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Donnerstag, 24. Januar 2013

TOP 1. Berlin/Bonn-Gesetz respektieren – Bewährte Aufgabenteilung zwischen Bonn und Berlin dauerhaft erhalten

Block I – direkte Abstimmung

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/1815

in Verbindung mit

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/1897

in Verbindung mit Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 16/1912

Unser Redner: Dietmar Schulz

Unsere Abstimmungsempfehlung: Zustimmung

Audiomitschnitt der Rede von Dietmar Schulz

Videomitschnitt der Rede von Dietmar Schulz

 

Das Wortprotokoll der Rede von Dietmar Schulz:

 

Dietmar Schulz (PIRATEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer im Hause und zu Hause am Stream! Alle Jahre wieder ist Karneval und auch die Debatte über den Beschluss, das Berlin/Bonn-Gesetz aufzuheben, was eine Komplettverlagerung von Regierungsinstitutionen nach Berlin bedeuten würde.

Karneval? Herr Dr. Papke, Sie haben das als Angriff bezeichnet. Ich sage einfach einmal: Es ist das Stöckchen, das der aktuelle SPD-Kanzlerkandidat hinwirft, und wir alle springen drüber. Jedes Jahr ist es jemand anderes, und es wird weiterhin so bleiben. Ich denke, das wird in den nächsten Jahren und möglicherweise auch Jahrzehnten immer wieder auf der Tagesordnung stehen; denn steter Tropfen höhlt den Stein.

Das ist aus Sicht von Berlin und Umgebung sicherlich auch verständlich, zumal Milliardeninvestitionen damit verbunden sind. Aber wie wir sehen, ist man in Berlin nicht einmal in der Lage, einen Flughafen zu bauen. Also sollten wir doch vielleicht den Status Quo einfach er-halten. Ich bin ebenso wie die Piratenfraktion froh, dass die Region Bonn und Rhein-Sieg in dieser Form die Unterstützung dieses Parlaments erhält.

Dass Zehntausende neuer und sicherer Arbeitsplätze anderswo verloren gehen, wird gern ausgeblendet. Dass die Thematik der Gefährdung von Arbeitsplätzen in Nordrhein-Westfalen überhaupt auf der Tagesordnung steht – diese sind mit den Ministerien verbunden –, haben wir dem SPD-Kanzlerkandidaten zu verdanken, zumindest aber die Diskussion darüber. Das kann nicht unerwähnt bleiben.

Auch andere Standortengagements innerhalb Nordrhein-Westfalens, Frau Ministerpräsidentin, verdienen natürlich die Aufmerksamkeit. Das betrifft selbstverständlich andere, größere Unternehmungen.

(Reiner Priggen [GRÜNE] meldet sich zu Wort.)

– Der Kollege Priggen hat eine Zwischenfrage.

Präsidentin Carina Gödecke: Ich gehe davon aus, Herr Kollege Schulz, dass Sie sie damit zulassen möchten.

Dietmar Schulz (PIRATEN): Ja.

Präsidentin Carina Gödecke: Wunderbar.

(Heiterkeit von den PIRATEN)

Reiner Priggen (GRÜNE): Herr Kollege Schulz, ganz herzlichen Dank. – Ich habe eher ei-ne Bitte. Sie haben die Art, leise zu sprechen. Ich weiß nicht, ob das durch die Akustik kommt, aber Sie sind kaum zu verstehen. Deshalb bitte ich Sie, auch wenn Sie sich von den Mikros abwenden, ein bisschen mehr zu uns zu sprechen, damit man folgen kann. – Herzlichen Dank.

(Beifall)

Dietmar Schulz (PIRATEN): Das mache ich sehr gerne, Herr Priggen. – Die Landtagsverwaltung geht in diesen Tagen durch den Saal, prüft überall und stellt selbst fest, dass die Akustik – mit Verlaub – eine Katastrophe ist. Das muss man einfach mal sagen.

(Beifall von den PIRATEN, der CDU und Christian Lindner [FDP])

Insbesondere in den vorderen Reihen soll sie ganz schlecht sein. Hinten ist sie super, das kann ich bestätigen.

(Heiterkeit)

Nicht nur das Land Berlin hat legitime Interessen. – Ich hoffe, es geht so, Herr Priggen.

(Zustimmung von Reiner Priggen [GRÜNE] und Lutz Lienenkämper [CDU])

Frau Präsidentin, ich habe noch drei Minuten Redezeit.

Präsidentin Carina Gödecke: Herr Kollege Schulz, Sie haben die Zeit, die Sie jetzt brauchen.

Dietmar Schulz (PIRATEN): Danke sehr. – Nicht nur das Land Berlin hat legitime Interessen, sondern legitime Interessen haben auch andere Städte und Regionen in unserem Land – ich erwähnte das gerade – wie Bonn, Rhein-Sieg und Umland.

Es wird gern mit Kosten argumentiert. Ich habe Verständnis für dieses Thema. Zu Kosten sage ich später noch kurz etwas. Wer aber die Kosten in den Mittelpunkt der Argumentation stellt, sollte bedenken, dass Kosten bei der Entscheidung für Berlin nicht nur keine Rolle gespielt haben, sondern sie durften aus politischen Gründen überhaupt keine Rolle spielen. Damals hieß es, es gehe um die Glaubwürdigkeit der Politik. Sie müsse verlässlich und be-rechenbar sein. Diese Argumentation greife ich gern auf. Was damals für Berlin galt, muss heute auch für Bonn gelten.

(Beifall von den PIRATEN und Ilka von Boeselager [CDU])

Auch an dieser Stelle kann ich es mir nicht verkneifen, liebe SPD: Ihr Kanzlerkandidat hat bereits hier in NRW eine relativ schwache Leistung abgeliefert und kann weiterhin nicht als verlässlich angesehen werden.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Das mag man aus den Bestrebungen von Herrn Steinbrück entnehmen, dieses doch fast als ehern zu bezeichnende Gesetz zu stürzen.

Wir dürfen hierbei die Geschichte nicht vergessen. Das Berlin/Bonn-Gesetz war ein Kompromiss. Das darf hier nicht unter den Tisch fallen. Das war 1991 und 1994. Es gibt einen untrennbaren politischen Sachzusammenhang zwischen der Entscheidung des Deutschen Bundestages, mit dem Parlament und einem Teil der Bundesregierung einschließlich der politischen Führung aller Ministerien nach Berlin zu ziehen.

Das Berlin/Bonn-Gesetz ist die politische Geschäftsgrundlage für diese Umzugsentscheidung. Damals hieß es: Sicherstellung einer dauerhaften und fairen Arbeitsteilung zwischen der Bundeshauptstadt Berlin und der Bundesstadt Bonn. Wer das zur Kenntnis nimmt, muss zu der Erkenntnis gelangen, dass man diese gesetzgeberische Grundsatzentscheidung nicht nach wenigen Jahren wieder aufheben kann – schon gar nicht aus Wahlkampfgrün-den.

Das wäre nämlich nicht dauerhaft, sondern das Gegenteil davon. Ob Ihr Kanzlerkandidat das Adjektiv „dauerhaft“ verdient hat, ist fraglich. Aber die Stadt Bonn hat es auf jeden Fall verdient. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Schulz. –

 

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