Donnerstag, 19. März 2015
Top 2. Koalitionsstreit beenden, Kritik von Kommunen, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden ernstnehmen – Ministerpräsidentin Kraft muss zügig einen grundlegend überarbeiteten LEP-Entwurf vorlegen!
Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP
Drucksache 16/8127
Block II
Unser 1. Redner: Oliver Bayer
Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Ausschussüberweisung
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Protokoll der Rede von Oliver Bayer
Oliver Bayer (PIRATEN): Vielen Dank, Herr Präsident. Frohe Ostern, liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Bewohnerinnen und Bewohner Nordrhein-Westfalens!
(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Liebe Schiffbrüchige!)
Der Landesentwicklungsplan ist für Sie. Stellen Sie sich mal eine Landkarte vor, in der ausschließlich Industrie- und Gewerbeflächen aufgemalt sind, und Sie müssten sich daran im Land orientieren, ohne Straßen, Berge, Flüsse, Täler, Kirchen, Kulturdenkmäler oder Baggerseen. Damit wäre eine Orientierung schwer, eine Planung noch viel mehr.
(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Was ist das für eine Märchenstunde hier?)
Aber genau das scheinen CDU und FDP vom Landesentwicklungsplan zu wollen, obwohl mit jedem Einwurf klarer wird: Schwarz und Gelb wollen eigentlich gar keinen Landesentwicklungsplan. Deshalb hat sich der jetzige Entwurf wohl auch bis 2013 verzögert. Das vorgebrachte Märchen ist, dass ein Landesentwicklungsplan, der irgendwelche planerischen Aspekte oder Vorgaben des Staates enthält, der Wirtschaft im Land schade. Aber das Gegenteil ist der Fall!
(Zuruf von Holger Ellerbrock [FDP])
Die Ziele des Landes ordentlich festgeschrieben führen zu verlässlichen Herausforderungen und damit zu Kreativität und Innovationen in der Wirtschaft. Ohne Ziele und Herausforderungen verlässlich dargelegt zu haben, wird eine gute Wirtschaft in NRW schwach und anfällig wie ein Organismus in steriler Umgebung. Herr Wüst hat Zahlen genannt, wohin das führt, sie nur falsch interpretiert.
Einen Landesentwicklungsplan, der aus vermeintlicher Wirtschaftsfreundlichkeit überall da, wo es ernst wird, nichts sagt, im Ungefähren bleibt, keine Vorgaben macht und beliebig bleibt, können wir uns gleich schenken. Gerade im Landesentwicklungsplan müssen die Ziele des Landes zum Klimaschutz, zur Energie- und Flächenpolitik, zur Entwicklung im Raum, zur Verkehrs- und Umweltpolitik sichtbar werden. Wo auch sonst? Es ist daher überaus wichtig, den Klimaschutzplan im LEP zu verankern, weil solche Pläne andererseits überhaupt keinen Sinn machen.
Wir Piraten schimpfen auf die Landesregierung, dass sie an der Stelle nicht mehr tut. Der Landesentwicklungsplan ist kein reines Instrument der Standortpolitik, sondern ein Instrument, um die sozialen, gesellschaftlichen, klimapolitischen und alle weiteren Ziele des Landes mit Raumbezug darzustellen. Dazu gehören auch wirtschafts- und verkehrspolitische Ziele.
Die Antragsteller wollen das Ziel „flächensparende Siedlungsentwicklung“ streichen, ein längst und über Parteigrenzen hinweg anerkannter Grundsatz, flächenschonend zu wirtschaften, den fortdauernden Verbrauch von Boden zunächst zu bremsen und perspektivisch zu beenden. Was ist falsch daran in einem Land, in dem in wenigen Jahrzehnten möglicherweise über 2 Millionen Menschen weniger leben werden als heute? Wo gibt es denn Konzepte der Wirtschaft, freiwillig flächensparend zu agieren? Ohne Regeln werden frische Flächen besetzt, müssen andere Flächen auf Kosten der Steuerzahler aufwendig saniert werden.
Interessant ist die mit dem Antrag transportierte Auffassung, man könne den LEP wörtlich und ernst nehmen. Dabei zeigt doch das praktische Handeln der Landesregierung bisher, dass man es so ernst dann leider doch wieder nicht meint. Zielabweichungen sind inzwischen schon fast eine Fingerübung geworden. Da werden die schlimmsten Umweltverbrechen und Planungsfehler im Nachhinein gegen den Widerstand der Bevölkerung, gegen die eigene Position durchgedrückt, als ob das nichts wäre.
Was mich ärgert, ist: Mit dem LEP-Entwurf liegt uns ein Papier vor, das an keiner Stelle wirklich radikal ist, das nichts weiter als ein schlechter bis mittelmäßiger Kompromiss zwischen den als erforderlich erachteten Zielen und der lautstarken Macht üblicher Interessengruppen ist.
Es gibt allerdings einen Punkt, an dem wir den Antragstellern teilweise beipflichten: Frau Kraft oder in Vertretung Frau Ministerin Schwall-Düren, beenden Sie den fruchtlosen Streit in Ihrer Koalition. Aber beenden Sie ihn nicht so, wie die Antragsteller das wollen, indem Sie den Landesentwicklungsplan faktisch suspendieren, sondern indem Sie ihn als einen Plan ernst nehmen, der diesen Namen verdient. Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)