Veröffentlicht am von in Kultur- und Medien (A12), Lukas Lamla, Reden.

Donnerstag, 30. Januar 2014

 

Top 1. A k t u e l l e  S t u n d e

Nach Fernsehinterview mit Edward Snowden: Untätigkeit der nordrhein-westfälischen Landesregierung in der NSA-Affäre ist grob fahrlässig

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der PIRATEN

Unser 2. Redner: Lukas Lamla

Audiomitschnitt der komplette Debatte anhören (Rede von Lukas Lamla ab ca. 67:38 Min)

Audiomitschnitt der kompletten Debatte als Download

Direkt zur Rede von Lukas Lamla (auf 67:55 Min auf Youtube)

Protokoll der Rede von Lukas Lamla

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Frau Kollegin Schäffer. Für die Fraktion der Piraten spricht der Kollege Lamla.

Lukas Lamla (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Zuschauer! Sehr geehrter Herr Körfges, in Ihrem ersten Wortbeitrag sagten Sie sinngemäß: Das waren ja alles nur Gerüchte. Das ist alles unbestätigt. Sie hauen somit in dieselbe Kerbe wie unser Innenminister gestern. Dann melden Sie sich wieder zu Wort und sagen: Ja, aber an der Wirtschaftsspionage könnte doch etwas dran sein. Sie machen hier einen Schlingerkurs wie ein Autofahrer bei zwei Promille. Wirklich!

(Beifall von den PIRATEN)

Herr Körfges, kennen Sie Ihren Kollegen Lars Klingbeil von der SPD-Bundestagsfraktion, den netzpolitischen Sprecher? Der sagte gestern noch in dem von Ihnen erwähnten Zeitungsinterview im „Handelsblatt“: Keine der Snowden-Aussagen ist faktisch widerlegt. Was denn nun? Entscheiden Sie sich mal!

(Beifall von den PIRATEN)

Viele Worte haben meine Vorredner von SPD, Grünen, CDU und FDP hier nun von sich gegeben. Einige Lippenbekenntnisse sind gefallen. Man heuchelt sich hier so ein bisschen einen von der Palme und hofft insgeheim, dass sich irgendwo wieder ein Blöder auf Bundesebene findet, der den Überwachungsskandal für beendet erklärt. Vielleicht klappt es ja diesmal.

(Beifall von den PIRATEN)

Während die Landesregierung ihre Hände in den Schoß legt und zuguckt, werden täglich Millionen von E-Mail-, SMS-, Bewegungs- und Finanzdaten von den ach so befreundeten Geheimdiensten abgeschnorchelt und ausgewertet jeden Tag, jede Stunde, jede Minute, jede Sekunde. Jede elektronisch verwertbare Information wird von schier nimmersatten Geheimdiensten gierig eingesogen und für immer gespeichert. Es hat sich seit den Enthüllungen von Snowden Mitte letzten Jahres überhaupt gar nichts verändert. Alles läuft weiter wie bisher. Wir können davon ausgehen, dass fast ausnahmslos all unsere Kommunikationsdaten und -inhalte in Kopie der NSA und anderen Geheimdiensten vorliegen.

Ganz besonders schwer trifft es die Wirtschaft in NRW, denn nur ein Bruchteil der Unternehmen in NRW war auf diesen Überwachungs-Super-GAU ausreichend vorbereitet. Aber wieso denn auch? Die Politik hat doch stets versichert, alles sei in Ordnung; es gebe keinen Grund zu Sorge. Dass unter diesen Umständen die CDU und die SPD auch noch Spenden von der Wirtschaft bekommen, ist für mich tatsächlich unfassbar. Dann gibt es hier auch noch so ein Gelächter, und man findet das alles witzig. Es ist doch kaum zu fassen, was hier stattfindet.

(Beifall von den PIRATEN)

Sie können heute davon ausgehen, dass die meisten Geschäftsgeheimnisse und Innovationen aus NRW ebenfalls in den Händen von Dritten sind. Der dabei entstandene Schaden ist immens und kaum in Zahlen abbildbar. Hier wird unsere gesamte Gesellschaft nachhaltig geschädigt; denn wo keine Innovation, da keine Arbeitsplätze und auch keine Altersvorsorge.

