Veröffentlicht am von in Frank Herrmann, Rechtsausschuss (A14), Reden.

Donnerstag, 15. Mai 2014

Top 6. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes beachten und anlasslose Vorratsdatenspeicherung verhindern

Antrag der Fraktion der FDP
Drucksache 16/5754 – direkte Abstimmung
Unser Redner: Frank Herrmann
Abstimmungsempfehlung: Zustimmung
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Protokoll der Rede von Frank Herrmann

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Bolte.  Für die Piraten spricht Herr Kollege Herrmann.

Frank Herrmann (PIRATEN): Vielen Dank.  Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Bürgerinnen und Bürger im Saal und im Livestream! Gruß auch an die Sicherheitsesoteriker! Am 8. April dieses Jahres sprach der Europäische Gerichtshof von Bürgerrechtlern lange erwartetes Recht. Liebe Kollegen von SPD und CDU, Überraschung: Die Vorratsdatenspeicherung ist rechtswidrig. Sie ist ein Eingriff in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger  ich zitiere das Gericht mit Erlaubnis der Präsidentin  von großem Ausmaß und besonderer Schwere.  Ende des Zitats.

Der EuGH erteilte dann auch der Nutzung der Daten für die Kriminalitätsbekämpfung eine klare Absage, Herr Lohn. Das Urteil unseres höchsten EU-Gerichts zeigt: Nicht wir, die Bürgerrechtler, die Verfechter von Grundrechten, wir Freunde der Privatsphäre, nicht wir lagen falsch, sondern diejenigen, liebe CDU und SPD, die entgegen wichtigen Grundprinzipien unseres Rechtsstaates eine anlasslose und undifferenzierte Massenüberwachung der Gesellschaft beschlossen hatten.

(Beifall von den PIRATEN)

Der Europäische Gerichtshof hat die Richtlinie regelrecht auseinandergenommen. Sie war unverhältnismäßig. Im Text regierten ein Überwachungsfanatismus und eine Blindheit für objektive und zielgerichtete Ermittlungsarbeit. Lesen Sie sich das Urteil durch! Dann werden Sie feststellen, dass der Europäische Gerichtshof an vielen, vielen Stellen das Fehlen objektiver Kriterien verurteilt hat. Die Hardliner predigen aber  wir haben es eben wieder erlebt  entgegen besseren Wissens immer noch, wir bräuchten eine Vorratsdatenspeicherung.  Nein, wir brauchen eine zielgerichtete und verhältnismäßige Polizeiarbeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Wenn berechtigter Verdacht besteht, dann sollen die Ermittlungsbehörden notwendige und verhältnismäßige Befugnisse erhalten, aber auch nur dann. Jedwede Forderung nach einer Vorratsdatenspeicherung hingegen ist demokratiefeindlich, grundrechtsfeindlich, ein Verrat am Grundgesetz und der Europäischen Grundrechtscharta und letztlich ein Angriff auf das Selbstbestimmungsrecht der Menschen. Wir wollen keinen Überwachungsstaat.

(Beifall von den PIRATEN) Meine Damen und Herren, Ihr Sicherheitsesoteriker: Die Vorratsdatenspeicherung ist tot. Der Europäische Gerichtshof hat zu Recht der Vorratsdatenspeicherung den Todesstoß versetzt. Jetzt müssen wir ihr einen schnellen und überdeutlichen politischen Abgang bereiten. Wir brauchen eine klare Absage an dieses rechtswidrige Instrument und eine deutliche Zusage für die Grundrechte unserer Bürger. Deshalb unterstützen wir hier das Anliegen der FDP und stimmen ihrem Antrag zu.

Eine wichtige Sache fehlt uns allerdings in dem Antrag. Deswegen haben wir einen Entschließungsantrag eingebracht. Wir müssen uns daran erinnern, dass die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in Brüssel forciert wurde. Obwohl sich der Bundestag in seiner 15. Legislaturperiode 2004 gegen die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen hat, wurde auf europäischer Ebene auf eine Vorratsdatenspeicherung hingearbeitet.

Hier wollen wir aber nicht die Schuld auf die EU abwälzen. Die Europäische Kommission hat das nämlich nicht verursacht. Nein, es sind deutsche Regierungsmitglieder gewesen, das heißt konkret, die Innen- und Justizminister und die Europaabgeordneten der großen Fraktionen SPD und CDU, die auf EU-Ebene für eine rechtswidrige Vorratsdatenspeicherung gekämpft haben und dies vielleicht wieder machen wollen. Ein Gesetz, das 2004 in Deutschland von seinem Parlament, dem Deutschen Bundestag, abgelehnt wurde, wurde in Brüssel und Straßburg ohne Unterlass und mit einer unfassbaren Dreistigkeit weiter verfolgt. Das ist hinterhältige Politik. Das ist demokratiefeindlich.

(Beifall von den PIRATEN)

Wir fordern Sie auf, SPD und CDU: Hören Sie auf mit solchen Intrigen und halten Sie sich an europäisches Grundrecht und letztlich an den Willen der Bürgerinnen und Bürger!

An dieser Stelle möchte ich auch einen großen Dank an die Menschen richten, die jahrelang für die Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung gekämpft haben, diejenigen, die andauernd die Verletzung unser aller Grundrechte betont und die Ineffektivität der Maßnahmen verurteilt haben. Vielen Dank an diejenigen, die sich von den Überwachungsfanatikern haben beleidigen lassen und trotzdem nicht zurückgeschreckt sind. Es ist skandalös. Sie wurden als Feinde der Kriminalitätsbekämpfung beschimpft. Ihnen wurde nachgesagt, sie würden Taten wie Kinderpornografie oder Terrorismus nicht aufklären wollen, gar gutheißen wollen. Eine Entschuldigung an diese engagierten Menschen gab es nach dem EuGH-Urteil bisher nicht. Schade.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank auch an Frau Leutheusser-Schnarrenberger von der FDP. Denn es war in der schwarz-gelben Bundesregierung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts sicherlich ihr Verdienst, dass eine Vorratsdatenspeicherung erst einmal nicht wieder zu machen war.

Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.

Frank Herrmann (PIRATEN): Ich komme zum Schluss.  Die Grünen haben sich ja leider durch ihre Abstimmungen für die Vorratsdatenspeicherung hier in diesem Parlament unehrlich gemacht. Schade, wenn die eigene Integrität durch Ihren Fraktionszwang in der Regierung verloren geht.

Deshalb werden sich die Richtigen hier in der Runde auch angesprochen fühlen, wenn ich mit den Worten ende: Wer hat uns bei der Vorratsdatenspeicherung verraten?  Es waren nicht die Piraten.

Danke schön.

(Beifall von den PIRATEN)

Präsidentin Carina Gödecke: Danke, Herr Kollege Herrmann.  Für die Landesregierung spricht Herr Minister Jäger.

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