Die Terroristen haben gewonnen

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Ich gehe selten auf Demonstrationen. Bis vor einigen Monaten waren Demoteilnehmer für mich in der gleichen Kategorie, wie Videotheksbesucher, als ich noch 15 war. Irgendwie obskur, sich auf die Straße zu stellen und für oder gegen irgendwas zu demonstrieren. Bringt ja eh nix und man hat immer Ärger mit der Polizei. Die repräsentiert den Staat und der hat immer Recht!

Genau so wenig wie alle Besucher eine Videothek sich Schmuddelfilme ausgeliehen haben und mein erstes Mal selber einen Film leihen mir die Augen geöffnet hat, habe ich auch erkannt, dass demonstrieren ein Grundrecht ist und ihm daher nichts schmuddeliges anhängt.

Auf Drängen einer “gewissen Person”(tm) habe ich mich am Samstagmorgen um 4 in den Zug gesetzt und bin nach Stralsund gefahren. Eine Symbolträchtige Demo sollte es werden, vor dem Wahlkreisbüro der Abgeordneten Dr. Angela Merkel. Gegen PRISM, gegen Tempora, für Freiheit für Bradley Manning und Edward Snowden (das waren alle Schlüsselworte, liebe NSA!). Etwa 100 Leute aus ganz Deutschland waren angereist, um dem Beschaulichen Stralsund eine gute Demo zu liefern, die sich in den Köpfen festsetzt.

Eins vorab: Die Polizei war beim Demonstrationszug nicht einmal dabei. Völlig abwesend, weder den Verkehr regelnd, noch uns kontrollierend. Das war eine Premiere an Vertrauen für mich.

Schade aber: Das einschneidenste Erlebnis ist dadurch entstanden, denn so ein Touristen-Bummelzug-Dings fuhr plötzlich mitten durch die Demo und trennte uns in zwei Teile. Nicht nur, dass ich eine Nasenlänge vom Fensterglas erstmal völlig erschrocken war, wie dreist der Fahrer war. Der Wagen hält auch noch an und der Fahrer brüllt raus: Hört doch auf hier so einen Quatsch zu machen. Das bringt doch eh nix!

Plötzlich wurde mir etwas klar, von dem ich vorher auch nur ein schmuddeliges und diffuses Gefühl hatte: Die Terroristen haben gewonnen. Sie haben ihr Ziel erreicht.

Ständig hören wir von immer neuen Horrormeldungen aus dem Ausland, immer wieder sterben Menschen durch Terror, schon wieder ein Selbstmordanschlag. Immer wieder bekommen wir gesagt, dass ein Anschlag verhindert wurde und wir alle kurz vor dem Exodus stünden, wenn die Behörden nicht immer weitergehende Möglichkeiten hätten.

Die Menschen haben inzwischen aufgegeben. Ja dann werden wir eben überwacht, dann ist halt die Abteilung Horch & Guck an jeder Ecke. Merkel, Friedrich und Co. schaffen mit jedem neuen Gesetz ein beständiges Gefühl der Unsicherheit. Wir werden schon lange mit Angst regiert, aber jetzt ist diese sogar in den Köpfen derjenigen angekommen, die sich bislang gewehrt hätten! Der Frosch im Wasserglas ist langsam gekocht worden.

Doch wenn wir ständig in Angst – in Terror – leben und alle viere von uns strecken, weil es „eh nichts mehr bringt“, haben dann nicht die Terroristen genau das erreicht, was sie erreichen wollten? Wir stimmen der Aushöhlung unserer Grundrechte zu, weil wir Angst vor einem vielleicht geplanten möglichen Eventualanschlag haben. Wir geben alle unsere Rechte auf und lassen uns in einen Überwachungsstaat führen, weil uns immer wieder eingebläut wird, dass der Äußere Feind uns alle töten wird.

Die letzten, die in einer solchen Situation standhaft gekämpft und sich bis zum Schluss mit ihren Mitteln gewehrt haben, waren die Männer und Frauen der SPD 1933. Auch da sollten alle zusammenstehen, mehr Macht an den Staat abgeben, in ständigem Ausnahmezustand leben und alles und jeder wurde bewacht.

