Veröffentlicht am von in Frank Herrmann, Innenausschuss (A09), Reden.

Donnerstag, 30. Januar 2014

 

Top 14.  21. Datenschutz- und Informationsfreiheitsbericht des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit des Landes Nordrhein-Westfalen

Vorlage 16/863

und

Stellungnahme der Landesregierung zum 21. Datenschutz- und Informationsfreiheitsbericht des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit

Vorlage 16/1170

Beschlussempfehlung des Innenausschusses

Drucksache 16/4599

Unser Redner: Frank Herrmann

Abstimmungsempfehlung: Zustimmung

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Protokoll der Rede von Frank Herrmann

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Orth. Für die Piraten-fraktion spricht als nächster Redner Herr Kollege Herrmann.

Frank Herrmann (PIRATEN): Vielen Dank. Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In der letzten Plenarwoche haben wir Sie noch gelobt, Herr Bolte, liebe Kollegen von SPD und Grünen, dass Sie vor drei Jahren die Unabhängigkeit des Landesdatenschutzbeauftragen hergestellt haben. Wir möchten Sie allerdings daran erinnern, dass Sie damit ausschließlich einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs nachgekommen sind. Vorher waren die Regelungen schlicht verfassungswidrig. Vergessen Sie das bei Ihrem Eigenlob bitte nicht!

(Beifall von den PIRATEN)

Sehr geehrter Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit, Herr Lepper, ich möchte mich im Namen der Piratenfraktion für Ihren ausführlichen Datenschutz- und Informationsfreiheitsbericht ganz herzlich bedanken. Sie haben sich mit vielen wichtigen Themen der sich stetig digitalisierenden Gesellschaft auseinandergesetzt, viele Entwicklungen bei der Datenerhebung und -verarbeitung hinterfragt und an den richtigen Stellen Kritik geäußert.

(Beifall von den PIRATEN)

Sie haben uns auch viele Baustellen aufgezeigt und um mehr politische Unterstützung gebeten. Ich kann Ihnen die Unterstützung der Piratenfraktion auf jeden Fall zusichern, und ich würde mir wünschen, dass wir als Landtag gemeinsam unserem Auftrag intensiver nach-kommen und unsere Hausaufgaben in Sachen Datenschutz und Informationsfreiheit machen. Nicht nur die Diskussion heute Morgen zur Aktuellen Stunde hat gezeigt, dass hier noch vieles im Argen liegt. Wenn Sie, Herr Stotko, den Verkehrsgerichtstag in Goslar erwähnen und fehlenden Datenschutz im Bereich Pkw-Automation beklagen, verstehe ich nicht, warum Sie letztens den FDP-Antrag zum e-Call-System man könnte auch Autowanzen sagen einfach abgelehnt haben.

(Beifall von den PIRATEN)

Schon bei der Vorstellung des Datenschutz- und Informationsfreiheitsberichts im Innenausschuss hatten Sie, Herr Lepper, die Sorge geäußert

(Zuruf von Matthi Bolte [GRÜNE])

ich verstehe leider nicht, was Sie sagen , die kurze Stellungnahme der Landesregierung zum Bericht könne ein Zeichen fehlenden Interesses seitens der Landesregierung darstellen. Ich teile Ihre Sorge. Denn die fehlende Priorisierung der Anhörung etwa zur Überprüfung der Landes-IT oder die Abwehrhaltung von Rot-Grün bei der Vorratsdatenspeicherung zeigt in der Tat, dass die regierungstragenden Fraktionen dieses Thema leider viel zu oft zu leicht und nicht ernst genug nehmen.

Lassen Sie mich exemplarisch auf drei der im Datenschutzbericht angesprochenen Baustellen oder Hausaufgaben für uns Abgeordnete eingehen:

Erstens: Öffentlichkeitsfahndung per Facebook & Co. Der Datenschutzbeauftragte hat diese Praxis zu Recht kritisiert. Die Polizei unterstützt damit einen Anbieter, der in vielerlei Hinsicht gegen deutsche und europäische Datenschutzregeln verstößt. Ist das Ihr Ernst? Muss sich die Polizei nicht an deutsche Gesetze halten und zunächst selbst für die Durchsetzung von Datenschutzstandards einstehen? Während der Datenschutzbeauftragte hier mit Landtag die Öffentlichkeitsfahndung über Facebook in aller Deutlichkeit kritisierte, beschloss die Innenministerkonferenz in Hannover, diese Fahndungsmittel weiter einzusetzen. Verkehrte Welten, meine Damen und Herren!

Zweitens: Datenschutzkompetenz und Datensicherheit in der Schule. Viele Schulen sowie ihre Schüler und Lehrer fühlen sich bei dem Thema zu Recht unsicher und alleingelassen. Der technologische Fortschritt ist schnell. Es geht um die richtigen digitalen Kommunikationsformen zwischen Schülern und Lehrern. Verschlüsselung ist dabei heute Bürgerpflicht. Es fehlen, wie der Datenschutzbeauftragte aufzeigt, Fördermaßnahmen für Schüler und Lehrer. Es fehlen Handlungsanleitungen für den Umgang mit diesen Entwicklungen. Wenn wir Datenschutz ernst nehmen, müssen wir auch die Förderung von Datenschutzkompetenz ernst nehmen, ein Aufgabenfeld, dem wir uns als Landtag unbedingt stärker widmen müssen.

Drittens. INDECT, ein EU-Forschungsvorhaben, ein großes Thema im Bericht. Ziel von INDECT ist es, Überwachungstechnologien zu verknüpfen und abnormale gefährliche Verhaltensweisen von Menschen zu erkennen und herauszufiltern. Die Videoüberwachung von morgen wird mit diversen Datenbanken verbunden sein und unser Verhalten lesen und interpretieren können. Hier bemängelt der Datenschutzbeauftragte ein auffälliges Schweigen der Innenverwaltung. Was wir daran zu bemängeln haben, würde den Rahmen der heutigen Sitzung sprengen.

(Beifall von den PIRATEN)

INDECT weist aber schon auf einen Punkt hin, den wir morgen diskutieren werden, unsere Große Anfrage zur Videoüberwachung, bei der ich so viel kann ich bereits vorwegnehmen eine ernsthafte Auseinandersetzung seitens der Landesregierung mit dem Thema vermisse.

Zur Videoüberwachung meint der Landesdatenschutzbeauftragte, dass viele Datenschutzverstöße beim Einsatz von Videoüberwachung hier in NRW von uns auf allen Ebenen beobachtet werden müssen. Das bedeutet vor allem, dass nicht alle Bewertungen zum Einsatz von Videoüberwachung auf den Datenschutzbeauftragten abgeschoben werden dürfen. Das Land muss vorher selbst auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben achten, im kommunalen Bereich notfalls durch die Kommunalaufsicht.

(Beifall von den PIRATEN)

Ich komme zum Schluss. Dennoch müssen wir im Landtag die Rechte, Kapazitäten und vor allem die Sanktionsmöglichkeiten der Landesbehörde für Datenschutz und Informationsfreiheit weiter stärken. Die jüngsten Ereignisse zeigen uns immer wieder, ein starker Datenschutzbeauftragter ist notwendiger denn je. Für den weiteren Aufgabenbereich der Informationsfreiheit fehlt mir leider die Zeit. Dazu werde ich bald im Rahmen der Beratung zu unserem Transparenzgesetz sprechen.

Nochmals an Sie, Herr Lepper, und an Ihre Mitarbeiter: Vielen Dank für Ihre Arbeit!

(Beifall von den PIRATEN) Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege. Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Jäger das Wort.

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