Mittwoch, 27. Februar 2013
TOP 11. Europa und Nordrhein-Westfalen brauchen einen stärkeren EU-Haushalt
Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN
Unsere Abstimmungsempfehlung: Enthaltung
Audiomitschnitt der Rede von Nico Kern
Videomitschnitt der Rede von Nico Kern
Das Wortprotokoll zur Rede von Nico Kern
Nicolaus Kern (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Saal und zu Hause!
(Zuruf: Sind keine mehr da! – Jochen Ott [SPD]: Und am Stream!)
– Die müssen auch erwähnt werden. Mit den zähen Verhandlungen zum mehrjährigen Finanzrahmen 2014 bis 2020 zeigt die EU einmal mehr ihr undemokratisches Gesicht und macht den Reformbedarf der europäischen Strukturen deutlich. Hier werden Milliardensummen hinter verschlossenen Türen hin und her geschoben, bis alle Regierungen dem Budgetansatz zähneknirschend zustimmen können.
Die deutsche Bundesregierung verkauft daraufhin der eigenen Bevölkerung unter dem Motto „Better Spending“ das Verhandlungsergebnis als – Achtung! – alternativlos. Jetzt geht das eigentliche Hauen und Stechen in den Kommissionsdirektoraten los, wer die größten Budgetkröten schlucken muss. Die betroffenen Menschen in der EU haben zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit, die Haushaltsvorschläge einzusehen geschweige denn irgendeinen Einfluss auf diese auszuüben. Das ist für uns Piraten kein demokratisch offener Prozess und somit für uns nicht hinnehmbar.
(Beifall von den PIRATEN)
Auf den ersten Blick ist der vorliegende rot-grüne Antrag also zustimmungsfähig. Es werden mehr Mittel für Nordrhein-Westfalen gefordert. Der europäischen Integration und Solidarität soll Rechnung getragen werden. Europa soll handlungsfähig bleiben. Alles schöne Worte. Doch das ist alles Wahlkampfpolemik und geht an den strukturellen Haushaltsproblemen der EU vorbei.
Denn die reine Erhöhung der Struktur- und Investitionsmittel, wie im vorliegenden Antrag von Rot-Grün gefordert, ist kein Allheilmittel. Vielmehr ist die Qualität der umzusetzenden Politik hier das entscheidende Kriterium, und dafür muss die ordnungsgemäße Verwendung der Mittel sichergestellt sein. Jüngste Fälle zeigen deutlich: Betrug bei der Verwendung von EU-Fördermitteln in den einzelnen Mitgliedstaaten, auch in NRW, ist ein strukturelles Problem in der Europäischen Union. Hier muss angesetzt werden.
Die europäische Haushaltspolitik setzt zudem vollkommen falsche Prioritäten. Das müsste im Antrag eigentlich adressiert werden. Der Kollege Ellerbrock hat das ja auch schon in seinem Redebeitrag angesprochen. Denn es scheint, als stecke die Budgetpolitik immer noch in den 50er-Jahren fest. Die EU subventioniert auf Druck der Agrarlobby mit Unsummen – etwa 42 % des gesamten EU-Budgets – Weideflächen und industrielle Massentierhaltung, während Europas Jugend in Arbeitslosigkeit versinkt.
(Beifall von den PIRATEN)
Kurzum: Der Antrag bietet viel Prosa und wenig Substanz. Wir Piraten fordern hingegen eine transparente und bürgeroffene Haushaltsfindung in der EU. Wir wollen eine Neuausrichtung der Prioritäten, um den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts und nicht eingesessenen Industrieinteressen gerecht zu werden. Wir Piraten bleiben dabei: Haushaltspolitik muss transparent sein. Wir werden uns daher bei der kommenden Abstimmung enthalten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den PIRATEN)
Vizepräsident Daniel Düngel: Herzlichen Dank, Kollege Kern.