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Donnerstag, 19. März 2015

 

Top 6. Chancen von Industrie 4.0 nutzbar machen – Mittelstand und Industrie beim digitalen Transformationsprozess unterstützen

Antrag der Fraktion der   CDU
Drucksache 16/8120
Block II
Unser Redner: Daniel Schwerd
Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Ausschussüberweisung
Daniel Schwerd Foto A.Knipschild 3012-03-21-1Audiomitschnitt der Rede von Daniel Schwerd anhören

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Protokoll der Rede von Daniel Schwerd

Daniel Schwerd (PIRATEN): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne und an den Bildschirmen! Wenn ich mir das Ping-Pong zwischen Rot-Grün einerseits und CDU-FDP andererseits angucke, ist das schon sehr traurig.

(Zuruf von der CDU: Och!)

Ich glaube, Ihnen gehört beiden mal eingeschenkt. „Die nächsten zehn Jahre werden darüber entscheiden, ob wir weiter ein führendes Industrieland sind oder ob wir den Wandel … nicht schaffen.“

Der Satz stammt nicht von mir, sondern von unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel. Bemerkenswert ist das deshalb, weil eben jene Neulandkanzlerin eine Hauptverantwortung für die digitale Misere in den letzten zehn Jahren in Deutschland trägt.

(Beifall von Lukas Lamla [PIRATEN])

Viele glauben, dass die erste Halbzeit der Digitalisierung angesichts der Übermacht US-amerikanischer Internetgiganten bereits verloren ist. Unser EU-Internetkommissar Günther Oettinger das ist der, der uns Netzpolitiker neulich als Taliban diffamierte gibt das „Spiel in der IT-Branche“, so nennt er das, gleich ganz auf. Na, das macht ja Hoffnung.

Das Vorzeigeprojekt der deutschen Wirtschaft, das unter dem Schlagwort „Industrie 4.0“ gehandelt wird, läuft nur schleppend an. Eigentlich war es das Ziel, im sogenannten Internet der Dinge deutsche Datenstandards zu etablieren und damit den Grundstein für einen weltweiten Erfolg zu legen. Das hat bis heute nicht geklappt. Nun soll ein neuer Anlauf erfolgen.

Inzwischen ist eine Konkurrenzveranstaltung der USA gestartet, das Industrial Internet Consortium, dem übrigens auch einige namhafte deutsche Unternehmen angehören. Es besteht also die reale Gefahr, dass wir wieder einmal zu spät sind. Wenigstens sollten wir uns bemühen, da mitzumachen.

Ob der digitale Wandel in Summe einen wirtschaftlichen Mehrwert für unsere Gesellschaft bringt, steht also noch in den Sternen. Dabei sei betont, dass für uns Piraten beim digitalen Umbruch der wirtschaftliche Aspekt längst nicht der einzige oder wichtigste ist. Dennoch fragen wir uns, warum Bundes- und Landesregierung immer noch den digitalen Wandel torpedieren. Wir Piraten zeigen, wie der digitale Wandel gelingen könnte. Wir brauchen grünes Licht für offene WLANs. Stattdessen kommt ein katastrophaler Gesetzentwurf zur Störerhaftung aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Außerhalb Deutschlands versteht kein Mensch, was an offenen WLANs so gefährlich sein soll. Das ist der Todesstoß, angeführt vom SPD-Wirtschaftsministerium, für den Freifunk.

(Beifall von den PIRATEN)

Das sind zwei Schritte zurück auf dem Weg in die Informationsgesellschaft. Symbolisch ist für das Internetland Deutschland Folgendes: Auf der CeBIT kauft man den WLAN-Zugang für 5 € die Stunde.

Wir fordern ein klares Bekenntnis zur Netzneutralität. Stattdessen spekuliert man wild über zahlreiche Ausnahmen. Ohne Sinn und Verstand wird über Operationen im Organbereich, über Kollisionswarnungen per Internet spekuliert. Auch in unserem gemeinsamen Beschluss zur Netzneutralität hier im Landtag hat sich die Landes-SPD nicht von diesem Unsinn abbringen lassen und auf wolkigen Ausnahmen bestanden. Wohin das führt, können wir jetzt sehen: Eine Netzneutralität mit solchen Ausnahmen ist wie „ein bisschen schwanger“.