(Beifall von den PIRATEN)

Und was geschieht in den Parlamenten? Egal ob Rot-Grün oder Schwarz-Gelb seit Jahren schrauben Sie munter weiter an immer besseren, umfangreicheren Überwachungsgesetzen, sowohl im Bundestag wie auch hier in NRW. Wer in diesen Zeiten einerseits die NSA kritisiert und andererseits die Vorratsdatenspeicherung fordert, der hat es einfach nicht verstanden, liebe CDU und SPD.

(Beifall von den PIRATEN und von Dr. Robert Orth [FDP])

Weil das alles ja so toll ist, machen die rückgratlosen Grünen hier aus parlamentarischen Zwängen auch noch munter mit und unterstützen den Innenminister Jäger von der SPD, der anscheinend jeglichen Bezug zu Bürgerrechten verloren hat.

(Beifall von den PIRATEN)

Viel interessanter und eigentlich auch der Grund für diese Aktuelle Stunde ist aber die Frage: Was macht eigentlich Frau Kraft? Vielleicht können die Kameras zu ihrem Platz schwenken. Nun, Frau Kraft ist nicht da. Frau Kraft ist auch nicht abgemeldet nicht dass ich wüsste. Ja, was macht sie denn in dieser ganzen Sache?

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Seit wann meldet sie sich bei Ihnen ab? Und woher wissen Sie eigentlich, ob sie im Haus ist oder nicht?)

Wenn es darum geht, sich einen tollen weißen Bauarbeiterhelm aufzusetzen und sich mit Männern in Warnwesten an einer Baustelle schön für die Pressefotos zu positionieren, dann ist Frau Kraft dabei hier das Mädel aus dem Ruhrpott, klare Kante und so. Aber wo ist Frau Kraft, wenn die Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung von fast 18 Millionen NRW-Bürgern am Boden liegen und die Geheimdienste fröhlich darauf herumtrampeln?

(Beifall von den PIRATEN)

Wo ist die Ministerpräsidentin da? Was sagt sie denn dazu? Nichts sagt sie dazu, nichts seit Monaten!

(Beifall von den PIRATEN)

Seit Monaten gibt es kein einziges Statement zu diesem wohl größten Überwachungsskandal der Menschheitsgeschichte.

(Zurufe von der SPD: Oje!)

Nichts kein einziges Statement der Ministerpräsidentin. Und Frau Kraft sagt nicht nur nichts; Frau Kraft tut auch nichts. Frau Kraft sitzt da wie ein kleines Rehkitz auf der Straße, schaut mit großen Kulleraugen verängstigt in das Licht des herannahenden Autos und merkt nicht einmal, was ihr droht. Ist es Unwissenheit? Ist es Arroganz? Ist es Kalkül? Das würde ich sie gerne fragen. Aber sie ist nicht da.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Was Sie da machen, ist rotzig!)

Ich frage mich allen Ernstes, ob Frau Kraft versucht, diesen NSA-Skandal auszusitzen. Verdammt noch mal, Frau Kraft hat die Verantwortung für 18 Millionen Menschen in diesem Bundesland und kriegt ihren Hintern nicht hoch.

(Beifall von den PIRATEN Rainer Schmeltzer [SPD]: Rotzig und unverschämt!)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Herr Kollege.

Lukas Lamla (PIRATEN): Vielleicht hofft sie, dass es gleich vorbei ist. Ich kann Ihnen aber versichern: Nein, es ist nicht gleich vorbei. Wir stehen erst am Anfang einer technischen Revolution. Und jeder Einzelne von uns hat viel zu verlieren: …

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Herr Kollege, Ihre Redezeit ist beendet.

Lukas Lamla (PIRATEN): … die Freiheit! Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Kollege Lamla. Für die CDU-Fraktion hat sich der Kollege Biesenbach gemeldet. Herr Kollege Biesenbach, Sie haben das Wort.

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