TOP 8. Fragestunde
Wortprotokoll:
Mündliche Anfrage 24 des Herrn Abgeordneten Dietmar Schulz von der Fraktion der Piraten:
Zu der aktuellen Debatte über die ausbleibenden Gehaltszahlungen an studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte an nordrhein-westfälischen Universitäten
In der letzten Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses am 13.06.2013 hat sich das Finanzministerium zu den Fragen der Piraten geäußert. Dabei sind bereits im Vorfeld durch die laufende Presseberichterstattung mehrere fragwürdige Aussagen der Landesregierung aufgefallen. Es war zu bemerken, mit welcher Salamitaktik das Landesamt für Besoldung und Versorgung als auch die Landesregierung gearbeitet haben. Die wichtigste Frage in diesem Zusammenhang mit dem Abrechnungsverfahren am LBV blieb dabei unbeantwortet. Die Unstimmigkeiten in Bezug auf die Planbarkeit und den Umgang mit der aktuellen Problematik konnten nicht geklärt werden. Wir Piraten fordern eine Überweisung aller Gehälter oder zumindest Abschläge in der Höhe des eigentlichen Gehalts bis zum Ende der Plenartage und damit verbunden direkt auch die Überweisung der Verzugszinsen auf die ausstehenden Gehälter.
Darüber hinaus wurde bisher zu keinem Zeitpunkt die Frage beantwortet, inwiefern diese unhaltbaren Zustände hätten vermieden werden können. Auf der Website des LBV sind mittlerweile sogenannte Frequently Asked Questions (FAQ) veröffentlicht. Darin wird beschrieben, dass man aus Kostengründen sich dazu veranlasst gesehen hat, den Umstellungsprozess in die heiße Phase des LBVs zu legen. Die Piraten fordern daher eine lückenlose Aufarbeitung, da der Verdacht im Raum steht, dass man bewusst in Kauf genommen hat, dass studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte nicht fristgerecht ihre Gehälter erhalten werden.
Wie beabsichtigt das Finanzministerium seiner aufsichtsrechtlichen und gegebenenfalls dienstrechtlichen Verantwortung in Bezug auf das Landesamt für Besoldung und Versorgung und konkret in Zusammenhang mit den bisher nicht korrekten und nicht fristgerechten Zahlungen eines Großteils der Gehälter der studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräfte nachzukommen?
Ich bitte den für Finanzen zuständigen Minister Dr. Walter-Borjans um Beantwortung. – Bitte schön, Herr Minister. Sie haben das Wort.
Dr. Norbert Walter-Borjans, Finanzminister: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schulz, wir haben darüber verschiedentlich auch im Haushalts- und Finanzausschuss gesprochen. Es ist in diesem Jahr bedauerlicherweise zu Verzögerungen bei der Aufnahme der Zahlung der neu und wieder eingestellten studentischen wissenschaftlichen Hilfskräfte und der Lehrbeauftragten im Hochschulbereich gekommen. Die festangestellten Beschäftigten sind nicht betroffen.
Inzwischen konnten aber die entstandenen Rückstände bis auf Einzelfälle für die Monate April und Mai und noch einmal rund 100 Fälle für den Monat Juni abgearbeitet werden. Wir haben also seit dem letzten Mal, als wir über dieses Thema gesprochen haben, mit Hochdruck viele der Fälle bearbeiten können. An der Erledigung der verbleibenden Fälle wird weiterhin gearbeitet. Abschläge werden unaufgefordert gezahlt.
Mir liegt dazu auch eine Statistik vor, die zeigt, dass von den insgesamt 22.000 Fällen die Hälfte von vornherein keine Probleme hatte. Der andere Teil hat aber über Verzögerungen geklagt. Im April sind 2.988 Neueinstellungen vorgenommen worden. Davon ist kein Fall mehr offen. Im April gab es 13.011 Wiedereinstellungen. Davon sind zwei noch unerledigt. Im Mai waren es 1.352 Neueinstellungen. Davon sind alle erledigt. Es gab 2.559 Wiedereinstellungen. Hier sind noch neun Fälle zu bearbeiten. Im Juni gab es 763 Neueinstellungen. Das sind die, von denen ich eben gesprochen habe. Davon sind noch rund 100 Fälle in der Bearbeitung; sie bekommen unaufgefordert Abschläge. Es gab 1.650 Wiedereinstellungen. Davon sind bisher sieben unbearbeitet.
Somit haben wir jetzt 5.103 Neueinstellungen mit 100 noch offenen Fällen und 17.220 Wiedereinstellungen mit 18 Betroffenen, deren Fälle noch nicht endgültig abgearbeitet, aber durch Abschläge zumindest gemildert worden sind.
Das Landesamt für Besoldung und Versorgung hat im Rahmen der mehrjährigen Einführung eines neuen Bezügesystems zum Abrechnungsmonat April 2013 mit 85.000 Gehaltsempfängern der Hochschulen und der Universitäten den letzten Teil der Daten in das neue System migriert. Dabei kam es zu mehrtägigen Unterbrechungen. Das Landesamt hat die Hochschulen frühzeitig, im Juli 2012 und weiterhin im Februar 2013, über diesen Schritt und mit einem weiteren Schreiben Anfang Mai und Juni 2013 über die durch die Gesamtsituation inzwischen besonders enge Arbeitssituation informiert.
