Mittwoch, 15. Mai 2013
TOP 2. Anerkennungsgesetz Nordrhein-Westfalen
Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuschauer auf der Tribüne und im Livestream! Beim hier diskutierten Anerkennungsgesetz Nordrhein-Westfalen steht für uns als Piratenfraktion die angestrebte Willkommenskultur natürlich an erster Stelle. Der vorliegende Gesetzentwurf ist auch ein Schritt in die richtige Richtung. Das kann man meines Erachtens daran festmachen, dass die Regelungen für hier lebende Menschen ausländischer Herkunft, speziell diejenigen, die schon etliche Jahre bei uns sind, zwar noch ausbaufähig, aber letztendlich schon sehr gut sind.
Für diejenigen, die sich noch auf dem Weg zu uns befinden, wäre eine Vereinfachung allerdings sinnvoll. Beispielsweise hätte man einen rechtlichen Anspruch auf Ansprechpartner in Ausländerbehörden gesetzlich verankern können. Das wäre zukunftsweisend gewesen. So aber bleiben wir bei diesem Personenkreis auf halber Strecke stehen.
Ein weiterer Punkt ist – das konnte auch in der Anhörung deutlich herausgearbeitet werden –, dass wohl nicht mit Hunderttausenden von Menschen zu rechnen ist, die in naher Zukunft nach Deutschland kommen werden, um ihre Bildungsabschlüsse anerkennen zu lassen. Eine Panikmache ist hier – „Achtung!!“; Herr Minister Jäger wird sich diese Debatte wahrscheinlich im Stream ansehen – wie auch an anderer Stelle ausdrücklich nicht angebracht. Dementsprechend kann damit keine Fachkräftesicherung auf breiter Basis stattfinden. Auf Nachfrage teilte uns beispielsweise die IHK Nürnberg, die im Sinne einer Gleichwertigkeit für ganz Deutschland für die Anerkennungsverfahren für die IHK-Berufe zuständig ist, mit, dass es seit Einführung des BQFG vor einem Jahr nur 23 Anträge gab. Solche Zahlen sprechen für sich, glaube ich.
Des Weiteren müssen wir sehen, dass noch entsprechende Fachgesetze zu ergänzen sind. Dies ist notwendig, damit wir unser derzeitiges hohes Fachniveau halten können. Auch wenn dem „Inschenjör nix zu schwör“ ist, darf der entsprechende Titel nicht entwertet werden. Gerade in diesem Bereich der hohen Qualifikation ist Deutschland weltweit mit führend. Ein Festhalten an diesem Niveau ist extrem wichtig – nicht zuletzt, um unsere Glaubwürdigkeit in diesem für die deutsche Wirtschaft notwendigen Bereich nachhaltig zu sichern. Deshalb ist in allen Bereichen eine Regelung vorzusehen, mit der die Vergleichbarkeit von Bildungsmaßstäben festgestellt werden kann. Es geht insbesondere um eine Gleichwertigkeit von Ausbildungen und Abschlüssen, die gegeben sein muss.
Wie die Anhörung gezeigt hat, gibt es Bereiche, in denen die Sicherung der Gleichwertigkeit lebenswichtig sein kann. Als Beispiel ist die Baustatik genannt worden. Die Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen wäre wohl sehr dankbar für eine entsprechende qualitätssichernde Verordnung; denn laut Aussage dieser Kammer ist man froh über jeden, den man anerkennen kann. Im Sinne der Sicherheit für die Allgemeinheit sollte aber schon eine Gleichwertigkeit gegeben sein.
Insofern würde ich gerne das nordrhein-westfälische Ingenieurgesetz als Maßstab für die Ingenieure zugrunde legen. In diesem Bereich gibt es aber auch noch keine bundeseinheitliche Regelung, die eine Gleichwertigkeit der Abschlüsse aus Drittstaaten garantieren würde. Insgesamt ist somit festzuhalten, dass es hier einer bundesweiten Abstimmung bedarf.
Eine solche bundesweite Abstimmung brauchen wir auch bei den Ärzten. Insbesondere bezüglich der fachärztlichen Ausbildung erscheint es uns sinnvoll zu sein, eine Ausbeziehung aus dem Anerkennungsgesetz vorzunehmen. Deshalb haben alle Oppositionsparteien gemeinsam einen Antrag in den Ausschuss eingebracht, der leider abgelehnt worden ist.
Einen solchen Ausbezug haben übrigens mittlerweile viele der anderen Bundesländer vorgenommen bzw. nehmen ihn in Zukunft in ihren Gesetzgebungsverfahren vor. In diesem Zusammenhang möchte ich insbesondere auf das aus Sicht der Piratenfraktion bisher gelungenste Anerkennungsgesetz des Landes Hamburg verweisen.
Wenn man schon nicht einem inhaltlichen Argument Glauben schenken mag, kann man vielleicht ein formelles Argument zugrunde legen, um zum richtigen Ergebnis zu kommen. Leider sind die Fraktionen in diesem Punkt nicht übereingekommen.
Im Hinblick auf eine gelungene Willkommenskultur ist in der Diskussion um die Beratung und die Finanzierung von Nachqualifizierungsmaßnahmen dank der inzwischen zwei Entschließungsanträge sowie des Änderungsantrags Besserung in Sicht. Genaueres wird Ihnen meine Kollegin Simone Brand gleich noch dazu erläutern.
Ich möchte Frau Velte recht geben. Dieses Thema eignet sich in der Tat nicht für Wahlkampf oder parteipolitisches Gezänk. Es geht uns alle an, und wir müssen es gemeinsam lösen. Deshalb werden auch wir diesem Gesetzentwurf zustimmen. – Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)