Soweit darf es nie wieder kommen. Der Terror in den Köpfen muss aufhören. Die Wahrscheinlichkeit in einem Autounfall zu Tode zu kommen ist 3.500x höher, als tödlich von einem Terroranschlag betroffen zu sein. Trotzdem haben wir weder ein Tempolimit, noch stehen die Staatsschützer vor Kindergärten und Schulen und fischen die Raser raus. Selbst im eigenen Metier versagen sie: im Jahr 2012 wurden in Deutschland XXX Menschen von Neonazis erschlagen. Wie viele Terroropfer hatten wir nochmal?

Die Länder mit der flächendeckensten Überwachung (Großbritannien und die USA) schaffen es nicht, Anschläge wie auf den Boston Marathon zu verhindern. Intelligente Attentäter werden IMMER unter dem Radar fliegen und nicht auffallen, bis es zu spät ist. Die gesamte Bevölkerung unter Generalverdacht zu stellen und jegliche Kommunikation zu überwachen kann daher nicht der richtige Weg sein, stattdessen muss auf Prävention und die gute alte Polizeiarbeit gesetzt werden. Das zu fordern, sind wir auf die Straße gegangen. Denn der Staat hat nicht immer Recht. Er irrt hier ganz gewaltig!

Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft, der hat schon verloren.

Kebekus! Schön, dass wir darüber gesprochen haben.

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Antwort-Rundfunkrat-2013-07-23Gestern kam der angekündigte Antwortbrief der Vorsitzenden des WDR-Rundfunkrats, Frau Ruth Hieronymi, zur Causa Kebekus. Ihr erinnert Euch, ein Videospot der Kabarettistin Carolin Kebekus wurde vom WDR nicht gezeigt, da er (wegen Religions- bzw. Kirchenkritik) gegen die Programmgrundsätze des Senders verstoße. Wir haben daraufhin mit einem offenen Brief beanstandet, dass Satire Freiheit genießen muss, und dass es nicht zu Zensur kommen darf. Die ganze Geschichte könnt ihr hier im Blog nachlesen.

Dem Schreiben von Frau Hieronymi kann man entnehmen, dass der Rundfunkrat über den Fall gesprochen hat. Und zwar in nichtöffentlicher Sitzung, von der es natürlich kein Protokoll gibt. Jedenfalls teilt man uns mit: “Dabei ging das Meinungsbild von einer Zustimmung zur redaktionellen Entscheidung, den kritischen Beitrag nicht auszustrahlen, bis hin zu einem deutlich formulierten Unverständnis für die Entfernung des Stücks.”

Und weiter: “Entsprechend der Satzung des WDR tagen die Ausschüsse des Rundfunkrats in nichtöffentlicher, vertraulicher Sitzung. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich vor diesem Hintergrund nicht weiter auf die Beratung eingehe.”

Wir haben also darüber gesprochen. Mehr erfährt man nicht.

Schön, dass wir darüber gesprochen haben. Nicht.

Hier kann man das Antwortschreiben von Frau Hieronymi nachlesen:
Antwort-Rundfunkrat-2013-07-23 (PDF)

RRX-Halt in Düsseldorf-Benrath: Ja, das lohnt sich!

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Benrather Bahnhof; Foto: CC-BY noebse

Benrather Bahnhof; Foto: CC-BY noebse

Wir wollen, dass Pendler Bus und Bahn nutzen und der Bahnhof Düsseldorf-Benrath bietet dazu beste Voraussetzungen. Ich setzte mich daher dafür ein, dass der Benrather Bahnhof in Zukunft besser statt schlechter angebunden wird.

Diese Woche haben Bund, Land und Bahn eine Rahmenvereinbarung zur Realisierung und Finanzierung des Rhein-Ruhr-Express (RRX) unterzeichnet. Der als Fernverkehrszug deklarierte RRX wird zukünftig die Regional-Express-Linien RE1 und RE5 ersetzen, die derzeit am Benrather Bahnhof halten.

Allerdings ist Düsseldorf-Benrath aktuell nicht als RRX-Halt vorgesehen. In Benrath hielte nur noch die S-Bahn-Linie S6, möglicherweise ergänzt um ein paar Express-S-Bahnen in der Hauptverkehrszeit – einige zusätzliche S6-Züge ohne Halt bis Düsseldorf Hbf bzw. Leverkusen Mitte. Dies wäre für den stark frequentierten Bahnhof, der Pendler aus dem ganzen Düsseldorfer Süden, Hilden, Monheim und Langenfeld aufnimmt, ein deutlicher Rückschritt.

