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Umweltaktivistinnen aus Russland und Weissrussland besuchen Piratenfraktion im Landtag NRW

Vor kurzem hatten wir die Atomkraftgegnerinnen Swetlana Slobina aus Angarsk und Tanya Novikova aus Belarus bei uns zu Besuch. Die beiden Umweltaktivistinnen aus Russland und Weißrussland setzen sich vehement für den Ausstieg aus der Atomenergie ein und haben im Rahmen einer Anti-Atom-Konferenz in Berlin und einer damit verbundenen bundesweiten Vortragsreihe auch hier bei der Piratenfraktion im Düsseldorfer Landtag Station gemacht.

Swetlana Slobina und Tanya Novikova haben einen informativen Vortrag über die Situation der Atommülllagerung und den Bau neuer Atomkraftwerke, die in ihren Ländern geplant sind, gehalten. Die anschließende Diskussion ließ noch Zeit für Fragen und einen Austausch über eine weitere Zusammenarbeit. Ein besonderer Dank gilt Bernard Clasen von der Rosa Luxemburg Stiftung, der das Treffen – auch als Übersetzer – erst möglich gemacht hat.

Hierzulande ist kaum bekannt, dass es in Russland und Weißrussland eine sehr aktive Anti-Atom-Bewegung gibt.

Die 35-jährige Journalistin Swetlana Slobina ist aus Angarsk, einer sibirischen Industriestadt am Baikalsee, angereist. Sie war unter anderem in Gronau bei der Firma Urenco, um sich für den bis 2009 in ihrer Heimatstadt Angarsk entsorgten Atommüll „zu bedanken“. Für ein Gespräch hatte die Firma Urenco keine Zeit.

Angarsk ist eine von vier russischen Städten, in denen deutscher Atommüll gelagert wird. Deutscher Atommüll lagert dort offen unter freiem Himmel. Pro Jahr werden ca. 150 Fässer mit abgereichertem Uran rissig und damit undicht. Trotzdem bedeutet diese Tatsache laut der dortigen Regierung keine Gefahr für die Bevölkerung. Ab und zu wird ein Fass umgelagert, um die Menschen zu beruhigen. Auch dass die Krebserkrankungsrate in Angarsk doppelt so hoch ist wie in einer 45 km entfernten Nachbarstadt wird von der Regierung verschwiegen. Trotz der vielen Repressionen und Schikanen will die Journalistin zusammen mit ihren Unterstützern weiterkämpfen. Slobina sieht Parallelen zu der Anti-AKW-Bewegung in Deutschland. Diese habe auch klein angefangen und bis heute viel erreicht. Das erhofft sie auch für sich und ihr Land.

Mit ihrem Besuch in Deutschland möchte sie sich eng mit der hiesigen Anti-AKW-Bewegung austauschen und an deren Tradition anknüpfen. Dazu gehört z.B. auch die Organisation von Mahnwachen. Von der deutschen Anti-AKW-Bewegung und uns erhofft sie sich Einflussnahme auf die Regierung, dass diese für ihren Atommüll, auch wenn er weit weg in Russland lagert, Verantwortung übernimmt.

Tanya Novikova ist die führende weißrussische Umweltaktivistin und bekämpft den geplanten Bau eines Atomkraftwerkes in Belarus. Im Rahmen ihrer Aktionen gegen das AKW wurde sie kürzlich verhaftet und musste eine 5-tägige Arreststrafe absitzen.

26 Jahre nach Tschernobyl wird in Belarus ein neues Atomkraftwerk gebaut. Dieser Reaktor wird von der dortigen Regierung als 100 prozentig sicher erklärt. Kein Land hat so unter den Folgen von Tschernobyl zu leiden wie Weißrussland. 600.000 Menschen mussten ihre Heimat verlassen oder wurden krank. Sie haben mit eigenen Augen gesehen, was eine AKW-Katastrophe praktisch bedeutet. Viele haben verständlicherweise Angst, dass sich eine Katastrophe wie in Tschernobyl wiederholen könnte. Daher gibt es in Weißrussland alljährlich einen Tschernobyl-Protestmarsch. Der Marsch, an dem tausende Menschen teilnehmen, fand erstmals Anfang der 90er-Jahre statt. Die Proteste richten sich auch gegen die Diktatur in Weißrussland. Dieses Jahr soll an dem Protesttag auch die Kampagne gegen das Atomkraftwerk beginnen. Dazu ist eine Unterschriftenaktion geplant und es werden kleine Aktionen organisiert. Die Menschen sollen sehen, dass sie mit der Ablehnung des geplanten AKW nicht alleine sind.

