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Plenarsitzung 18, 13. Dezember 2012

Bildungsrepublik Deutschland realisieren – Kooperationsverbot aufheben

Antrag der Fraktion der PIRATEN

Drucksache 16/1622

Mitschnitt der Rede von Monika Pieper

Redeprotokoll:

Danke sehr. – Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, Kollegen und Zuschauer! In unserem Antrag geht es mal wieder um das liebe Geld und um ein schwieriges Erbe aus der Vergangenheit, die Föderalismusreform.

Mit dem Kooperationsverbot wollte man den Wettbewerb unter den Ländern entfachen. Bei der Bildung geht es allerdings nicht um Güter, die man beliebig in der Gegend herumschieben kann, sondern um junge Menschen, Kinder und ihre Eltern. Die wenigsten können mal eben von Mecklenburg-Vorpommern nach Bayern ziehen, weil dort gerade die Schulen besser sind.

Ärgerlicherweise wurde ein grundlegendes Problem übergangen, als man diesen Pseudowettbewerb angezettelt hat. Die Länder und Kommunen haben kaum Einfluss auf ihre Einnahmen. Die meisten Steuern werden bekanntlich bundeseinheitlich geregelt.

Schon vor der Besiegelung der Föderalismusreform 2006 haben zum Beispiel der Politikwissenschaftler Fritz Scharpf und der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog auf die absehbaren Schwierigkeiten hingewiesen. So schrieb Prof. Scharpf damals, man habe die Kompetenzen für das Bildungswesen so geregelt, wie es – ich zitiere mit Erlaubnis – bei vernünftiger Betrachtung weder die finanzschwachen Länder noch der Bund hätten akzeptieren dürfen.

Frau Merkel hat schon vor Jahren die Bildungsrepublik Deutschland ausgerufen. 10 % des Bruttoinlandsproduktes sollten in Zukunft für Bildung bereitgestellt werden. So war das Versprechen. Doch augenscheinlich ist sie nicht bereit, dafür zu sorgen, dass der Bund einen angemessenen Beitrag dazu leistet.

Nun will Forschungsministerin Schavan das Kooperationsverbot lockern, allerdings nur im Bereich der Hochschulen und dort zur Förderung von Spitzenforschung an mutmaßlichen Eliteuniversitäten. Der breite Bildungsbereich, für den Frau Schavan ja auch zuständig ist, bleibt dabei außen vor. Das reicht bei Weitem nicht aus.

(Beifall von den PIRATEN)

Die gemeinsame Finanzierung von Bund und Ländern muss nach Aufhebung des Kooperationsverbotes alle bildungsrelevanten Aspekte einbeziehen. Vor dem Hintergrund des Wandels von einer Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft zu einer global vernetzten Informations- und Wissensgesellschaft ist Bildung die wichtigste Ressource unserer Volkswirtschaft.

(Beifall von den PIRATEN)

Die frühkindliche Bildung muss deutlich gestärkt werden. Der frühkindliche Lebensabschnitt wird noch immer viel zu wenig in seiner bildungspolitischen Bedeutung wahrgenommen. In den Schulen müssen die Lerngruppen verkleinert werden. Das Ganztagsangebot muss ausgebaut werden. Die Veränderungen in den Schulen machen einen massiven Ausbau der Lehrerfortbildung notwendig. Auch die durchaus richtige Entscheidung hin zu einem inklusiven Bildungssystem wird ohne gemeinsame Anstrengungen von Bund, Ländern und Kommunen nicht gelingen. Schulen müssen barrierefrei umgebaut werden. Ausreichende personelle und sachliche Veränderungen müssen gewährleistet sein.

Die Hochschulen müssen auskömmlich finanziert und soziale Infrastruktur gestärkt werden. Die seit Jahren chronische Unterfinanzierung des nordrhein-westfälischen Hochschulsektors und der Sanierungsstau sind nur zu beenden, wenn der Bund und das Land zusätzliche Mittel einsetzen.

Der Bildungsprozess geht neben und nach der Hochschule aber auch weiter. Angebote in der Erwachsenenbildung müssen ausgebaut und für jeden zugänglich gemacht werden.

Das war ein knapper Überblick über die Herausforderungen. Doch wo stehen wir in der Realität? Die Länder und Kommunen sind verantwortlich für die Bereitstellung und den Betrieb der Bildungseinrichtungen. Aber sie haben nur wenig Spielraum bei den Mitteln, die dabei benötigt werden. Wir können die erforderlichen Mittel nicht durch die Verschiebung in den Haushalten erbringen. Wenn der Kuchen nicht insgesamt größer wird, kann man sich beim Aufschneiden so viel Mühe geben, wie man will, es wird einfach nicht mehr Kuchen. Der Bildungsbereich ist chronisch unterfinanziert.

Deshalb brauchen wir eine Bildungsoffensive und fordern: Weg mit dem Kooperationsverbot!

(Beifall von den PIRATEN)

Es muss gemeinsam mit dem Bund ein neues Finanzierungsmodell vereinbart werden. Bildung ist ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag. Die Finanzierung kann nur unter Beteiligung aller Ebenen gelingen.

Sigmar Gabriel hat beim Parteitag unter großem Applaus angekündigt, dass die SPD das Kooperationsverbot wieder abschaffen will. Ich hoffe, dass dabei alle Bildungsbereiche gemeint sind, und gehe davon aus, dass die Landesregierung und die Regierungsfraktionen hinter dieser Aussage stehen.

Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, sich in den Verhandlungen mit dem Bund für eine Aufhebung des Kooperationsverbotes einzusetzen und weiter auf einer Beteiligung des Bundes an der Finanzierung der Bildungsaufgaben in frühkindlicher Bildung, Schulen, Inklusion und Hochschulen zu bestehen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Frau Kollegin Pieper. – Für die SPD-Fraktion erteile ich Frau Kollegin Stotz das Wort.

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