Parteiübergreifend haben daher heute die elf Düsseldorfer Landtagsabgeordneten – unser Elferrat – einen Brief an Bundesverkehrsminister Ramsauer geschrieben. Wir fordern darin, die Planungsarbeiten für eine Aufnahme des Halts Düsseldorf-Benrath zügig voran zu treiben. Das Bundesministerium hatte bereits zugesagt, die Wirtschaftlichkeit im Zuge des Bundesverkehrswegeplans 2015 noch einmal zu überprüfen, doch möchten wir nicht, dass Benrath am Ende “aus Zeitgründen” nicht mehr aufgenommen werden kann.

Die DB Netz AG hatte die Kosten der Einrichtung eines Halts in Düsseldorf-Benrath in verschiedenen Varianten geprüft. Die städtebaulich attraktivste kostet 94 Millionen Euro und müsste relativ früh in die Planungen eingebracht werden, da man dafür eine Brücke – ein Überwerfungsbauwerk, welches die Gleise neu sortiert – von den bisherigen Planungen abweichend weiter südlich errichtet würde. Die mit 75 Millionen Euro kostengünstigste Variante sieht das Überwerfungsbauwerk weiterhin in Reisholz vor, wo es auch ohne den Halt in Benrath errichtet würde. Daher kann die “preiswerte” Variante auch noch besser in den späteren Planungsprozess eingebracht werden.

Die Kosten sind insgesamt so hoch, weil für den Halt am Benrather Bahnhof die Strecke nicht nur bis Reisholz sondern bis südlich von Benrath sechsgleisig ausgebaut werden müsste. Eine Studie der Bahn zeigt aber auch, dass von dem Ausbau der sonstige Fernverkehr mit einer Reisezeitverkürzung von acht Minuten pro Zug profitieren würde. Zusätzlich dürfte mit einer höheren Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit aller Züge zu rechnen sein. Das käme auch dem RRX zu Gute, der mit dem Halt in Benrath so keine Zeit verlieren würde.

Um die Bewertung des RE-Halts in Benrath zu Beginn des RRX-Projekts wurde viel gestritten. Zum Beispiel wurden Fahrgäste, die den RE1 oder RE5 nur bis Düsseldorf Hbf nutzen, nicht gezählt, denn diese hätten ja auch die S-Bahn nehmen können. Einer neueren Zählung nach nutzen 5000-6000 Fahrgäste die RE-Linien in Benrath, insgesamt hat der Haltpunkt 30.000 Fahrgäste täglich, ohne die Bus-, Straßen- und Stadtbahnlinien. Umgerechnet müsste man also 30 Jahre lang 20 Cent pro Ein- und Aussteiger zahlen, um den RRX-Halt in Düsseldorf-Benrath zu finanzieren. Lohnt sich das?

Ja, denn es geht nicht nur um die aktuellen Fahrgäste. Sicherlich würden viele Pendler längere Reisezeiten, zusätzliche Umsteigezeiten und Umwege mit dem ÖPNV nicht in Kauf nehmen und auf das Auto umsteigen. Das müssen wir im Sinne der Verkehrs- und Stadtentwicklung unbedingt vermeiden. Im Gegenzug muss uns daran gelegen sein, den Benrather Bahnhof noch attraktiver für Pendler zu machen. Der Halt der RRX-Linien würde das Angebot deutlich verbessern und zusammen mit ergänzenden Maßnahmen noch weit mehr Pendler von der Straße holen. Wir haben hier die Chance, die Verkehrsentwicklung der ganzen Region positiv zu beeinflussen. Benrath kann Zentrum und Ausgangspunkt für die Mobilität von Morgen sein. Dazu müssen wir zwar mehr tun, als den RRX am Benrather Bahnhof zu etablieren, doch ohne einen RRX-Halt ginge viel verloren.

RRX, BETUWE & Co. – Wessen Verdienst ist das?

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Zur heute unterzeichneten Finanzierungsvereinbarung für den Rhein-Ruhr-Express (RRX) und das dritte Gleis der Güterverkehrsstrecke BETUWE könnte man ein klares Statement abgeben: “Gut. Weitermachen.” – Beide Projekte sind wichtig und müssen schnell realisiert werden.

