Mittwoch, 18. März 2015
Top 6. Landesregierung muss Mitleidentscheidung Klarheit für die Menschen im rheinischen Braunkohlerevier schaffen
Antrag der Fraktion der CDU
Drucksache 16/8128
Unser Redner: Hanns-Jörg Rohwedder
Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Überweisung
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Protokoll der Rede von Hanns-Jörg Rohwedder
Hanns-Jörg Rohwedder (PIRATEN): Frau Präsidentin, vielen Dank, dass Sie mir das Wort erteilen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauer draußen und drinnen! Ich möchte mich am Anfang ganz unbescheiden selbst zitieren und uns einen kurzen Rückblick auf die Aktuelle Stunde am 28. November 2012 gönnen. Wir diskutierten damals den Antrag der FDP-Fraktion „Versorgungssicherheit für Haushalts- und Industriestrom in Nordrhein-Westfalen garantieren Betrieb von fossilen Kraftwerken sichern“. Ich sagte damals an die CDU gewandt:
„Wir brauchen keine Dinosaurier, denen man in Wirklichkeit schon vor 20 Jahren den Kopf abgeschlagen hat, bloß dass die Information an der Schwanzspitze noch nicht angekommen ist. Deshalb zuckt die CDU noch.“
Die schlechte Nachricht ist: Sie zuckt immer noch. Die gute Nachricht ist, dass die Verstromung von Braunkohle in den Uraltmeilern der 60er-Jahre zunehmend unrentabel wird und ein Großteil von ihnen aus sicherheitstechnischen, betriebswirtschaftlichen und wahrscheinlich auch klimapolitischen Gründen in den nächsten zwei bis drei Jahren stillgelegt werden dürfte.
Damit sind die derzeitigen Tagebaue mehr als ausreichend, es gibt Überkapazitäten. Daran ändert auch eine Leitentscheidung der Landesregierung nichts.
Der verehrte Kollege Dr. Gerd Hachen irrt, wenn er meint, dass die dritte Leitentscheidung nicht betroffen sein darf. Sie wird zwangsläufig betroffen sein. Auch der Kollege Guido van den Berg von der SPD, der gerne das rechtssichere Verfahren möchte, wird merken, dass das bald obsolet ist. Es wird rechtssicher sein, aber im großen Buch des Vergessens stehen, überholt von den Tatsachen. Wesentliche Änderungen der Grundannahmen, wie Herr Dr. Hachen richtig in seiner Zwischenfrage formulierte, werden dafür sorgen.
Eine Leitentscheidung, die diese Tatsachen nicht berücksichtigt, führt zwangsläufig zu zusätzlichen Belastungen aller Betroffenen, ohne irgendeinen Einfluss auf die Faktenlage zu haben. Eine Entlastung aller Betroffenen kann nur durch einen geplanten Ausstieg aus der Braunkohle erfolgen, wie zum Beispiel durch das von uns geforderte Braunkohleausstiegsgesetz. Denn, wie es im Antragstext formuliert ist,
„Weder den betroffenen Anwohnern, den Kommunen noch den Tagebaubetreibern ist es zuzumuten, erst am Ende eines sich jahrelang hinziehenden Verfahrens zur Änderung des Braunkohleplans eine belastbare Aussage zur Zukunft des Tagebaus zu erhalten.“
Das ist völlig richtig, das muss schneller gehen.
Die Verluste, die das Oligopol der großen Energieproduzenten vermeldet, sprechen ihre deutliche Sprache. Alle Sabotageversuche gegen die Energiewende sind vergeblich. Sie können das Unvermeidliche vielleicht herauszögern, zum Beispiel durch die von unserem Energieminister Herrn Duin geforderten weiteren Subventionen, und dadurch volkswirtschaftlichen, Klima-, Energie- und umweltpolitischen Schaden und weitere Kosten für die Allgemeinheit verursachen, aber sie können es nicht verhindern.
Gerade erst am letzten Wochenende haben einige hilfsbereite junge Mitbürger durch die kurzfristige Besetzung eines Braunkohlebaggers gezeigt, was Sache ist: Stopp und Ausstieg!
Der Kohleausstieg ist Handarbeit, sagen diese Menschen. Dasselbe Ziel haben die Menschenkette Ende April und das Klimacamp im Sommer, die dort stattfinden werden. Die dort Beteiligten berücksichtigen auch schon die im Antrag unter Punkt 3 erwähnten Aspekte des Immissionsschutzes. Sie wissen, dass etwa 5 1/2 Millionen t Kraftwerksreststoffeabraum pro Jahr auf den RWE-Deponien abgelagert werden einschließlich Schwermetallen wie Quecksilber und Radionuklide in aufkonzentrierter Form.
Der gezielte beschleunigte Ausstieg, die bewusste Begleitung und gezielte Förderung des unvermeidlichen Strukturwandels würden mal eine Leitentscheidung schmücken können. Stattdessen besteht die Gefahr, dass die Landesregierung genau das versäumt und das ist zu kritisieren. Das muss verhindert werden. Es ist schade, dass Frau Zentis von den Grünen dazu auch nichts Substantielles beizutragen hatte. Die Grünen hier im Landtag machen keine Energiepolitik mehr. Die macht die SPD als verlängerter Arm der sterbenden Oligopole.
(Beifall von den PIRATEN)
Für den CDU-Antrag sehe ich so schwarz wie für die fossile Energieerzeugung. Der Überweisung stimmen wir natürlich trotzdem zu. Ich danke Ihnen.
(Beifall von den PIRATEN)