Erschwerend kam hinzu, dass in diesem Jahr im Hochschulbereich erheblich mehr Einstellungszahlen zu bewältigen waren. Normalerweise werden zum Semesterbeginn 12.000 bis 13.000 studentische oder wissenschaftliche Hilfskräfte eingestellt oder wiederbeschäftigt. In diesem Jahr sind zum Einstellungstermin April bereits 19.000 und zum Monat Mai noch einmal 4.000 wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt worden. Durch eine projektbedingte Verzögerung fiel die zu einem früheren Zeitpunkt geplante Verfahrensumstellung mit dem sprunghaften Anstieg der Fallzahl um annähernd 100 % zusammen. Bei durchschnittlichen Wieder‑ und Neueinstellungszahlen wäre ein nahezu reibungsloser Ablauf gewährleistet gewesen.
Es war natürlich geplant, dass die Umstellung auf SAP abgeschlossen ist, bevor es zu der Welle kommt. Hier war allerdings die technische Verzögerung ausschlaggebend dafür, dass die geplante Umstellung und die Welle der Neueinstellungen oder Wiedereinstellungen zusammengetroffen sind.
Für die Hochschulen und das Landesamt ist das saisonale Massengeschäft zum Semesterbeginn immer eine große Herausforderung, also auch dann, wenn die Zahlen nicht so hoch sind wie in diesem Jahr. Die zusätzlich ungünstige Konstellation durch die Umstellung auf das neue Bezügeverfahren und die erhöhten Einstellungszahlen haben in der ersten Jahreshälfte zu den beklagten Rückständen bei der Zahlungsaufnahme geführt. Diese Aufgaben hätten wegen der Komplexität der Materie auch nicht in ausreichendem Umfang durch vorübergehende personelle Umschichtungen ausgeglichen werden können, weil man dafür vertiefte Systemkenntnisse und eine umfassendere Schulung benötigt. Überdies hätte eine Umschichtung in größerem Umfang dann Engpässe in anderen Bereichen zur Folge gehabt.
Die ungünstige Konstellation des Zusammentreffens von Verfahrensumstellung und gleichzeitigem Semesterwechsel kann sich so nicht wiederholen. Die Umstellung auf das neue Bezügeverfahren ist mittlerweile abgeschlossen. Wir gehen davon aus, dass deshalb vergleichbare Situationen nicht mehr zu erwarten sind. Im Hochschulbereich ist allerdings auch zu Beginn der nächsten Semester mit hohen Einstellungszahlen zu rechnen. Alle Beteiligten werden alle Anstrengungen unternehmen, um künftig wieder möglichst zeitnah – auch im saisonalen Massengeschäft – Gehaltszahlungen für neu eingestellte Beschäftigte im Hochschulbereich zu gewährleisten.
Das Finanzministerium hat seine aufsichtsrechtliche Verantwortung wahrgenommen. Die eingetretene Sachlage war, wie ich es dargestellt habe, nicht absehbar. Das, was absehbar war, ist im Vorhinein kommuniziert worden.
Wir haben gegenüber dem Landesamt für Besoldung und Versorgung allerdings deutlich gemacht, dass die Hilfestellung bei der Beseitigung des Stellenengpasses durch Zurverfügungstellung neuer Stellen davon abhängig gemacht wird, dass dem Finanzministerium ein Optimierungskonzept vorgelegt wird. Wir wollen uns schon vergewissern, dass verschiedene kritische Anmerkungen und die dafür durchaus vorhandene Grundlage zum Anlass genommen werden, das Ganze wirklich anzugehen und nicht einfach nur etwas draufzuschichten, um dadurch das Ergebnis zu verbessern. Es geht darum, das systematisch weiterzuverfolgen, was wir schon vor etwa zweieinhalb Jahren begonnen haben, nämlich strukturelle Verbesserungen im LBV hinzubekommen, die dann auch den Wechsel zu SAP zur Folge haben,.
Das ist das, was ich Ihnen im Augenblick sagen kann. Im Ergebnis sind die Fälle, die zu den Diskussionen der letzten Tage und Wochen geführt haben, weitestgehend abgearbeitet worden.
Vizepräsident Oliver Keymis: Danke schön, Herr Minister. – Es gibt bisher drei Fragen. Die erste hat Kollege Stein von den Piraten. Bitte schön, Herr Stein.
Robert Stein (PIRATEN): Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Finanzminister, ich würde gerne von Ihnen hören, wie der ursprüngliche Zeitplan für den Umstellungsprozess auf SAP aussah, der jetzt nicht planungskonform eingehalten werden konnte. Können Sie den bitte einmal darstellen? – Danke sehr.
Dr. Norbert Walter-Borjans, Finanzminister: Ursprünglich war geplant, schon in der Mitte des letzten Jahres zu Ergebnissen zu kommen. Es sind dann stufenweise Verzögerungen eingetreten. Das LBV ist auch in der Verzögerung immer noch davon ausgegangen, dass die Umstellung vor dem Frühjahr des Jahres 2013 abgeschlossen werden kann, was dann, wie wir alle bemerkt haben, so nicht realisiert worden ist.