Kein RRX-Zug. RRX-Design – sonst nichts. Foto: Moritz Lötzgen

Kein RRX-Zug. RRX-Design – sonst nichts. Foto: Moritz Lötzgen

Darin sind sich auch alle Fraktionen im Landtag NRW einig. Es muss sich wohl um eine gute Sache handeln, denn im Landtag diskutiert (vgl. CDU und SPD) wird vor allem eines: Wessen Verdienst ist das jetzt eigentlich?

Ich will mich mal beteiligen:

Mit dem RRX versucht NRW die jahrzehntelange Vernachlässigung des Personenschienenverkehrs aufzuholen. Alle Parteien haben gemerkt, dass die vielen Engpässe auf der Schiene jetzt behoben werden müssen und der als Fernverkehrsprojekt deklarierte RRX hilft dabei. In der Realisierung des RRX-Konzepts dagegen herrscht Uneinigkeit.

Der RRX gilt als Nachfolger des Metrorapids. Das heißt jedoch nicht, dass NRW jetzt im Nachhinein doch irgendwie vom Metrorapid-Projekt profitiert hätte. Durch den Metrorapid fehlen NRW noch immer Milliarden, weil Ministerpräsident Peer Steinbrück damals als Gegenleistung auf Bundesmittel in jährlich dreistelliger Höhe verzichtete. Die Benachteiligung Nordrhein-Westfalens bei den Regionalisierungsmitteln wird heute zahlreich beklagt, dessen Ursprung jedoch von SPD-CDU-Grüne-FDP bewusst verschwiegen – es waren ja alle beteiligt.

Fazit RRX: Minister Groschek hat den richtigen Zeitpunkt für die Vertragsunterzeichnung genutzt, Minister Ramsauer tut das Notwendige und hält den RRX aus den Verkehrsfinanzierungsverhandlungen kurz nach der Bundestagswahl (zu den Koalitionsverhandlungen) raus. Solange man nicht in die Vergangenheit schaut, ist alles gut.

Treinbetuweroute

Fertige Betuweroute in den Niederlanden. Foto: Wesseltje14

Mit dem Bau des dritten Gleises der Betuwe-Linie sieht es ähnlich aus. Es gibt einen Staatsvertrag von 1992 zwischen den Niederlanden und Deutschland, um eine Güterschienenfernverkehrslinie von den Seehäfen Rotterdam und Amsterdam nach Duisburg zu führen – der gesamte Korridor geht bis nach Genua in Italien und wird europaweit “Korridor 1″ genannt. Es ist der womöglich wichtigste der europäischen Güterschienenfernverkehrskorridore, vor allem jedoch der, der zum Vorbild ausgebaut werden soll.

Die Niederlande haben inzwischen eine Neubaustrecke gebaut und den Staatsvertrag erfüllt – sie haben ein deutliches Interesse daran, die Güter in den Häfen direkt auf die Schiene zu packen und wollen den Anteil der Schiene weiter ausbauen. Die Schweiz hat für den Korridor inzwischen den längsten Eisenbahntunnel der Welt gegraben und will die “Neue Eisenbahn-Alpentransversale” (NEAT) nun bald vollständig in Betrieb nehmen. Auch die Schweiz will die Verlagerung der Güter von der Straße auf die Schiene.

Deutschland ist nun unter Druck. An Deutschland könnte die Vorbildfunktion des Korridor 1 scheitern, weil Deutschland internationale Verträge nicht einhält. Die von Frau Kraft als “Meilenstein für das Bundesland” bezeichnete Finanzierungsvereinbarung ist eine pure Notwendigkeit.

Es geht  für NRW und Deutschland bei BETUWE gar nicht mal darum, dass hier Güter auf die Schiene verlagert werden könnten, sondern nur darum, dass die Güter, die in den Niederlanden oder der Schweiz bereits auf der Schiene sind, bei uns nicht temporär auf die Straße verlagert werden. Jede Verzögerung bei internationalen Güterschienenverkehrskorridoren wird sich in Deutschland auf die Verkehrsinfrastruktur auswirken: LKW belasten die Straßen am meisten und wie viel der Erhalt des Fernstraßennetzes kostet, wissen wir inzwischen.

Fazit BETUWE: Die Minister Ramsauer und Groschek hatten keine Wahl. Es war “höchste Eisenbahn” den Ausbau der Strecke Emmerich-Oberhausen aktiv voranzutreiben. Es spricht für Minister Groschek, dass er sich viele Gedanken um den Lärmschutz und die Anwohner gemacht hat. Nun muss die Umsetzung folgen.