Von der Regierung wird immer wieder Druck auf die Aktivistinnen ausgeübt und vermutlich werden auch wieder einige von ihnen verhaftet. Die Atomkraftgegner kennen ihr Risiko, aber sie lassen sich nicht einschüchtern. Schließlich geht es um ihre Zukunft. Dabei ist es sehr wichtig, dass ausländische Medien darüber berichten.

In Weißrussland wir z.B. die Katastrophe von Fukushima dazu benutzt, weiter russische (das geplante Atomkraftwerk soll von einer russischen Firma gebaut werden) Atomkraftwerke zu bauen. Das wir damit begründet, dass diese wesentlich sicherer als japanische seien. Mit der Atomenergie erhofft man sich für Weißrussland große Gewinne, da ein Teil der so produzierten Energie exportiert werden soll.

Die politischen Verhältnisse in Weißrussland machen es kaum möglich, sich vor Ort gegen Atomkraftwerke zur Wehr zu setzen. Das mindeste, was wir tun können, ist die Unterstützung derjenigen, die mit riesigem Mut und sogar persönlichen Konsequenzen in Belarus eine Gegenöffentlichkeit herzustellen versuchen.

Hier ein kurzer Bericht vom 20. Juli 2012 wie mit Umweltaktivisten in Weißrussland verfahren wird:

http://www.contratom.de/2012/07/20/notruf-aus-weissrussland-atomkraftgegener-inhaftiert/

Die weltweite bzw. europaweite Verantwortung und Zuständigkeit wurde auch für weißrussische Atomkraftwerke von T. Novikov mit dem Übereinkommen der Espoo Konvention begründet.

Aufgrund der Espoo Konvention ist auch Österreich an der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für das Atomkraftwerk in Belarus beteiligt. Weil das Kraftwerk grenzüberschreitenden Auswirkungen haben kann. Diese UVP hat nach Ansicht der Österreicher allerdings noch viele Fragen bezüglich der Sicherheit, offengelassen.

Das UN ECE-Übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen, die sogenannte Espoo-Konvention, wurde 1991 unterzeichnet. Es schreibt vor, dass Umweltverträglichkeitsprüfungen über die Grenzen zwischen Vertragsparteien hinweg ausgedehnt werden, wenn ein geplantes Projekt voraussichtlich erhebliche nachteilige grenzüberschreitende Auswirkungen hat.
Dass die geplanten AKWs in Russland und Belarus nachteilige grenzüberschreitende Auswirkungen haben, ist in zahlreichen Umweltgutachten belegt worden.
Das heißt, das auch Deutschland eigentlich verpflichtet ist, darauf zu bestehen, dass die Umweltvorschriften eingehalten werden. (Deutschland hat die Espoo Konvention unterzeichnet)
Und das betrifft auch die Lagerung von deutschem Atommüll. Auch dazu müsste die deutsche Regierung auf vorgeschriebene Umweltauflagen bestehen.

Die Anti-Atom-Bewegungen in Russland und Belarus haben eine Resolution gegen den Bau weiterer Atomkraftwerke verfasst, die sie überall bekannt machen und um Unterstützung bzw. um die/eine Unterschrift bitten. Die unterschriebene Resolution soll an die entsprechende Botschaft geschickt werden, um damit die Regierungen unter Druck zu setzen, die Umweltgutachten und internationalen Vorschriften zu beachten; und die Anti-Atom-Bewegungen nicht weiter zu behindern.

Unsere Gäste wünschten sich daher eine weite Verbreiterung der Resolution und damit Öffentlichkeit sowie politischen Druck auf die Regierungen, sich für grenzüberschreitenden Umweltschutz einzusetzen.

Das wollen wir Piraten gerne tun und deshalb werde ich die Gelegenheit ergreifen, auf der Energiekämpfe-Konferenz heute, am 10.11.2012, in Köln die Resolution bekannt zu machen und um Unterstützung zu werben.

Es ist wieder deutlich geworden, wie wichtig eine internationale Solidarität und Austausch ist und wie zukunftsweisend die Piratenpartei ist, da sie schon international präsent und tätig ist.

Hanns-Jörg Rohwedder danebod, Umweltpolitischer Sprecher

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