Anlässlich der heutigen Vorstellung des gemeinsamen Memorandums von Bürgerrechtsgruppen zum Thema ´Verfassungsschutz´ [1] fordern die Piratenabgeordneten in vier Landtagen eine konsequente Abschaffung der deutschen Geheimdienste und internationale Verhandlungen über das Abrüsten der weltweiten ´Geheimdienstarsenale´ unter der Kontrolle eines internationalen Aufsichtsgremiums.
„Durch Abschaffung der Geheimdienste könnten die Kapazitäten des Staates bei der sozialen Prävention von Kriminalität und auch bei der strafrechtlichen Verfolgung schwerer Straftaten maßgeblich verstärkt werden“, erklärt Patrick Breyer, Landtagsabgeordneter in Schleswig-Holstein. „Wir brauchen keine Geheimdienste, die bei Straftaten nur zusehen, Strafverfolgung teilweise durch Warnungen vereiteln und kriminelle Strukturen finanzieren, um über V-Leute Informationen abzuschöpfen. Geheimdienstmethoden sind einer Demokratie unwürdig.“
Michael Hilberer, Fraktionsvorsitzender der Piratenfraktion im Landtag des Saarlandes und Mitglied des Ausschusses für Fragen des Verfassungsschutzes: „Die Geheimdienststruktur, die wir heute haben stammt aus der Zeit des kalten Krieges. Dieses gigantische Überwachungssystem ist heute absolut nicht mehr angemessen. Die Dienste sind technologisch so hochgerüstet, dass sie unsere gesamte Kommunikation im Blick haben, unser Verhalten analysieren und sogar zukünftiges Verhalten prognostizieren. Sie entziehen sich durch internationale Zusammenarbeit jeglicher nationaler Kontrolle und haben ein beunruhigendes Eigenleben entwickelt. Die permanente Überwachung ist die große Gefahr für unsere freiheitliche Demokratie, eine größere Gefahr als jene, vor der uns diese Dienste vorgeblich schützen sollen.“
Frank Herrmann, Obmann im Innenausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags, bekräftigt: „Kritiker, Parlamentarier, Journalisten – letztlich sind wir alle im Visier der Geheimdienste. Seit Jahren werden Menschen in diesem Land bespitzelt, die eher Verfassungsfreunde, denn Verfassungsfeinde sind. Diese Machenschaften kommen meistens erst durch Zufall ans Tageslicht, weil niemand die Geheimdienste kontrolliert – oder kontrollieren kann. Es hat sich gezeigt, dass Geheimdienste mit ihren geheimen Methoden sehr viel Schaden anrichten und wenig bis keinen Nutzen für die Demokratie haben. So scheiterte das NPD-Verbotsverfahren 2003, weil die halbe Partei aus V-Leuten des Verfassungsschutzes bestand. Aus dieser Tatsache müssen wir Konsequenzen ziehen: Wir brauchen keine Geheimdienste, sondern Wissenschaft, Expertise von nichtstaatlichen Organisationen und eine aufgeklärte Zivilgesellschaft.“
Pavel Mayer, Sprecher für Verfassungsschutzpolitik der Piratenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus: „Auslandsgeheimdienste sind eine rechtliche Absurdität. Jedes Land verbietet Spionage fremder Mächte im eigenen Land, schickt aber Spione aus. Spionage ist überall eine Straftat und mit rechtstaatlichen Prinzipen unvereinbar. In Deutschland ist die Trennung von Polizei und Nachrichtendiensten mittlerweise weitgehend aufgeweicht. So dürfen der polizeiliche Staatsschutz in den Ländern wie auch das Bundeskriminalamt sämtliche nachrichtendienstlichen Mittel einsetzen, die auch der Verfassungsschutz einsetzt, auch für präventive Vorfeldermittlungen ohne Ermittlungverfahren, und das weitgehend ohne öffentliche Kontrolle. Beim Entwurf einer bürgerrechtsfreundlichen Sicherheitsarchitektur für Deutschland darf sich daher der Blick nicht auf die Abschaffung von Institutionen verengen. Vielmehr müssen die Grundrechteeinschränkungen durch sämtliche Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgeben deutlich begrenzt und besser kontrolliert werden. Ein starker, demokratisch legitimiter Staat vertraut seinen Bürgern und braucht sich nicht vor ihnen zu verbergen.”
[1] Memorandum von Bürgerrechtsgruppen:
http://ilmr.de/wp-content/uploads/2013/07/Memorandum.pdf
Resolution von Piratenabgeordneten aus den Landtagen NRW, Schleswig-Holstein, Saarland und Berlin zur Abschaffung von Geheimdiensten: