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Donnerstag, 24. Januar 2013

TOP 10. Landesregierung muss endlich Gesetz zur Regelung des großflächigen Einzelhandels vorlegen!

Block I

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/1910

Unser Redner: Oliver Bayer

Unsere Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Überweisung

Audiomitschnitt der Rede von Oliver Bayer

Videomitschnitt der Rede von Oliver Bayer

Das Wortprotokoll zur Rede von Oliver Bayer:

Oliver Bayer (PIRATEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zuschauer! Die demografische Entwicklung stellt sich als demografischer Dreiklang dar: Die Zahl der Menschen in NRW geht zurück. Die Menschen in NRW werden immer älter. Sie werden immer bunter.

Obwohl diese Trends seit Jahrzehnten bekannt sind, sollten Aussagen über die künftige demografische Entwicklung stets mit größter Vorsicht getroffen werden. Sie taugen nur bedingt für landesplanerische Entscheidungen. Sie müssten mindestens regional sehr genau differenziert werden.

Die CDU-Fraktion sieht im Rückgang der Bevölkerungszahlen, der gesellschaftlichen Alterung und dem auslaufenden Landesentwicklungsprogramm NRW nun einen dringlichen Handlungsbedarf. Unabhängig von der Bevölkerungsentwicklung und von der Kaufkraft wachsen die Einzelhandelsflächen absolut und pro Einwohner in Deutschland – seit Jahren auch in NRW. Der Markt setzt offenbar falsche Signale, die zu einer schärferen Flächenkonkurrenz führen. Diese Dynamik wird von den liberalisierten Ladenöffnungsgesetzen beschleunigt.

Der hieraus erwachsende Zwang zur Kostensenkung oder Effizienzsteigerung begünstigt die räumlich bzw. wirtschaftlich größeren Anbieter trotz des zeitgleich zunehmenden Onlinehandels, der schon öfter als Totengräber des Einzelhandels bezeichnet wurde – auch zu Beginn der Debatte.

Trotz parteiübergreifender Einsicht, diesbezüglich zu regulieren, ist dieser Trend ungebrochen. Den überwiegenden Teil der in den vergangenen Jahrzehnten neugebauten Verkaufs-flächen bietet der großflächige Einzelhandel außerhalb der Stadt- oder Stadtteilzentren in nicht integrierten Lagen – im Volksmund: auf der grünen Wiese. Aber diese Beschreibung ist natürlich irreführend. Das müsste vielmehr heißen: auf dem grauen Parkplatz.

Shoppingmalls, Einkaufszentren, Urban-Entertainment-Centers und Factory-Outlet-Centers ziehen die Käufer aus der Umgebung an und damit Kaufkraft aus den jeweiligen Wohnorten ab. Sie sind praktisch nur mit dem Pkw erreichbar. Das bewirkt Zersiedlung und das wirtschaftliche Ausbluten der städtischen Einkaufsstraßen und Nebenzentren.

Daher unterstützen wir jede Initiative, die auf eine Reduzierung des Flächenverbrauchs zielt. Es muss eine integrierte Flächenentwicklung angestrebt werden. Das bedeutet: Innenentwicklung vor Außenentwicklung.

Es ist schon ziemlich billig von der CDU, jetzt Maßnahmen gegen fortgesetzte Zersiedlung zu fordern, denn die CDU hat den Siedlungsbau massiv befördert und hängt noch immer dem Leitbild des Einfamilienhauses in einer zersiedelten Umgebung an. Das Leben in den Vororten im freistehenden Einfamilienhaus braucht die meiste Fläche und die meisten Ressourcen. Eine wohnortnahe Versorgung in den Grüngürteln der Städte ist kaum möglich, jedenfalls nicht, ohne die Strecken als Pkw-Strecken zu denken.

Zu den Steuern: Der großflächige Einzelhandel hat einen deutlich höheren Anteil an Filialketten als gewachsene Geschäftsstraßen. Aber inhabergeführter Einzelhandel bringt bezogen auf die generierten Umsätze und Gewinne mehr Steuern in den kommunalen Haushalt als die Filialen globalisierter Unternehmen. Gerade diese Vielfalt der kleinflächigen inhaber-geführten Läden macht unsere städtischen Nebenzentren attraktiv und trägt zu einer Versorgung auch in der Fläche bei.

Wir müssen den vermeintlichen Lagenachteil der integrierten Standorte, die schwierige Erreichbarkeit mit dem Pkw, als Standortvorteil der Wohnortnähe neu interpretieren und unter-stützen, weil eine ökologisch nachteilige Standortwahl nicht begünstigt werden darf.

Dem Vorteil der kostengünstig erstellten flächenintensiven Parkplatzangebote der Shopping Center muss der Ausbau und eine Verbesserung des ÖPNV in den Städten entgegengesetzt werden. Vielleicht müssen wir auch über eine Parkplatzabgabe dieser nicht integrierten Standorte nachdenken. Damit erreicht man nicht nur ökologische Ziele.

Die beste Stadtplanung für die Menschen im Alter ist eine gute Verkehrspolitik. Es kommt darauf an, die Planungsebenen zu verschränken, wohnortnahe Versorgung, altersgerechte Quartiere, ressourcenschonende Siedlungsentwicklung gehören zusammen. Für Kommunen, die die Planungshoheit haben, ist die Verteidigung dieser übergeordneten Interessen jedoch schwer, wenn sie gleichzeitig auf private Investoren angewiesen sind und diese für die Ausweisung der Flächen Arbeitsplätze und Steuern versprechen.

Wer die nutzungsgemischte Stadt will, muss die Vertriebsformen, die dem entgegenstehen, entsprechend behandeln und Anreizsysteme anpassen. Wir brauchen eine Raumordnungs-planung, die den Handel an städtischen Standorten fördert und vor allem die Erreichbarkeit dieser Standorte mit dem ÖPNV sicherstellt.

Die unmittelbar anstehende und von der Landesregierung für das erste Halbjahr versprochene Neuregelung des Landesentwicklungsprogramms und des Landesentwicklungsplans gibt uns allen die Gelegenheit, ernstzumachen mit der Forderung nach einer ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltigen Stadt. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Herr Kollege Bayer.

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