Mittwoch, 19. Juni 2013
TOP 3. Die Landesregierung muss Finanzverantwortung bei der „Inklusion“ übernehmen
Direkte Abstimmung
Unsere Rednerin: Monika Pieper
Unsere Abstimmungsempfehlung: Enthaltung
Audiomitschnitt der Rede von Monika Pieper
Wortprotokoll zur Rede von Monika Pieper:
Monika Pieper (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Zuschauer! Die Anhörung hat gezeigt, was für eine große Herausforderung die Inklusion für alle darstellt. Wenn ich „alle“ sage, dann meine ich auch alle.
Frau Ministerin Löhrmann, Sie haben zu Recht immer wieder darauf hingewiesen, dass es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, an der sich alle beteiligen müssen. Jetzt werden hier Sachverständige zitiert, wie es gerade passt. Aktuell geht es nur noch darum, wer die anfallenden Kosten zu tragen hat. Das stimmt eigentlich gar nicht. Es geht gar nicht darum, wer die Kosten zu tragen hat, sondern wer die Kosten nicht tragen will.
Die Landesregierung sagt: nicht unser Problem. Die Kommunen sagen: nicht unser Problem. Was für ein Bild gibt denn Politik hier ab? Wenn wir den Leuten vor Ort sagen: Wir haben damit nichts zu tun, wir brauchen es nicht zu bezahlen.
(Beifall von den PIRATEN)
Die Betroffenen werden in dauerhafter Ungewissheit gelassen. Das war gestern beispielhaft und heute auch in der „WAZ“ zu lesen. Während Frau Ministerin Löhrmann den Gesetzentwurf verteidigt, die Kommunen mit Verfassungsklage drohen, werden in Herne Schüler mit dem Förderschwerpunkt Lernen gegen den ausdrücklichen Willen ihrer Eltern zum Gymnasium geschickt.
Die Eltern haben sich inzwischen einen Anwalt besorgt und werden klagen. Während wir hier diskutieren und lamentieren, fährt der Zug in der Praxis zum Teil bereits vor die Wand. Der Transformationsprozess hin zur inklusiven Schule wird von Ihnen, Frau Löhrmann, nicht mehr in Form einer Fahrt auf Sicht, sondern eher als ein Stochern im Nebel betrieben.
(Beifall von den PIRATEN)
In dem Antrag von Rot-Grün „Eckpunkte für den Weg zur inklusiven Schule in NRW“ von Juni 2012 wird betont – ich zitiere mit Verlaub –:
„Der Landtag spricht sich deshalb für einen ehrlichen Zeitplan bei der Realisierung von Inklusion aus. Eilige Maßnahmen, die Qualitätsanforderungen und Ressourcenfragen außer Acht lassen, sind nicht verantwortbar. Schulen müssen mit einer angemessenen Ausstattung in die Lage versetzt werden, alle Kinder in den Lern- und Erziehungsprozessen zu fördern.“
Diesem Anspruch wird das ganze Verfahren jedoch nicht gerecht. Ich sehe weder einen ehrlichen Zeitplan noch die Berücksichtigung von Qualitätsanforderungen und Ressourcen. Der Grund für die mangelnde Berücksichtigung dieser Punkte liegt auch darin, im Gesetzentwurf keine konnexitätsrelevanten Aussagen zu machen. Der Gesetzentwurf klammert die Regelung zur Qualität des Angebots aus. Dabei interessieren sich gerade Schüler, Eltern und Lehrer genau für diese Punkte. Werden Förderschulen vor Ort geschlossen oder bleiben sie erhalten? Welche sachlichen und personellen Standards wird es geben? – Diese Fragen werden gegenwärtig nicht beantwortet.
Der Grundsatz der Konnexität ist uns sehr wichtig. Fest steht doch, dass die Landesregierung auch Finanzverantwortung mit übernehmen muss. Gemeinsam müssen wir aber gucken: „Was können wir einzeln leisten?“ und nicht: Was müssen wir nicht leisten?
Die CDU versucht mit ihrem Antrag außerdem, den Gesetzentwurf zur inklusiven Schule dazu zu nutzen, hier eine allgemeine Debatte über Konnexität zu führen. Das ist nicht zielführend. Diese Debatte ist wichtig, aber sie auf dem Rücken der Inklusion auszutragen, halte ich für völlig daneben. Das Thema „Inklusion“ wird hier als Aufhänger benutzt, die Betroffenen werden im Antrag gar nicht weiter erwähnt. Das bringt uns kein Stück weiter.
Die Forderung, den Gesetzentwurf zurückzuziehen, teile ich in diesem Augenblick nicht. Da möchte ich ausdrücklich Frau Beer recht geben. Ich denke, dieser Gesetzentwurf wird jetzt durchlaufen. Ich sehe unsererseits noch ganz viele Änderungswünsche, aber auch die Möglichkeit, an vielen Stellen zu diskutieren und das eine oder andere zu ändern. Frau Ministerin Löhrmann hat ja, wenn ich das richtig verstehe, auch gesagt, dass es durchaus noch Verbesserungsbedarf gibt.
Des Weiteren werden wir uns enthalten, weil wir zunächst das Gutachten von Frau Dr. Schwarz abwarten wollen, die etwas zu den Folgekosten sagen wird. Wir vermissen auch, dass niemand versucht hat, herauszufinden, um welche Zahlen es hier eigentlich geht und über welche Beträge wir bei der Inklusion reden. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)