Veröffentlicht am von in Hauptausschuss (A05), Reden, Torsten Sommer.

Donnerstag, 15. Mai 2014

Top 8. Stärkungspakt jetzt reformieren   – verzögerte Evaluierung ist nicht ausreichend

Antrag der Fraktion der CDU
Unser Redner: Torsten Sommer
Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Ausschussüberweisung
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Protokoll der Rede von Torsten Sommer

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Höne.  Für die Piratenfraktion spricht nun  sobald er am Pult ist  der Kollege Sommer.

Torsten Sommer (PIRATEN): Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Tribüne und im Livestream! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Jäger, ich habe direkt eine Frage: Kollege Krüger von den Grünen sagte gerade, dass die Haushaltsrechnung 2013 inzwischen im Ministerium vorliegt. Ich hätte gerne gewusst, ob das so ist. Vielleicht schreib ich Ihnen besser eine Mail.

(Minister Ralf Jäger: Das ist hier kein Dialog, das ist eine Debatte!)

Manchmal reagieren Sie ja tatsächlich.

(Minister Ralf Jäger: Auf Sie reagiere ich gar nicht mehr!)

Och, gar nicht?  Das tut mir leid. Rede und Widerrede, das möchte nicht jeder hier im Haus.

Selten hat ein Antrag eine so starke Diskrepanz zwischen der formulierten Antragslage und den Beschlusspunkten aufgewiesen. Ich weiß: Wir haben Kommunalwahl. Ich weiß auch: Die CDU will jetzt richtige Oppositionsarbeit leisten. Ich hoffe allerdings, dass Sie sich damit nicht auf den vorliegenden Antrag beziehen. Denn während die Beschlusspunkte so zutreffend sind, dass ich mir fast wünschen würde, wir würden direkt abstimmen, ist die Beschreibung der Ausgangslage gespickt mit Informationen, die so eben nicht das ganze Bild der Wahrheit widerspiegeln.

Richtig ist: Der Stärkungspakt wird an vielen Stellen  gerade auf kommunaler Ebene  kritisiert. Wir Piraten schließen uns dieser Kritik durchaus an. Der Begriff „Hoffnungswerte“ trifft dabei den Nagel auf den Kopf. Eins muss man der SPD ja lassen: Wenn sie sich selbst kritisiert, dann zutreffend.

Ich gehe den Antrag jetzt aber einmal Stück für Stück durch und zeige auf, an welchen Stellen Sie, Herr Kuper, noch einmal genauer darlegen müssten, wie Sie zu den Aussagen Ihrer Ausgangslage kommen. Sie stellen unter 1 die Behauptung in den Raum, dass die Bezirksregierungen als Aufsichtsbehörden ihren Pflichten im Rahmen ihrer Aufgabe nach dem Stärkungspaktgesetz nur ungleichmäßig nachgehen. Das machen Sie an einem Anschreiben fest. Weitere belastbare, öffentlich nachlesbare Aussagen, die diese These stützen, legen Sie an der Stelle aber nicht nach.

(Michael Hübner [SPD]: Die gibt es gar nicht!)

Ach, die gibt es gar nicht? Okay!  Dann bin ich ja erfreut, weil alle Recherchen, die unsere Fraktion dazu angestellt hat, in der Tat wirklich das Gegenteil ergeben haben. Aber vielleicht kann das ja Minister Jäger … Ach ja, ich soll ihn ja nicht ansprechen. Entschuldigung! Das werde ich nicht wieder tun.

(Heiterkeit bei den PIRATEN)

Es ist aus vielerlei Gründen wünschenswert, dass eine Gleichbehandlung aller Kommunen erfolgt. Da sind wir uns einig. Allerdings sehen wir im Moment gar keine gravierende Ungleichbehandlung.

Herr Kuper, unter Punkt 2 beschweren Sie sich darüber, dass beispielsweise die Stadt Mülheim nicht mit in den Stärkungspakt aufgenommen worden ist.  Ist es nicht so, dass die Stadt Mülheim die Möglichkeit gehabt hätte, schon in den ursprünglichen Stärkungspakt aufgenommen zu werden, weil sie die Kriterien auch damals schon erfüllt hätte? Kann es sein, dass durch eine Neubewertung der RWE-Aktien zum damaligen Zeitpunkt Mülheim durchaus das Kriterium der Überschuldung erfüllt hätte? Kann es darüber hinaus sein, dass man eventuell noch schnell einige lokale Ausgaben ohne lästige Aufsicht tätigen wollte, um sich jetzt erst für die anstehende dritte Stufe des Stärkungspakts in Position zu bringen? Das sind einige Fragen, die es im Rahmen der Behandlung natürlich nicht zu erörtern gilt, die aber doch einigen Zweifel wecken, ob der Sachverhalt in dem aufgeführten Beispiel tatsächlich geeignet ist, um ihn zur Begründung Ihres Antrags heranzuziehen.

