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Plenarsitzung 18, 13. Dezember 2012

Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 16/1183

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses

Drucksache 16/1582

2. Lesung

Mitschnitt der Rede von Dirk Schatz

Redeprotokoll:

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauer auf der Tribüne und zu Hause! Ich möchte zu Beginn meiner Rede zunächst einmal etwas Grundsätzliches zu diesem Thema sagen. Selbstverständlich – und ich behaupte, jetzt spreche ich im Namen aller Abgeordneten dieses Landtags – muss Rechtsextremismus – und dies gilt insbesondere für den gewaltbezogenen Rechtsextremismus – intensiv bekämpft werden.

(Beifall von den PIRATEN)

Die Landesregierung möchte mit diesem Gesetzentwurf den Kampf gegen Rechtsterrorismus verbessern. Das Gesetz sei notwendig, weil die Polizei ansonsten in der effektiven Bekämpfung des Rechtsterrorismus beschränkt wäre. Um dies zu verhindern, soll den Polizeibehörden erlaubt werden, an der neuen Verbunddatei teilzunehmen, die durch das Rechtsextremismus-Datei-Gesetz ermöglicht wurde. Rechtsextremismus bekämpfen und Fehler vermeiden – das hört sich super an. Wer möchte das nicht?

Was bei dieser Diskussion allerdings immer vergessen wird: Die Datei war wieder einmal eine Schnellschussreaktion, und zwar auf die NSU-Affäre. Sie soll angeblich dazu beitragen, Fehler, wie sie im NSU-Fall passiert sind, zukünftig zu vermeiden, allerdings – und das möchte ich hier betonen – wieder einmal auf Kosten der Grundrechte, und zwar in unverhältnismäßiger Weise.

Ich fasse es einmal so zusammen, wie ich das sehe: Die Behörden bauen riesigen Bockmist, und als Folge daraus geben Sie ihnen noch mehr Befugnisse und nehmen den Bürgern noch mehr Grundrechte weg.

(Beifall von den PIRATEN)

Das ist natürlich super. Das ist genau der richtige Weg. Bei dem Vorgehen könnte man als Behörde fast auf die Idee kommen, extra Fehler zu machen.

Dabei ist es noch nicht einmal so, dass die gemachten Fehler mit der Datei verhindert worden wären. Diese Datei soll den Informationsaustausch zwischen den Behörden verbessern, aber das größte Problem bei der NSU-Geschichte war nicht einmal das Informationsdefizit, wie wir seit der letzten Innenausschusssitzung wissen. Es mangelte nicht an Hinweisen, die auch zu anderen Tätern hätten führen können. Vielmehr wurden die zahlreich vorhandenen Spuren und Hinweise von den Behörden falsch bewertet. Insofern frage ich mich, was diese Datei daran geändert hätte. Gar nichts!

(Beifall von den PIRATEN)

Außerdem ist klar – eigentlich schon zum jetzigen Zeitpunkt –, dass das Rechtsextremismus-Datei-Gesetz zumindest in der vorliegenden Fassung weitgehend verfassungswidrig ist. Aber Sie, liebe Landesregierung, wollen den Polizeibehörden nun erlauben, dieses sehr wahrscheinlich verfassungswidrige Instrument zu nutzen. Ich möchte das hier noch einmal betonen: Zur Verteidigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung missachten Sie wieder einmal die Grundrechte. Das Paradoxon habe ich noch nie verstanden.

(Beifall von den PIRATEN – Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Sie wissen, dass das RED–Gesetz nach dem Vorbild des Antiterrordateigesetzes verfasst wurde. Man kann bis auf sehr wenige thematische Anpassungen im Prinzip von einer Kopie reden. Doch genau dieses Vorbild steht zurzeit auf dem Prüfstand des Bundesverfassungsgerichts. Bereits im Vorfeld der mündlichen Verhandlung – und danach übrigens erst recht  – hat das Gericht deutlich erkennen lassen, dass das Gesetz in dieser Form keinen Bestand haben wird, und das gilt – ich wiederhole mich – in logischer Konsequenz – schließlich ist es eine Kopie – auch für das Rechtsextremismus-Datei-Gesetz, das hier die Grundlage Ihres Antrages ist. Es ist verfassungswidrig, und ich fasse es einfach nicht, dass Karlsruhe wieder einmal herhalten muss, um dieser übertriebenen Paranoia unter Ihnen und Ihren Sicherheitsfanatikern Einhalt zu gebieten.

Das gesamte Rechtsextremismus-Datei-Gesetz ist schwammig formuliert; das ist einfach unglaublich. Ich greife den Gewalt-Begriff heraus. Was ist Gewalt im Sinne dieses Gesetzes: die Sitzblockade oder einfach nur ein großes Mundwerk, ohne dass jemals Gewalt ausgeübt wurde?

Von fehlenden Löschfristen will ich hier erst gar nicht reden. Auch diesbezüglich können Sie fast willkürlich entscheiden, wer wie lange gespeichert bleibt.

Ich möchte hier klarstellen, dass wir nicht grundsätzlich gegen jedwede Form zentraler Dateien sind. Die Frage ist nur: Wer kann von wem unter welchen Umständen und wie lange dort gespeichert werden? Und wie kommt man aus diesen Dateien wieder raus, wenn man erst einmal gespeichert ist?

Ich habe mit Sicherheit nichts dagegen, wenn eine Person unter eindeutig definierten Voraussetzungen nach einer rechtskräftigen Verurteilung durch ein Strafgereicht wegen einer entsprechenden Straftat, die zu diesem Eintrag passt, in dieser Datei gespeichert wird. Ich wäre auch damit einverstanden, wenn man diese Speicherung als Teil der Strafe ansähe. Aber unter den gegebenen Umständen kann ich meiner Fraktion leider nur empfehlen, diesen Entwurf abzulehnen.

Sie waren noch nicht einmal bereit, diese zwei Monate bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten, bevor Sie dieses Gesetz beschließen. So geht das nicht. Man hätte wenigstens warten können. Das wäre wirklich keine große Sache gewesen. – Ich bedanke mich.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Daniel Düngel: Herr Kollege Schatz, herzlichen Dank. – Für die Landesregierung spricht nun der Innenminister. Herr Minister Jäger, Sie haben das Wort.

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