Vizepräsident Oliver Keymis: Danke schön, Herr Minister. – Die nächste Frage stellt Herr Kollege Schulz. Bitte schön, Herr Schulz.
Dietmar Schulz (PIRATEN): Vielen Dank, Herr Präsident. – Vielen Dank, Herr Minister, für die Hilfskräfte. Es ist eine erfreuliche Mitteilung, dass der Bearbeitungsprozess so weit fortgeschritten ist. Wie Sie ausführen, ist seitens des LBV alles im Griff. Gleichwohl droht gemäß Ihrer aktuellen Vorlage für den HFA vom 8. Juli in Bezug auf die Dienstrechtsanpassungen bei den Professoren schon das nächste Ungemach. Erst waren es die studentischen Hilfskräfte, jetzt werden es die Professoren sein. Die warten auch auf das Geld. Es werden erste Maßnahmen in Aussicht gestellt, wie sie schon im Vorfeld beruhigt werden können. Von daher geht es einerseits um die Ursachenforschung, wie aber auch andererseits um die Verantwortlichkeiten beim LBV.
Bei der Vorbereitung der Frage war der auf der Website des Landesamtes für Besoldung und Versorgung dargestellte Sachverhalt bezüglich der Vorgänge bei der Umstellung dieser Software die Grundlage. Dieser Sachverhalt, an den sich meine Frage anschließt, stellt sich danach wie folgt dar:
„Das Projekt Einführung einer neuen Bezügesoftware im Landesamt für Besoldung und Versorgung wurde – nach mehrfachen Verzögerungen, daraus folgenden Projektumstellungen und zusätzlichen finanziellen Mitteln –offiziell am 31.12.2012 mit der Abnahme der letzten Funktionsblöcke beendet. Die zusätzlich vereinbarte Projektnachlaufzeit, innerhalb derer noch Leistungen von der Firma SAP erbracht werden mussten, endete am 31. März 2013. Die Einführung im Bereich der Beschäftigten an den Hochschulen zum 01.04.2013 stellte den letzten Einführungsschritt dar. Eine Verschiebung dieses Termins auf einen späteren Zeitpunkt hätte – nicht vorhandene – erhebliche zusätzliche finanzielle Mittel erfordert. Ferner hätten die Beschäftigten des Landesamtes bei einer Terminverschiebung – z. B. auf den 1. Juni 2013 – nach der Migration Bezüge relevante Änderungen für den Zeitraum 1. April 2013 bis 31. Mai 2013 in jeweils 2 Systemen (Altverfahren und Neuverfahren) vornehmen müssen. Bei der nun erfolgten Umstellung zum 1. April 2013 (Beginn/Fortführung/Änderung vieler Arbeitsverhältnisse aus diesem Bereich) entfällt dieser Mehraufwand.“
Daraus abgeleitet, frage ich Sie, Herr Minister: Hat das LBV als von Ihnen beaufsichtigte Behörde wissentlich in Kauf genommen, dass studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte aufgrund interner Arbeitserleichterung – wie oben beschrieben – mehrere Monate kein Gehalt erhalten werden?
Vizepräsident Oliver Keymis: Bitte schön, Herr Minister.
Dr. Norbert Walter-Borjans, Finanzminister: Ich beginne mit Ihrer ersten Anmerkung zu den Professoren bzw. den Veränderungen in der Besoldung der Professoren. Da ist es, soweit mir bekannt ist, nicht zu einem technischen Ausfall gekommen, sondern es geht da schlicht und ergreifend um die Tatsache, dass zum einen die neuen Rechtsgrundlagen eingepflegt werden müssen. Zum anderen konnten die nicht mit einem Vorlauf eingepflegt werden, weil dazu in der Verabschiedung immer noch Änderungen vorgenommen worden sind. Das heißt, das LBV konnte sich nicht schon im Vorhinein darauf vorbereiten, sondern musste abwarten, wie die konkrete Regelung am Ende aussehen würde. Von daher war klar, dass das auch und gerade in diesen komplexen technischen Systemen nicht von einem Tag auf den anderen zu machen war.
Deswegen war es wichtig, dass das LBV den Betroffenen zumindest frühzeitig eine Mitteilung machte, dass auch hier sozusagen Abfederungsmöglichkeiten geboten werden. Hier muss man allerdings auch sehen, dass es sich um Empfänger von Bezügen handelt, bei denen lediglich der sich jetzt durch die neue gesetzliche Lage zusätzlich ergebende Anspruch möglicherweise verspätet realisiert bzw. nachgezahlt wird. Insofern ändert sich da zunächst einmal nichts gegenüber der bisherigen Situation. Dafür gibt es anschließend eine Art Nachschlag, wenn das nicht aufgrund besonderer Fälle schon im Vorhinein erfolgt ist.
Hierzu muss man ganz klar sagen: Das werden wir immer wieder haben. Wir können da weder mit mehr Personal noch mit anderen Techniken etwas machen. Wenn sich Rechtsgrundlagen verändern und diese Veränderungen, was ihr Ergebnis anbelangt, nicht konkret mit einem langen Vorlauf feststehen, sondern sehr kurzfristig erfolgen und dann anschließend sofort gelten, wird Umstellungszeit erforderlich. Dann werden sich solche Fälle ergeben. Man muss dann allerdings – das ist mein Anspruch – die Betroffenen auch informieren. Das muss schon allein aus ökonomischen Überlegungen heraus erfolgen, weil natürlich sofort danach auch Nachfragen kommen, die man dann wiederum nur mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand bewältigen kann.
