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I. Sachverhalt

Wie Zeit Online vom 16. August 2016 berichtet, hat die von Stiftung Warentest herausgegebene Zeitung Finanztest im Rahmen einer Studie die Höhe der Dispozinsen von allen 1.433 deutschen Banken und Sparkassen ausgewertet. Sie liegen durchschnittlich bei knapp zehn Prozent und damit nur minimal unter dem Vorjahreswert, wie Finanztest in ihrer Ausgabe September 2016 berichtet.

Banken verlangen von ihren Kunden erschreckend hohe Dispozinsen. Bei einigen Kreditinstituten werden sogar Zinsen von teilweise über 13 Prozent fällig. Die hohen Zinsen für die Ausschöpfung des Dispositionsrahmens im Bankensektor sind vor allem deshalb nicht nachvollziehbar, weil die Kreditinstitute sich in der derzeitigen Niedrigzinsphase praktisch zum Nulltarif Geld von der Notenbank besorgen können. Seit dem 10.03.2016 hat die Europäische Zentralbank für den Euroraum den Leitzins von 0,05 Prozent auf 0,00 Prozent abgesenkt. Diesen Zinsvorteil geben die Banken, aber beim Dispokredit nicht an ihre Kunden weiter. In einer Zeit in der die Banken das Geld quasi geschenkt bekommen, leiden die Menschen am meisten, die durch ihre prekäre Lage auf den Dispositionskredit am meisten angewiesen sind.

Die Menschen in Deutschland stehen laut Bundesbank mit über 34 Milliarden Euro bei den Banken in der Kreide, weil sie ihr Konto überzogen haben. Jeder Prozentpunkt mehr Dispozins spült den Banken also 340 Millionen Euro in die Kassen. Gleichzeitig lassen die horrenden Dispozinsen viele Verbraucher direkt in die Schuldenfalle tappen.

Die Stiftung Warentest bemängelt außerdem, dass nicht alle Banken ihre Dispozinssätze im Internet transparent veröffentlichen – obwohl sie dazu gesetzlich verpflichtet sind. 31 Geldhäuser kamen laut Finanztest dieser Veröffentlichungspflicht nicht im ausreichenden Maße nach. Bei 29 Banken sei nicht erkennbar, wie hoch die Überziehungsgebühren tatsächlich ausfallen.

Im September letzten Jahres hat die Landesregierung Nordrhein-Westfalen einen Gesetzentwurf in den Bundesrat eingebracht, der eine Deckelung der Dispozinsen nach dem Basiszins nach § 247 BGB, der stets 0,88 Prozent unter dem Leitzins der EZB liegt, vorsah. Der Basiszins ist eine feste Bezugsgröße, bildet aber durch seine Abhängigkeit vom Leitzins auch den Markt ab. Bezogen auf den aktuellen Leitzins der EZB von 0,00 Prozent, ergäbe sich ein Basiszins von -0,88 Prozent. Der Gesetzentwurf der Landesregierung hätte mit einer Deckelung der Dispozinsen bei 8 Prozent derzeit eine Obergrenze von 7,12 Prozent zur Folge.

Der Bundesrat stimmte dem Gesetzentwurf der nordrhein-westfälischen Landesregierung zu. Allerdings wurde die Forderung nach einer Deckelung der Dispozinsen von der Bundesregierung abgelehnt. Die SPD vermochte sich in der Bundesregierung leider in diesem verbraucherrelevanten und zudem sozialrelevanten Aspekt nicht gegen die Union durchzusetzen. Stattdessen verpflichtet die im März 2016 in Kraft getretene Immobilienrichtlinie Banken ihre Dispozinssätze transparenter zu gestalten und mehr Beratungsangebote für ihre Kunden anzubieten. Die NRW-Verbraucherzentrale und das Verbraucherministerium sprechen sich aber nach wie vor für eine Obergrenze für Dispozinsen aus.

