Veröffentlicht am von in Monika Pieper, Reden, Schule und Weiterbildung (A15).

Donnerstag, 25. Juni 2015

 

Top 2. Übergang beeinträchtigter junger Menschen ins Erwerbsleben nicht gefährden – sonderpädagogische Förderung an Berufskollegs bedarfsgerecht gestalten

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion der CDU und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 16/8984
direkte Abstimmung
Monika Pieper MdL | Foto Tobias M. EckrichUnsere Rednerin: Monika Pieper
Abstimmungsempfehlung: Ablehnung
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Protokoll der Rede von Monika Pieper

Monika Pieper (PIRATEN): Herr Präsident! Auch von meiner Seite möchte ich noch sagen: Das Verfahren war so nicht in Ordnung. Wir haben ebenfalls mehrfach nachgefragt. Ich vermute, Sie werden gute Gründe gehabt haben, uns nicht hinzuzuziehen; denn ich hätte diesem Antrag im Leben nicht zugestimmt.

(Beifall von den PIRATEN)

Als ich den neuen Antrag in die Hand genommen habe, hatte ich tatsächlich gehofft, unsere „Schulfrieden-AG“ aus Rot-Grün und CDU hätte sich ernsthaft um eine Lösung bemüht. Diese Hoffnung währte allerdings nur kurz.

Dieser Antrag ist, wie ich finde, ein Schlag ins Gesicht der jungen Menschen, die hier mit über 70 Petitionen im Landtag vertreten sind. Keinem dieser Schüler ist mit diesem Antrag konkret geholfen. Die Situation für diese Schüler ändert sich aktuell nicht.

(Beifall von den PIRATEN)

Es gab eine Anhörung zu einem Antrag der CDU-Fraktion mit dem gleichlautenden Titel; es ging um illegale Schüler an Förderberufskollegs. Zu diesen illegalen Schülern kommt es, wenn eine für die Teilnahme an einem Bildungsgang am Förderberufskolleg erforderliche Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs AO-SF durch die Bezirksregierung nicht erfolgt. Die Schwierigkeit dabei ist, dass die Schüler meistens zu alt sind und der Schulpflicht nicht mehr unterliegen.

Zwar werden die bestehenden Probleme im Antrag noch erwähnt, aber zur Verbesserung der Lage der Betroffenen wird nichts Konkretes geboten. Merkwürdig unbestimmt steht im Antrag, dass die schulische Förderung sichergestellt werden muss, wenn die Arbeitsagentur Reha-Maßnahmen an einem Berufsbildungswerk fördert.

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Frau Kollegin, würden Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Beer zulassen?

Monika Pieper (PIRATEN): Ja, selbstverständlich.

Sigrid Beer (GRÜNE): Danke schön, Frau Kollegin. Sie als Piraten sind ja auch im Petitionsausschuss vertreten. Daher müsste Ihnen doch bekannt sein, dass bei den Petitionen entsprechende Übergangs- und Altfallregelungen getroffen worden sind und für die Schülerinnen und Schülern sehr wohl Abhilfe geschaffen wurde. Das Behalten der Schulpflicht hat sich auf das folgende Schuljahr bezogen. Das heißt: Die Darstellung, die Sie hier präsentiert haben, ist einfach falsch, obwohl Sie es eigentlich besser wissen müssten. Stimmen Sie dem zu?

Monika Pieper (PIRATEN): Nein, dem stimme ich nicht zu. Meines Wissens sieht es so aus, dass die Schüler zwar bleiben können, aber die entsprechenden Lehrerstellen für diese Schüler gehen nicht an diese Schulen.

(Zuruf von den PIRATEN: Genauso sieht es aus!)

So sieht es aus!

Ich würde jetzt gern fortfahren. Lassen Sie mich einmal deutlicher werden. Es geht vornehmlich um die Altersgrenze für die Schulpflicht, die die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs verhindert. Es geht darum, auszuschließen, dass eine Reha-Maßnahme an einem Berufsbildungswerk infrage gestellt wird wegen realitätsferner Regelungen zum schulischen Teil der dualen Ausbildung. Die Agentur für Arbeit bezahlt die Ausbildung in den Berufsbildungswerken. Hier geht es letztlich nur um die Beschulung dieser jungen Menschen. Wir sprechen dabei von einer sehr kleinen Anzahl von Lehrerstellen.

Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, ich hatte es heute Morgen schon gesagt: Ich verstehe einfach nicht, warum Sie sich mit diesem Antrag auf eine solch vage Sache einlassen. Sie hatten doch so einen guten Antrag. Dieser neue Antrag sagt konkret gar nicht aus, wie es weitergehen soll, wie sichergestellt wird, dass diese Schüler an dem Berufskolleg bleiben können. Was zum Beispiel passiert mit den Schülern, die nächstes Jahr neu dazukommen? Auch dazu erfahren wir nichts.

Ich frage mich: Was soll das bedeuten? Aus den Erfahrungen der Förderberufskollegs erwachsen wichtige Impulse für den Inklusionsprozess in der beruflichen Bildung. Da stimme ich Ihnen zu, liebe Kollegin Gebauer. Steckt dahinter vielleicht nicht doch die schleichende Auflösung der Förderberufskollegs zugunsten von Bündelschulen und allgemeinen Berufskollegs? Das fände ich ausgesprochen bitter für viele betroffene junge Menschen hier in NRW.

Inklusion bedeutet, alle notwendigen Anstrengungen zu unternehmen, jungen Menschen ein selbstbestimmtes Leben und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Der gemeinsame Unterricht ist kein Selbstzweck. Es gibt junge Menschen, die eine Unterstützung brauchen, wie sie nur ein Berufsbildungswerk mit angeschlossenem Förderberufskolleg leisten kann.

Ich habe so ein bisschen den Verdacht, dass es hier nicht darum geht, den jungen Menschen wirklich Hilfe zu geben, ihnen einen Weg zu ermöglichen, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Ein bisschen habe ich den Verdacht, dass es hier auch um eine ideologische Debatte geht nach dem Motto „Das gemeinsame Lernen ist immer besser als anderes“. Und dem kann ich mich nicht anschließen. Danke.

(Beifall von den PIRATEN)

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