Unser Antrag für das kommende Plenum (02.-04. September 2015)
Donnerstag, 03. September 2015, TOP 4, ca. 17.25 Uhr
Mehr Pflegepersonal für eine menschliche Versorgung und Patientensicherheit
Drucksache 16/9586
Zusammenfassung:
Wir fordern eine eindeutige Personalbemessung in der Krankenhauspflege. Um kurzfristig Entlastung für das Pflegepersonal zu erreichen, müssen zusätzlich 500 Millionen Euro aus Landesmitteln und 1,5 Milliarden Euro aus Bundesmitteln bereitgestellt werden. Die Situation in vielen deutschen Krankenhäusern ist zunehmend durch Personal- und Zeitknappheit gekennzeichnet. Ohne eine strukturelle Bereitstellung von Mitteln für die Krankenhauspflege kann keine Verbesserung erzielt werden.
Daniel Düngel, Gesundheitspolitischer Sprecher der Piratenfraktion NRW:
Die Pflegekräfte vor dem Landtag NRW zeigen deutlich, wie dramatisch die Lage ist: die Missstände in der Pflege werden immer größer. Es ist eine Schande, dass die Landesregierung die Hände in den Schoß legt. Seit drei Jahren weisen wir im Landtag immer wieder auf den Notstand hin: im November 2012 erstmals. Im Februar 2013 haben wir erneut den eklatanten Personalmangel angemahnt. Im November 2013 haben wir auf das Missverhältnis zwischen medizinischem und verwaltungstechnischem Personal aufmerksam gemacht. Im September 2014 haben wir den Notstand erneut thematisiert. Und heute – passend zur Demonstration – legen wir einen Antrag vor, mit dem wir die Landesregierung endlich aus dem Dornröschenschlaf aufwecken wollen.
Ministerin Steffens will sich damit heraus reden, dass die Verantwortung beim Bund läge. Aber den Zeigefinger nach Berlin austrecken, reicht nicht aus!
Grundsätzlich benötigen wir eine verpflichtende Personalbemessung. Das wird allerdings noch dauern. Daher benötigen wir kurzfristig mehr Geld von Bund und Land. Und vor allem muss das Geld auch dort ankommen, wo es gebraucht wird. Darum fordern wir die Landesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass bundesweit zwei Milliarden Euro für das Pflegestellenförderprogramm bereitgestellt werden. Zudem muss der Investitionskostenzuschuss in NRW auf eine Milliarde Euro angehoben werden.
Es liegt an Frau Ministerin Steffens, endlich die Krankenhausinvestitionen finanziell sicherzustellen. Damit die Krankenhausmanager nicht weiterhin gezwungen sind, Gelder, die eigentlich für die Pflege bestimmt sind, in Investitionen zu stecken.
Parallel zur Diskussion im Parlament demonstrierten vor dem Landtag zahlreiche Pflegekräfte für bessere Arbeitsbedingungen. Wir waren vor Ort.
Mitschnitt der kompletten Debatte:
Protokoll der Rede von Daniel Düngel:
Daniel Düngel (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident, vielen Dank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meinen Redebeitrag zunächst mit einem Dank beginnen, und zwar einem herzlichen Dank an alle Pflegekräfte da draußen, die tagtäglich – ich glaube, das ist Konsens in allen Fraktionen – einen großartigen Job unter teils sehr schwierigen, teils unmenschlichen Umständen erledigen.
(Beifall von den PIRATEN)
Mein besonderer Dank gilt an der Stelle natürlich denen, die heute hier draußen bei einer Mahnwache ausgehalten haben, die fast den ganzen Tag draußen vor der Tür gestanden haben. Vertreter aller Fraktionen waren auch draußen vor Ort, die Ministerin war vor Ort. Wir haben uns alle einen Eindruck davon verschaffen können.
Leider waren nur sehr wenige Menschen draußen vor dem Landtagsgebäude. Das Thema selber hat, glaube ich, deutlich mehr Aufmerksamkeit verdient als die, die dieses Thema heute durch die Aktion allein bekommen hat. Nichtsdestotrotz auch euch draußen noch mal einen wahnsinnigen Dank dafür, dass ihr hier ausgehalten habt!
Auch wir Piraten möchten an der Situation der Pflegekräfte etwas verändern. Dafür haben wir in den letzten Tagen einen Antrag eingereicht, den wir heute hier beraten. Das ist aber nicht das Erste, was wir getan haben. Wir haben bisher an verschiedenen Stellen hier im Landtag auf die Probleme in der Pflege hingewiesen.
