Freitag, 21. Juni 2013
TOP 6. Bundesregierung muss die deutschen Seehafen-Hinterlandanbindungen der ZARA-Häfen im bundesweiten Interesse gezielt ausbauen und Engpassstellen beheben
Block I
Direkte Abstimmung
Unsere Abstimmungsempfehlung: Zustimmung
Audiomitschnitt der Rede von Oliver Bayer
Wortprotokoll zur Rede von Oliver Bayer:
Oliver Bayer (PIRATEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Menschen am Stream und vor dem Protokoll! Dieser Antrag ist wichtig für die Menschen in NRW, Deutschland und Europa. Die Häfen in Belgien und in den Niederlanden wachsen. Sie setzen im Hinterland auf die Binnenschifffahrt und die Schiene. Wenn wir nichts tun, kommen die zusätzlichen Container anschließend zusätzlich auf unsere Straßen. Staus und Klimaschutz werden dann unsere geringsten Probleme dabei sein.
Die Zahlen, Daten und Fakten sind eindeutig. Ich verweise dazu unter anderem auf den Antrag. Dennoch müssen wir anscheinend noch massiv Aufklärungsarbeit leisten. Dieser Antrag spricht nicht nur Minister Groschek an. Er weiß ja, worum es geht. Ihn möchten wir bestärken und ihm den Auftrag des Landtags mitgeben – und auch noch ein paar Mal die Worte „wichtig“, „dringend“ und „Butter bei die Fische“.
„Offenkundiger Durchbruch bei der Betuwe-Linie“ klingt übrigens sehr gut. Ich will das aber auch von Herrn Grube und Bundesminister Ramsauer hören. Außerdem möchte ich, dass es weitergeht. Hält der Bundesverkehrsminister den Eisernen Rhein denn für ein regionales Leuchtturmprojekt, das wir hier zwar nett finden, das aber gesamtgesellschaftlich verzichtbar wäre? Wir wollen doch nicht hier zur Landgewinnung einen Bahnhof unter die Erde legen, sondern Versorgung und Mobilität in Deutschland generell sicherstellen.
Ein Popularitätsgarant ist der Bau und Ausbau von Güterverkehrsstrecken sicherlich auch nicht. Herr Berger hat gerade ein Beispiel genannt.
Selbstverständlich wünschen wir uns als Unterstützung etwas öffentliche Aufmerksamkeit für dieses Thema. Das kann der vorliegende Antrag nur bedingt leisten. Das wissen wir. Gestatten Sie mir aber folgende Anregung: Wer die A1-Brücke als „Pisa-Schock für die Infrastruktur“ bezeichnet, sollte wissen, dass Pisa durch den Nationenvergleich so große Aufmerksamkeit erzielte. Im Vergleich zu unseren Nachbarn – nicht nur den Niederlanden und der Schweiz – liegen wir in Sachen Güterschienenverkehr ganz hinten.
Jetzt brauchen wir zu den Fakten nur noch ein Punktesystem und ein offizielles Ranking.
Wir erreichen hoffentlich auch die Mitglieder des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung des Deutschen Bundestages; denn der Bundestag ist bezüglich eines von den Grünen eingebrachten Antrags mehrheitlich der Meinung, dass ein Ausbau der ZARA-Anbindung in direkter Konkurrenz zu den deutschen Häfen stehe und beides nicht zu realisieren sei. Die CDU dort hat vor allem vor Transitverkehr Angst.
Das zeigt erstens, dass alle Beteuerungen gegenüber NRW, die Hinterlandanbindung der ZARA-Häfen sei ein bundesweites Herzensanliegen, Blabla sind, und zweitens, dass die CDU im Bund entweder ignoriert, dass die Container ohne Schienenanbindung ihren Weg anderweitig durch Deutschland finden, oder das Straßennetz als ubiquitär ansieht – ein verbreiteter Irrtum, der mit der Diskussion um den Erhalt der Verkehrsinfrastruktur endgültig passé sein sollte.
Was die Konkurrenz betrifft, so fördern wir die deutschen Seehäfen nicht dadurch, dass wir uns von unseren Nachbarn abklemmen. Wo ist der liberale Marktgedanke der Bundes-FDP, wenn er denn gesellschaftlich sinnvoll ist, wie in diesem Fall? Die Logistiker müssen wir natürlich auch noch überzeugen, und zwar durch klaren Willen, entschiedenes Handeln, und transparente Pläne.
„Güter auf die Schiene“ ist nur ein Lippenbekenntnis, wenn man gleichzeitig nichts dafür tut, sondern im Gegenteil die Deutsche Bahn ermuntert, den Einzelwagenverkehr zurückzudrängen und das Netz für Börsenpläne auf Verschleiß zu fahren. Ein Unternehmer, der dieses jahrzehntelange Lippenbekenntnis kennt, verweist auf die Zuwächse auf der Straße und verlangt dortiges Investieren. Er kann nicht auf Verdacht sein System wechseln. Eine Spedition plant mit dem, was da ist. Die Politik dagegen muss weiterdenken und gesamtgesellschaftlich handeln.
Aber leider kann die Landesregierung die Projekte nicht alleine stemmen. Nicht überall müssen wir auf die Bundesregierung schauen. Zwar sind PPP-Projekte, bei denen der Staat langfristig draufzahlt und nur die Schulden versteckt, auch unserer Ansicht nach keine Alternative, aber bei der Finanzierung können natürlich neben den Niederlanden, Belgien und der EU durchaus Logistik- und Infrastrukturunternehmen, die ein hohes Eigeninteresse an den Trassen haben, Partner sein.
Ohne den Bund können wir aber weder multinationale Verhandlungen führen noch Verkehrsinfrastruktur von bundesweitem Interesse planen. Wir brauchen die Unterstützung der Bundesregierung – natürlich auch finanziell – und die des Bundestags. Ich finde es schade, dass sich Herr Berger sehr eindeutig gegen den Eisernen Rhein positioniert hat. Insofern stimmt die Sache mit der gemeinsamen Position vielleicht doch nicht so ganz, aber ich hoffe darauf. – Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)