Veröffentlicht am von in Monika Pieper, Persönliche Blogposts, Schule und Weiterbildung (A15).

Schulministerin Sylvia Löhrmann betonte in ihrer Pressekonferenz zum Schulanfang, dass in NRW in den vergangenen Jahren die wesentlichen schulstrukturellen Weichenstellungen vorgenommen worden seien: „Unsere Schulen haben Zeit, sich auf ihre inneren Schulentwicklungsprozesse zu konzentrieren. Dabei werden wir sie intensiv begleiten und unterstützen.“ Gut, nehmen wir die inneren Schulentwicklungsprozesse mal in den Blick:

  • Die Ministerin will offensichtlich nicht sehen, dass die vorgenommenen Weichenstellungen entweder nicht erfolgreich oder nicht mal im Ansatz ausreichend waren.
  • Die Ministerin will offensichtlich nicht hören, was die Kolleginnen und Kollegen an Kritik vorbringen, wenn es um die Umsetzung von Inklusion, die Beschulung von Flüchtlingskindern und die immer noch viel zu großen Klassen, verbunden mit immer größer werdenden Raumnot, betrifft.
  • Die Ministerin will offensichtlich nicht sagen, dass es an vielen Stellen massive Probleme in der Schulpolitik gibt, die man nicht angehen will oder angehen kann. Wichtige Themen, wie die Frage nach der Digitalisierung der Schule und des Lernens klammert sie lieber aus.

Inklusion:

Laut Ministerium wird im Schuljahr 2015/16 der Inklusionsanteil insgesamt auf 39,1 Prozent steigen. Das bedeutet nur, dass 39,1 % der Schüler mit besonderem Förderbedarf eine allgemeine Schule besuchen, es sagt aber nichts über die Qualität der inklusiven Angebote.

Es mangelt weiterhin an Sonderpädagogen und Sonderpädagoginnen an den allgemeinen Schulen. Zu oft stehen die Kolleginnen und Kollegen an den Grundschulen und den weiterführenden Schulen ohne die Unterstützung durch Sonderpädagoginnen da und der Unmut darüber, nicht allen Schülern und Schülerinnen gleichermaßen gerecht werden zu können, wächst.

Mehr und mehr Zuschriften von inklusiv arbeitenden Schulen erreichen unsere Fraktion. Die Grundaussage ist immer die gleiche: „Mit den vorgehaltenen Ressourcen können wir diese Aufgabe nicht leisten. Kein Schüler, egal ob mit oder ohne sonderpädagogischem Förderbedarf, bekommt mehr die nötige individuelle Förderung.“

Mit den Ressourcen sind nicht nur die zusätzlichen Lehrerstellen gemeint. Die Klassen sind immer noch viel zu groß und es mangelt auch an nichtlehrendem Personal, wie z. B. Sozialpädagogen und Psychologen.

Das will die Landesregierung nicht hören. Von ihr wurden blühende Landschaften versprochen. Multiprofessionelle Teams sollten in den Schulen zum Einsatz kommen. Davon ist bisher so gut wie nichts zu sehen. Was bleibt, ist eine karge Landschaft mit einzelnen kleinen Pflänzchen. Hier darf die Landesregierung sich nicht aus der Verantwortung stehlen und wir werden sehr genau hinschauen, ob alle möglichen Anstrengungen unternommen werden, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass man mit Recht von inklusivem Unterricht sprechen kann.

 

Beschulung von Flüchtlingskindern:

Ministerin Löhrmann stellt zu recht fest: „Die steigenden Flüchtlingszahlen sind für alle Beteiligten eine große Herausforderung. Wir werden die Entwicklung weiter eng begleiten und prüfen, welche zusätzlichen Maßnahmen erforderlich sind.“

Wir haben bereits bei Einbringung des Nachtragshaushalts unsere Zweifel geäußert, dass die zusätzliche Einstellung von 300 zusätzlichen Lehrerstellen ausreichen wird, um einen angemessene Beschulung aller Flüchtlingskinder in unsere Schulen zu gewährleisten. Da reicht es nicht aus, eine große Herausforderung festzustellen.

Diese Herausforderung muss auch angenommen werden. Da reicht es auch nicht, zu begleiten und zu prüfen, da braucht es Handlungskonzepte, die sind aber nicht in Sicht. Und auch hier hält sich Ministerin Löhrmann zumindest ein Auge zu. Die Versorgung mit Lehrerstellen ist nur ein Feld, bei dem Handlungsbedarf besteht. Viele der eingereisten Kinder und Jugendlichen sind schwer traumatisiert.

