Donnerstag, 25. Juni 2015
Top 7. Rahmenkodex für gute Beschäftigungsbedingungen an den Hochschulen ist ein Standortvorteil für Nordrhein-Westfalen
Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 16/8991
direkte Abstimmung
Unser Redner: Joachim Paul
Abstimmungsempfehlung: Ablehnung
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Protokoll der Rede von Joachim Paul
Dr. Joachim Paul (PIRATEN): Vielen Dank. Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Raum und daheim! Der Antrag, der heute debattiert wird, kann nur deshalb als nötig angesehen werden, weil im sogenannten Hochschulzukunftsgesetz leider nicht die richtigen Weichen gestellt worden sind. Wir Piraten bleiben bei unserer Grundposition, dass der Kodex „Gute Arbeit“ unnötig wäre, wenn man das Personal zurück in den Landesdienst überführt hätte. Das wollte Rot-Grün aber nicht.
Stattdessen werden leider weiterhin prekäre Beschäftigungsverhältnisse gefördert; denn die Hochschulen haben den Spielball „Personal“ immer noch in der Hand. Das finden wir nicht akzeptabel.
Dieser Rahmenkodex ist ein Kompromiss, weil die Politik sich hier nicht so ganz getraut hat, eine Fehlentwicklung zu korrigieren.
Dieser Rahmenkodex ist auch kein Standortvorteil für Nordrhein-Westfalen; denn in 14 von 16 Bundesländern sind die Hochschulbediensteten im Landesdienst. Das macht Sinn; denn Themen wie „Arbeitsplatzwechsel“, „Eingruppierung“ usw. sind in diesem Fall rechtssicher geregelt.
Die Landesregierung und die teilnehmenden Verhandlungsführer auf Hochschulseite sprachen im Zusammenhang mit dem Rahmenkodex von einem zähen Prozess, der etliche Diskussions- und Verhandlungsrunden benötigt hat.
Der nun vorliegende Kodex muss durch die Hochschulen ratifiziert werden. Er ist formal gesehen eine Selbstverpflichtung und hat dadurch eher einen moralischen Wert. Wenn wir einmal ins Detail schauen, werden die Schwächen dieser Absichtserklärung offensichtlich.
Mit Art. 3 des Kodex sollen die Beschäftigungsverhältnisse der studentischen Hilfskräfte verbessert werden. Zu kritisieren ist, dass man dort nicht klar benennt, dass nur Studierende ohne Bachelorabschluss studentische Hilfskraftstellen besetzen. Die Formulierung in Abs. 3 suggeriert das zwar. Das schließt aber nicht aus, dass diese unverbindliche Regelung umgangen werden kann.
Noch schwammiger wird es in Art. 4 bei der Beschäftigung der wissenschaftlichen Hilfskräfte. Abgesehen von der Sinnigkeit dieser Stellen und der Beibehaltung dieser Statusgruppen ist der nicht vorhandene Ausschluss von Masterabsolventen auf wissenschaftlichen Hilfskraftstellen keine Verbesserung. Warum sollten Masterabsolventen, also Promotionsberechtigte, noch als wissenschaftliche Hilfskräfte beschäftigt werden? Auch dort wieder eine fehlende Verbindlichkeit!
Lassen wir einmal eine kritische Stimme aus der Wissenschaft selbst zu Wort kommen. Kolja Zydatiss, ein Neuropsychologe, drückt es unvergleichlich viel härter aus. Er sagt:
„Wissenschaftliche Karrieren verkommen zunehmend zum ‚Funemployment‘ für privilegierte Schichten …“
Ich finde, dass wir auch solche harten kritischen Stimmen ernst nehmen sollten, wenn wir über die Beschäftigungsverhältnisse an Hochschulen reden.
Wir müssen also feststellen, dass die Regelungen zu diesen Beschäftigungsverhältnissen unzureichend sind. Es wird das ist zu befürchten weiterhin zu prekären Beschäftigungen kommen.
Bezogen auf das Hochschulzukunftsgesetz ist gut gemeint nicht gut gemacht.
Wir Piraten werden auch weiterhin hier im Landtag für die Rückführung in den Landesdienst werben; denn wir finden: Das sollten uns die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den chronisch unterfinanzierten Hochschulen und die Innovationskraft in diesem Lande wert sein.
(Beifall von den PIRATEN)
Wir hoffen da unterstützen wir Frau Ministerin und Rot-Grün ausdrücklich , dass sich beim Wissenschaftszeitvertragsgesetz auf Bundesebene etwas bewegt und die Praxis der sachgrundlosen Befristung aufhört.
Diesem Antrag können wir heute aber nicht zustimmen; denn eigentlich war der Ansatz beim Hochschulzukunftsgesetz, die Autonomie der Wissenschaft damit ist auch die Autonomie des einzelnen Wissenschaftlers und der einzelnen Wissenschaftlerin gemeint mit einer nötigen staatlichen Garantie zu versehen. Das heißt, dass der Staat hier Verantwortung übernähme. Das passiert aber genau bei den wichtigen Beschäftigungsbedingungen nicht. Deswegen werden wir heute dagegen stimmen.
Welchen Wert dieser Kodex entwickelt, werden wir uns kritisch ansehen. Wenn er greift, kann man ja in einem Jahr vielleicht die Meinung ändern. Heute bekommen Sie aber erst einmal ein Nein. Es besteht kein Grund, hier etwas zu feiern. Der Rahmenkodex ist eher ein undichtes Pflaster für ein Loch im Hochschulzukunftsgesetz.
Was den Entschließungsantrag der Union angeht, kann ich nur Folgendes sagen: Herr Dr. Berger, bitte hören Sie doch auf, in jedem Ihrer Anträge ein Kerzchen für das vergangene Hochschulfreiheitsgesetz anzuzünden.
(Dr. Stefan Berger [CDU]: Das kommt wieder! In zwei Jahren kommt es wieder!)
Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)