Ich komme noch einmal rückblickend auf die Angelegenheit der Umstellung des Bezügeverfahrens für die wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Hilfskräfte zu sprechen. Dazu habe ich eben schon gesagt: Unter normalen Umständen – wenn es also nicht in einem derartigen Ausmaß zu einer Explosion der Zahl gekommen wäre – wäre selbst dieses Zusammentreffen der Migration mit einem anderen System mit der leicht erhöhten Zahl zu bewältigen gewesen. Hier sind wirklich zwei Dinge zusammengekommen, die in dieser Weise so nicht absehbar waren.
Niemand hat die Auffassung vertreten: Wir nehmen in Kauf, dass die Bezüge nicht bezahlt werden. Vielmehr hat man gesagt: Es wird mehr Fälle geben; die sind aber auch zu bewältigen. Wenn wir sie aber nicht gleichzeitig bewältigen und die Einführung verschieben wollten, hätte das allerdings hinterher auch schwer vertretbare Folgen, dass man nämlich über eine viel längere bzw. lange Zeit zwei Verfahren pflegen muss.
Durch die Verzögerungen hätte man dann auch hohe Zusatzkosten in Kauf nehmen müssen. Ich glaube, wenn man das gemacht hätte und die Zahl wäre dann nicht in dem Maße gewachsen, hätte man sich wiederum genau der Kritik ausgesetzt gesehen, dass hier Steuermittel zur dreifachen Absicherung eingesetzt worden seien, die nicht nötig gewesen wären.
Vizepräsident Oliver Keymis: Danke schön, Herr Minister. – Die nächste Frage hat Herr Kollege Witzel. Bitte schön.
Ralf Witzel (FDP): Vielen Dank, Herr Präsident, dass Sie mir die Gelegenheit zu einer Nachfrage geben. – Herr Finanzminister Dr. Walter-Borjans, ich hatte zu einem früheren Termin bei einer Erörterung im Personalausschuss des Landtags eine Frage gestellt, die seinerzeit nach Datenlage noch nicht zu beantworten war. In Bezug auf die Struktur der Betroffenen interessiert mich, ob Sie dazu mittlerweile Näheres ausführen können. Mich interessierte die Antwort auf die Frage der Schwerpunkte der Betroffenheit: Gibt es bestimmte Gruppen von Fallzahlen, die in besonderer Weise Leidtragende dieser Entwicklung waren? Das soll heißen: Ist das ein Phänomen gewesen, das bei Universitäten stärker als bei Fachhochschulen vorlag? Gab es in Bezug auf Beschäftigtengruppen wie auch auf regionale Schwerpunkte besondere Häufungen, die von den EDV-Problemen ausdrücklich negativ tangiert waren?
Dr. Norbert Walter-Borjans, Finanzminister: Die Frage kann ich Ihnen auch heute noch nicht beantworten, weil wir Wert darauf gelegt haben, dass sich jedwede Kraft, die vor Ort vorhanden war, dafür einsetzt, dass wir diese Fälle abarbeiten und nicht gleichzeitig Statistiken auswertet, an welcher Stelle das der Fall war. Ich kann nur sagen: Im Nachhinein können wir noch einmal nachsehen, ob vielleicht darzustellen ist, wo sich das konzentriert hat. Im Augenblick kann ich Ihnen diese Frage nicht beantworten.
Vizepräsident Oliver Keymis: Danke schön, Herr Minister. – Herr Kollege Fricke von der Piratenfraktion hat eine Frage. Bitte schön.
Stefan Fricke (PIRATEN): Staatssekretär Dr. Messal hat in einer der letzten Sitzungen des Haushalts- und Finanzausschusses ausgeführt, dass die Umstellung auf SAP on-the-fly erfolgt sei, also ohne größeren Schulungs- und Testzeitraum vor der Einführung. War diese Variante die von den SAP-Beratern vorgeschlagene Variante, die im LBV tätig gewesen sind?
Dr. Norbert Walter-Borjans, Finanzminister: Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir mit dem seit ungefähr zwei Jahren im Amt befindlichen Leiter des Landesamtes für Besoldung und Versorgung dieses Thema der Umstellung auf SAP für NRW insgesamt und auf andere Verfahren sehr frühzeitig besprochen haben. Mir ist immer wieder berichtet worden, dass das auch wiederum ein Grund dafür ist, warum es schon über eine ganze Zeit hinweg während der letzten beiden Jahre immer wieder an verschiedenen Stellen entweder zu Kommunikationsschwierigkeiten oder zu Verzögerungen gekommen ist. Der Grund dafür ist, dass ein erheblicher Teil der Beschäftigten für die Umstellung auf SAP zunächst einmal geschult und anschließend eingesetzt worden ist.
