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Plenarsitzung 16 am 30. November 2012

Dietmar Schulz zu TOP 7: Gesetz zur Regelung des Vollzuges der Sicherungsverwahrung in Nordrhein-Westfalen

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/1435

erste Lesung

Mitschnitt der Rede von Dietmar Schulz

Redeprotokoll:

Verehrter Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu später Stunde an diesem Tage und beim letzten Punkt nehmen wir hier Stellung.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Da sind Sie wach?)

– Nein, ich bin schon seit heute Morgen um 6 Uhr wach, Frau Kollegin Beer. Das nur so ganz nebenbei.

(Zurufe)

– Wir können das gerne noch ein bisschen weitermachen; die Redezeit läuft. So lange brauche ich nicht.

Wie bereits erwähnt, ist die Landesregierung nun gezwungen, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Mai 2011 bzw. die verfassungsrechtlichen Vorgaben umzusetzen. Ein Großteil der Zeit, die das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber gegeben hat, ist durch die teils unstrukturierte Arbeit auf Bundesebene etwas verzögert worden, was allerdings nicht heißt, dass es auf Landesebene etwa genauso lange dauern muss oder nicht vielleicht auch schon im Vorfeld in irgendeiner Form hätte angegangen werden können. Aber das möchte ich hier gar nicht als Kritikpunkt anführen.

Vielmehr müssen wir uns einfach bei diesem sehr wichtigen Thema der Sicherungsverwahrung in Nordrhein-Westfalen vor Augen führen, wie wichtig es ist, hier nach Möglichkeit nicht unter Zeitdruck zu geraten und ein Gesetz zu verabschieden, welches dann letztendlich vielleicht als mit der heißen Nadel gestrickt anzusehen ist. Dafür ist das Thema einfach zu bedeutend.

Man darf allerdings auch nicht glauben, dass es Sinn macht, hier ein Gesetz zu präsentieren, bei dem man – auch das ist klar – irgendwen oder irgendetwas feiert. Auch darauf müssen wir in den weiteren Beratungen ein ganz wesentliches Augenmerk haben.

Kommen wir zum eigentlichen Kerngehalt dessen, was wir in Nordrhein-Westfalen regeln wollen. Unser Strafrechtssystem ist geprägt durch die Zweispurigkeit. Neben den schuldbezogenen Sanktionen gibt es die Maßregeln der Besserung und Sicherung, zu denen auch die Sicherungsverwahrung gehört. Das bedeutet, dass wir einerseits durch freiheitsentziehende Maßnahmen die Bevölkerung bei fortbestehender Gefährlichkeit von Tätern schützen und wir andererseits Behandlung und Therapie für die Täter ermöglichen müssen, um die Gefährlichkeit irgendwann dauerhaft zu reduzieren.

Wir können und wollen daher nicht nach dem Motto des ehemaligen Bundeskanzlers Schröder vorgehen, der da sagt – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidiums –: „Deswegen kann es da nur eine Lösung geben: Wegschließen – und zwar für immer.“ – Davon sind wir Gott sei Dank weit entfernt. Das wollen wir nicht.

Kommen wir nun zur Umsetzung! Sehen wir uns den Gesetzentwurf einmal genauer an, was wir sicherlich in den Ausschüssen noch tun müssen! Es gibt doch noch einiges an Lücken und Regelungsbedarf zu sehen; Kollegen haben es teilweise schon angesprochen. Wir werden nacharbeiten müssen.

Der Neubau in Werl kam schon durch den Kollegen Kamieth zur Sprache.

(Zuruf von Dagmar Hanses [GRÜNE])

– Wenn Sie eine Zwischenfrage stellen wollen – gerne. Wir haben noch ein bisschen Zeit, Frau Kollegin Hanses.

Die Frage ist doch, ob Werl ausreicht. Wir haben derzeit 106 Sicherungsverwahrte in Nordrhein-Westfalen. Werl weist 148 Plätze aus. Es ist also sehr absehbar, wann Werl nicht mehr ausreicht. Ob wir dann noch mit dem Abstandsgebot des Bundesverfassungsgerichts klarkommen, wage ich zu bezweifeln. Das heißt, es müssten bereits jetzt Maßnahmen ergriffen und vielleicht auch im Gesetz vorbeugend berücksichtigt werden. Das ist aber eine Frage der Umsetzung.

Um noch mal ganz nebenbei auf die Kollegin Hanses einzugehen: Der Hinweis darauf, dass wir von Tätern und nicht von Täterinnen sprechen müssen, ist so eine Sache. Wir müssen berücksichtigen, dass wir immerhin eine Sicherungsverwahrte haben, die normalerweise in Nordrhein-Westfalen unterzubringen wäre. Sie befindet sich nunmehr in Frankfurt am Main.

(Dagmar Hanses [GRÜNE]: Eine!)

– Eine. Gut, wollen wir hoffen, dass es nicht mehr werden. Wir könnten noch im Detail auf einzelne Aspekte des Gesetzes eingehen. Dazu reicht meine Zeit wahrscheinlich nicht. Denn viele der 113 Normen bedürfen sicherlich noch einer genaueren Betrachtung. Ich sehe allerdings in § 12 des Gesetzes mit Sorge, dass sozialpädagogische Maßnahmen – ein Kernbereich der Sicherungsverwahrung – in der Einrichtung durchgeführt werden sollen. Um dem Gedanken der Sicherungsverwahrung insgesamt und dem Schutz der Bevölkerung vor Sicherungsverwahrten Rechnung zu tragen, muss aus der Soll-Vorschrift eine Muss-Vorschrift werden. Das nur als Hinweis. Ich könnte noch weitere Bestimmungen aufzählen, um darzulegen, was man noch alles besser machen könnte oder vielleicht noch fehlt. Das wollen wir nicht tun. Das tun wir in den Ausschüssen. In der derzeitigen Form würden wir dem Gesetz nicht zustimmen. Aber der Überweisung in die Ausschüsse stimmen wir selbstverständlich zu. – Danke schön.

 

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