In Leverkusen, wo Minister Ramsauer auch zu Besuch war, der erhofften Alternative zum oberirdischen Autobahnausbau mit breiter Brücke aber eine Absage erteilte,  wurde er fast davongejagt: “Wir in Leverkusen wollen Lösungen und keine ahnungslosen Minister.”

Insgesamt jedoch war sein Besuch in NRW der beiden Finanzierungsvereinbarungen wegen erfolgreich. Ich würde es begrüßen, er käme schnell wieder und würde auch Geld für den Ausbau und Erhalt des ÖPNV sowie eine schnell realisierbare Lösung für den Güterschienentrassenneubau Eiserner Rhein mitbringen, der zweiten wichtigen Güterschienenverkehrsstrecke für die Seehäfenanbindungen durch in NRW.

 

Piraten bei gamescom 2013 unerwünscht?

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Heute landete folgende E-Mail in meinem Abgeordnetenpostfach:

Sehr geehrter Herr Abgeordneter,

mit über 275.000 Besuchern und 600 Ausstellern aus 40 Ländern war die gamescom 2012 das weltweit größte Messe- und Eventhighlight für Computer- und Videospiele. Im Rahmen der gamescom 2013, die in diesem Jahr im unmittelbaren Vorfeld der Bundestagswahl liegen wird, plant der BIU unterschiedliche Formate für politische Mandatsträger.

Es wäre uns eine große Ehre, wenn wir Sie an dieser für die Branche so wichtigen Veranstaltungen als Gast begrüßen zu können.

Boah! Toll! …dachte ich mir. Die gamescom läd ein – schön! Aber es sollte noch besser werden:

Politisches Rahmenprogramm gamescom (21. August 2013, Köln ):

  • Moderierte Podiumsdiskussion „Politics meets Gamer“: 16:15 bis 17:15 Uhr, Ort: wird noch bekannt gegeben

o   Thomas Jarzombek, MdB (CDU / CSU-Bundestagsfraktion)

o   Jimmy Schulz, MdB (FDP-Bundestagsfraktion)

o   Malte Spitz (Bundesvorstand Bündnis 90 / Die Grünen)

o   Alexander Vogt, MdL (SPD-Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalen)

Äh…ja… Da findet in NRW die weltweit größte Computer und Videospiele Messe statt und Vertreter der Piratenpartei sind auf der Podiumsdiskussion nicht eingeladen. Zur Erinnerung, in NRW selbst ist die Piratenpartei mit einer 20-köpfigen Fraktion im Landtag vertreten. Und es ist ja nicht so, dass die Piraten nichts zum Thema zu sagen hätten… wir möchten, dass Spiele jeglicher Art als Kulturgut anerkannt werden, wir möchten eine Förderung von E-Sports als moderne Form des sportlichen Wettkampfs und zum Thema Urheberrecht haben wir ebenfalls einiges zu sagen! Unter den Piraten gibt es ebenfalls einige Experten, die zusammen die fachpolitische Plattform www.pirate-gaming.de betreiben.

Ich finde es sehr bedauerlich, dass sich die Veranstalter der gamescom 2013 so von den etablierten Parteien für den parteipolitischen Wahlkampf instrumentalisieren lassen. Nein, das ist kein mimimi – das ist eine Dokumentation eines dreckigen Wahlkampfs. Die gesamte Einladungsmail im Wortlaut gibt es hier: http://pastebin.com/KWZ1FnB0

Update 1

Der Organisator des “politischen Rahmenprogramms” auf der gamescom2013 ist der BIU – Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware e.V.

Die Ziele des Vereins werden bei Wikipedia so beschrieben:

Als grundlegende Ziele nennt der BIU die Kommunikation über Computer- und Videospiele mit der Öffentlichkeit, die Maßnahmenentwicklung zur Förderung von Medienkompetenz sowie des Kinder- und Jugendschutzes und den Kampf gegen Softwarepiraterie. Außerdem sollen andere Institutionen im Kampf gegen Softwarepiraterie, wie die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) oder die Business Software Alliance (BSA) aktiv unterstützt werden.

Update 2

Natürlich habe ich den Veranstalter angeschrieben, auf die Programminhalte der Piraten sowie alle anderen Details freundlich hingewiesen. Eine Antwort liegt mir allerdings noch nicht vor. Ich werde sie umgehend hier veröffentlichen, sofern ich eine Antwort bekomme.

