Donnerstag, 29. Januar 2015
TOP 6. Wirtschaftliche Schwäche Nordrhein-Westfalens überwinden – Mit Impulsen für Innovation, Investitionen und Qualifikation Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand nachhaltig stärken
Große Anfrage 12 der Fraktion der FDP
Drucksache 16/6609
Antwort der Landesregierung
Drucksache 16/7350
Unser Redner: Daniel Schwerd
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Protokoll der Rede von Daniel Schwerd
Daniel Schwerd (PIRATEN): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne und am Stream! Die Landesregierung hat mit einem 150-seitigen Kompendium plus Anhang auf die Fragen der FDP-Fraktion geantwortet. Zudem liegen verschiedene Studien von privatwirtschaftlichen Organisationen vor, die sich mit den wirtschaftspolitischen Herausforderungen beschäftigen.
(Zuruf von den GRÜNEN: Ja sowas!)
Es gibt also keinen Mangel an totem Holz. Die Frage ist nur: Welche Schlussfolgerungen sind daraus zu ziehen?
Was uns nicht weiterbringt, sind Werbeslogans aus den Ministerien: NRW sei Industrieland Nummer eins, NRW sei exportstärkstes Bundesland, NRW sei das Bundesland mit den meisten ausländischen Investitionen. Stimmen denn die Aussagen, wenn man sie ungeschönt pro Kopf betrachtet?
(Beifall von den PIRATEN)
Die Antwort ist: Nein. Weder sind wir pro Einwohner exportstärkstes Bundesland noch sind wir pro Einwohner besonders industriell geprägt. Der Anteil des produzierenden Sektors liegt mit 27 % zwei Prozentpunkte unter dem gesamtdeutschen Wert, heißt es in der Prognos-Studie. Das zeigt einmal mehr, dass Wachstumsbranchen wie eben Kultur und Kreativ-wirtschaft oder die Informations- und Kommunikationsbranche an Stellenwert gewinnen. Es stellt weder die Realität dar noch kann es in unserem Interesse sein, das alte Image vom Industrieland NRW weiter zu bemühen.
Baden-Württemberg liegt im Ranking vor Nordrhein-Westfalen, was die Anzahl ausländischer Investitionsprojekte angeht.
Für uns ist klar: Der Wohlstand hängt von der Bewältigung langfristiger Herausforderungen ab und nicht, wie die FDP suggeriert, indem man weniger Fahrradwege baut oder wir den Klimaschutz ad acta legen. Die Statistiken zeigen, dass Wohlstand und die Höhe der Arbeitslosigkeit in unserem Land sehr ungleich verteilt sind. Während in Coesfeld die offizielle Arbeitslosenquote bei gerade einmal 4,1 % liegt, leiden Dortmund, Gelsenkirchen und Duisburg unter einer Arbeitslosenquote von 13 %. Die unterdurchschnittlichen Wachstumsraten in NRW hängen also noch immer mit dem laufenden Strukturwandel im Ruhrgebiet zusammen. Viele Milliarden an Fördermitteln fließen seit Jahrzehnten in diese Region. Da müssen wir uns fragen: Hätten wir mit einer vorteilhafteren Verwendung der Gelder den Strukturwandel besser bewältigen können? Gab oder gibt es Alternativen?
Der zukünftige Wohlstand wird von unserem Umgang mit den großen gesellschaftlichen Herausforderungen abhängen. Über die digitale Revolution haben wir heute schon gesprochen. Lassen Sie uns das erste Bundesland sein mit einem gut ausgebauten Glasfasernetz, und zwar auch auf der letzten Meile! Verteidigen Sie die Netzneutralität zum Wohle der kleinen Firmen, und unterstützen Sie Existenzgründer! Bildung und Weiterbildung müssen den Menschen befähigen, der digitalen Revolution zu folgen. Wir wollen Sie ja aktiv gestalten und nicht nur passiv konsumieren.
Der demografische Wandel ist ein weiterer Faktor. Die Folgen einer sinkenden und immer älter werdenden Gesellschaft sind für unsere Wirtschaft noch gar nicht abzusehen. Umso wichtiger ist es, dass wir Migration als positiven Faktor sehen. Aber auch die Frage einer sicheren und zugleich nachhaltigen Energiepolitik wird uns weiter beschäftigen. Alle RWE-Kraftwerke im rheinischen Braunkohlerevier sind unter den Top 20 der Industrieanlagen in Europa, die den größten Schaden an Gesundheit und Umwelt anrichten. Hinzu kommen mehr als 30.000 Heimatvertriebene sowie Ewigkeitsschäden durch Grundwasserabsenkungen sowie Schadstoffe im Abraum.
Die Braunkohlekraftwerke befinden sich aufgrund der mangelnden Flexibilität im direkten Gegensatz zur Energiewende. Aus den genannten Gründen ist ein Ausstieg aus der Braunkohle in NRW unvermeidbar. Daher fordern wir Piraten ein Braunkohleausstiegsgesetz.
(Beifall von den PIRATEN)
Es gibt mehr Ausreden als Reden. Allerdings sind die Ausreden meist imposanter als die Reden, sagt man. Liebe Landesregierung, hören Sie mit den Ausreden auf, und stellen Sie sich den Aufgaben! Konkrete Vorschläge gibt es von uns weiß Gott genug.
Einige Worte noch zum FDP-Entschließungsantrag: Manche Punkte im Beschlussteil sind zustimmungsfähig, andere Punkte nicht. Das Weltuntergangsprosa im Begründungsteil ist unerquicklich. Wir müssen diesen Antrag daher ablehnen. Herzlichen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)