Insofern hat es immer eine sehr enge Begleitung durch SAP selbst, aber auch in Kombination mit Kräften aus dem LBV gegeben, die aber nicht sozusagen spontan hinzugezogen worden sind, sondern die das gesamte Verfahren im Prozess verändern mussten.
Ich habe es bereits im Haushalts- und Finanzausschuss dargestellt. Das Problem, das wir jetzt zum Teil zu bewältigen haben, ist ein Stück weit der Fluch des frühen Fortschritts. Das haben wir an mehreren Stellen gehabt, beispielsweise beim heutigen IT.NRW, dem früheren Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik, und beim LBV. Nordrhein-Westfalen hatte schon sehr früh rechnergestützte Programme, und zwar bereits zu Zeiten, als anderswo noch mit Papier gearbeitet wurde.
Das hat dazu geführt, dass, als Firmen wie SAP auf den Plan traten und Standardisierung angesagt war, Nordrhein-Westfalen seine eigenen Modelle und Software hatte, die weiterentwickelt worden sind. Zunächst bestand auch kein Bedarf, alles aufzugeben und zu einem anderen System zu wechseln mit allen Gefahren für Friktionen, die es gegeben hätte.
Man kann sich vorstellen, dass die Entwicklung immer weiter auseinandergeht. Sie haben einerseits die Weiterentwicklung von SAP und andererseits die Weiterentwicklung des eigenen Modells. Irgendwann wird nicht nur der Spagat zwischen dem einen und dem anderen immer breiter, wenn man wechseln will, sondern Sie haben auch Probleme damit, noch ausreichend qualifizierte und qualifikationsmotivierte Menschen zu finden, die ein altes, auslaufendes System lernen und weiterentwickeln wollen. Das war ein Problem, das lange Zeit aufgeschoben worden ist. Wir haben es angepackt, und zwar – das muss man sagen – schon zu einem Zeitpunkt, als der Sprung von dem irgendwann auch nicht mehr sehr viel weiterentwicklungsfähigen alten NRW-Modell zum SAP-Modell relativ groß war.
Das ist der Punkt, der schon im Verfahren erfolgt ist, aber natürlich mit den Problemen, die allerdings noch größer geworden wären, wenn man es jetzt nicht angepackt hätte.
Vizepräsident Oliver Keymis: Danke schön, Herr Minister. – Herr Kollege Stein hat eine zweite und für diese Fragestunde letzte Frage zu diesem Punkt. – Bitte schön, Herr Stein.
Robert Stein (PIRATEN): Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Finanzminister, ein Student hat am 12. Juni 2013 im „Kölner Stadtanzeiger“ berichtet, dass es bereits im Februar Probleme bei der Gehaltsabrechnung gegeben hat. Ich stelle mir deshalb die, wie ich finde, berechtigte Frage: Wusste das LBV bereits zu diesem Zeitpunkt, dass es ein erhebliches und weitreichenderes Problem gab?
Noch einmal zur Klarstellung: Wann ist es überhaupt erstmals zu diesen erkennbaren Verzögerungen seitens des LBV gekommen? Wann wurden Sie bzw. das Finanzministerium darüber informiert?
Dr. Norbert Walter-Borjans, Finanzminister: Die Hochschulen sind nach meinen Unterlagen erstmalig mit Informationsschreiben im Juli 2012 und dann noch einmal im Februar 2013 auf die bevorstehende Einführung im Bereich Entgelte aufmerksam gemacht worden. Das heißt: Dass diese Umstellung kommt, war natürlich bekannt. Dass diese Umstellung für die Hochschulen eine wichtige Information ist, war auch bekannt, und zwar deshalb, weil man weiß, dass es sich – ich hatte es eben beschrieben – bei der Größe dieses Wechsels, der mittlerweile erforderlich war, um eine erhebliche Umstellung handelt.
Dass man besondere Probleme in der Arbeitssituation und der zu bewältigenden Menge sah, ist nach den Unterlagen, die ich habe, erst im Frühjahr dieses Jahres so deutlich geworden, sodass es Anfang Mai und Anfang Juni zu Informationsschreiben zur Zahlungsaufnahme von Gehältern im Hochschulbereich gekommen ist.
Die Beteiligten waren und sind in Kontakt. An der Stelle fängt das an, was man – das ist überhaupt keine Frage – verhindern muss. Aber wenn Sie in eine Situation kommen, die Sie vorher nicht erwartet haben, dann ist möglicherweise eine Ursache dafür, dass bestimmte Abstimmungen nicht so funktionieren, wie man sie sich vorstellt. Ich habe im Ausschuss bereits gesagt: Die studentischen, wissenschaftlichen, nichtwissenschaftlichen Hilfskräfte wenden sich dann normalerweise an ihre Universitäten. Dann gab es aber auch bei den Universitäten die eine oder andere Ursache. Bei der einen ist es einfacher gehandhabt worden; sie hat sofort eine Übergangszahlung veranlasst. Bei der anderen war es schwieriger.
Dadurch kam es zu den Erfahrungen, die die Betroffenen auf sehr unterschiedliche Weise gemacht haben. Die einen haben ihr Geld schnell bekommen, die anderen nicht.