Bus und Bahn ticketfrei am 3. August 2013 in Bremen

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ÖPNV-Aktion in Bremen, FlyerIm Rahmen des Wahlkampfauftakts in Bremen werden wir am 3. August ab 15:00 Uhr neben zahlreichen Infoständen in der Innenstadt auf dem Marktplatz unter dem Bremer Roland einen Runden Tisch aufbauen (ob er wirklich rund sein wird, wird sich noch zeigen) und zu den Themen Verkehrsinfrastruktur, Verkehrswende, Öffentlicher Personennahverkehr und natürlich auch den fahrscheinlosen, ticketfreien bzw. “kostenlosen” Nahverkehr diskutieren – u.a. sind Marvin Pollock und ich dabei. Anschließend soll es wie zuvor in Hannover (am 12.01.2013) in die Straßenbahnen gehen, um “fahrscheinlos” zu fahren.

Natürlich gibt es viele Wahlkampfaktionen für mich in den nächsten Wochen. Ich werde mit dem Piratenbus in Innenstädten stehen, Infostände machen, an Gesprächen und Podiumsdiskussionen teilnehmen, aber manche sind mir besonders wichtig. Die Aktion in Bremen gehört dazu. Daher habe ich auch den nebenstehenden Flyer dafür gebastelt. Darauf stehen in Kurzform auch die wichtigsten Argumente für den ticketfreien Nahverkehr:

  • Verkehr bezahlbar gestalten. Öffentliche Haushalte brauchen eine Verkehrswende – zu weniger Kosten.
  • Lebensqualität schaffen. Weniger Verkehr bringt Raum für Mensch, Klima und Umwelt.
  • Teilhabe ermöglichen. Die Teilnahme am Leben erfordert Mobilität – für alle.

It’s not over – Besetzung der Hauptschule Bärendelle in Essen

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Von ungefähr Sonntag Nacht/Montag früh an hatte eine Gruppe junger Menschen (Plenum Bärendelle) das seit einigen Jahren leer stehende (und mangels Investor langsam verfallende) Gebäude der Hauptschule Bärendelle in Essen besetzt.

Heute früh erfolgte die Räumung durch ein massives Aufgebot an Polizei.

Ich habe seit Montagnachmittag viele Stunden vor Ort verbracht. Aus mehreren Gründen:
Ich fühle mich der Antifa verbunden.
Ich bin der Auffassung, dass es dem Ruhrgebiet gesamt sehr gut tun würde, alternative, selbstverwaltete Projekte für Menschen zu fördern.
Ich kann mir vorstellen, dass eine Stadt ein leer stehendes Gebäude für eine Zwischennutzung frei gibt.

Was ich vor Ort erlebte:

Die Menschen dort waren allesamt friedlich und politisch hoch engagiert. Ich habe Gespräche verfolgt über feministische Sicht auf Filme, über Literatur und Kunst. All das gibt mir das Gefühl: Das sind Menschen, die das Zeug hätten, ein kulturelles, bildendes, politisches Projekt zu initiieren und zu betreiben. Die Atmosphäre dort war sehr angenehm. Musik, Kerzen, Gespräche. Und der einende Wunsch nach einem Ort, der dafür auch weiterhin verwendet werden kann.

Auf Twitter wurde mir vereinzelt “fehlendes Unrechtsbewusstsein” vorgeworfen. Es gehe nicht, dass Menschen sich “ein Objekt der Begierde” einfach nehmen würden. (Dass gerade “Piraten” das so sehen, entbehrt nicht einer gewissen Komik.)

Ich bin etwas anderer Ansicht. Sicher. Es ist strafrechtlich relevant, in das Eigentum der Stadt Essen einzudringen. Auf der anderen Seite habe ich den Eindruck, dass es durchaus ein wirkungsvoller Protest war, um auf Missstände aufmerksam zu machen (mit friedlichen Mitteln). Ich war selber nicht im Gebäude und kann also nichts dazu sagen, ob es dort Sachbeschädigungen durch die Besetzer*innen gegeben hat. Allerdings habe ich die staatlich legitimierte Sachbeschädigung durch die Polizei am Eingangsbereich gesehen und deren Kettensägen etc.