Im November 2012 hat mein Kollege Lamla darauf hingewiesen, wie dramatisch die Situation in der Pflege ist. Im Februar 2013 hat er das noch mal getan, hat den eklatanten Personalmangel in der Krankenhauspflege beklagt. Kollege Wegner hat im November 2013 auch wieder auf das Missverhältnis zwischen medizinischem und verwaltungstechnischem Personal hingewiesen. Im September 2014 hat er sich solidarisch mit der Aktion „Pflege am Boden“ gezeigt und lag selber symbolisch mit der Pflege am Boden.
Wir als Piraten haben in den letzten Tagen und Wochen eine Internetseite geschaffen unter pflege@piratenfraktion-nrw.de. Wir wollen Pflegekräften eine Stimme geben. Wir geben dort Pflegekräften die Gelegenheit, Berichte aus ihrer täglichen Arbeit, teilweise auch anonym, preiszugeben, damit man sich auch einen Eindruck davon verschaffen kann.
In diesem Kontext verstehen wir unseren vorliegenden Antrag. Wir haben natürlich die Bemühungen auf Bundesebene zur Kenntnis genommen, sind aber letzten Endes zu dem Schluss gekommen: Dieses Thema Pflege, die Situation der Pflegekräfte braucht einfach noch wahnsinnig viel mehr Aufmerksamkeit. Wir als Landtag Nordrhein-Westfalen sollten da nicht hinten anstehen und sollten im Plenum und später auch in den Ausschüssen natürlich über dieses Thema weiter diskutieren.
Sie werden wahrscheinlich bei den folgenden Rednerinnen und Rednern hören, dass sich schon wahnsinnig viel getan hat, dass es schon wahnsinnig viele Anstrengungen gegeben hat, um die Probleme zu beseitigen. Frau Steffens wird nachher von einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe berichten, welche Ergebnisse dort erzielt wurden.
(Ministerin Barbara Steffens: Werde ich das?)
Sie wird von einem Beschluss des Bundesrates berichten, vom Krankenhausstrukturgesetz und so weiter und so fort. Ich bin gespannt, wie Sie sich, Frau Ministerin Steffens, dann insgesamt in der weiteren Debatte dazu verhalten. Denn nicht alle Forderungen – das wissen wir –, die die Grünen im Bund zum Beispiel stellen, sind in den Entwürfen, weder in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe noch im Bundesrat, tatsächlich so enthalten. Wir sind gespannt, wie es da weitergeht.
Fakt ist: Das Krankenhausstrukturgesetz, so wie es momentan vorliegt, entspricht nicht den Wünschen und Forderungen. Das sagen nicht nur wir, das sagen die Fachleute, das sagt ver.di, das sagt der DBfK, andere Berufsverbände. Da sind sich alle im Großen und Ganzen einig.
Ich komme jetzt zu unseren Forderungspunkten im Antrag. Darauf möchte ich kurz eingehen. Sie haben den Antrag gelesen. Wichtig für uns ist als einer der Kernpunkte: Wir brauchen eine verpflichtende Personalbemessung. Das ist eine Landesaufgabe bzw. eine Aufgabe, die das Land erledigen kann.
Wir brauchen kurzfristig mehr Geld von Bund und Land. Wir können uns nämlich alle hinstellen und sagen, dass die Situation in der Pflege schlecht ist. Wenn wir aber der Pflege nicht mehr Geld zukommen lassen, ist das alles völlig nichtig. Es wird Geld gebraucht. Jeder, der draußen mit den Pflegekräften gesprochen hat, der weiß das. Dazu sind zwei konkrete Forderungen drin. Die kennen Sie, haben Sie so weit gelesen.
Eine Forderung richtet sich an den Bund. Die können wir nur mit auf den Weg bringen. Was die Investitionskosten angeht, so sind das Landesmittel, die zur Verfügung gestellt werden können. Da fordern wir letzten Endes eine Verdoppelung der bisherigen Mittel.
(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)
– Herr Präsident, ich komme langsam zum Ende.
Sie, Frau Steffens, haben dort einen großen Verantwortungsbereich bzw. einen großen Zuständigkeitsbereich, den Sie hier in der Landespolitik mit bewältigen und auf den Weg bringen können. Wir fordern Sie auf, in den Dialog zu gehen – das machen Sie zum Teil schon –, noch intensiver in den Dialog zu gehen. Ich habe draußen gehört, dass die Pflegekräfte nicht wissen, wie sie sich in die politische Debatte einbringen können.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Herr Kollege.
Daniel Düngel (PIRATEN): Wir wollen das auf den Weg bringen und freuen uns auf die weitere Beratung im Ausschuss. – Ihnen allen herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den PIRATEN)
Abstimmungsergebnis:
Der Antrag wurde nach Beratung einstimmig an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales überwiesen; die abschließende Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. |