Veröffentlicht am von in Daniel Düngel, Innenausschuss (A09), Reden.

Mittwoch, 05. November 2014

 

Top 2. A k t u e l l e S t u n d e

Warum spiegelten sich die Kenntnisse des Verfassungsschutzes zur erwarteten Größe der rechten Demo in Köln nicht in einer angemessenen Gefahrenanalyse und einem entsprechenden Einsatzkonzept der Polizei wider?
Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der PIRATEN
Drucksache 16/7211
in Verbindung damit
Innenminister Jäger verwickelt sich in Widersprüche: Neue Erkenntnisse zum Gewaltexzess von Köln
Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU
Drucksache 16/7212
in Verbindung damit
Gefährlicher Entwicklung neuer Allianz von Hooligans und rechter Szene gegen Salafisten und Polizei entschlossen entgegentreten
Antrag der Fraktion der FDP
Drucksache 16/7168
Unsere Redner: Dirk Schatz
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Audiomitschnitt der Rede von Dirk Schatz als Download

Videomitschnitt der kompletten Debatte

Protokoll der Rede von Dirk Schatz

Dirk Schatz (PIRATEN): Vielen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wissen Sie, Herr Minister Jäger, es ist kein großes Geheimnis, dass ich Sie gern und häufig kritisiere und aus rein fachlicher Sicht nicht gerade Ihr größter Fan bin. Trotz allem müssen Sie zugeben, dass ich dabei im Großen und Ganzen eigentlich ziemlich fair agiere. Ich bin aus der Opposition so ziemlich der Einzige, der Sie im Innenausschuss oder auch hier einmal verteidigt, wo es aus meiner Sicht sachlich und fachlich richtig ist, und der nicht einfach nur draufhaut, weil sich gerade irgendeine Gelegenheit bietet.

(Zuruf von Minister Ralf Jäger)

Letzte Woche gab es erst wieder ein sehr gutes Beispiel. Als es um das Konzept zur Reduzierung der Einsatzbelastung bei der Polizei im Fußball ging, haben CDU und FDP geradezu auf Sie eingedroschen. Ich habe nicht in diesen Comment eingestimmt, sondern mich vor Sie gestellt und Ihr Konzept verteidigt, weil es im Grundsatz richtig ist, auch wenn in der Umsetzung hier und da Fehler passiert sind. Machen wir uns nichts vor: Wo Menschen agieren, werden Fehler gemacht. Das ist so sicher wie der Tod und die Steuern.

Die einzige wichtige Frage dabei ist, wie wir damit umgehen. Was lernen wir daraus? Welche Konsequenzen ziehen wir daraus, um die Fehlerquote zumindest in der Zukunft so gering wie möglich zu halten? Deshalb gehört es für meine Fraktion, aber auch für mich persönlich zu meinem Selbstverständnis, Kritik nicht immer und überall völlig undifferenziert in der Hoffnung zu äußern, dadurch vielleicht irgendwann einmal Erwähnung in der Presse zu finden. Ich habe auch die Hoffnung, dass durch dieses Vorgehen bei Kritik von meiner Seite vielleicht einmal hingehört und nicht nur gesagt wird: Der ist von der Opposition, die kritisieren ohnehin immer alles, was ich mache. Die kritisieren einfach jeden und da brauche ich gar nicht mehr hinzuhören.

Herr Jäger, Sie machen es mir echt schwer, diesem Prinzip treu zu bleiben.

(Beifall von den PIRATEN)

Egal was passiert und egal, wie viele Fehler begangen werden, Sie stellen sich mit den Cojones eines Elefanten hierhin oder am liebsten vor die Kameras und sagen sinngemäß immer den gleichen Satz: Das Innenministerium hat alles richtig gemacht und wenn etwas falsch gelaufen ist, dann war es nicht unsere Schuld.

Wir müssen uns alle einmal klarmachen, worüber wir reden. Wir reden über 4.000 bis 5.000 Personen, bei denen einem schon der gesunde Menschenverstand sagen muss, dass der Großteil hochgradig gewaltbereit ist. Das sind Menschen, die die Gewalt nicht nur suchen, nein, sie haben sogar Spaß daran. Und die Polizei ist in deren Augen sowieso der Gegner. Frau Schäffer, bei diesen Menschen hilft auch keine Deeskalationsstrategie mehr, wie es bei normalen Einsätzen der Fall ist. Wenn die Polizei nicht eskaliert, machen die das für die. In so einer Situation kommt die Polizei mit 1.300 Beamten und ist mit einem Verhältnis von vier zu eins hoffnungslos unterlegen. Liebe Kollegen von den regierungstragenden Fraktionen und vor allem Herr Minister Jäger, wenn das so geplant war, kann ich den ca. 50 verletzten Beamten nur anraten, eine Klage gegen den Dienstherrn wegen Verletzung der Fürsorgepflicht anzustreben.

(Beifall von den PIRATEN Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)

Dass wir hier und heute nicht von mehr als 50 verletzten Beamten sprechen, ist zu einem großen Teil nichts weiter als pures Glück. Und da, wo es kein Glück war, ist es an der Zeit, den eingesetzten Beamten, und zwar denen, die in voller Montur mittendrin standen, einfach mal für ihren Einsatz

(Beifall von den PIRATEN)

und dafür zu danken, dass sie wenigstens versucht haben, das Versagen der Führungsebene ich spreche insbesondere das MIK an so gut es ging zu kompensieren. Trotz all dieser Bemühungen lief der Einsatz im Großen und Ganzen einfach richtig schlecht, weil Sie sich auf Zahlen der ZIS verlassen haben, einer Datei, die, wie Sie jetzt eindrucksvoll selbst erleben durften, völlig zu Recht seit Jahren in der Kritik steht. Dieses Chaos in Köln es war nichts anderes als ein Chaos ist das Ergebnis Ihrer Politik.

(Beifall von den PIRATEN Vereinzelt Beifall von der CDU)

Herr Minister, wenn man Sie so reden hört, könnte man meinen, der Innenminister ist quasi qua Amt fehlerbefreit und die Polizei natürlich auch. Aber wissen Sie, die Polizei selber hat es wenigstens zum Teil eingesehen. Zumindest die unteren Ebenen haben Fehler eingeräumt. Man bemerkte einen gewissen Lernprozess bei Ihnen allerdings nicht.

(Lachen von den PIRATEN)

Genau das fördert nicht gerade das Vertrauen in Ihr Amt, das fördert nicht das Vertrauen in Ihre Person, und es fördert nicht das Vertrauen in Ihr Handeln.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Sie müssen sich über eines bewusst sein: Ich kann es völlig nachvollziehen, wenn Sie der Opposition irgendwann nicht mehr zuhören, weil Sie sagen: Die Kritik ist nicht glaubwürdig, die kritisieren sowieso alles, was ich mache. Aber genauso sind Sie nicht glaubwürdig, wenn Sie ständig sagen, Sie hätten immer alles richtig gemacht. Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN Vereinzelt Beifall von der CDU)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Schatz. Für die Landesregierung meldet sich Herr Minister Jäger zu Wort.

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