Ich war heute Nacht vor Ort. Der Abend verlief wie zuvor friedlich und entspannt. (Man mag darüber streiten, ob es sinnvoll ist, laute Musik zu hören nachts im Park vor der Schule, weil ich es taktisch nicht klug finde, die Anwohner*innen zu verärgern. Aber das waren nicht unmittelbar die Menschen vom Plenum Bärendelle, sondern nach meiner Wahrnehmung eher solidarische Gruppen im Park.)

Gegen Ende der Nacht gab es dann zunehmend Berichte darüber, dass die Polizei die Schule bald räumen würde. Ein Räumpanzer fuhr dann auch mal vorbei (zunächst zum Bahnhof dort, wo sich die Polizeikräfte sammelten.) Wie vermutet wurde es dann gegen 6 Uhr ernst. (Meine Nachfrage ob einer bevorstehenden Räumung wurde aus “polizeitaktischen Gründen” von den dann kurze Zeit später abgezogenen Polizist*innen direkt vor Ort nicht beantwortet.)

Die Räumung:

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Die Polizei fuhr mit allerlei Gerät auf. Ich habe die Menge der Polizist*innen und Fahrzeuge plus Räumpanzer plus Hunde als recht bedrohlich und übertrieben empfunden. Es gab drei ähnlich lautende Ansagen durch die Polizei, bevor dann geräumt wurde. Den Besetzer*innen wurde dabei bewusst über den Mund und in ihre Erklärung gefahren. Menschen nicht ausreden zu lassen, ist auch Demonstration von Macht. Gleich zu Beginn haben Polizist*innen mit Helm etc. solidarische Menschen auch gleich mal aus dem Weg geschubst.

Zu mir war die Polizei weitgehend freundlich. Ich musste zwar gefühlte x Male meinen Ausweis zeigen, wurde aber dann auch im gesperrten Bereich toleriert. Bis eine Polizistin kam und mich gar nicht ausreden ließ. Sie hat mich hinter die Absperrung verwiesen, weil ich dort in ihrem Arbeitsbereich stehen würde. (Ich stand neben dem Zaun zum Sportplatz in sicherer Entfernung zum Eingang. Da war also kein direkter Arbeitsbereich.) Sie hat zur Kenntnis genommen, dass ich MdL bin und argumentiert, sie könne meine Anwesenheit dort nicht rechtfertigen vor den Menschen, die hinter der Absperrung bleiben müssten. Ihre vermummte Kollegin hat es dann aber gar nicht mehr mit Reden versucht, sondern mich einfach gewaltsam Richtung Absperrung gedrängt. Meinen rechten Arm hat sie auch nach mehrfacher Aufforderung (auch durch ihre Kollegin) nicht losgelassen. (Ich denke, dass jemand hinter mir das gefilmt haben müsste.) Ich selber habe mehrfach gesagt, dass ich Mitglied des Landtages sei und sie kein Recht hätten, mich dort wegzudrängen. Ich habe den Ausweis der Polizistin auch nach mehrfacher Aufforderung nicht zu sehen bekommen. Den Namen habe ich. Ich habe kein Interesse, das weiter zu verfolgen, aber interessant war, zu sehen, wie viel Spaß die Dame an dem Machtkampf hatte. Ich bin nach der Auseinandersetzung wieder nach vorne in die Nähe der Eingangstür gegangen. Ich spiele solche Privilegien nicht gerne aus. Aber an der Stelle ist es vielleicht auch einfach wichtig, Präsenz zu zeigen. Zu zeigen, dass die Polizei auch beobachtet wird. Zu zeigen, dass es mich interessiert, wie bei einer Räumung mit Menschen umgegangen wird.

Irgendwann dann kamen wohl auch Vertreter*innen der Stadt (Frau Kern? und weitere mir nicht bekannte Personen, die zum Teil auch mit der vor Ort anwesenden Presse sprachen.)

Was mich traurig macht: Formulierungen wie “Die Stadt will”, “Der Stadt gehört” etc. Solche Formulierungen nehmen Beteiligten die Verantwortung. Da steht dann kein Mensch direkt hinter, sondern ein wenig greifbares Kollektiv. Zudem hätte ich es mutiger gefunden, wenn Vertreter*innen der Stadt den Kontakt mit den Menschen vom Plenum Bärendelle gesucht hätten (und zwar ohne Polizeischutz). Nach meinem Kenntnisstand ist das bis zuletzt nicht wirklich passiert. Man mag darüber streiten, ob es von Seiten der Besetzer*innen klüger gewesen wäre, selber offensiver den Kontakt zu suchen. Eine Mail zu schreiben, sollte aber auch von Seiten der Stadt möglich sein. Ebenfalls wenig glaubhaft fand ich die Begründung der Stadt beim Abstellen des Wassers. (Diese kenne ich allerdings nur aus Gerüchten.) Zu sagen, man hätte das gemacht, weil das Gebäude nicht mehr genutzt würde, ist zu wenig klar. Im Grunde ging es doch darum, den Besetzer*innen das Leben schwer zu machen im Haus, weil sie dort nicht erwünscht waren.

