Veröffentlicht am von in Michele Marsching, Reden, Schule und Weiterbildung (A15).

Mittwoch, 18. März 2015

 

Top 2. Elftes Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (11. Schulrechtsänderungsgesetz)

Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion   BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 16/7544
2. Lesung
MdL Michele Marsching Foto A.KnipschildUnser Redner: Michele Marsching
Abstimmungsempfehlung: Ablehnung
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Protokoll der Rede von Michele Marsching

Michele Marsching (PIRATEN): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren auf der Tribüne und zu Hause! Frau Kollegin Gebauer, lassen Sie mich für einen Piraten bin ich kirchenpolitisch echt moderat einmal mit ein bisschen Polemik anfangen. Polemisch gesagt gehören Bekenntnisschulen einfach nur in die Vergangenheit.

(Beifall von den PIRATEN)

Viele Dinge haben wir im Ausschuss schon ausgeführt. Ich wiederhole es noch einmal in Kurzform, und damit muss ich keine acht Minuten vollmachen:
Erstens. Wir haben über die Schulleiter und über den Schulleitermangel auch an öffentlichen Bekenntnisschulen geredet. Unser Änderungsvorschlag der Änderungsantrag liegt Ihnen vor sieht vor, dass man die Schulleiter nicht von der Möglichkeit, Ausnahmen zu machen, ausnehmen darf. Da, wo Schulleitermangel herrscht, müssen wir die Ausnahmen zulassen. Deswegen erster Änderungsvorschlag: Erlauben Sie es, dass auch die Schulleiter in Ausnahmefällen nicht dem Bekenntnis angehören müssen.

Zweitens zum Thema „Demokratie“ auch das haben wir im Ausschuss schon gesagt : Wenn ich mir vorstelle, ich würde im nächsten Plenum einen Änderungsantrag einbringen mit dem Inhalt, Landtagswahlen wären nur noch dann gültig, wenn wenigstens die Hälfte der Wahlberechtigten abgestimmt und außerdem nur derjenige gewonnen hätte, auf den mindestens die Hälfte der Stimmen entfallen wären ich glaube, ich würde hier zerrissen vor dem Herrn. Bei der letzten Landtagswahl haben nur 59 % der Wahlberechtigten überhaupt mitgestimmt.

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

Ihr Demokratieverständnis in allen Ehren. Ich glaube, dass wir bei der Landtagswahl auf einer Linie sind. Dann jedoch zu sagen, dass mindestens die Hälfte der Eltern von Schülerinnen und Schülern zustimmen müssten das ist nicht so, wie wir uns Demokratie vorstellen. Wer nicht zu einer Wahl geht, der hat keine Meinung, der enthält sich, und der darf dementsprechend auch nicht mitgezählt werden.

(Beifall von den PIRATEN Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Auch das steht in unserem Änderungsantrag.

Das wichtige Wort, das wir haben, ist das der Bekenntnishomogenität, ein Fachwort. Kurz erklärt: Es geht darum, dass in einer Bekenntnisschule möglichst alle Schüler und alle Lehrer dem entsprechenden Bekenntnis angehören. Die Realität sieht jedoch völlig anders aus. Der Entschließungsantrag von Rot-Grün, der jetzt vorliegt, löst diese Bekenntnishomogenität ja auch auf, indem er die Möglichkeit gibt, Religionsunterricht für Minderheiten anzubieten, und fordert: Wir müssen endlich das, was schon im Schulgesetz steht, auch umsetzen, und die entsprechenden Erlasse und Verordnungen müssen angepasst werden.

Aber seien Sie doch bitte mutig, wenn wir uns schon in Trippelschritten auf die Realität zubewegen. Die Realität ist, dass wir an vielen Schulen längst islamischen Religionsunterricht haben müssten, wenn wir uns die Schülerzahlen ansehen; die Realität ist, dass wir an den Bekenntnisgrundschulen einen Schulleitermangel haben, weil es zu wenige Lehrer aus dem entsprechenden Bekenntnis gibt. Lassen Sie uns angesichts dieser Tatsachen doch die Änderungen richtig machen und lassen Sie uns doch die Öffnung nicht nur für die Schüler, sondern auch für die Lehrer endlich durchziehen.

Wir reden immer mit dem Katholischen und mit dem Evangelischen Büro. Das wird immer wieder bekräftigt. Wir haben mit den Kirchen geredet, und die sind einverstanden, und das ist alles toll. Aber haben Sie denn auch mit den Vertretern der anderen Religionsgemeinschaften geredet? Haben Sie mit islamischen Verbänden zu dem Thema geredet? Was ist mit der Humanistischen Union, den Vertretern der Atheisten, den Bahái-Buddhisten, den Jüdischen Gemeinden?

Wenn wir immer nur mit den Kirchen reden, dann wird auf lange Sicht an der öffentlichen Bekenntnisschule festgehalten werden. Es kann nicht das Ziel sein, sich so vehement der Realität an vielen Stellen, an vielen Schulen in unserem Land entgegenzustellen. Ich komme noch einmal auf den Ethikunterricht zurück. Lassen Sie uns über den einzigen Punkt im Entschließungsantrag, dem ich vorbehaltlos zustimmen kann, reden. Lassen Sie uns auch perspektivisch über diesen Punkt reden. Das ist völlig in Ordnung.

Wir haben so viele Schulen, in denen die Bekenntnisse eben nicht mehr homogen sind, wo wir auch nicht von zwei oder drei Bekenntnissen reden, sondern von vielen und auch von der negativen Religionsfreiheit, sprich: darüber, dass Kinder keinem Bekenntnis mehr angehören. Lassen Sie uns darüber reden, den Religionsunterricht zusammenzufassen und einen Religionsunterricht zu machen, in dem über alle Religionen geredet wird, in dem über Integration und Toleranz geredet wird. Das muss perspektivisch unser Ziel sein. Da sind wir voll auf Ihrer Linie.

Lassen Sie uns bitte diesen Weg, einen modernen Weg, gehen. Lassen Sie uns nicht an der öffentlichen Bekenntnisschule, an dieser Form, auf immer festhalten. Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

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