Es gab allerdings auch viele, die sich gar nicht gemeldet, sondern gesagt haben: Irgendwann wird das schon kommen. – Die sind also nicht sofort auf den Plan getreten. Und da hatten wir ein Problem. Denn diejenigen, die nicht auf ihre Situation aufmerksam gemacht haben – ich will nicht sagen, dass dies automatisch Menschen waren, die dieses Geld gar nicht nötig haben; es mag auch diejenigen geben, die sich erst einmal zurückhalten –, sind in den normalen Abarbeitungsverkehr gekommen. Das ist immer ein Problem. Dagegen haben diejenigen, die sich entweder bei der Uni oder beim LBV gemeldet haben, die Möglichkeit bekommen, dass ihr Fall bevorzugt bearbeitet wird. Das alles hat zu sehr unterschiedlichen Reaktionen auf der Seite der Betroffenen geführt.
Es ist überhaupt keine Frage, dass das, was hier zusammengekommen ist, niemand haben möchte: weder die Betroffenen noch das LBV, noch das zuständige Ministerium. Es geht einfach darum, dass man dann, wenn ein solcher Fall eintritt, alles dafür tut, dass er schnell abgearbeitet wird. Ich glaube, das haben wir getan.
Mit diesen Erfahrungen im Hintergrund gucken wir uns jetzt an, wie wir weiter verfahren, zum Beispiel bei den W2-, W3-Professuren, aber auch bei anderen Umstellungsfragen. Wir wollen also mit diesen Erfahrungen neue Formen der Abarbeitung finden.
Vizepräsident Oliver Keymis: Danke schön, Herr Minister. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben jetzt noch genau 51 Sekunden. Die verquatsche ich jetzt, indem ich frage, ob wir die weiteren sechs Fragen auch noch so konstant beantworten wollen. Hintergrund ist, dass die Zeit der Fragestunde im Prinzip abgelaufen ist und wir insgesamt schon Eineinviertelstunde im Verzug sind. Wenn ich das richtig überschlage und die Antworten von Herrn Minister richtig einschätze, wären wir wohl noch eine gute halbe Stunde zugange. Wenn Wert darauf gelegt wird, führen wir die Fragestunde fort. Ich möchte dann aber darum bitten, dass wir keine weiteren Fragen mehr aufrufen, und nur noch die sechs, die eingedrückt sind, bearbeiten. Vielleicht fassen sich alle auch ein bisschen kürzer. Das wäre auch noch ein Appell. Ich könnte nach der Geschäftsordnung jetzt auch einfach den Gong schlagen – das tue ich aber ungern.
Deswegen mein Appell: Kurz und knackig gefragt, noch kürzer und knackiger geantwortet! Dann haben wir den Fluch der späten Stunde möglicherweise nicht vollends zu ertragen. Um 21:47 Uhr geht in Düsseldorf die Sonne unter. Deshalb gibt es hier heute Abend ein Fastenbrechen. Auch das soll bedacht sein.
Ich rufe die nächste Frage auf. Herr Wegner von den Piraten hat sich gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege Wegner.
Olaf Wegner (PIRATEN): Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrter Herr Minister, ich habe eine ganz kurze Frage. Welche Probleme ergaben sich während der bzw. durch die Umstellung auf SAP genau? Ich meine nicht die Auswirkungen, sondern die ursächlichen Probleme. Welche hat es da gegeben? Könnten Sie die aufzählen?
Dr. Norbert Walter-Borjans, Finanzminister: Das kann ich ganz kurz beantworten, denn das kann ich Ihnen jetzt gar nicht sagen. Wir müssten Ihnen das nachliefern, da ich nicht Fachmann genug bin, um Ihnen zu sagen, was genau passiert ist.
Vizepräsident Oliver Keymis: Danke schön, Herr Minister. – Herr Marsching hat eine Frage. Bitte schön, Herr Marsching.
Michele Marsching (PIRATEN): Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, Sie haben gerade gesagt, dass sich die Menschen melden mussten, dass sich manche nicht gemeldet haben, dass es auch Verzögerungen gab, die durch diejenigen „verschuldet“ waren, die sich nicht gemeldet haben, die nicht unbedingt darauf angewiesen waren.
In den bisherigen Ausschusssitzungen gab es keine Auskunft von ministerialer Seite zu klaren Zahlen oder Vorgängen. Sie haben auch gerade ausgeführt, Genaues könnten Sie nicht sagen.
Vonseiten des LBV wurde gesagt: Es gab 5.500 Fälle im April und 4.000 Fälle im Mai.
Meine Frage wäre: Warum konnte das LBV nicht einfach automatisch Abschläge zahlen, wenn es doch die Zahl der betroffenen Studierenden kennt und demnach auch einzelne Fälle?
Dr. Norbert Walter-Borjans, Finanzminister: Auch das kann ich nicht mit hinreichender Detailkenntnis beantworten. Ich kann Ihnen nur sagen, dass mir berichtet worden ist, dass wir insgesamt 85.000 Fälle bei den Hochschulen des Landes haben und dass diese Fälle praktisch erst mit dem Routineabwicklungsverkehr nach und nach aufgetreten wären. Man war also darauf angewiesen, Hinweise zu bekommen, weil es ganz offenbar entweder nicht erkannt worden ist oder nicht erkannt werden konnte. Dem werden wir nachgehen.
