Veröffentlicht am von in Das Neueste, Haushalts- und Finanzausschuss (A07), Pressemitteilungen.

Auswirkungen der Luxemburger Steuertricks auf NRW-Haushalt befürchtet / Wir beantragen Sondersitzung des Haushalts- und Finanzausschusses

Die Luxemburg-Leaks über die geheimen Absprachen, die das Großherzogtum Luxemburg mit deutschen Unternehmen getroffen hat, könnten auch Auswirkungen auf NRW und die staatlich kontrollierten Betriebe haben. Dietmar Schulz, Haushalts- und Finanzpolitischer Sprecher der Piratenfraktion im Landtag NRW:

„Den veröffentlichten Unterlagen ist zu entnehmen, dass auch mindestens zwei Körperschaften öffentlichen Rechts geheime Absprachen getroffen und zwielichtige Steuertricks angewandt haben sollen: Das Versorgungswerk der Zahnärzte Westfalen-Lippe und die Ärzteversorgung Westfalen Lippe/Ärztekammer Westfalen-Lippe stehen unter der Aufsicht des Finanzministeriums NRW. Sollten diese Betriebe tatsächlich an der Steuerkasse vorbei ihre Gelder angelegt haben, wäre dies ein Skandal sondergleichen.

Hier ist Aufklärung dringend notwendig. Deswegen haben wir eine Sondersitzung des Haushalts- und Finanzausschusses im Landtag NRW beantragt. Wir setzen darauf, dass auch die übrigen Fraktionen die Dringlichkeit einsehen und somit das notwendige Quorum erreicht wird.

Wir fordern von der Landesregierung umfangreiche Stellungnahmen: Wer wusste was zu welchem Zeitpunkt? Da die Versorgungswerke unter der Aufsicht des Finanzministeriums stehen, stellt sich auch die Frage, was Finanzminister Norbert Walter-Borjans wusste. Duldet er Steuertricks innerhalb der eigenen Unternehmenslandschaft? Sind weitere landeseigene und/oder kommunale Betriebe involviert

Zwielichtige Steuersparmodelle sind in der Privatwirtschaft offenbar gang und gebe. Dies zu verhindern, ist eine Hauptaufgabe des Finanzministeriums. Wenn jetzt aber herauskommt, dass selbst Körperschaften öffentlichen Rechts einfach so das Steuerrecht interpretieren, wie es ihnen gerade passt und damit den Steuerzahler und Bürger im Land NRW hintergehen, wäre dies beispiellos in der Geschichte des Landes NRW.

Kein Wunder, dass wir in NRW auf keinen grünen Zweig kommen, wenn selbst der Finanzminister nicht interveniert, während sich Betriebe unter seiner Aufsicht zwielichtiger Steuertricks bedienen. Dabei propagiert er doch regelmäßig als Robin Hood der Staatsfinanzen, dass er Steuerschlupflöcher schließen wolle. Bereits hier hat er aber möglicherweise im eigenen Haus versagt.“


Antrag auf Sondersitzung im Wortlaut:

Von: „Schulz, Dietmar (PIRATEN)“

An: „Möbius, Christian (CDU)“

Betreff: Beantragung einer Sondersitzung des HFA bzw. hilfsweise eines Tagesordnungspunkts zur nächsten Sitzung des HFA

 

Sehr geehrter Herr Vorsitzender Christian Möbius,

wie aus der aktuellen Berichterstattung in den Medien hervorgeht, hat Luxemburg hunderten Konzernen in geheimen Absprachen hohe Steuerabschläge zugesichert. Das berichten NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung in Zusammenarbeit mit dem International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) unter Berufung auf die sog. Luxemburg-Leaks.

Die genannten Anstalten (Medien) werteten dazu tausende Dokumente aus.