Um zumindest der Dispoabzocke durch die Sparkassen in Nordrhein-Westfalen ein Ende zu bereiten, hat die Piratenfraktion in dem Antrag Drs. 16/12339 einen Dispodeckel für Sparkassen gefordert. Dieser Antrag wurde von den regierungstragenden Fraktionen abgelehnt. Der Finanzminister Dr. Walter-Borjans und Vertreter der rot-grünen Fraktionen betonten in der Plenardebatte am 7. Juli 2016 allerdings ihre grundsätzliche Unterstützung für eine gesetzliche Deckelung der Dispozinsen für den gesamten Bankensektor. Der Finanzminister führte aus: „Es ist richtig, dass wir einen Deckel brauchen. Diesen haben wir beantragt. Das ist aber nicht eine Sache des Landes, sondern das ist auf Bundesebene durchzusetzen. Wir haben es nicht durchsetzen können; wo immer es jedoch möglich ist, werden wir am Ball bleiben.“

In der Tat lässt sich eine Begrenzung der Zinsen für die Ausschöpfung des Dispositionsrahmens für den gesamten Bankensektor nur auf der Bundesebene gesetzlich regeln. Angesichts der erschreckenden Ergebnisse der Studie von Stiftung Warentest von diesem September, die die horrende Höhe der Dispozinsen für Bankkunden dokumentiert, sowie der politischen Willensbekundungen des nordrhein-westfälischen Finanzministers in der Plenardebatte vom 7. Juli 2016, muss die Landesregierung erneut eine Bundesratsinitiative starten, um eine Deckelung der Dispozinsen für den gesamten Bankensektor in Deutschland schnellstmöglich herbeizuführen.

 

II. Der Landtag stellt fest:

  1. Die hohen Zinsen für die Inanspruchnahme von Dispositionskrediten stellen eine besondere Belastung für Millionen Bankkunden in Deutschland dar, die in Zeiten einer Null-Zins-Politik der EZB und einem praktisch gegen Null tendierenden Guthabenzins zu einem nicht zu rechtfertigen Missverhältnis zwischen Guthaben- und Schuldzins führt.
  1. Da eine Begrenzung der Zinsen für die Ausschöpfung des Dispositionsrahmens für den gesamten Bankensektor nur auf der Bundesebene gesetzlich festgeschrieben werden kann, bedarf es einer entsprechenden Bundesratsinitiative der nordrhein-westfälischen Landesregierung.

 

III. Der Landtag beschließt:

Die Landesregierung wird aufgefordert, unverzüglich eine Bundesratsinitiative mit folgenden Zielen vorzulegen:

 

  1. für die Banken gesetzlich festzuschreiben, dass die von ihnen erhobenen Zinsen auf Dispositionskredite höchstens 8 Prozent über dem Basiszins nach § 247 BGB liegen dürfen;
  2. für die Banken gesetzlich festzuschreiben, dass die Obergrenze für Zinsen auf Dispositionskredite gemäß Ziffer III. 1. auch für geduldete Überziehungen des Kreditrahmens gelten.

Mitschnitt der kompletten Debatte:

Protokoll der Rede von Dietmar Schulz:

Dietmar Schulz (PIRATEN): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen im Saal! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer hier im Saal und auch daheim! Schluss mit der Dispoabzocke. Ich bin ganz erstaunt. Ich war schon völlig irritiert, dass Justizminister Kutschaty auf der Rednerliste steht und vertreten d für ihn eigentlich Minister Jäger sprechen sollte. Nun sehe ich aber auch unseren Finanzminister. Der hatte beim letzten Mal im Juli – Plenum zu dem Thema „Schluss mit der Dispoabzocke“ gesprochen.

