Mittwoch, 19.02.2014
Top 2. Unterrichtsqualität fördern heißt Unterrichtsausfall erfassen!
Antrag der Fraktion der CDU
Unsere Rednerin: Monika Pieper
Abstimmungsempfehlung: Enthaltung
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Protokoll der Rede von Monika Pieper:
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Frau Kollegin Gebauer.
Für die Fraktion der Piraten spricht Frau Abgeordnete Pieper.
(Sigrid Beer [GRÜNE]: Aber Sie räumen selbst ein: Wenn die Stellen so viel ausmachen, dann ist es ein Totschlagargument! Dann geht das so nicht, Frau Gebauer! Dann wollen wir der Fährte mal folgen!)
Frau Pieper, Sie haben das Wort.
Monika Pieper (PIRATEN):
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Zuschauer, unter denen sich sicherlich einige Betroffene befinden! Der vorliegende Antrag gibt uns die Gelegenheit, über Unterrichtsausfall und die Erhebung von Unterrichtsausfall zusprechen. Das ist ein wichtiges Thema, und das begrüßen wir. Schaut man dann aber auf den Titel dieses Antrags, relativiert sich das Ganze: „Unterrichtsqualität fördern heißt Unterrichtsausfall erfassen!“ Eine Verbesserung der Unterrichtsqualität, liebe Kollegen der CDU, steht erst einmal in keinerlei Zusammenhang mit der Erfassung von Unterrichtsausfall und deren Daten.
(Beifall von den PIRATEN, der SPD und den GRÜNEN)
Die Menge an Unterricht und Unterrichtsausfall sagt über die Qualität zunächst gar nichts aus. Der Zeitpunkt der Debatte ist völlig unpassend. Wir haben das gerade schon von anderen gehört: Es gibt die Verabredung. Wir reden mit dem Landesrechnungshof. Wir reden mit der Gutachterin. Aber das, was Sie jetzt veranstalten, läuft ein bisschen unter dem Deckmäntelchen: Die nehmen uns jetzt das Thema, die klauen uns unser Schippchen.
(Beifall von den PIRATEN, der SPD und den GRÜNEN)
Wir haben mehrfach erlebt, dass zwar im Ausschuss Verabredungen getroffen wurden, Sie dann aber irgendwie vorpreschen, um ein paar Punkte zu sammeln. Das hat mit Sachpolitik reichlich wenig zu tun.
(Beifall von den PIRATEN, der SPD und den GRÜNEN)
Sie haben sich in dem Antrag zunächst einmal selbst recht nett auf die Schulter geklopft, da der Landesrechnungshof Sie angeblich für Ihr Engagement während Ihrer Regierungszeitgelobt habe. Diese Interpretation halte ich zumindest für fragwürdig.
(Heiterkeit und Beifall von den PIRATEN, der SPD und den GRÜNEN)
Der Wert der Erhebung des Landesrechnungshofs war damals nämlich genau wie jetzt auch doppelt so hoch, wie das, was die Landesregierung damals erhoben hat. Es gab also keinen Unterschied.
(Sigrid Beer [GRÜNE]: In allen Bundesländern ist das so!)
Auch wir wollen, dass der Unterrichtsausfall erhoben wird. Wir freuen uns auf die Gelegenheit, im Ausschuss mit den Gutachtern zu diskutieren. Wir haben dazu eine Reihe von Fragen. Der hohe Aufwand, den das Gutachten für die Erhebung des Unterrichtsfalls ausweist, erscheint uns fragwürdig; denn die Informationen liegen bei den Schulen vor. Im Gutachten wird vorgeschlagen, dass die Schulleitungen die Schulkonferenz informieren sollen. Da fragen wir uns, ob die Daten, die hierfür zugrunde liegen, nicht mit weniger Aufwand zusammengeführt werden könnten. Es ist auch zu prüfen, ob eine verbesserte Schulverwaltungssoftware eine Hilfe sein könnte. Dabei darf man den Datenschutz nicht außer Acht lassen; das ist von vielen angemahnt worden. Das gilt ganz besonders, wenn man dazu übergeht, Bildungsbiografien zu recherchieren und diesbezüglich Daten zu erheben. Insbesondere in diesem Fall muss darauf geachtet werden, dass datenschutzrechtliche Aspekte sehr genau bedacht und erörtert werden.
