Mittwoch, 24. April 2013
TOP 3. Gesetz zur Änderung von Rechtsvorschriften im Geschäftsbereich des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen
Torsten Sommer (PIRATEN): Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Tribüne und natürlich im Livestream! Verfahrens- und Organisationsänderungen haben zu einem Anpassungsbedarf des nordrhein-westfälischen Heilberufsgesetzes sowie des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst geführt. Mit dem größten Teil dieser Änderungen können wir uns identifizieren. Stellvertretend seien hier die Aufgabenzuweisung an die Ethikkommissionen und die Sicherstellung der Notfalldienstversorgung genannt.
An dieser Stelle möchte ich mich auf die Ausbildung der PTA beziehen, die im Heilberufsgesetz NRW nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Der Beruf PTA – Pharmazeutisch-Technischer Assistent – wurde im Jahr 1969 neu geschaffen. Durch die Neuordnung der Apothekerausbildung fiel das bisherige Berufsbild des Apothekerassistenten weg. Die Ausbildungsdauer beträgt insgesamt zweieinhalb Jahre. Davon finden zwei Jahre an staatlichen oder privaten PTA-Schulen statt.
Im Gegensatz zur kostenfreien Ausbildung an staatlichen Schulen erheben die privaten Schulen ein nicht unerhebliches Lehrgeld. Der von den Schülern monatlich aufzubringende Betrag liegt je nach Schule zwischen 150 und über 300 €. Das Land beteiligt sich zurzeit noch mit einem Betrag von 73 €, die Apothekerkammern mit 10,23 €.
Aufgrund der zu erwartenden sinkenden Anmeldezahlen – Herr Burkert hat es eben schon gesagt – dürfte die Schließung der einen oder anderen PTA-Schule bereits jetzt sicher sein, und das, obwohl das System in den letzten 45 Jahren im Großen und Ganzen funktioniert hat, wenn es auch nicht dem Grundsatz der freien Bildung entspricht, wie sie in modernen Staaten und Ländern gelebt wird.
14 der 16 deutschen Bundesländer dürfen sich hier als modern und fortschrittlich bezeichnen. Leider gibt es zwei unrühmliche Ausreißer: die Länder Nordrhein-Westfalen und Hessen. Hier in NRW lässt die rot-grüne Landesregierung die jungen Menschen, die sich für eine PTA-Ausbildung entschieden haben, bewusst zurück und wird diese Situation durch Streichung der vorgenannten Zuschüsse noch verschärfen. Wie kann das sein, Frau Ministerin?
Frau Ministerin Steffens will im Haushalt ihres Ministeriums sparen. Das ist ehrenwert. Sie hat sich mit den PTA einen vermeintlich einfachen Streichposten herausgesucht, der aber zu größeren Problemen bei den Schulen führen wird.
In einem Schreiben vom Januar dieses Jahres teilte man den PTA-Schulen in NRW mit, dass man die laufenden Kurse noch zu Ende finanziert, die im Jahr 2013 beginnenden Kurse jedoch keine Förderung mehr erhalten werden. Es wird darauf verwiesen, dass sich die Apothekerkammern des Landes im Zuge der anstehenden Änderung des Heilberufsgesetzes an der Ausbildung der PTA freiwillig – auch gerne mit einem höheren Betrag als bisher – beteiligen können. Schließlich käme der Nutzen unmittelbar den Apothekern zugute.
Unserer Ansicht nach kann der Landesgesetzgeber mangels Normierungskompetenz den Kammern keine Mitwirkungsaufgabe an der Ausbildung der PTA zuweisen.
(Ministerin Barbara Steffens: Machen wir auch nicht!)
Kammern können nie die Aufgabe des Staates ersetzen. Mit dieser Rechtsauffassung stehen wir nicht alleine. Trotzdem lässt sich Frau Ministerin Steffens leider nicht von dem Plan abbringen, den Haushalt ihres Ministeriums in diesem Bereich auf Kosten der angehenden PTA zu sanieren. PTA werden signifikant schlechtergestellt als Auszubildende, die das normale duale System durchlaufen, und auch als der studierende Apotheker.
Dieser Streit begleitet uns nun schon geraume Zeit. Es zeichnet sich keine tragfähige Lösung im Sinne einer zufriedenstellenden Ausbildung der zukünftigen PTA ab, die gleichzeitig sicherstellt, dass in Zukunft genügend PTA ausgebildet werden. Hier wird speziell jungen Frauen – über 90 % – eine hochwertige Ausbildung mit anschließender Arbeitsplatzgarantie verwehrt. Das ist übrigens ein Arbeitsplatz, der sich dank flexibler Arbeitszeiten gut mit Familienplanung kombinieren lässt, und ein Arbeitsmarktbereich, in dem es so gut wie keine Arbeitsuchenden gibt.
Ausgerechnet hier wurde es versäumt, sich mit allen Beteiligten an einen Tisch zu setzen und ein Alternativmodell zu erarbeiten. Man hätte sich zum Beispiel mit den Apothekern, den PTA-Schulen sowie den Kammern zusammensetzen können, um vorab über ein alternatives Ausbildungssystem zu sprechen, wie es in anderen Ausbildungsberufen zum Erfolgsmodell der deutschen Wirtschaft gehört, beispielsweise Berufskollegs.
Vielleicht könnte unter Mitwirkung aller Beteiligten doch noch eine Lösung gefunden werden. Wie ich vernommen habe, findet morgen ein entsprechendes Gespräch statt. An unserem politischen Willen soll das jedenfalls nicht scheitern. Und Sie können Ihrem Selbstverständnis, kein Kind zurücklassen zu wollen, dann doch noch gerecht werden.
Sollte es in letzter Minute nicht doch noch zu einer sinnvollen Lösung kommen, werden wir damit leben müssen, dass in Zukunft nicht mehr genügend PTA ausgebildet werden, und das alles nur, um Ihren Haushalt um sage und schreibe 0,14 % Ihres Ministeriums oder 0,023 % des Landesgesamthaushaltes zu entlasten. Das sind, mit Verlaub gesagt, homöopathische Dosen. Die helfen bei einem Landeshaushalt nicht.
(Beifall von den PIRATEN)
Dass dann auch noch die Evaluationspflicht aus dem Gesetz zu streichen ist, ist für uns völlig unverständlich. Daher lehnen wir den vorliegenden Gesetzentwurf weiterhin ab. – Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)
Vizepräsident Oliver Keymis: Danke schön, Herr Kollege Sommer. – Nun spricht für die Landesregierung Frau Ministerin Steffens.