Sollen sie doch Kuchen essen!

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Torsten Sommer, Vorsitzender der Piratenfraktion im Landtag NRW, erläutert den Gesetzentwurf der PIRATEN zu Funktionszulagen in der heutigen Landtagsdebatte:

„Die Debatte heute im Landtag bestärkt die Menschen in NRW in dem Glauben, „die da oben machen sich die Taschen voll und wir hier unten bekommen nicht mal eine ordentliche Rente“.

Oft ist dieser Vorwurf ungerechtfertigt, denn auch viele Politiker, egal ob im Bund oder im Land oder in der Kommune, arbeiten viel und tüchtig. Viele Politiker haben das Geld, das sie dafür bekommen verdient.

Wenn aber das Bundesverfassungsgericht, der Landesrechnungshof und viele weitere Institutionen eine klar definierte Zahlung für ungerechtfertigt und ungesetzlich halten, dann hat sich da jemand monetär einen über den Durst genehmigt und kommt von sich selbst besoffen aus der Nummer nicht mehr raus. Es ist als würden sie dabei noch rufen „Wenn sie kein Brot haben, sollen sie doch Kuchen essen!“.

Die strukturelle Maßlosigkeit der etablierten Parteien findet in der Auszahlung von Funktionszulagen einen weiteren traurigen Höhepunkt. Jeder, der in seiner Fraktion irgendwie irgendetwas neben seinem eigentlichen Abgeordnetenjob macht, steckt sich dazu auch etwas extra in die Tasche. Das ist den Menschen auf der Straße nicht mehr zu vermitteln.

Grüne, SPD, CDU und FDP haben eine Chance zur Stärkung der Demokratie verpasst.“

Endlich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 21.07.2000 umsetzen: Keine verfassungswidrigen Funktionszulagen an Mitglieder des Landtags mehr zahlen!

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I. Sachverhalt

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 21.07.2000 (BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Juli 2000 – 2 BvH 3/91 – R, siehe http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2000/07/hs20000721_2bvh000391.html) festgestellt, dass „Regelungen über ergänzende Entschädigungen für die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, für die parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen und für die Ausschussvorsitzenden mit dem Verfassungsrecht unvereinbar sind. Sie verstoßen gegen die Freiheit des Mandats und den Grundsatz der Gleichbehandlung der Abgeordneten“. Es hat ausgeführt, dass „mit der Gewährung von zusätzlichen Entschädigungen an stellvertretende Fraktionsvorsitzende, parlamentarische Geschäftsführer der Fraktionen und Ausschussvorsitzende das Tor geöffnet wäre zu einem differenzierten, Abhängigkeiten erzeugenden oder verstärkenden Entschädigungssystem, das unvereinbar mit dem Grundsatz der Abgeordnetengleichheit“ ist (BVerfG, a.a.O., Rn. 75).

Der Landesrechnungshof des Landes NRW hat seine Prüfungsergebnisse bzgl. der Fraktionen des Landtags NRW in der 15. Wahlperiode SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Haushaltsjahre 09.06.2010 – 30.05.2012) mit Schreiben vom 18.05.2016 zusammengefasst. Dabei hat er darauf hingewiesen, dass der Empfängerkreis von Funktionszulagen über den im Urteil des Bundesverfassungsge­richts genannten Personenkreis, der nur die Präsidentin bzw. den Prä­sidenten, die Vizepräsidenten und Vizepräsidentinnen und die Fraktionsvorsitzenden umfasst, hinausgeht, und die Rechtmäßigkeit einzelner Funktionszulagen in Frage ge­stellt. Der Landesrechnungshof plädiert daher für eine Änderung der gesetzlichen Grundlagen und regt insbesondere an, dass die Fraktionen in ihren Rechenschaftsberichten – über den bisher im Gesetz vorgeschriebe­nen Ausweis des Gesamtbetrages der Entschädigungen an Fraktionsmitglieder mit be­sonderen Funktionen hinaus – auch angeben müssen, welche Funktionsstellen beson­ders vergütet worden sind. Die Fraktionen von SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben bei ihrer Stellungnahme zu den Feststellungen und Empfehlungen des Landesrechnungshofs geäußert, dass sie keinen Anpassungs- bzw. Änderungsbedarf sehen (siehe zum Ganzen die Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags vom 05.01.2017, S. 4 f., Drucksache 16/13925).

II. Der Landtag beschließt:

  1. Alle Fraktionen des Landtags betrachten das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 21.07.2000 ­- 2 BvH 3/91 – als rechtsverbindlich.
  1. Alle Fraktionen des Landtags bringen in die Februar-Sitzung einen gemeinsamen Gesetzentwurf ein, durch den die Empfehlungen des Landesrechnungshofs NRW vom 18.05.2016 zur Änderung des Abgeordneten- und Fraktionsgesetzes bzgl. der Funktionszulagen in der laufenden Wahlperiode umgesetzt werden.