Mittwoch, 19.02.2014
Top 5. Keine Kappungsgrenze auf tönernen Füßen – Dialog mit Betroffenen suchen
Antrag der Fraktion der FDP
Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Ausschussüberweisung
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Protokoll der Rede von Oliver Bayer
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank. So weit die Kurzintervention und die Antwort darauf. Der nächste Redner ist Herr Kollege Bayer für die Piratenfraktion.
Oliver Bayer (PIRATEN):
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauer leider ist gerade ein Drittel gerade gegangen, auch am Stream und an den Videoplattformen! Vor allem Letztere werden sich fragen: Worum geht es hier eigentlich? Es geht um die Spezifizierung der Mietpreisbremse, komplizierter ausgedrückt: Durch die Kappungsgrenzenverordnung kann in einigen lokalen Wohnungsmärkten bei bestehenden Mietverhältnissen die maximal zulässige Mieterhöhung innerhalb von drei Jahren von 20 % auf 15 % abgesenkt werden.
Das Land Nordrhein-Westfalen hat für 59 von insgesamt 396 Gemeinden objektive Bedingungen gutachterlich feststellen lassen, sodass diese Kappungsgrenze dort greifen kann. In der Tat ist nicht völlig klar, was manche dieser so identifizierten Gemeinden von anderen Gemeinden im Land unterscheidet. Hier teilen wir die Kritik der FDP. Aber wir kritisieren das Gutachten von anderer Seite. Wir schlussfolgern nicht, dass die 59 identifizierten Gemeinden als Suchräume dienen sollen, um aus ihnen eine kleinere Teilmenge herauszulösen. Wir sind eher erstaunt darüber, dass weite Teile des Landes mit diesem Gutachten aus der weiteren Betrachtung herausgenommen werden.
Ja, Frau Philipp und Frau Schneckenburger haben auf den Bund verwiesen. Fakt ist, im allergrößten Teil des Ruhrgebiets zum Beispiel kann die Miete nach wie vor in größeren Schritten erhöht werden und dies, obwohl gerade hier die Anteile einkommensschwacher Haushalte besonders hoch sind und in den nächsten Jahren größere Bestände aus der Mietpreisbindung fallen, sodass dort mit größeren Mietsprüngen zu rechnen ist. Wie gesagt, eine Mietpreisbindung gibt es im öffentlich geförderten Wohnungsbau. Jeder, der argumentiert, dass die lokalen und regionalen Märkte gar nicht mehr hergeben, verkennt die stark segmentierten Strukturen innerhalb der Regionen und liefert gleichzeitig ein Argument für die Kappungsgrenze. Geben die Märkte nämlich keine überdurchschnittliche Mietsteigerung her, regelt sich die Sache von alleine. Geben sie aber solch hohe Mietsteigerungen her, wirkt die Kappungsgrenze beruhigend. Wir kritisieren also am Gutachten, dass der Indikator „Auslaufende Mietpreisbindung in Abhängigkeit von Mietpreisdifferenz“ zu niedrig gewichtet ist, und plädieren für eine angemessene Gewichtung.
Wir kritisieren auch, dass das Votum der Kommunen als Wert an sich gilt, ohne zu hinterfragen, ob das Votum begründet ist. Auf diese Weise wird die Kappungsgrenze zu einer Größe für eine womöglich ganz andere Interessenslage in der Kommunalpolitik. Beim Thema „Steigende Mietbelastung“ geraten regelmäßig nur Städte wie Bonn, Köln, Düsseldorf, Münster in den Blick. Wir wissen, dass auch dort die Hälfte der Bevölkerung das Recht auf eine öffentlich geförderte Wohnung hätte. Die Werte im Ruhrgebiet sind ähnlich. Auch in Dortmund erfüllt etwa die Hälfte der Haushalte die Einkommensgrenze für eine öffentlich geförderte Wohnung. Hinter dem Antrag steht anscheinend auch der Glaube, dass angesichts einer allgemeinen Geldentwertungsrate von vielleicht höchstens 1,5 % und einem allgemeinen Zinsniveau in derselben Höhe eine kumulierte Mietpreissteigerung von 15 % über drei Jahre die Märkte kaputt mache, weil die Rentierlichkeit nicht mehr gegeben sei.
Ich sehe allerdings, unser religionspolitischer Sprecher ist gerade nicht da. Das ist halt eine ideologische Politik im Interesse des Eigentums, welche Eingriffe in Eigentum jedweder Art, auch wenn es zur Miete verliehen ist, nicht mag. Das wurde eben schon gesagt. Deshalb werden in der Debatte Einzelfälle benannt, Ausnahmetatbestände aufgrund von partiellem Marktversagen oder unerwünschten Markteffekten zur Regel erhoben, und es wird ein entsprechendes Wording verwendet. Im Antrag ist vom Wohnungspolizeigesetz die Rede, gemeint ist der Entwurf zum Wohnungsaufsichtsgesetz. Das ist leider eher ein Plüschtiger als irgendein Polizeigesetz. Und es ist von Zweckentfremdung des Wohnungsbauvermögens für sozialpolitische Zwecke die Rede, obwohl die schwarz- gelbe Landesregierung das Vermögen zweckentfremdete, als es in den Haushalt der NRW- Bank überführt und damit praktisch abgeschafft wurde.
(Beifall von den PIRATEN und Jochen Ott [SPD])
Es wird von überbordenden Standards gesprochen, ohne an einer Stelle auch nur anzudeuten, was damit gemeint sein könnte. Und die Einschränkungen der Siedlungsstruktur durch restriktive Vorgaben bei der Neuaufstellung des Landesentwicklungsplans, also LEP und Flächen, tauchen sowieso überall auf, wenn die FDP etwas schreibt. Da ist es nur konsequent, dass eine halbherzige Regelung des Mieterhöhungsspielraums in ausgewählten Gebieten scheinbar in die Vorhölle der sozialistischen Wohnungsbewirtschaftung unter Mangelbedingungen führt. Ich komme zum Schluss. Heißt das, kein privates Kapital wird mitmachen? Heißt das, kein Haus wird mehr modernisiert? Ich wette dagegen auch im Ausschuss.
Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege. Für die Landesregierung spricht Herr Minister Groschek.