Plenarsitzung 17, 12. Dezember 2012
Gelebtes Open Government: Öffentliche Debatte zum Landeshaushalt!
Antrag der Fraktion der PIRATEN / Drucksache 16/1623
Mitschnitt der Rede von Dietmar Schulz
Redeprotokoll:
Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
(Unruhe)
– Vielleicht warte ich besser noch, bis alle gegangen sind – was allerdings ein bisschen schade ist; denn es geht gerade um ein wesentliches Thema, das die meisten Fraktionen in diesem Hause mittlerweile als Kernthema der Politik in diesem Lande verstanden wissen wollen.
(Beifall von den PIRATEN)
Es geht nämlich um Open Government, es geht um Bürgerbeteiligung, es geht um Transparenz – auch und insbesondere in Zusammenhang mit der anstehenden Haushaltsdebatte, die wir heute eröffnet hatten. Dabei haben wir Fragestellungen hinsichtlich des Selbstverständnisses der Piraten und der anderen Fraktionen in diesem Hause gehört.
Der hier vorliegende Antrag dokumentiert unser Selbstverständnis bestens. Wir stehen nicht als freie Vollstrecker einmaliger Stimmabgabe an Wahlurnen alle fünf Jahre und sitzen nicht hier, um dann zu warten, ob wir wiedergewählt werden, sondern verstehen unser Selbstverständnis dahin gehend, dass wir Bestandteil eines permanenten politischen Entscheidungsprozesses und einer Meinungsbildung gemeinsam mit den Bürgern und für die Bürger sind.
(Beifall von den PIRATEN)
Kommen wir zu dem Antrag: Der Antrag setzt meines Erachtens ein Zeichen im Hinblick auf eine offene Haushaltsführung in Nordrhein-Westfalen. Nachdem wir in den Ausschüssen moniert hatten, dass uns auf Nachfragen kein maschinenlesbares Material zum Haushalt an die Hand gegeben werden konnte, haben wir zu unserer Verwunderung gehört, dass dies gleichwohl im Landtag ein fraktionenübergreifendes Petitum ist. Dies wurde uns wortwörtlich so ins Gesicht gesagt. Das finden wir zwar grundsätzlich gut; nur müssen wir es umgesetzt wissen. Es nützt insofern nichts, wenn irgendwelche Runden beteuern: Wir werden dies mal machen! Wir wollen dies mal tun!
So schön es ist, dass es in der Staatskanzlei oder bei der Frau Ministerpräsidentin eine Gruppe gibt, die sich um ein Open Government kümmert, wäre es natürlich sehr schön, wen alsbald auch „gemacht würde“, wenn also direkt einmal in die Umsetzung gegangen würde. Das können wir tun, ganz besonders auch mit dem Haushalt. Mit dem Haushalt 2012 haben wir das bereits belegt, den wir wenige Tage nach seiner Veröffentlichung bereits maschinenlesbar umgesetzt und den Mitgliedern unserer Partei sowie der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt haben.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir sind die Legislative. Wir können das alles machen. Das, was wir hier fordern und wollen, können wir umsetzen, und zwar sofort. Wir könnten über unseren Antrag theoretisch direkt abstimmen. Zwar wird der Antrag in den Ausschuss überwiesen; aber wir könnten hier und heute sagen: Wir sind alle dafür, den Haushalt sofort zu veröffentlichen, den Bürgern und Bürgerinnen dieses Landes die Möglichkeit geben, an diesem Haushalt durch Fragestellungen, Mitwirkung oder Anregungen zu partizipieren, das heißt mitzuwirken.
(Beifall von den PIRATEN)
Wie wir heute schon von unserem verehrten Herrn Fraktionsvorsitzenden gehört haben, klappt das auch. Die Piraten in Schleswig-Holstein haben es bereits unter Beweis gestellt. Am wichtigsten erscheint uns dabei, dass wir uns als Gesellschaft mehr mit der Politik in Form des Haushalts beschäftigen müssen. Davon sind wir alle abhängig: Davon ist das Gemeinwohl abhängig. Davon ist die Daseinsvorsorge abhängig. Davon ist alles abhängig, wovon wir hier in diesem hohen Hause ständig reden.
(Beifall von den PIRATEN)
Gleichzeitig setzen wir mit unserem Antrag ein Zeichen und fordern Bildungsangebote für eine über einen DIN-lang-Flyer hinausgehende Beschäftigung und Befassung mit der Haushaltspolitik des Landes. Egal ob in den Projektwochen in den weiterführenden Schulen, Abendveranstaltungen an Volkshochschulen, Kursen für Gasthörer an Universitäten: Jeder Mensch soll Interesse entwickeln und sich informieren sowie an der Gestaltung der Politik in diesem Lande mitwirken können.
Wir verwahren uns dabei gegen die Vorstellung, dass sich lediglich kleine Teile der Regierungsfraktionen in den Hinterzimmern über fiskalische Auswirkungen ihrer Politik Gedanken machen. Vielmehr stehen wir für den Diskurs ein, der breit anzulegen ist und vor allen Dingen öffentlich stattzufinden hat, vor dem Hintergrund veröffentlichter Zahlen des Haushalts, die für jeden zugänglich sind, die vor allen Dingen auch unter Berücksichtigung der technischen Möglichkeiten bedeuten, dass wir zumindest im 20. Jahrhundert angekommen sind, wiewohl wir uns bereits im 21. Jahrhundert befinden. Von daher sollte es möglich sein, dass ein Land wie Nordrhein-Westfalen, das Technologiestandort sein möchte, das alsbald umsetzt.
(Beifall von den PIRATEN)
Dazu ist im zweiten Teil unseres Antrags ein weiterer wichtiger Punkt zu finden. Besonders interessant ist es, dass es um die laufenden Haushalte eines laufenden Wirtschaftsjahres geht. Dabei geht es um Bewirtschaftungszahlen. Auch diese Zahlen sind öffentlich zu stellen. Das ist technisch möglich. Das bestätigt uns IT.NRW. Das bestätigten uns Sachverständige in der Anhörung im Innenausschuss in der letzten Woche.
Das gibt es alles. Es gibt auch eine Arbeitsgruppe „Haushaltsrecht und Haushaltsvollzug“, die schon in der 14. Wahlperiode befürwortete, dass man Informationssysteme, die im Land bereits existieren, für solche Zwecke hervorragend nutzen kann.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Herr Kollege, Ihre Redezeit ist beendet.