Veröffentlicht am von in Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie (A10), Joachim Paul, Reden.

Freitag, 12. Juli 2013

 

TOP 8. „Selbstbedienungsladen Hochschule“ beenden – Leistungsgerechte Bezahlung von Hochschulrektoren transparent gestalten

Antrag der Fraktion der PIRATEN
Drucksache 16/3435
Block I
Unsere Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Ausschussüberweisung

Unser Redner: Joachim Paul

 

 

 

 

 

Audiomitschnitt der Rede von Joachim Paul


Wortprotokoll zur Rede von Joachim Paul:

Vielen Dank. – Lieber Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! Von dem in Sachen Arbeitsmarkt brennenden Europa kommen wir jetzt zu einem nordrhein-westfälischen Problem zurück.

Wir sind der Auffassung, leistungsgerechte Bezahlung sowie eine standesgemäße Entlohnung von Arbeit sind ein hohes Gut in unserer modernen Tätigkeitsgesellschaft. Das gilt für Facharbeiter genauso wie für Professoren und Hochschulleitungen. Allerdings – das wollen wir heute im Landtag thematisieren – ist die hemmungslose Selbstbedienung, durch die Funktionsleistungsbezüge nach Gutdünken der demokratisch nicht legitimierten Hochschulräte an den hiesigen Hochschulen gewährt werden, ein politischer Skandal.

(Beifall von den PIRATEN)

Wir haben zwei Kleine Anfragen zu dem Thema gestellt, um erst einmal Licht in das Dunkel dieses Selbstbedienungsladens zu bringen. Schauen wir uns einfach mal an, was ein Hochschulrektor an einer großen Universität in Nordrhein-Westfalen verdient: Zum einen bekommt er das normale Beamtengehalt, meist B6, also ca. 100.000 Euro im Jahr. Zusätzlich gibt es nach Hochschulgröße und Hochschultyp einen festen Funktionsleistungsbezug; an der Universität Köln sind das zum Beispiel 52,5 % der W3-Besoldung, was mit 35.280 Euro per anno zu Buche schlägt. Dazu hat man natürlich noch geldwerte Leistungen wie Dienstfahrzeug etc.

Um eines hier gleich ganz klarzumachen: Diese Bezüge werden von uns in keiner Weise infrage gestellt.

(Zurufe von der CDU: Ah ja!)

Sie sind auch nach unserer Auffassung für eine herausragende Leistungsfunktion gerechtfertigt. Herr Berger, über Leistung unterhalten wir uns bei Gelegenheit noch mal.

(Zurufe von der CDU)

Allerdings ist es für uns völlig unakzeptabel, dass es Hochschulrektoren erster und zweiter Klasse gibt. Die Leitung einer großen Universität unterscheidet sich nicht von der einer kleinen Fachhochschule; denn die Mittel und die Mitarbeiterstäbe zur Erledigung der Leitung einer Hochschule sind dementsprechend üppiger, sodass das Kriterium der Hochschulgröße an der Stelle nicht zielführend ist.

Hauptkritikpunkt für uns ist jedoch die Frage der sonstigen Funktionsleistungsbezüge der Hochschulrektoren. Hier können die Vorsitzenden der Hochschulräte völlig wirtschaftsautonom agieren und den Präsidiumsmitgliedern weitere Bezüge gewähren. Um das ganz klarzumachen: Wir reden hier übrigens von Steuergeldern. -Das sollten wir bei unserer Betrachtung der Sachlage nicht vergessen.

Es entscheiden also demokratisch nicht legitimierte Hochschulratsvorsitzende über weitere Leistungsbezüge für Hochschulleitungen nach hanebüchenen Kriterien wie zum Beispiel einer Wiederwahl oder der erfolgreichen Einwerbung von Drittmitteln.

(Beifall von den PIRATEN)

Dass wir im Landtag von Nordrhein-Westfalen die Einzigen sind, die noch gegen diesen Selbstbedienungsladen Hochschulrat antreten, ist sehr bezeichnend. Wir bleiben dabei, dass dieses system- und wissenschaftsautonomiefremde Konstrukt abgeschafft werden muss.

(Beifall von den PIRATEN)

Die Praxis der Funktionsleistungsbezüge muss endlich beendet werden. Denn wie soll ein Externer objektiv beurteilen, was wissenschaftliche Leistung ist? – Das ist ja noch schöner.

(Vorsitz: Vizepräsident Daniel Düngel)

Wir fordern die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen hiermit auf, sich endlich mit uns gemeinsam für eine wirkliche Wissenschaftsautonomie unter höchstmöglicher Transparenz in der Verwendung von Steuergeldern einzusetzen.

Sie sehen es doch im Grunde genauso und trauen sich nur nicht an die heißen Eisen heran. Warum dies so ist, liefere ich gleich mit: Die Macht der Hochschulräte und der Hochschulleitungen ist auch medial zu groß geworden, als dass Sie sich einen offenen Kampf mit ihnen liefern möchten.

Wir werden aber weiter in diese Kerbe hauen; denn mit guter Ordnungs- und Steuerungspolitik hat dieser Blindflug durch die Weiterentwicklung dieses Politikentmündigungsgesetzes, das sich fälschlich „Hochschulfreiheitsgesetz“ schimpft, nichts zu tun. Wir freuen uns auf die Diskussionen im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

 

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