Jedenfalls ist nicht von vornherein klar gewesen, dass man aufgrund der ersten Fälle nach einer bestimmten Selektionsweise hätte herausfinden können, ob es noch andere Fälle gibt oder nicht. Allerdings ist das ja sehr bald durch die ersten Fälle bekannt geworden, und die hat man mit mehr Personal und konzentrierterem Zugriff sehr schnell abgearbeitet.
Vizepräsident Oliver Keymis: Danke schön, Herr Minister. – Herr Kollege Schulz hat eine zweite Frage.
Dietmar Schulz (PIRATEN): Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, Sie haben vorhin bei der Einleitung der Antwort auf die von mir gestellte Frage, bei der ich auf die W2- und die W3-Be-soldungsproblematik hinwies, gesagt, das sei eine Frage der technischen Umsetzung des Gesetzes gewesen, weil es da noch Änderungen in Berechnungen bzw. Nachträge in Verordnungen gegeben habe.
Fakt ist aber, dass nicht der Gesetzgeber die Problematik der technischen Umsetzung des Dienstrechtsanpassungsgesetzes beim LBV aufgeworfen hat. In Ihrer eigenen Vorlage ist vielmehr von umfangreichen Programmänderungen im Bezügeverfahren des Landesamts für Besoldung und Versorgung die Rede, die im Laufe des parlamentarischen Beratungsverfahrens Änderungen am Dienstrechtsanpassungsgesetz notwendig gemacht hätten.
Fakt ist auch, dass das Dienstrechtsanpassungsgesetz am 16. Mai dieses Jahres verabschiedet wurde. Im Beratungsverfahren – das hieße, schon während die Problematiken im Zusammenhang mit der Vergütung der Studentischen Hilfskräfte auftauchten – müssen also Programmänderungen im Rahmen der Migration wie auch im Vorgriff auf das anstehende Dienstrechtsänderungsgesetz insgesamt von der Anwendungsseite und von der Bezügesoftwareseite geplant und in Angriff genommen worden sein.
Deshalb meine Frage: Ist aufseiten des LBV überhaupt etwas mit der Zielsetzung geplant worden, zu bestimmten Stichtagen, beispielsweise zu Beginn eines Semesters oder bei der Verabschiedung eines Gesetzes, in der Lage zu sein, Bezügeverfahren so durchzuführen, dass diejenigen, denen das Geld zusteht, es auch tatsächlich pünktlich bekommen? Ich möchte noch eine weitere Frage anfügen: Wann werden denn dann die Professoren mit der Bezahlung rechnen können?
Dr. Norbert Walter-Borjans, Finanzminister: Ich habe es vorhin bereits gesagt: Wenn zwischen einer Entscheidung und der entsprechenden Umsetzung ausreichend Zeit besteht, eine Programmierung vorzunehmen, dann läuft das Ganze reibungslos.
In dem konkreten Fall – ich erinnere mich sehr gut daran – war es so, dass es noch bis zum Schluss sehr intensive Diskussionen auch mit dem Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung darüber gab, wie denn das Grundgehalt und die Zulagen be- und verrechnet werden sollten. Das war der Grund, dass es zu Programmierungsfriktionen gekommen ist. Was das LBV da beschrieben hat, hing damit zusammen, dass es noch Änderungen in der Regel gab, wie dem gerichtlichen Auftrag entsprochen werden muss.
Wenn ich mich an die Unterlagen, die ich dazu gelesen habe, richtig erinnere, sollen die Zahlungen – hierzu muss ich eine kurze Nachfrage stellen –
(Der Minister bespricht sich mit einem Mitarbeiter.)
im September oder Oktober erfolgen. Bis dahin soll alles abgewickelt sein.
Vizepräsident Oliver Keymis: Danke schön, Herr Minister. – Herr Witzel hat eine zweite und letzte Frage.
Ralf Witzel (FDP): Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Finanzminister Dr. Walter-Borjans, ich habe eine Reihe von Betroffenen erlebt, die sich in den letzten Tagen und Wochen an unsere Landtagsfraktion gewandt haben. Dabei konnte ich feststellen, dass die Handhabung für unbürokratische Lösungen an den einzelnen Standorten unterschiedlich war.
Es gab Hochschulen, die sofort gehandelt haben und mit hochschuleigenen Mitteln in Form einer Zwischenfinanzierung für eine Überbrückung bei den jungen Menschen gesorgt haben. Andere Hochschulen haben für sich keine haushaltsrechtlichen oder – hinsichtlich der Liquidität – faktischen Möglichkeiten gesehen, eine solche Zwischenfinanzierung zu übernehmen; sie meinten, dies sei auch nicht ihre Aufgabe.
Deshalb meine Frage an Sie: Wie kann es sein, dass die unbürokratische Hilfe, die Sie als Finanzminister im Fachausschuss auch empfohlen haben – nämlich über die Hochschulen eine Zwischenfinanzierung hinzubekommen und die Detailabrechnung nachgelagert mit dem LBV vorzunehmen –, von Standort zu Standort, von Hochschule zu Hochschule derart unterschiedlich gehandhabt worden ist?