Das nächste unpassende Beispiel führen Sie direkt unter Punkt 3 an. Altena ist zwar eine der mit einer absoluten Mehrheit der CDU geführten Kommunen. Die Aussage, dass man die veränderten Schlüsselzuweisungen nicht direkt kompensieren könne, stimmt aber schlichtweg nicht, wenn im gleichen Zeitraum die Schülerzahlen und die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften fallen und zudem die Gewerbesteuer um mindestens die gleiche Summe, fast 3 Millionen €, ansteigt. Jedoch kann es durchaus Kommunen gehen, die wirklich von größeren Veränderungen bei den Zuweisungen betroffen sind. Um diese Kommunen wollen wir uns auch gerne bemühen und sie daher von den eher aus politischen Gründen gewählten Kommunen in Ihrem Antrag trennen. De facto hätten die von Ihnen genannten Kommunen durchaus die Möglichkeit, Veränderungen aus eigener Kraft zu kompensieren.

Jetzt komme ich zu dem von Ihnen angesprochen Punkt 4, Berichtswesen. In der Sitzung des Ausschusses für Kommunalpolitik vom 8. November 2013 haben die Piraten schriftlich beantragt, dass die Landesregierung uns die Zahlen aushändigt, die nach § 7 Abs. 1 Stärkungspaketgesetz von den Kommunen regelmäßig erhoben werden. Dies wurde mehrfach in den folgenden Ausschusssitzungen gegenüber Herrn Minister persönlich wiederholt. Bis heute weigert sich die Landesregierung, diese Zahlen zu veröffentlichen. Sie würden der gesamten Bevölkerung inklusive aller beteiligten Kommunen zeigen, inwieweit überhaupt noch dem einst gesetzten Ziel gefolgt wird oder werden kann. Wir fordern Herrn Minister Jäger in diesem Rahmen noch einmal auf, diese Zahlen vor der Kommunalwahl zu veröffentlichen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, der von Ihnen geforderte Einbezug der kommunalen Beteiligung ist aus unserer Sicht richtig und wichtig. Daher haben wir uns bereits vor einem Jahr mit IT.NRW in Verbindung gesetzt. Der Bund führt mithilfe von IT.NRW eine Statistik mit dem Namen „Öffentliche Fonds, Einrichtungen und Unternehmen“, kurz FEU. Nach einem langwierigen Abstimmungsprozess auf Bundesebene konnte zusammen mit den Verantwortlichen unter Berücksichtigung aller Landesämter für Statistik in den anderen Bundesländern eine Lösung ausgehandelt werden.

Danach wurden kumulierte Daten über die von Ihnen hier angesprochenen kommunalen Beteiligungen auf die einzelne Kommune heruntergebrochen und konnten so veröffentlicht werden. Seit diesem Mai sind die Zahlen nun in der Landesdatenbank hinterlegt. Ihre Veröffentlichung ist zwar erst vor einigen Tagen erfolgt. Wir bedanken uns an dieser Stelle trotzdem noch einmal ausdrücklich bei IT.NRW.

Wir Piraten werden mit einer entsprechenden Visualisierung dieser Daten den Bürgerinnen und Bürgern des Landes eine adäquate Einschätzung der Lage der kommunalen Beteiligung auf Grundlage dieses Zahlenmaterials ermöglichen. Sie dürfen aber auch gerne damit arbeiten und Ihre politischen Schlussfolgerungen daraus ziehen. Wir würden das auf keinen Fall beschränken wollen.

Ein ganz anderes Thema möchten Sie mit dem Punkt 7 ansprechen: Stärkungspakt ist Steuererhöhungspakt. Das sehen wir ähnlich. Ich glaube, dass sich auch kein Abgeordneter finden wird, der dem widersprechen kann. Es gibt schlichtweg keine Kommune im Stärkungspakt, die die Grundsteuer B gesenkt hätte  ganz im Gegenteil. Wir können natürlich auch fragen, was die Sparkommissare denn machen, wenn sie wie im Fall von Nideggen gerufen werden. Dort hat es auch keine Steuersenkungen gegeben  ganz im Gegenteil. Aus unterschiedlichen Gründen sind die Kommunen weitestgehend damit überfordert, Aufgaben zu reduzieren. In weiten Teilen bestehen die eigenen Maßnahmen aus einer massiven Erhöhung der Grundsteuer B. Dies wird wohl niemand bestreiten wollen.

Insgesamt  da sind sich wahrscheinlich viele hier im Saal einig  wird die momentane Finanzausstattung des Stärkungspaktes und des GFG nicht ausreichen, um der Verschuldungsproblematik der Kommunen in NRW Herr zu werden und die Wahrung des Ziels eines ausgeglichenen Haushalts auf allen Ebenen zu gewährleisten.

Wir sprechen uns daher auch für eine umfassende Evaluierung aus. Jedoch erkennen wir an, dass der gewählte Zeitraum wahrscheinlich zu kurz ist, um aussagekräftige Informationen zu liefern. Das ändert leider nichts an unserer Kritik an der Informationspolitik über das haushaltspolitisch wichtigste Projekt der Landesregierung, das momentan gerade dabei ist, zu scheitern. Wir stimmen dem Beschlussteil unter Punkt II übrigens durchaus zu. Allerdings erwarten wir von der CDU, dass sie die ihrer Meinung nach zitierten Fakten wieder geraderückt und auf unsere Kritik eingeht.

Ich wiederhole noch einmal die Anregung, diesen Antrag gerne direkt  gerne auch namentlich  im Plenum abstimmen zu lassen. Diesen Wunsch müsste natürlich die antragstellende Fraktion voranbringen. Sollte es bei einer Überweisung an den Ausschuss bleiben, stimmen wir dem natürlich auch zu.  Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Kollege Sommer.  Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Jäger das Wort.

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