Wir brauchen ein deutliches Nein zur Vorratsdatenspeicherung und damit ein Nein zu einer anlasslosen Massenüberwachung und zu gigantischen Datenhalden. Bundeswirtschaftsminister Gabriel und unser Innenminister Jäger wollen sie aber doch einführen, ohne dass es den geringsten Beleg für deren Wirksamkeit gibt. Heimlich hofft man vielleicht mal wieder auf das Verfassungsgericht und die von ihm gezogenen bürgerrechtlichen Grenzen.

Innerhalb der SPD traut sich niemand, sich hinzustellen und zu sagen: Wir wollen keine Vorratsdatenspeicherung. Basta! Das ist ein trauriger Eiertanz.

(Beifall von den PIRATEN)

Wie wir alle wissen, brauchen wir eine moderne Dateninfrastruktur. Wir fordern ein Glasfasernetz bis in die Haushalte und Unternehmen, und keine Brückentechnologien auf Kupferbasis, die morgen schon wieder veraltet sind. Auch hier wird laviert, auch hier fehlt ein klares Bekenntnis unserer Regierung. Glasfaser muss in jedes Haus!

(Beifall von den PIRATEN)

Wir brauchen eine vertrauenswürdige Datenkommunikation. Während die Geheimdienste in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung den NSA-Untersuchungsausschuss im Bundestag sabotieren, lehnen die regierungstragenden Fraktionen hier im Landtag all unsere Anträge ab, nordrhein-westfälische Unternehmen gegen Wirtschaftsspionage endlich effektiv zu schützen. Das ist doch eine Farce! Stattdessen sollte das Land es besser machen können und zum Beispiel quelloffene Verschlüsselungssoftware fördern.

Eine besondere traurige Rolle spielt unsere Landesregierung beim Thema „Leistungsschutzrecht“. Wir diskutieren hier im Parlament über die Förderung von digitalen Gründungen, während aufgrund dieses Lobby-Spezialgesetzes zugunsten einer speziellen, einzelnen alten Branche bereits elf Internet-Startups zugemacht haben. Was meinen Sie, wo diese Unternehmer jetzt hingehen? Was meinen Sie, wo das nächste Internet-Megaunternehmen entstehen wird? Ganz sicher nicht hier!

Die Landesregierung hätte es in der Hand gehabt, dieses Gesetz im Bundesrat aufzuhalten. In der Großen Koalition hätte man anschließend dieses Gesetz neu verhandeln und verhindern können, dass es so schädlich, wie es jetzt ist, in Kraft tritt.

Wir sehen jetzt die Folgen: Ein Schuss in den Ofen, eine Stärkung der Marktmacht des Monopolisten, rechtliche Unsicherheit für alle anderen! Danke für nichts!

(Beifall von den PIRATEN)

Und wir brauchen konsequente Datenschutzstandards im Bereich „Big Data“, nicht zuletzt in der Industrie 4.0. Wenn immer mehr sensible Daten miteinander verknüpft werden, ist die Schreckensvision des gläsernen Bürgers nicht mehr fern. Die Zivilgesellschaft muss sich aktiv gegen Datenkraken und Massenüberwachung zur Wehr setzen. Maximaler Schutz der Privatsphäre muss zum Standard erhoben werden. Die politischen Rahmenbedingungen dafür sind längst überfällig.

Schaut man sich das Kompetenzgerangel verschiedener Ministerien bei digitalen Themen an, dann muss man zu dem Schluss kommen, dass ein Internetministerium dringend nötig ist; denn dann kommen die Menschen in der digitalen Transformation nicht unter die Räder einzelner Interessengruppen. Damit könnte Frau Kraft ein Zeichen dafür setzen, dass der digitale Wandel in Nordrhein-Westfalen endlich ernst genommen wird.

(Beifall von den PIRATEN)

Nach diesen Worten können Sie sicher verstehen, warum ich den Beschlussteil des vorliegenden Antrages der CDU reichlich dünn finde. Aber gut Best-Practice-Beispiele der digitalen Ökonomie zu veröffentlichen, kann nicht schaden. Und die Idee eines virtuellen Innovationszentrums für den Mittelstand klingt in meinen Ohren ein wenig schwammig. In den Beratungen des federführenden Wirtschaftsausschusses können Sie mir den Vorteil eines solchen Konstruktes sicher noch besser erklären.

Jedenfalls: Wir haben in diesem Bereich mit eigenen Anträgen nachgelegt, unter anderem auch heute in dieser Tagesordnung. Der Ausschussüberweisung stimmen wir selbstverständlich zu. Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

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