Donnerstag 19.12.2013
Antrag der Fraktion der PIRATEN
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Protokoll der Rede von Frank Hermann:
Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe anwesende Kolleginnen und Kollegen! Ich bin schon mehrfach darauf hingewiesen worden, dass sich unser Antrag erledigt habe und nicht mehr aktuell sei. Ja, seit heute Mittag hat er sich in einem Punkt erledigt. Habemus Bundesdatenschutzbeauftragte! Die Stelle des bzw.der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit ist wieder besetzt.
Ich möchte das sehr gerne mit einer Pressemitteilung von Frau Serap Güler von gestern zur Berufung des neuen Integrations-Staatssekretärs Klute kommentieren. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten, habe mir aber erlaubt, die Namen und Funktionen in der Pressemitteilung auszutauschen:
Als „falsches Signal für das Gelingen des Datenschutzes“ bezeichnet der Sprecher für Privatsphäre und Datenschutz der Piratenfraktion die heutige Ernennung von Frau Voßhoff zur Bundesdatenschutzbeauftragen.
(Heiterkeit von den GRÜNEN)
„Frau Voßhoff ist als CDU-Bundestagskandidatin gescheitert und muss anscheinend von ihrer Partei mit einem neuen Amt bedacht werden. Zu Fragen des Datenschutzes ist sie allerdings bisher nicht aufgefallen. Ihre Ernennung folgt parteitaktischen Motiven und bringt unser Land beim Datenschutz nicht voran.“
(Beifall von den PIRATEN und der FDP – Zurufe von den PIRATEN: Super!)
So weit dieses Zitat.
Nun gibt es immer wieder Menschen, die mit ihren Aufgaben wachsen. Da diese Personalie nun erst einmal entschieden ist, wollen wir Frau Voßhoff eine Chance bieten. Wir wünschen ihr Mut und sind auf ihre ersten Initiativen gespannt.
Eine öffentliche Anhörung des Kronzeugen des größten Angriffs auf unsere Privatsphäre seit Menschengedenken, Edward Snowden, wäre zum Beispiel eine sinnvolle und dringend notwendige Maßnahme. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist jedoch gering; denn die Voraussetzungen, dass Frau Voßhoff frei und nur ihrem Amt und den damit verbundenen Aufgaben verpflichtet arbeiten kann, sind nicht gegeben. Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit ist mitsamt ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dem Bundesministerium des Innern angegliedert und untersteht dessen Dienstaufsicht.
Sie werden uns vorhalten, dass wir Bundespolitik in den Landtag bringen. Ich sage: Ja, das tun wir; denn ohne eine starke Opposition im Bund müssen wir in den Ländern noch sehr viel lauter unsere Kritik üben –
(Beifall von den PIRATEN)
vor allem bei Themen mit einem Stellenwert wie diesem.
Man muss sich nämlich fragen: Welche Schlüsse würde eine bemühte und ehrliche Regierung aus einem Überwachungsskandal ziehen – einem Überwachungsskandal, bei dem in unbekanntem Ausmaß die privatesten Informationen von jedem von uns gesammelt und analysiert würden? Welche Schlüsse müsste eine Regierung, die die Interessen ihrer Bürger achtet, aus einer zunehmend digitalen Gesellschaft ziehen – einer Gesellschaft, in der das Sammeln von persönlichen Daten und die Informationsverarbeitung ein zentraler Aspekt der Wirtschaft und der staatlichen Behörden zu sein scheint?
Welche Schlüsse würde eine grundrechtsachtende Politik ziehen? – Sie würde den Datenschutz stärken. Sie würde mit höchster Priorität Aufklärung betreiben. Sie würde Transparenz derjenigen herstellen, die sonst nur im Geheimen agieren. Sie würde das zentrale Kontrollorgan stärken, das die Einhaltung der Datenschutzgrundregeln überwacht.
Genau das passiert aber in Berlin eben nicht. Das scheint auch für die neue Regierung keine Priorität zu haben. Im Koalitionsvertrag steht dazu gar nichts. Dabei geht es hier um nichts Geringeres als das Recht auf Privatsphäre und Datenschutz, die informationelle Selbstbestimmung und letztlich um unsere freiheitliche und demokratische Grundordnung. Das ist heute so dringend wie niemals zuvor.
Das Amt des Bundesdatenschutzbeauftragten muss gestärkt werden. Ein starkes Amt setzt die völlige Unabhängigkeit von der Politik voraus. Wir brauchen Unabhängigkeit, also die vollständige Personalhoheit sowie die ausreichende finanzielle und personelle Ausstattung.
In Nordrhein-Westfalen wurde ein guter Ansatz geschaffen, indem der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hier organisatorisch unabhängig und haushaltstechnisch dem Landtag angegliedert ist.
Lieber Herr Bolte, lieber Herr Stotko, in der letzten Sitzung des Innenausschusses haben Sie beide noch stolz erwähnt, dass Sie wohl vor zwei Jahren die richtige Entscheidung für einen unabhängigen Datenschutz in NRW getroffen haben. Dieses NRW-Modell kann als Basis für eine Novellierung der Regelungen für den Bundesdatenschutzbeauftragten fungieren.
Wir fordern Sie auf, die Landesregierung zu beauftragen, sich für eine Reform einzusetzen und über den Bundesrat eine Initiative dazu zu starten. Zeigen Sie, dass Ihnen Datenschutz und Informationsfreiheit und damit auch ein großer Teil unserer Bürgerrechte auch im Bund wertvoll sind. – Danke.
(Beifall von den PIRATEN)