Mittwoch, 29. Januar 2014
Top 7. Fußball vor Gewalt schützen – Straftäter endlich wirksam ausschließen
Antrag der Fraktion der FDP
Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Ausschussüberweisung
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Protokoll der Rede von Frank Herrmann
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Frau Kollegin Paul. Für die Fraktion der Piraten spricht der Kollege Herrmann.
Frank Herrmann (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP! Ehe jemand fragt: Das hat nichts mit Fußball zu tun, das war ein Fahrradunfall.
(Der Redner weist auf seinen bandagierten Arm.)
Manchmal denkt man sich in diesem Hohen Hause: Ist das ein Antrag, oder kann das weg?
(Zuruf von den PIRATEN: Das kann weg!)
Dieser FDP-Antrag ist ein Fall, in dem Letzteres zutreffen würde. Schon in den ersten Zeilen steht: „Die Zahl der Ereignisse … reißt nicht ab“, und: „… verleiden diese Ereignisse unzähligen Fans das Freizeitvergnügen …“. Da offenbaren sich neue Dimensionen von Ausschreitungen.Nur einen Absatz später schreiben Sie aber selbst, das seien aber Ausnahmen, „die den Blick darauf verstellen, dass der Besuch in Stadien … nach wie vor sicher ist“. Ja, was denn nun?
Und ihre Forderung nach Meldeauflagen, die konsequent verhängt werden sollen, und nach Staatsanwaltschaften, die beschleunigte Verfahren durchführen sollen all das hatten wir schon einmal in einem Antrag von Ihnen, den Sie vor mehr als einem Jahr gestellt haben. Herr Kollege Kossiski hat das auch schon erwähnt. Naja, immerhin fordern Sie jetzt keine Bengalo-Spürhunde mehr.Mich ärgert wirklich, dass Sie keine neuen Vorschläge unterbreiten, sondern wieder die Leier der angeblich extrem hohen Zahl von Gewalttaten im Zusammenhang mit Fußballspielen anstimmen. Anregungen für einen konstruktiven Antrag gab es doch genug. Wir hatten die Anhörung, die schon erwähnt wurde, die wir gemeinsam durchgeführt haben und die sehr erfolgreich war und vielfach gelobt wurde.
In der Anhörung, in den Stellungnahmen zu Ihrem Antrag und auf unsere Fragen haben die Sachverständigen kluge Forderungen an die Politik gestellt und vor allem konstruktive Vorschläge gemacht. Konstruktive Vorschläge fehlen aber von Ihnen zu dem Thema „Gewalt rund um Fußballspiele“ völlig. Ihre Forderung zur Überwachung und Kontrolle der Fans wurden schon damals von den Experten mehrheitlich als unverhältnismäßig, überflüssig, kontraproduktiv und nicht zielführend beurteilt.
(Beifall von den PIRATEN)
Dass sie einfach abgelehnt wurde, war gut so. Ich weiß, Sie denken, dass wir Piraten die Gewalt rund um Fußballspiele verharmlosen. Aber das stimmt nicht. Wir haben einfach einen differenzierteren Blick auf die Thematik und wollen nachhaltige und wirksamere Lösungen suchen und in die Wege leiten.Deshalb bringen wir hier einen umfassenden Entschließungsantrag ein; denn mit immer mehr Überwachungs-, Kontroll- und Polizeimaßnahmen werden wir die Probleme eben nicht lösen können. Wir brauchen erst einmal Studien dazu, ob es wirklich eine Zunahme ungehemmter und exzessiver Gewalt gibt, wie Sie, Herr Minister Jäger, das immer wieder behaupten.
Es reicht eben nicht, Einzelfälle zu dramatisieren in den Reden vorher ist das schon gemacht worden und das als argumentative Grundlage für eine Breitseite an Repressionen gegen alle Fans zu nutzen. Personalisierte Tickets und kontrollierte Reisewege sind keine Lösungen, sondern Massenüberwachungen. Wir brauchen wissenschaftliche Erkenntnisse über die Fußballfanszenen, über die Gründe für Gewalt und über die besten Strategien gegen Gewalt. Da muss es auch um die gesellschaftspolitischen Fragen gehen.Ich würde es wirklich sehr begrüßen, wenn wir nicht weiter so hysterisch über die Gewalt rund um Fußballspiele sprechen würden. Das ist dermaßen unklug, weil es diese aufgeheizte Stimmung erst produziert und immer neue Taten provoziert. Die Situation wäre meines Erachtens momentan nicht so angespannt, wenn man die Fans seit Anfang der Saison nicht pauschal, unüberlegt und extrem repressiv ins Visier genommen hätte. Die Fans finden es zum Beispiel nicht okay, dass das Zeigen eines Banners einen unverhältnismäßigen und gefährlichen Polizeieinsatz mit vielen Verletzten nach sich zieht.
(Beifall von den PIRATEN)
Die Fans haben nicht vergessen, dass nach dem Polizeieinsatz bei dem Spiel Schalke gegen Saloniki bis heute keine Fehler zugegeben wurden. Sie haben auch nicht vergessen, dass Sie, Herr Minister, mit Drohungen dafür gesorgt haben, dass der Verein Schalke 04 seine scharfe Kritik an dem Einsatz zurückgenommen hat, und dass Sie dem Verein sogar einen Maulkorb verpasst haben, um weitere Äußerungen zu verhindern.
Genau dieser „Maulkorb-Verein“ verhängt jetzt fast 500 Haus- und Stadionverbote.
(Zuruf von der SPD: Wie viele?)
Wie ist denn zu rechtfertigen, dass die Datenweitergabe von der Polizei an die Vereine ohne eingeleitetes Strafverfahren erfolgt? Unschuldige Fans dürfen keine Stadionverbote bekommen, nur weil ihre Personalien von der Polizei festgestellt worden sind.
Wir müssen jetzt wirklich gegensteuern. Sonst verlieren wir die Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht nur der Ultrafanszene endgültig. Dass die Ultragruppierungen im besonderen Fokus der Sicherheitsdebatte stehen, ist schlecht. Denn die Ultras gefährden durch ihre extrovertierte Art der Unterstützung ihrer Vereine die Sicherheit nicht.Ich fasse zusammen. Wir fordern in unserem Antrag, dass Fanprojekte ernst genommen werden. Wir wollen, dass den Präventionsmaßnahmen, die zum Teil erst kürzlich eingeleitet wurden, Zeit zur Entfaltung gegeben wird. Wir wollen auch, dass Sie, Herr Minister Jäger, sich nicht weiter vor einem Dialog drücken, sondern aktiv nach Dialog suchen.
Es steht noch viel mehr in unserem Antrag.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Herr Kollege.
Frank Herrmann (PIRATEN): Wenn Sie hier nicht alle so borniert wären, würden Sie ernsthaft über diese Vorschläge nachdenken. Trotzdem freue ich mich auf die Beratungen im Ausschuss. Danke schön.
(Beifall von den PIRATEN)
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Kollege Herrmann. Für die Landesregierung spricht Herr Minister Jäger.