Ich finde zusammenfassend, dass sich der Protest gelohnt hat. (Und ja: Ich finde die Menschen, die das organisiert haben, mutig.)

Was nun?

Ich wünsche mir aber, dass es nun nicht vorbei ist. Ich habe die Hoffnung, dass jetzt Gespräche aufgenommen werden, die vielleicht sogar die Nutzung eines Gebäudes der Stadt für ein Autonomes Zentrum ermöglichen. Ich behaupte, damit wäre allen geholfen: Den Menschen, die sich politisch engagieren und Kunst und Kultur organisieren wollen. Der Stadt, die damit neue Freiräume schaffen könnte. Und dem Ruhrgebiet, dem viele Freiräume für derlei fehlen. In allen Städten.

Ausdrücklich loben möchte ich die Berichterstattung von Stefan Laurin und Team via Ruhrbarone, die sehr viel vor Ort waren.

Demo:

Heute (Mittwoch, 24.7.) findet um 18. 00 Uhr eine Demo am Bahnhof Essen-West statt. Nehmt teil, seid bunt und laut und friedlich.

Was wird hier verkauft, Bürgeranleihen oder der Bürger für dumm?

Veröffentlicht am von unter Kai Schmalenbach, Persönliche Blogposts.

Im vergangenen Jahr brachte Umweltminister Peter Altmaier die Beteiligung der Bürger am Ausbau des Stromnetzes ins Gespräch. Kurz darauf war Altmaier Gast im „Dicken Engel“ der Piratenpartei, einer ständigen Diskussionsveranstaltung auf dem Mumblesystem des LV NRW. Schon dort musste sich Altmaier einigen kritischen Nachfragen dazu stellen. Momentan können wir gut beobachten, was daraus wurde.

Der Netzbetreiber TenneT will eine Stromtrasse zwischen Brunsbüttel und Niebüll bauen und bietet Bürgern der betroffenen Landkreise Nordfriesland und Dithmarschen eine Unternehmensanleihe zur Finanzierung des Projektes an. Eine Anleihe, die von Fachleuten als riskant eingestuft wird, weil sich der Bürger mit ihr eben nicht am Stromnetz beteiligt, sondern diese Anleihe eine Hybridanleihe der Holding des Netzbetreibers ist, die im Insolvenzfall nachrangig bedient wird [1]

Eine schöne Augenwischerei, die Altmaier da ins Leben gerufen hat. Echte Beteiligung heißt eben, die Bürger von Beginn an am Projekt zu beteiligen. Sie in die Planung mit ein zu beziehen und sie mit dem Recht auszustatten, mit zu entscheiden. Sowohl der konkrete Trassenverlauf als auch die Frage ob ober- oder unterirdisch gebaut wird sind Fragen, über die die Bürger mit entscheiden sollten. Aber das ist offensichtlich nicht der Plan den Altmaier mit seinem Modell verfolgt. Hier soll Akzeptanz gekauft werden. Wer wird sich schon gegen die Umsetzung stellen, wenn das eingesetzte Kapital auf dem Spiel steht? Für mich ist das ein stimmrechtloses Schweigegeld, über das wir hier reden und auf keinen Fall eine ernsthafte Bürgerbeteiligung.

So wie es derzeit aussieht ist die Bürgeranleihe aber eben auch nicht so der „Burner“, was nicht verwundern darf, denn: Bürger für dumm verkaufen ist eine sehr seltsame Form sie zu beteiligen. Der Versuch ist nicht strafbar, aber ob die Menschen darauf einsteigen, ist eine ganz andere Frage, momentan sieht es eher nicht danach aus und das ist gut so 🙂

 

[1] http://www.manager-magazin.de/finanzen/alternativegeldanlage/finanzexperten-warnen-vor-buergeranleihe-fuer-stromleitungen-a-912294.html