In einer öffentlich einsehbaren Datenbank des NDR sind auch das Versorgungswerk der Zahnärzte Westfalen Lippe und die Ärzteversorgung Westfalen Lippe/Ärztekammer Westfalen-Lippe als Organisationen aufgeführt, die einen speziellen Steuerdeal mit Luxemburg geschlossen haben. Beide stehen als Körperschaften öffentlichen Rechts unter der Aufsicht des Finanzministeriums NRW.

Auf den Veröffentlichungs-Link zu den sog. Luxemburg-Leaks mit konkretem Bezug auf die beiden genannten Körperschaften wird verwiesen:

http://cloudfront-files-1.publicintegrity.org/apps/2014/12/luxleaks/companies/%C3%A4rztekammer-westfalen-lippe.html

Vor diesem Hintergrund stellt die Piratenfraktion die Frage, inwieweit die berufsständischen Versorgungswerke als Körperschaften des öffentlichen Rechts unter der Aufsicht des Finanzministeriums NRW Steuervermeidungsstrategien in Luxemburg nutzen und was dem Finanzministerium im Rahmen seiner Finanzaufsicht bekannt war oder ist.

Involviert sind u. a. möglicherweise Interessen des Versorgungswerks der Mitglieder des Landtags NRW, das seine wesentlichen Kapitalanlagen bekanntlich in enger Kooperation via Geschäftsbesorgungsvertrag durch die Ärzteversorgung Westfalen-Lippe tätigt.

Das Finanzministerium wird gebeten, eine umfassende, schriftliche Beantwortung zum vorgegebenen Sachverhalt seiner Finanzaufsicht zeitnah und vorab zu erstatten sowie im beantragten Termin bzw. der entsprechenden Stelle in der Tagesordnung hierzu in öffentlicher Sitzung vorzutragen; insbesondere auch! zu folgenden konkreten Fragen:

  1. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über den genannten Sachverhalt?
  2. Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass deutsche und insbesondere in NRW angesiedelte Körperschaften des öffentlichen Rechts Steuervermeidungsstrategien – falls – in Luxemburg oder auch im übrigen europäischen oder außereuropäischen Ausland nutzen?
  3. Hat die Landesregierung diese Geschäftspraxis genehmigt?
  4. Welche Schritte plant die Landesregierung, um den unter ihrer Rechtsaufsicht stehenden Kammern/berufsständischen Versorgungswerke Steuervermeidungsstrategien im Ausland zu untersagen?
  5. Welche finanzaufsichtlichen und ggf. sonstigen Maßnahmen beabsichtigt das Finanzministerium unter Berücksichtigung sämtlicher rechtlichen Aspekte?
  6. Wusste die Staatskanzlei von diesen Sachverhalten?
  7. Sind das Finanzministerium, der Finanzminister oder Mitarbeiter des Finanzministeriums weitere Anstalten öffentlichen Rechts bekannt, auf die ähnliche Sachverhalte zutreffen und wenn ja, welche?
  8. Sind dem Finanzministerium Kommunen NRW´s bekannt, die mit einer ähnlichen, sodann seitens des Finanzministeriums oder anderer, die Landesregierung repräsentierenden Ministerien ggf. genehmigten oder geduldeten Praxis Steuersparmodelle betreiben oder an ihnen beteiligt sind?

 

Die Dringlichkeit und Bedeutung des Sachverhalts im öffentlichen Interesse des Landes NRW bedingt eine wie beantragte Sondersitzung des Haushalts- und Finanzausschusses des Landtags NRW bereits vor der nächsten Sitzung des HFA. Das erforderliche Quorum ist noch nicht zustande gekommen und wird ermittelt.

Die Beantragung des TOP zur HFA-Sitzung und die Bitte um umgehende schriftliche Stellungnahme und Beantwortung durch das Finanzministerium erfolgen unbedingt.

Mit freundlichen Grüßen

 

Dietmar Schulz MdL

Haushalts- und Finanzpolitischer Sprecher

Stellv. Fraktionsvorsitzender

Piratenfraktion im Landtag NRW

 


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