Veröffentlicht am von in Dirk Schatz, Innenausschuss (A09), Reden.

Mittwoch, 24. Juni 2015

 

Top 12. Eine unabhängige Polizeibeschwerdestelle für Nordrhein-Westfalen schaffen

Antrag der Fraktion der  PIRATEN
Drucksache 16/8974
Mdl Dirk Schatz /Foto A.KnipschildUnser Redner: Dirk Schatz
Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Ausschussüberweisung
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Protokoll der Rede von Dirk Schatz

Dirk Schatz (PIRATEN): Vielen Dank, Herr Präsident! Offensichtlich bin ich neben dem Minister der einzige Redner, der momentan da ist. Ich weiß nicht, ob wir warten sollen oder ob ich schon mal anfangen soll. Vizepräsident Oliver Keymis: Ich habe Ihnen das Wort erteilt, Herr Kollege. Sie können also sprechen. Bitte schön!

Dirk Schatz (PIRATEN): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren, die bis jetzt anwesend sind, und auch diejenigen, die noch fehlen! Eine Frau, die durch Beamte der KPB Lippe misshandelt worden sein soll; ein tödlicher Faustschlag in Gelsenkirchen, bei dem ein Beamter der Kripo der Vater des beschuldigten Polizeibeamten ist; der Fall Herford; eine Kommissaranwärterin mit Migrationshintergrund, die auf rassistische Art und Weise von anderen Auszubildenden gemobbt wurde, und zuletzt das Kölner SEK ganz aktuell gleich zweimal. Das ist nur ein Auszug der Fälle, die allein im letzten Jahr im Innenausschuss und/oder der Presse thematisiert wurden. Es waren am Ende sogar noch ein paar mehr. Die Fälle, mit denen ich im Petitionsausschuss zu tun habe, sind dabei auch noch nicht eingerechnet.

Wenn man allein die Presse der letzten Zeit liest, könnte man annehmen, es hätte einen dramatischen Anstieg von Polizeigewalt oder innerdienstlichen Vorfällen gegeben. Ich behaupte jedoch: Das ist nicht der Fall. Vielmehr wird im Moment, auch durch die Presse, einfach nur mehr nachgebohrt. Dadurch werden mehr Fälle öffentlich. Wie immer dürfte die Dunkelziffer entsprechend höher liegen.

Mir stellt sich die Frage, was schlimmer ist: dass jetzt deutlich wird, wie viele es wirklich sind, oder wie viele Fälle in der Vergangenheit eben nicht öffentlich wurden, aber natürlich dennoch vorhanden gewesen sein dürften.

Komischerweise hat das MIK nach den Veröffentlichungen unverzüglich dafür gesorgt, dass die Ermittlungen an andere Behörden abgegeben werden wie immer natürlich erst dann, als es schon zu spät war, nämlich hinterher. Und was wäre passiert, wenn das nicht, wie in dem einen oder anderen Fall, quasi nur durch Zufall an die Öffentlichkeit gekommen wäre? Es wäre nichts passiert, und dieselben Beamten, die, vielleicht sogar absichtlich, Fehler gemacht haben, wären weiter für die Ermittlungen verantwortlich gewesen.

Die Ermittlungen wurden dann zumindest offiziell an andere Behörden abgegeben, um dem Anschein der Parteilichkeit zuvorzukommen. Nun, um dem zuvorzukommen, war es ein wenig spät, wie ich finde. Wie vor allem auch der Fall Herford zeigt, gibt es manchmal eben nicht nur den Anschein der Parteilichkeit, sondern sie ist im Einzelfall auch tatsächlich vorhanden. Ganz aktuell will der Minister sogar alle SEK-Einheiten mit einer Sonderinspektion überprüfen lassen.

Ich bin der Auffassung: Mit der im Antrag geforderten Polizeibeschwerdestelle hätte es vielleicht gar nicht erst so weit kommen müssen.

Ich finde es beschämend, dass einzelne Beamte es schaffen können, den Ruf der Institution Polizei und die hervorragende tägliche Arbeit des allergrößten Teils aller Polizeibeamtinnen und -beamten derart in den Dreck zu ziehen. Aufgrund der Redezeit will ich mich hier gar nicht über die Ursache dessen auslassen. In der Ausschussdebatte wird dafür definitiv genug Zeit sein, denke ich.

In manchen Fällen erscheinen mir allerdings die Gründe dieses Verhaltens der Beamten aus rein menschlicher Sicht durchaus nachvollziehbar. Ich betone ausdrücklich: Ich finde das nicht richtig. Es ist aus meiner Sicht auch nicht gerechtfertigt oder in irgendeiner Art und Weise akzeptabel. Aber aus rein menschlicher Sicht finde ich es manchmal nachvollziehbar. Genau deshalb ist es aber umso wichtiger, dass Ermittlungen bezüglich Beschwerden im Bereich der Polizei von einer unabhängigen Stelle geführt werden.

(Beifall von den PIRATEN)

Genauso wichtig sind dabei aus meiner Sicht aber auch Dinge, die den innerdienstlichen Bereich betreffen. Polizeibeamte und -beamtinnen müssen die Möglichkeit haben, sich bei behördeninternen Missständen oder persönlichen Problemen vor allem außerhalb des Dienstweges an eine unabhängige und fachlich geeignete Stelle wenden zu können. Deshalb halten es nicht nur wir Piraten, sondern auch einschlägige NGOs und Koryphäen aus dem Bereich der Wissenschaft für unerlässlich, eine solche Stelle einzurichten. Auch andere Bundesländer und sogar der Bund kommen langsam zu diesem Schluss.

Ich hoffe sehr, dass wir im Rahmen der Ausschussdebatte bei diesem doch sehr wichtigen Thema zu einer guten Lösung kommen können.

An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass unser Antrag ganz bewusst sehr offen formuliert ist. Selbst in Bezug auf die unter Punkt II.5 genannten Grundsätze haben wir geschrieben: „sollten … Beachtung finden“. Das ist bewusst im Konjunktiv formuliert. Das ist kein Zufall. Wir haben uns dafür entschieden, einen runden Tisch zu fordern und gerade nicht mit einem konkreten Vorschlag voranzupreschen; denn dieses Vorgehen ermöglicht es, am Ende einen Kompromiss zu finden, der bei diesem wichtigen Thema für alle Beteiligten oder zumindest für eine breite Mehrheit tragbar sein wird.

Daher möchte ich für diesen Antrag werben. Ich bitte natürlich um Überweisung in den Ausschuss. Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

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