Dr. Norbert Walter-Borjans, Finanzminister: Das kann ich nur mit der dezentralen Entscheidungshoheit erklären. Sie weisen zu Recht darauf hin: Das habe ich im Ausschuss so empfohlen. Ich habe die Hochschulen dazu aufgerufen, unkompliziert, unbürokratisch und schnell einzuspringen.
Es ging letztlich nicht um die Frage, ob jemand sein Geld bekommt oder nicht, sondern die Frage war, wie der Zeitraum bis zur Auszahlung überbrückt werden sollte. Das haben die Hochschulen offenbar völlig unterschiedlich gehandhabt.
Ich hatte jedoch keinen Zugriff, hier eine einheitliche Regelung für alle Hochschulen zu treffen. Vielmehr war das ein Appell. Ich freue mich jedenfalls darüber, dass einige Hochschulen diesen Appell offenbar aufgegriffen und sehr schnell umgesetzt haben.
Vizepräsident Oliver Keymis: Danke schön, Herr Minister. – Herr Kollege Schatz hat eine Frage. Bitte schön.
Dirk Schatz (PIRATEN): Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, ich habe nur eine kurze Frage: Wer trägt Ihrer Meinung nach die Verantwortung für die Verspätungen im Umstellungsprozess?
Dr. Norbert Walter-Borjans, Finanzminister: Es gibt, wie immer bei solchen Angelegenheiten, unterschiedliche Verantwortlichkeiten; das hatte ich vorhin schon gesagt. Man kann natürlich darüber nachdenken, warum die Einführung von SAP länger gedauert hat als gedacht: Lag das bei dem Dienstleistungsunternehmen? Lag das an der internen Umsetzung im LBV?
Die Einführung allein hätte ja noch nicht einmal zu einem Problem geführt. Hinzu kam eine Tatsache, die man nicht beeinflussen konnte, nämlich die hohe Zahl an Zugängen oder Wiedereinstellungen. Es gibt sicherlich eine Reihe von Fragen im Umfeld des LBV. Das LBV ist – ich habe es schon mehrfach gesagt – das größte Lohnbüro Deutschlands mit extrem vielen Fällen, die es sonst in dieser Größenordnung überhaupt nicht gibt. Hier muss vieles weiterentwickelt werden, das Ganze muss noch stringenter werden. Zu diesem Zweck werde ich mit dem Leiter des LBV auch selbst Gespräche führen und mir anhören, was als Nächstes geplant ist; denn wir wollen an dieser Stelle noch weiterkommen.
Wir werden die Situation beobachten und begleiten, mit der Möglichkeit einer personellen Verstärkung. Dafür muss es aber ein Konzept geben, das deutlich macht, dass eine solche personelle Verstärkung auch zu einer veränderten Qualität der Dienstleistung führt.
Vizepräsident Oliver Keymis: Herr Kollege Fricke, zweite und letzte Frage.
Stefan Fricke (PIRATEN): Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, ich habe eine direkte Nachfrage zu meiner vorhin gestellten Frage: Warum hat die Leitung des LBV in Erwägung gezogen, von einer sicheren Einführung mit einem entsprechenden Schulungszeitraum und einer gesicherten Übertragungsphase Abstand zu nehmen?
Dr. Norbert Walter-Borjans, Finanzminister: Ich kann jetzt nicht nachvollziehen, was genau Sie meinen. Vielleicht meinen Sie das, was vorhin schon mal angesprochen worden ist: Man hätte direkt auf den Juni gehen und das Ganze in einen Zeitraum verschieben können, der nach der Welle der Neueinstellungen liegt und daher sicherer hätte eingehalten werden können.
Das waren die Gründe, die ich vorhin genannt habe: Man hat geglaubt, auf der sicheren Seite zu sein, vor der Neueinstellungswelle mit der Umstellung fertig zu sein. Und man ging davon aus, dass man erhebliche Mehrkosten produziert hätte, wenn man zu diesem Zeitpunkt aus reinen Sicherheitserwägungen einen anderen Zeitraum gewählt hätte.
Vizepräsident Oliver Keymis: Danke, Herr Minister. – Herr Wegner hat noch eine Frage. Bitte schön.
Olaf Wegner (PIRATEN): Vielen Dank. – Herr Minister, was hat das Landesamt für Besoldung und Versorgung unternommen, um den auftretenden Problemen entgegenzuwirken? Sind finanzielle Mittel hierfür vom LBV beim Finanzministerium angefordert worden?
Dr. Norbert Walter-Borjans, Finanzminister: Nein, das sind sie nicht, weil an dieser Stelle ganz offenbar das Problem bei der Umstellung nicht finanzieller, sondern technischer Art war. Es bestand ein Vertrag mit SAP, die Einführung sicherzustellen. Dann ist wohl zwischen dem Finanzministerium und dem LBV überlegt worden, wie man am besten sicherstellt, dass jetzt, nachdem ein Problem eingetreten war, diese Fälle schnell abgearbeitet werden können. Das ist am Ende aber eine interne Organisationsfrage des LBV, weil dort am besten entschieden werden kann, auf welche Tätigkeiten man übergangsweise verzichten oder welche Tätigkeiten man verschieben kann, um den Berg an einer anderen Stelle schneller bewältigen zu können.
Vizepräsident Oliver Keymis: Danke schön, Herr Minister.