Veröffentlicht am von in Bauen, Wohnen und Verkehr (A02), Haushalts- und Finanzausschuss (A07), Oliver Bayer, Reden.

Donnerstag, 28. November 2013

Rede im Rahmen der Haushaltsdebatte 2013

V. Einzelplan 09

Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und  Verkehr

a) Bauen, Wohnen und Stadtentwicklung

Unser Redner: Oliver Bayer

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Protokoll der Rede von Oliver Bayer:
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe wohnenden Menschen am Stream! Leider haben wir für diesen Einzelplan hier nur zwei Mal fünf Minuten Redezeit. Dabei gäbe es wesentlich mehr zu sagen; es ist ja auch ein wichtiges Ressort. Ich kenne die Historie nicht. Vielleicht ist es deshalb so, weil wir überwiegend Mittel des Bundes durchleiten. Dennoch hätte man ja auch im Handeln und nicht nur im Reden Gestaltungsspielraum oder – „Spielraum“ trifft es vielleicht nicht ganz – eine Gestaltungspflicht beim Einzelplan 09.

Herr Becker, dass es weniger ist, habe ich bemerkt. Aber wo ist das anders?

„Die Definition von Wahnsinn“ – kommentierte Albert Einstein einmal – „ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse dabei zu erwarten.“

Beim sozialen Wohnungsbau wird mit derzeit mangelhaften Instrumenten versucht, ein besseres Ergebnis herbeizuführen. Auch heute hören wir, dass mit denselben Mitteln irgendwie ein besseres Ergebnis in der Zukunft erzielt werden soll. Die Objektförderung bricht an den Bedingungen des Marktes. Die Wohnungsbauförderung verzeichnet 17 % Mittelabfluss bis Ende Oktober – ein peinliches Ergebnis und ein wichtiger Indikator. Ich hoffe, Sie haben alle Herrn Schemmers Grafiktableau sehen können.

(Jochen Ott [SPD]: Da haben Sie sich ein gutes Vorbild ausgesucht! Damit kommen Sie groß heraus!)

– Herr Schemmer ist schon ein „Vorbild“.

(Lachen von der SPD)

Gleichzeitig wurde die Subjektförderung um 12 % reduziert. Da diese durch den Bund komplementiert wird, erhält diese Reduzierung die doppelte Wirkung.

Die Stadtentwicklungsprogramme und -mittel wurden zusammengestrichen, gerade bei erfolgreich laufenden Projekten wie „Stadtumbau West“ und „Soziale Stadt“. Die Neubautätigkeit entspricht nicht der Struktur der Nachfrage. Es besteht eine Versorgungslücke im Bereich der Mehrfamilienhäuser.

Die Bestände an preisgebundenen Mietwohnungen am Wohnungsmarkt sind stark rückläufig, und zwar von über 860.000 vor zehn Jahren auf jetzt 500.000, also mit einem Abgang von rund 30.000 Wohnungen pro Jahr. Das wird sich ohne unser Zutun verstärken – wir wissen ja, wann die Wohnungen gebaut wurden –, und wir werden bald gar nichts mehr haben.

Zur Beruhigung gibt es jetzt Prospekte und PR für das Projekt „Heimat im Quartier“. Das vermittelt den Eindruck von etwas Neuem, ist aber nach eigenen Angaben die Bündelung bestehender Instrumente. Das kann und wird vielleicht die Effizienz ein wenig steigern, es kann optimieren. Bündelung ist gut; insofern ist es prima. Das gilt auch für die Spielebox. Es ist aber ein Bündelungsprogramm für schlechte Zeiten, weil sonst alles bleibt wie es ist. Deshalb sieht man davon auch im Haushalt nichts.

Das Grundproblem ist die fortschreitende soziale Segregation. Wir haben Städte wie Düsseldorf, denen geht es gut. Dort wird gebaut, dort werden Wohnungen saniert, und die Lebensqualität steigt fast genauso schnell wie die Mieten. Aber nicht jeder kann es sich leisten, dort zu wohnen, und darf dann umziehen in die zahlreichen Städtesiedlungen, denen es nicht so gut geht. Dort werden Investitionen in die Bausubstanz als nicht rentierlich betrachtet und trotz Niedrigzinsen unterlassen. Dort sind die Mieten noch bezahlbar, aber die Lebensqualität sinkt. Wer es sich leisten kann, zieht weg, zum Beispiel nach Düsseldorf.

Das ist Gentrifizierung. An dieser Stelle ist das kein Kampfbegriff, sondern die Beschreibung einer Entwicklung. Sie führt zu dem Zustand einer segregierten Gesellschaft. Das können wir uns weder politisch noch finanziell leisten.

(Beifall von den PIRATEN – Widerspruch von Jochen Ott [SPD])

Wenn wir einerseits prosperierende Städte haben und andererseits oft in direkter Nachbarschaft schrumpfende Städte mit vielfältigen ökonomischen, demografischen und infrastrukturellen Problemen haben, dann lassen Sie uns mit geeigneten Maßnahmen für einen Ausgleich sorgen.

Ich habe ein paar Beispiele; die schenke ich mir aber wegen der Redezeit. Lassen Sie mich aber sagen: Die Mietpreisbremse im Bund ist mit den Macken, die sie hat, nicht geeignet.

Wir haben mehrere große Baustellen. Wir müssen aus den vergangenen Fehlern lernen, dem Verkauf der LEG, der Zweckentfremdung des Wohnungsbausondervermögens und der Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit. Diese Fehler müssen korrigiert oder kompensiert werden.

Die gegenwärtigen Probleme müssen behoben werden. Wir brauchen eine Förderpolitik trotz Niedrigzinsen. Wenn die Objektförderung nicht funktioniert, dann muss Subjektförderung vorübergehend gestärkt, angepasst und gegen Mitnahmeeffekte geschützt werden.

In Zukunft müssen wir mit dem Demografie- und Strukturwandel umgehen, die Segregationstendenzen umkehren und den geförderten Wohnungsbau umstrukturieren. Dazu müssen wir erprobte, funktionierende Modelle reaktivieren und finden – beispielsweise die Wohnungsbaugemeinnützigkeit und Wohnungsbaugenossenschaftsmodelle, auch eine Umstrukturierung des Wohnungsbausondervermögens.

Insgesamt brauchen wir ein Zusammenwirken aller Instrumente, und zwar auch neuer, nicht nur die Bündelung und Optimierung bestehender. Wahnsinn! Weiter geht’s. – Vielen Dank und bis zum Ausschuss.

(Beifall von den PIRATEN)

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