Mittwoch, 03. Dezember 2014
Einzelplan 10 – Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und
Verbraucherschutz
Unser 1. Redner: Hanns-Jörg Rohwedder
Abstimmungsempfehlung: Ablehnung
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Protokoll der Rede von Hanns-Jörg Rohwedder
Hanns-Jörg Rohwedder (PIRATEN): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer draußen am Stream! Auf der Tribüne sind leider keine Zuschauer mehr. In den Beratungen des Entwurfs im zuständigen Ausschuss A 17 für Klimaschutz, Umweltschutz, Landwirtschaft, Naturschutz und Verbraucherschutz hatten wir diesem noch zugestimmt. Im Haushalts- und Finanzausschuss hatten wir ihn dann abgelehnt, und das werden wir auch hier im Plenum tun. Das verdient natürlich noch eine Begründung.
Die Zustimmung im A 17 begründete sich auf der Tatsache, dass der Etat insgesamt nicht gekürzt wird. Das ist angesichts der selbst verschuldeten Haushaltsmisere durch ein verfassungswidriges Beamtenbesoldungsgesetz, dem sehenden Auges zugestimmt wurde, beachtlich. Zu befürchten waren jetzt auch Kürzungen im Einzelplan 10. Wir würdigen nach wie vor, dass diese nicht eingetreten sind. Der Umgang mit konstruktiven Vorschlägen in den Themenbereichen des Ausschusses gibt jetzt jedoch den Ausschlag.
Die Regierung hatte 2012 vollmundig angekündigt, sie wolle weiterhin auf die Opposition zugehen und offen mit Änderungsvorschlägen umgehen. Als Minderheitsregierung war sie von 2010 bis 2012 dazu gezwungen. Die Erfahrungen waren wohl nicht so schlecht, wenn sie nach der Neuwahl ankündigte, auf diese Weise weitermachen zu wollen.
Die Wirklichkeit im Bereich A 17 straft sie seit zweieinhalb Jahren komplett Lügen. Es mag sein, dass sie sich in anderen Bereichen anders verhält, aber in unserem Bereich rühren die Regierungsfraktionen Beton an. Jeglicher Oppositionsantrag wird in Bausch und Bogen und ohne inhaltliche Auseinandersetzung abgelehnt. Man kann mit fundamental oppositionellen Anträgen anders umgehen als mit konstruktiven, aber genau das wird nicht getan. Das gilt nicht nur für unsere Anträge. Auch die CDU hat durchaus einmal konstruktive Anträge eingebracht. Die wurden genauso behandelt.
(Heiterkeit von den PIRATEN Norbert Meesters [SPD]: Konstruktiv ist immer erwünscht!)
Insbesondere unsere konstruktive Oppositionsarbeit ist offensichtlich unerwünscht. Sie wird systematisch missachtet und abgebürstet, als sei sie fundamentalistisch. Konsequent wird Politik 1.0 betrieben. Bisher hätten wir dem Einzelplan 10 trotz Kritik noch zustimmen können. Ab jetzt und für die Zukunft fordern wir die Einlösung des Versprechens, sich mit konstruktiver Oppositionspolitik auch inhaltlich ordentlich auseinandersetzen zu wollen.
(Beifall von den PIRATEN)
Das Schicksal unseres letzten Haushaltsantrages im Haushalts- und Finanzausschuss ist ein schlagendes Beispiel dafür, wie verkehrt das läuft. Sie sollten nicht meinen, Sie könnten alles allein regeln. Es gilt weiterhin, was ich schon in den vorigen Jahren sagte: Der Zustand von Umwelt und Natur ist traurig, und eine Besserung lässt auf sich warten. Die Wälder sind in schlechtem Zustand, Arten sind bedroht, Habitate gehen verloren, der Druck auf die knappen Flächen ist ungebremst, wir finden großflächige und weiter akkumulierte Schadstoffbelastungen durch Kohlekraftwerke, ebenso großflächige und weiter zunehmende Monokulturen in der industrialisierten Landwirtschaft mit Belastungen durch Intensivtierhaltung, Dünger und Pestizide und eine zusätzliche Überdüngung durch Stickoxide aus dem Verkehr.
Wir erkennen die bisherigen Anstrengungen an schließlich haben wir in den letzten Jahren diesem Einzelplan zugestimmt , aber das reicht nicht. Es gilt, was ich schon im letzten Jahr ausführte: Wir sehen in allen Bereichen immer nur ein Erkennen der Probleme und ein zu zaghaftes Angreifen. Wir vermissen ein wirklich stringentes Gesamtkonzept in Nordrhein-Westfalen.
(Beifall von den PIRATEN)
Klimaschutzplan, Forstgesetz, neues Jagdgesetz das ist viel Klein-Klein, insgesamt alles noch zu wenig und geht nicht wirklich Hand in Hand. Wird der Landesentwicklungsplan, wie von mir vor einem Jahr gefordert, zu einer kräftigen Hebelstange für Biodiversität, Flächenmanagement und nachhaltige Entwicklung, oder lässt er die Türen sperrangelweit offen für Fracking, Tagebaue und fossile Kraftwerke? In der Debatte zum Einzelplan 14 für Wirtschaft und Energie war ein Vertreter der Regierungsfraktionen stolz auf das Zielabweichungsverfahren zur Legalisierung des Schwarzbaus Datteln 4 und warf der jetzigen Opposition von CDU und FDP bzw. der damaligen Regierung vor, sie hätte das nicht gebacken bekommen. Wie weit sind wir denn mit dem von der EU eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren wegen der Zustände im Vogelschutzgebiet Hellwegbörde? Weiterhin muss sich eine rot-grüne Regierung zu Recht sagen lassen, so langsam und schlecht zu agieren, dass es sogar der Europäischen Kommission auffällt.
Herr Markert, der Kollege von den Grünen, machte eben schöne Worte zur strategischen Umweltpolitik, zu großen Herausforderungen, zur Kreislaufwirtschaft, zu Klimaschutz und zur Kraft-Wärme-Koppelung. Im Haushalt schlägt sich das unserer Meinung nach aber nicht so richtig nieder. Wir sehen dort keine oder keine ausreichenden strategischen Ansagen zu Themen wie Suffizienz oder zum konsequenten öko-sozialen Umbau. Stattdessen heißt es „Weiter so!“ mit dem fortgesetzten, bedingungslosen Primat einer degenerativen Wirtschaftsweise und dem Stolzsein auf das Zielabweichungsverfahren zu Datteln 4.
Wir können nach fünf Jahren Rot-Grün kein besseres Zeugnis ausstellen als vor einem Jahr: Sie haben sich manchmal bemüht, ohne den Rahmen Ihrer Möglichkeiten auszuschöpfen oder zu erweitern. Wir ergänzen dieses Jahr: Sie haben weiterhin versäumt, konstruktive Vorschläge aus anderen Reihen als den Ihren wahrzunehmen. Sie haben es nicht vermocht, Ihre Scheuklappen abzulegen. Sie müssen aber endlich Ihre Scheuklappen ablegen, um Ihre Möglichkeiten auszubauen, auszunutzen und Fakten zu schaffen, die wirklich etwas verschlagen. Ich muss mich wiederholen: Ich wünsche uns, dass die nächsten Reden hier bereits im Laufe des folgenden Jahres von mehr Optimismus geprägt sein können und das Zeugnis am Ende der Legislaturperiode besser ausfällt. Wir können uns ein „Weiter so!“ nicht leisten. Danke schön.
(Beifall von den PIRATEN)