I. Sachverhalt
Die Bundesregierung hat mit dem „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes – Erhöhung der Sicherheit in öffentlich zugänglichen großflächigen Anlagen und im öffentlichen Personenverkehr durch optisch-elektronische Einrichtungen“ ein Gesetz zur Reduzierung von Schranken für Videoüberwachung durch Private in den Bundestag eingebracht.
Begründet wird der Entwurf mit der Bewertung und Abwägung der Landesdatenschutzbeauftragen zwischen den Grundrechten der Betroffenen und den berechtigten Interessen der Betreiber von Videoüberwachungsanlagen. Zudem wird angeführt, dass „angesichts der Vorfälle in München und Ansbach im Sommer 2016 die Notwendigkeit [besteht], Sicherheitsbelange stärker zu berücksichtigen“.
Wie der Landtag NRW in zahlreichen Anhörungen zur Videoüberwachung, zur Videobeobachtung und zum Einsatz von Bodycams ermittelt hat, gibt es keine nachgewiesene präventive Wirkung von Überwachungskameras. Es gibt ebenfalls keinerlei Erkenntnisse, inwiefern Videoüberwachungsanlagen die Taten in Ansbach und in München verhindert hätten können. Auch die gewissenhafte Arbeit der Landesdatenschutzbeauftragen begründet keine Neuregelung der Videoüberwachung durch Private im öffentlich zugänglichen Raum. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung übt aber genau daran Kritik.
Ziel der Gesetzesänderung ist auch die Einführung der flächendeckenden Videoüberwachung im öffentlichen Personenverkehr. Gleichzeitig werden die rechtlichen Grundlagen für die Nutzung von automatischer Gesichtserkennung und Software zur Personenidentifizierung in Videoüberwachungsanlagen geschaffen. Eine Begründung hierzu findet nicht statt.
Für die Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes sollten jedoch immer tatsächliche Gründe vorliegen, insbesondere wenn das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der Menschen im Land wieder weiter eingeschränkt werden soll. Eine Einschränkung von Grundrechten darf nur vorgenommen werden, wenn ein sorgfältiger Abwägungsprozess stattgefunden hat und selbst dann nur, sofern die Einschränkung zweckmäßig, notwendig und verhältnismäßig ist. Vor diesem Hintergrund muss das Land Nordrhein-Westfalen sich dafür einsetzen, das von der Verfassung garantierte Grundrechte wie die informationelle Selbstbestimmung, der Datenschutz und auch das Recht auf Privatheit seiner Bürgerinnen und Bürger nicht einer aktionistischen Symbolpolitik geopfert wird.
II. Der Landtag stellt fest
Die Kritik der Bundesregierung an der Arbeit der Landesdatenschutzbeauftragten ist unbegründet. Die Landesdatenschutzbeauftragten führen ihre Aufgabe gewissenhaft und sorgfältig durch, auf Basis geltender Gesetze.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:
- Sich auf allen Ebenen für den Daten- und den Privatheitsschutz der Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen einzusetzen.
- Sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass das Datenschutzniveau in Deutschland nicht gesenkt wird.
- Eine wissenschaftliche Untersuchung zur Wirkung von Videoüberwachung auf die Gesellschaft und die Kriminalität zu initiieren.