Das ist meiner Meinung nach ein ganz wichtiges Thema. Die Erhebungen, die zuletzt für das Schuljahr 2009/2010 durchgeführt wurden, waren unzureichend. Deshalb ist es richtig, Methoden zu einer aussagekräftigen Erhebung zu prüfen. Die Stichproben, mit denen bisher gearbeitet wurde, bilden hierfür nicht die geeignete Basis. Außerdem wurde der strukturelle Unterrichtsausfall eigentlich gar nicht berücksichtigt, obwohl dieser doch der Punkt ist, den man im Auge behalten sollte. Wenn Schulen gar nicht inder Lage sind, den Unterricht anzubieten, den die Bildungsgänge vorsehen, wenn zum Beispiel ein Jahrgang ein ganzes Jahr lang keine einzige Stunde Musikunterricht erhält oder wenn viel weniger Sport angeboten wird als vorgesehen, dann müssen wir uns mit diesen Punkten dringend beschäftigen.
(Beifall von den PIRATEN)
Außerdem auch das wurde gerade schon gesagt brauch en wir für eine aussagekräftige Erhebung erst einmal eine klare Definition von Unterrichtsausfall. Was ist eigentlich Unterrichtsausfall? Bisher gibt es diese Definition nicht, und in den verschiedenen Bundesländern werden verschiedene Methoden angewandt und verschiedene Kriterien benannt, was Unterrichtsausfall ist. Frau Vogt, wenn Sie sagen, in NRW falle mehr Unterricht aus als in den anderen Bundesländern, dann muss ich Ihnen sagen, dass Sie das Gutachten offensichtlich nicht richtig gelesen haben.
(Beifall von den PIRATEN)
Da wurde doch ganz deutlich gesagt, dass die einzelnen Länder Unterrichtsausfall völlig unterschiedlich definieren und auch unterschiedliche Methoden anwenden, um diesen zu erheben. Dass es also keine Vergleichbarkeit geben kann, ist eigentlich klar. Daher halte ich es für unheimlich wichtig, langfristig ein Instrument zu haben, das alle Bundesländer nutzen können. Auch wenn wir jetzt in NRW etwas machen, sollte sich die Kultusministerkonferenz auf Dauer auf ein Verfahren einigen. Denn erst dann schaffen wir eine Vergleichbarkeit.
(Eva Voigt Küppers [SPD]: Aber das muss man verstehen!)
Uns ist die Erhebung von Unterrichtsausfall auch deshalb wichtig, weil das ein Indikator für die Lehrerversorgung an unseren Schulen ist. Es wäre gut, wenn wir prüfen könnten, in welchem Ausmaß vorgesehener Unterricht nicht stattfinden kann. Ohne diese Erhebung haben wir nur die „Kienbaum-Lücke“ und die Lehrerbedarfsdeckungsquote, um zu beurteilen, ob genug Lehrer an den Schulen sind. Beides wird von der Landesregierung mit dem Haushalt ausgewiesen. Aktuell liegt die Lehrerbedarfsdeckungsquote für die verschiedenen Schulformen zwischen 101,3 % bei den Berufskollegs und 105,4 % bei den Grundschulen. Das klingt erst mal besser, als es ist; denn von einer guten Ausstattung der Schulen spricht man ab einer Quote von 105 %. Diese wird leider in keiner der weiterführenden Schulformen erreicht. Das heißt, hier ist der Puffer viel zu klein.
Klar ist: Wenn zu wenige Lehrer da sind, wird auch das beste Vertretungskonzept der Welt Unterrichtsausfall nicht verhindern. Wenn es keine ausreichenden Vertretungsreserven an den Schulen gibt, werden den Kollegien zusätzliche Belastungen auferlegt. Denn es gibt kein einziges Vertretungskonzept, das nicht zur Mehrbelastung der anderen Kollegen führt. Das bedeutet immer in irgendeiner Form Mehrarbeit. Beliebtes Instrument ist dabei die angewiesene Mehrarbeit das kenne ich selber auch sehr gut, die meistens ohne Bezahlung erfolgt. Man kommt zweimal in der Woche schon um acht, obwohl der Unterricht erst um zehn beginnt. Wenn ein Kollege krank ist, macht man die Stunden eben auch noch, und dafür gibt es nichts.
Wir müssen uns über die Möglichkeiten der Erhebung von Unterrichtsausfall weiter Gedanken machen. Vor allem aber müssen wir weitere Anstrengungen unternehmen, die Lehrerversorgung an unseren Schulen zu verbessern, um die Kolleginnen und Kollegen zu entlasten. Dann können wir auch mit Recht sagen, wir täten etwas für die Verbesserung der Unterrichtsqualität. Der Anspruch, die Zahl der Unterrichtsausfälle zu erheben, ist richtig. Insoweit stimmt der Antrag. Aber, liebe CDU uns geht es auch manchmal so, Ihr Antrag kommt zum falschen Zeitpunkt, ist zu kurz gesprungen und schlecht gemacht. Deshalb können wir uns nur enthalten.
(Beifall von den PIRATEN, der SPD und den GRÜNEN)
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Frau Kollegin Pieper.
Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Löhrmann.