Die Piratenfraktion NRW fordert nach wie vor, schnellstmöglich gesetzlich festzuschreiben, dass die Dispozinsen und Überziehungszinsen für Banken und Sparkassen auf maximal 8% über Basiszins gedeckelt werden. Die Fragen, warum das wichtig und richtig ist, wurden in der Debatte über unseren ähnlichen Antrag im Juli-Plenum, genau genommen am 7. Juli, weitestgehend beantwortet. Beantwortet wurde auch die grundsätzliche Frage nach dem politischen Willen. Bis auf die Abstimmung einer seits und bis auf die CDU-Fraktion haben diesen Vorstoß alle anderen im Landtag vertretenen Fraktionen grundsätzlich gutgeheißen bzw. begrüßt, allerdings mit dem zutreffenden Hinweis, dass es einer bundeseinheitlichen Regelung für alle Sparkassen und Banken bedarf und es nicht auf landesgesetzlicher Ebene möglich ist, dieses nur für Sparkassen zu regeln. Auch da war ich zwar etwas anderer Auffassung, aber die Einladung aus dem Juli-Plenum haben wir ankündigungsgemäß aufgegriffen und deswegen der Antrag hier und heute. Dispozinsen von teils über 12 % per anno in Nordrhein-Westfalen und auch in anderen Bundesländern sprechen für die Notwendigkeit einer bundeseinheitlichen Regelung und vor allen Dingen auch einer Deckelung. Zu dem Ergebnis kommt letztendlich auch die Erhebung von

Stiftung Warentest, und die BaFin ist auch auf dem Fuße unterwegs, um zu überprüfen, ob denn das alles gut ist, was im Land, was die Dispozinsen angeht, unterwegs ist. Die bloße Transparenz von Zinsen, ein Gebot bzw. eine Anregung, die gemacht worden ist, reicht uns definitiv nicht aus. Wir wissen auch, dass deutlich über 30, 40 Institute in Deutschland sich überhaupt nicht daran halten, was transparente Veröffentlichungen von Zinssituati- onen und Zinsforderungen angeht. Es besteht also nach wie vor dringender Bedarf, der Dispoabzocke einen Riegel vorzuschieben. Der Dispodeckel ist aus unserer Sicht gelebter Verbraucherschutz.

Verbraucherschutz ist für Piraten, auch wenn der Landtag da, zumindest teilweise, in einer Abstimmung anderer Auffassung war, Staatsziel. Jenseits dieses Regulativs – da spreche ich durchaus auch die FDP an – stirbt weiß Gott nicht der Wettbewerb unter den Banken und Sparkassen. Er prosperiert selbstverständlich weiterhin – aber dann unterhalb des Zinsdeckels, wie wir ihn uns vorstellen, der in Zeiten von Mietpreisbremse und Schuldenbremse eine sehr wichtige sozial verträgliche Privatschuldenbremse werden könnte. An dieser Stelle zitiere ich noch einmal gerne, wie auch im Antrag selbst,

Herrn Finanzminister Dr. Walter-Borjans aus besagter Sitzung vom 7. Juli 2016: „Es ist richtig, dass wir einen Deckel brauchen. Diesen haben wir beantragt. Das ist aber nicht eine Sache des Landes, sondern das ist auf Bundesebene durchzusetzen. Wir haben es nicht durchsetzen können; wo immeres jedoch möglich ist, werden wir am Ball bleiben.“

Die Piratenfraktion ermuntert die Landesregierung, einen erneuten Vorstoß in diese Richtung zu unternehmen. Möglicherweise könnte es auch in Zeiten nahender Wahlen durchaus sein, dass sich die CDU/CSU innerhalb der Bundesregierung dann, wenn sich im Bundesrat viel- leicht außerhalb einer Wohnungs-oder Kreditrichtlinie im Zusammenhang mit dieser Dispodeckelgeschichte ein neuer Vorstoß zeigt, auch bewegt und bereit ist, das im Bundesrat angenommene Regelwerk auch im Bundestag anzunehmen. Daher wäre es schön, wenn wir hier im Landtag einen Konsens dahin gehend finden könnten, dass wir die Landesregierung bitten–„auffordern“ will ich an dieser Stelle nicht sagen, sondern „bitten“ –, noch einmal eine Bundesratsinitiative zu starten. Ich werbe daher für eine entsprechende Zustimmung des Hauses.

–Vielen herzlichen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

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