Veröffentlicht am von in Bauen, Wohnen und Verkehr (A02), Oliver Bayer, Reden.

Freitag, 28. März 2014

Top 4. Entwicklungschancen eröffnen, nicht beschränken – Rot-Grüne LEP-Novelle darf Kommunen und Wirtschaft nicht erdrosseln

Antrag der Fraktion der  FDP

Drucksache 16/5220

Gegenstand des Antrags: Zurückweisung der LEP-Novelle in wesentlichen Teilen.

in Verbindung  damit

Landesregierung muss beim Landesentwicklungsplan Transparenz herstellen

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 16/5231

Unser Redner: Oliver Bayer

Abstimmungsempfehlung: FDP Antrag Ablehnen / CDU Antrag Enthaltung

Änderungsantrag: Zustimmung

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Protokoll der Rede von Oliver Bayer

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Ich danke Ihnen, Herr Kollege, und erteile für die Piratenfraktion Herrn Kollegen Bayer das Wort.

Oliver Bayer (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Bewohner unseres Landes! Zunächst einmal möchte ich mich bei allen im Land bedanken, die sich den Entwurf des Landesentwicklungsplans angesehen und Stellungnahmen dazu abgegeben haben. Nicht wenig Arbeit liegt nun vor der Landesregierung, diese Stellungnahmen auszuwerten und zu berücksichtigen. Das darf auch, Herr Ellerbrock, ruhig etwas dauern. Wir im Landtag werden diese Stellungnahmen aufnehmen und uns daran orientieren, wenn es um die parlamentarische Beratung zum LEP geht.

Das darf natürlich nicht so passieren wie beim vermeintlichen Zwischenstand, den uns der FDP-Antrag auftischt; denn sich einfach die passenden Stellungnahmen zur eigenen Meinung herauszusuchen, ist zwar für die eigene Argumentation nachvollziehbar, aber es ist keine Zusammenfassung. Bei einer fairen Zusammenfassung ist auch zu beachten, dass das Bedürfnis der Bestandswahrung immer große Reaktionen hervorruft und rein wirtschaftliche Interessen schon des finanziellen Backgrounds wegen überrepräsentiert sind.

Ein Landesentwicklungsplan ist aber kein Wirtschaftsprogramm, kein Instrument, welches allein der Standortpolitik dient. Der LEP muss im Gegenteil die Interessen der Stakeholder stärken, die der schwarmintelligente Markt nicht automatisch und selbststeuernd berücksichtigt – ein anderes Weltbild hin oder her.

Damit alle im Land einen Überblick über die Stellungnahmen erhalten und sie entsprechend untersuchen können, müssen diese erst einmal frei veröffentlicht werden. Das tut die Landesregierung – vielen Dank –, aber sie hat noch längst nicht alle Stellungnahmen bearbeitet. Der CDU-Antrag drängt deshalb auf eine unverzügliche Veröffentlichung. Das können wir nur unterstützen.

Uneingeschränkt zustimmen kann man dem Antrag in der jetzigen Form allerdings nicht; denn eine Veröffentlichung aller Stellungnahmen bis zum nächsten Werktag wäre ein bisschen unfair. Und dann gewinnt man auch noch den Eindruck, die Forderung nach Transparenz sei nur vorgeschoben, weil man in der Begründung ohne große Argumente etwas polemische Kritik üben möchte. Deshalb haben wir mit unserem Änderungsantrag das Ganze mal ein bisschen umformuliert. Wir haben den Antrag auf die Forderung nach Transparenz konzentriert und eine entsprechende Frist gesetzt.

Nun liegt uns auch noch ein Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen vor, der nett daherplaudert, wo ein neuer Landesentwicklungsplan gebraucht wird. Das ist allerdings mit einer Regierungsverehrungsorgie größeren Ausmaßes kombiniert; da können wir uns dann doch nicht vorbehaltlos anschließen. Es war wohl auch nicht so gedacht, dass die Opposition da zustimmt.

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Herr Abgeordneter, entschuldigen Sie die Unterbrechung. Frau Kollegin Voigt-Küppers, die aussieht wie Herr Eiskirch, würde Ihnen gerne eine Frage stellen. Würden Sie die zulassen?

Oliver Bayer (PIRATEN): Ja natürlich, Frau Voigt-Küppers.

(Heiterkeit)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Herr Kollege Eiskirch, Sie müssten sich dann bitte eindrücken.

Thomas Eiskirch (SPD): Sehr geehrter Herr Präsident! Man hätte noch eine Retourkutsche machen können, aber jetzt ist der Moment vorbei. Ich komme daher direkt zur Frage.

Sehr geehrter Herr Kollege, Sie hatten gerade – zumindest als ich mich vom Platze von Frau Voigt-Küppers eingedrückt hatte – davon gesprochen, dass Sie besonderen Wert darauf legen, dass die Veröffentlichungen transparent sind.

Wir haben in unserem Antrag ja darauf hingewiesen, dass nicht nur Transparenz in der Veröffentlichung, sondern auch ein offener Erarbeitungsprozess, meines Erachtens sogar ein ergebnisoffener Erarbeitungsprozess notwendig und richtig ist.

Schätzen Sie es auch so ein, dass diesem Teil die gleiche Bedeutung zukommt? Oder halten Sie nur die reine Veröffentlichung dessen, was andere sagen, für wichtig?

Oliver Bayer (PIRATEN): Beide Teile haben sehr große Bedeutung. Die Veröffentlichung stellt erst einmal die Transparenz sicher. Dabei geht es natürlich auch um die Veröffentlichung der Prozesse und die transparente Darstellung, wie ein Landesentwicklungsplan bearbeitet wird. Ob man auf diesem Weg am Ende nicht nur Transparenz sicherstellt, sondern auch die Bürgerbeteiligung der Kreise und Städte sowie der Interessengruppen, wird sich dann zeigen, wenn wir wissen, wie Sie mit den Stellungnahmen umgehen und was nachher in einen fertigen Antrag eingeflossen ist.