Auch hier benötigen wir multiprofessionelle Teams aus Sozialarbeitern, Sozialpädagogen und Schulpsychologen, wenn es uns Ernst ist mit dem Anliegen, diese jungen Menschen zu unterstützen und ihnen Teilhabe und Bildung in unserem Land zu ermöglichen.

 

Klassengröße und Raumprobleme:

Die demografische Entwicklung hat in vielen Kommunen und Kreisen dazu geführt, dass Schulen geschlossen oder zusammengelegt wurden. Die ehemaligen Schulen und Schulgelände wurden verkauft oder anderen Zwecken zugeführt. Beim Ausbau der schulischen Inklusion und unerwartet gestiegenen Schülerzahlen in vielen Kommunen, wird das jetzt zu einem gravierenden Problem. Es fehlt an Räumen. Für inklusives Arbeiten sind viele Schulgebäude nicht eingerichtet.

Es gibt weder Differenzierungsräume noch Besprechungszimmer; geschweige denn Therapieräume oder Entspannungsräume. Für die Beschulung von Flüchtlingskindern fehlt es an Räumen für Vorbereitungs- und Auffangklassen.

Obwohl die Klassen eigentlich kleiner werden sollten, sind deshalb vielerorts die Klassen bis zur Höchstgrenze voll. Dies betrifft nicht nur, aber besonders auch die inklusiv arbeitenden Klassen. Da es keine gesetzliche Vorgabe für die Raumgröße und Ausstattung von Klassenräumen gibt, werden Schüler unter unzumutbaren Bedingungen unterrichtet. Hier muss dringend Abhilfe geschaffen werden. Die Landesregierung ist gefordert, hier Rahmenbedingungen und Standards zu setzen und mit den Kommunen ein gemeinsames Finanzierungskonzept aufzustellen.

 

G8 an unseren Gymnasien:

Bei den Nachbesserungen und der Verschlankungen des achtjährigen Bildungsgangs an den Gymnasien, wurde offenkundig wieder nicht ausreichend Zeit für die Umsetzung an den Schulen eingeplant. Viele Gymnasien haben bereits erklärt, mit der Einführung des 10-Punkte–Plans zum Schuljahr 15/16 in Verzug zu sein. Die Mehrheit der Eltern spricht sich gegen die Verkürzung durch das G8 aus. Es ist absehbar, dass die beschlossenen Nachbesserungen die Akzeptanz des G8 nicht wesentlich vergrößern wird.

Deshalb werden wir die Entwicklung nicht aus den Augen verlieren, das Anliegen der Eltern ernst nehmen und die Elterninitiativen für eine längere Schulzeit am Gymnasium unterstützen

Häufig ist es ja bezeichnend und wichtig hinzuschauen, zu welchen Themen nichts gesagt wird. Das macht den geringen Stellenwert dieser Themen für das Schulministerium deutlich

 

Schule in NRW im digitalen Wandel:

Eine zeitgemäße Medienbildung für die digitalisierte Gesellschaft ist für Ministerin Löhrmann offensichtlich kein wichtiges Thema. Obwohl die Ministerpräsidentin die digitale Entwicklung zur Chefsache erklärt hat, gibt es im Bildungsbereich auf diesem Feld keine Erfolge zu verbuchen.

Verbindliche Angebote zur Medienbildung an unseren Schulen fehlen weiterhin. Die digitale Infrastruktur kann hier nur als unterirdisch bezeichnen. Für ein Bundesland, das für sich in Anspruch nimmt, der Motor der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland sein zu wollen, ist das beschämend. Digitale Entwicklung und damit verbundenes digitales Lernen in den Schulen ist kein Selbstzweck, sondern ein Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung in NRW. Daneben ist das digitale Lernen ein wichtiger Baustein von Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit.

Nur derjenige, der die digitalen Arbeitsmittel zu nutzen weiß, wird in Zukunft ohne Einschränkung die eigene gesellschaftliche Teilhabe gestalten können. Hier verschläft die Landesregierung eine entscheidende Entwicklung. Um den Herausforderungen gerecht zu werden, reicht die geplante Verankerung von Angebote zur Medienkompetenzvermittlung im Rahmen der Verbraucherbildung nicht aus.

Es ist notwendig, darüber hinaus die Arbeit mit digitalen Werkzeugen in vielen Fächern auch praktisch im Unterricht einzuüben. Hierfür brauchen die Schulen mehr Unterstützung für die Weiterentwicklung ihrer Medienkonzepte. Außerdem muss endlich eine Strategie verabredet werden, wie das Land und die Schulträger in gemeinsamer Verantwortung alle Schulen mit ausreichender digitaler Infrastruktur und mit Lernmitteln unter freier Lizenz (OER) ausstatten.

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