlimme Zeitverluste. Zudem finden Bürgerbusse noch keine Berücksichtigung. Den Kundeninnen und Kunden werden Störungsmeldungen oder Echtzeit-Verkehrsinformationen wie die Anzahl freier Parkplätze (z. B. P&R-Plätze) oder mögliche vorhandene Barrieren für Rollstuhlfahrer, wie defekte Aufzüge, vorenthalten.

Die Wut und Enttäuschung über solche Fehler oder über grundsätzlich falsche Routen erfährt dann häufig nicht das Datenmodell von Google, sondern vor allem das Personal und die Fahrerinnen- und Fahrer der Verkehrsbetriebe vor Ort. Und die ÖPNV-Branche in Gänze erscheint in einem schlechten Licht. Dies ist leicht zu vermeiden – vor allem, wenn die Verkehrsbetriebe in Zukunft durch engere Kooperationen und Absprachen im Rahmen einer Open-Data-Gesamtstrategie die Informationsdefizite selbst beseitigen oder zumindest in einem ersten Schritt die Informationen und Datensätze flächendeckend für professionelle Open-Data-Enthusiasten frei, offen und in Echtzeit zur Verfügung stellen.

II. Der Landtag stellt fest:

  • Im Informationszeitalter müssen Verkehrsinformationen in angemessener Weise schnellstmöglich an die Kundeninnen- und Kunden übermittelt werden. Bei Open-Data geht es nicht um private und personenbezogene Daten. Es geht um die einfache Weiterverwendung öffentlicher, nicht-personenbezogener Rohdaten, die maschinenlesbar im Netz für potentielle Nachnutzer zur Verfügung gestellt werden. Dies muss zum Branchenstandard werden. Es reicht nicht länger aus, Daten und Infos auf einer separaten Unternehmenshomepage bereitzustellen.
  • Es reicht ebenfalls nicht aus, dass den Kundeninnen und Kunden Verkehrsinformationen allein über die Anbieterportale der Verkehrsunternehmen und der Deutschen Bahn bereitgestellt werden. Alle Fahrplandaten müssen in Echtzeit offen und barrierefrei für diese sowie für die Open-Data-Szene und Drittanbieter zur Verfügung stehen. Dadurch wird es innovativen Initiativen und Projekten ermöglicht, auf Basis dieser Daten eigene Anwendungen und Angebote zu entwickeln.
  • Die Verkehrsunternehmen haben punktuell bereits wertvolle Vorarbeiten geleistet. Sie bzw. das Land sollten aufgrund des verbleibenden, aber verhältnismäßig geringen Aufwandes für die Schaffung eines flächendeckenden Angebotes nicht länger auf eine allgemeine Regelung verzichten.
  • Das Open-Data-Prinzip fördert Innovationen, neue Ideen sowie Geschäftsmodelle und damit den Technologiestandort. Die Erfahrung in anderen Ländern und Städten zeigt, dass nach der umfangreichen Veröffentlichung von Verkehrsdaten in der Folge die Anzahl an Programmen und Apps stark ansteigt und der Verkehr mit viel weniger Problemen ablaufen kann. Diese Chance muss nun auch NRW entschlossen nutzen.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  1. alle rechtlich möglichen Wege auszuschöpfen, um dafür Sorge zu tragen, dass die nordrhein-westfälischen Nahverkehrs-Anbieter verpflichtet werden, die Mobilitätsdaten kostenfrei und uneingeschränkt sowie in Echtzeit für potentielle Nachnutzer zur Verfügung zu stellen. Die finanzielle Förderung des ÖPNV durch das Land sollte in Zukunft stets an die Bedingung geknüpft werden, dass die Verkehrsunternehmen die erforderlichen Daten zur Verfügung stellen.

Mitschnitt der kompletten Debatte:

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