Ihr Antrag war insoweit in Ordnung. Die Beweihräucherung der Regierung und das Herausstellen ihrer Leistungen

(Thomas Eiskirch [SPD]: Fällt mir nicht schwer!)

kann man sich aber auch schenken. Einen solchen Antrag muss man nicht unbedingt stellen, wenn man überhaupt nicht vorhat, etwas am Regierungshandeln zu ändern.

Beim FDP-Antrag wird vor allem eines deutlich: Die vorherigen Forderungen nach einem neuen LEP waren gespielt, könnte man fast sagen; denn die FDP will diesen Landesentwicklungsplan ja gar nicht. Sie will ihn nicht, weil er seinem Namen gerecht zu werden versucht, weil er versucht, Hinweise, vielleicht sogar Regeln zu entwickeln, wie, auf welchen Grundlagen und in welcher Richtung sich das Land künftig entwickeln soll, weil der LEP also eine Planung macht. Dabei haben wir bereits heute das Problem, dass der Landesentwicklungsplan relativ unverbindlich ist.

(Karlheinz Busen [FDP]: Blödsinn! Absoluter Blödsinn!)

– In Wirklichkeit ist er unverbindlich. Wegen des Zwischenrufs „Blödsinn!“ nenne ich einmal ein paar Beispiele. Die Staatskanzlei gibt grünes Licht für eine Regionalplanänderung und ermöglicht damit den Bau eines Steinkohlekraftwerks Datteln 4, obwohl es den Zielen des noch geltenden LEP widerspricht und obwohl es ziemlich jeder behaupteten klimapolitischen Absicht der Landesregierung zuwiderläuft.

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Herr Kollege, entschuldigen Sie, dass ich Sie ein weiteres Mal unterbrechen muss. Herr Kollege Ellerbrock verspürt aber den Wunsch, Ihnen eine Frage zu stellen.

Oliver Bayer (PIRATEN): Bitte schön.

Holger Ellerbrock (FDP): Herr Kollege, könnten Sie sich vor dem Hintergrund meines Berufsfeldes und meiner Ausführungen der Einschätzung nähern, dass Ihr Anwurf, wir wollten einen Landesentwicklungsplan nicht, eigentlich völlig daneben ist?

(Beifall von der FDP)

Oliver Bayer (PIRATEN): Was den Plan als Ganzes betrifft, vielleicht schon; aber nicht, was den Plan in der Form angeht, die ein Landesentwicklungsplan nach meiner Einschätzung und auch nach der Definition eines Landesentwicklungsplans haben sollte. Es geht nämlich darum, einen Plan aufzustellen, der längerfristig gültig ist.

(Dr. Joachim Paul [PIRATEN]: Und Sie sind nicht verantwortlich, Herr Ellerbrock!)

Sie haben in Ihrem Antrag erwähnt – wörtlich habe ich es gerade nicht vorliegen –, ein Landesentwicklungsplan sei langfristig angelegt und widerspreche den kurzfristigen Änderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Er muss aber auch Rahmenbedingungen für die Wirtschaft geben. Das ist das Wichtige beim Landesentwicklungsplan.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Können Sie das vielleicht noch einmal in kurzen Worten wiederholen?)

– Ein Landesentwicklungsplan muss Planungen machen. Er kann also nicht alles freigeben. Wenn wir der Wirtschaft alles erlauben, was sie gerne haben möchte – das hat Herr Goldmann gerade auch gesagt –, dann entwickelt sie sich ja nicht. Eine Wirtschaft, die einfach nur „Weiter-so“ macht und den Istzustand fortsetzt, entwickelt sich nicht. Dann haben wir am Ende nicht Innovationen oder eine Entwicklung hin zu etwas Besserem, sondern würgen uns selber ab.

Sie sagen, dass die grüne Keule alles abwürgt, wenn sie alles verbietet. Das Gleiche passiert aber auch, wenn man alles zulässt. Man muss gute Rahmenbedingungen schaffen, um Innovationen und Entwicklung zu ermöglichen, damit es überhaupt Innovationen und Entwicklung gibt. Das passiert nämlich nicht, wenn man den Istzustand einfach in die Zukunft erweitert. Dann funktioniert das nicht.

Noch einige Worte zum ländlichen Raum. Sie sagen, der ländliche Raum sei als eigenständiger Lebens-, Wirtschafts- und Entwicklungsraum anzuerkennen. Dagegen ist zwar nicht wirklich etwas einzuwenden. Hinter dieser netten Formulierung steckt aber nicht mehr und nicht weniger als eine Reduzierung eines Lebens- und Naturraums auf seine Verwertbarkeit. Gerade weil der ländliche Raum eine eigene Qualität hat, die sich eben nicht darauf reduzieren lässt, Vorhalteraum zu sein oder als geogenes Lager ausgebeutet zu werden, ist die Forderung, Dörfer und Naturräume zu Potenzialgebieten zu machen, nicht nachvollziehbar. In diesem Fall haben wir nämlich am Ende zwar schöne Donut-Dörfer mit Gewerbegebieten darum herum. Im ländlichen Raum ist dann aber nichts mehr los.

Erst einmal so viel dazu. Über diese Anträge können wir ja im Ausschuss weiter diskutieren. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege. – Nunmehr erteile ich für die Landesregierung Frau Ministerin Dr. Schwall-Düren das Wort.

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