Wir haben heute eine Aktuelle Stunde zur Spendenpraxis der Evonik AG gestellt. Leider wurde dieser Antrag abgelehnt. Wir bleiben aber an dem Thema dran und halten Euch auf dem Laufenden.
Antrag auf eine Aktuelle Stunde:
Parteispendensumpf trocken legen: Evonik-Parteispendenaffäre als Ausdruck der Selbstbedienungsmentalität in der Politik
Seit wenigen Tagen steht die Evonik AG öffentlich in der Kritik, weil sie nach eigenen Angaben an die Parteien CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis90/Die Grünen über 1,4 Mio EUR gespendet hat.
In einem Interview mit der Rheinischen Post am vergangenen Donnerstag (20. März 2014, erschienen am 21. März 2014), bestätigt Evonik AG, an dieser Spendenpraxis festhalten zu wollen. Damit ignoriert Evonik AG die in der vergangenen Woche getätigten Einwände vom Bund der Steuerzahler (diese Spendenpraxis habe „mehr als nur ein Geschmäckle“) und vom Düsseldorfer Parteienrechtler Prof. Martin Morlok (dieses Vorgehen sei „rechtlich bedenklich“).
Es ist notwendig, dass der Landtag im Rahmen einer Aktuellen Stunde schnellst möglich für Klarheit sorgt, wie die einzelnen Fraktionen zu der höchst problematischen Spendenpraxis der „Evonik AG“ im Konkreten sowie der Verflechtung von Politik mit der RAG Stiftung im Allgemeinen stehen. Der Landtag muss darüber hinaus der Frage nachgehen, ob die Ministerpräsidentin ihre Rolle im Stiftungskuratorium entsprechend den Interessen der Bürger des Landes NRW wahrnimmt.
Zum Hintergrund:
Die Parteienfinanzierung ist seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland Gegenstand der politischen, juristischen sowie gesellschaftlichen Diskussion. Sie steht im Spannungsfeld zwischen dem Anspruch der Staatsferne und der Aufgabe der politischen Willensbildung, die zugleich eine staatliche Aufgabe darstellt. In einer jahrzehntelangen Entwicklung hat sich in der Bundesrepublik der Grundsatz der maximal hälftigen Finanzierung der Parteien durch den Staat etabliert. Damit soll auch die Chancengleichheit der Parteien im demokratischen Wettbewerb – ein wesentlicher Eckpfeiler der Demokratie – gewährleistet werden.
In der Vergangenheit gab es immer wieder kritische Vorfälle, in denen Parteien bestehende Regelungen umgingen. Dies hat dem Ansehen der Parteien, aber auch der Demokratie in Deutschland insgesamt massiven Schaden zugefügt. Eine wesentliche Ursache für den oft beklagten Vertrauensverlust in die Politik liegt genau hierin begründet.
Zwar sind nach dem Parteiengesetz Spenden juristischer Personen an Parteien grundsätzlich zulässig. Um dem Prinzip der Staatsferne zu genügen, sind aber Spenden solcher juristischer Personen verboten, die sich zu mehr als einem Viertel in staatlicher Hand befinden. Bei der Evonik AG handelt es sich um eine juristische Person, die sich im Wesentlichen im Eigentum der RAG-Stiftung befindet (67% Anteilsbesitz).
Bei der RAG-Stiftung wiederum handelt es sich zwar de jure um eine Stiftung bürgerlichen Rechts und damit nicht um eine öffentlich-rechtliche Stiftung. Es kann aber kein Zweifel daran bestehen, dass ein erheblicher Einfluss durch Bundes- und Landespolitik auf die Stiftung ausgeübt wird. So sieht die Satzung vor, dass die RAG-Stiftung die sich aus der Stilllegung des Steinkohlebergbaus ergebenden Ewigkeitslasten übernimmt. Damit erfüllt sie eine staatliche Aufgabe. Gleichzeitig – quasi dem Stiftungszweck entsprechend – gehören dem Stiftungskuratorium die Ministerpräsidenten von NRW und dem Saarland, sowie die Bundesminister für Finanzen sowie für Wirtschaft und Energie an. Insofern kann nicht von einer rein privaten, staatsfernen Stiftung gesprochen werden.
Der de jure und de facto bestehende staatliche und parteipolitische Einfluss auf die RAG-Stiftung setzt sich über die Mehrheitsbeteiligung an der Tochter Evonik AG fort. Die von ihr getätigten Parteispenden müssen also auch im Lichte der bestehenden Abhängigkeiten bewertet werden.