Referendum. – Piratenpartei Deutschland https://www.piratenpartei.de Sun, 04 Jun 2017 11:20:23 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=4.7.5 https://www.piratenpartei.de/files/2016/12/cropped-logo-piratenpartei2015-150x150.png Referendum. – Piratenpartei Deutschland https://www.piratenpartei.de 32 32 PIRATEN zum Türkei-Referendum: ‚Evet‘ heisst Nein zur Freiheit https://www.piratenpartei.de/2017/04/17/piraten-zum-tuerkei-referendum-evet-heisst-nein-zur-freiheit/ https://www.piratenpartei.de/2017/04/17/piraten-zum-tuerkei-referendum-evet-heisst-nein-zur-freiheit/#comments Mon, 17 Apr 2017 21:33:16 +0000 https://www.piratenpartei.de/?p=30029 Berlin / Istanbul / Ankara. Es sieht nicht gut aus für die freiheitliche Demokratie nach dem Referendum in der Türkei: 51,3 Prozent der Wähler – soweit das vorläufige Endergebnis der Wahlkommission – stimmten mit ‚Evet‘: Ja zu einem Präsidialsystem, das nun deutlich mehr Macht und Befugnisse auf den Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan vereint. So kann er nicht nur Präsidialverordnungen mit Gesetzeskraft erlassen, sondern hat auch große Eingriffsmöglichkeiten in die Judikative.

„Dies bedeutet nun für Kritiker von Erdogan, Oppositionelle, Journalisten und andere Gruppen, dass sie der permanenten Gefahr ausgesetzt sind, als Terroristen angeklagt zu werden. Sich dann auf keine neutrale Rechtssprechung verlassen zu können, schafft einen Freibrief dafür, alle unbequemen Aktivisten oder Menschen, die der Staatsführung aus anderen Gründen nicht in den Kram passen, mundtot zu machen“, beklagt Patrick Schiffer, Vorsitzender der Piratenpartei Deutschland.

Dass die Berichterstattung im Vorfeld der Abstimmung nicht neutral und fair ablief, darin sind sich die internationalen Beobachter einig. Schiffer: „Dies führte unter anderem dazu, dass auch in Deutschland lebende Türken sich eine starke Führung in der Türkei und damit eine Stärkung ihres Landes erhofften. Der Arm der türkischen Regierung ist lang, diesen Eindruck zu erwecken, war das erklärte Ziel des auch bei uns aktiv wirkenden Propaganda-Apparates.“

Die Verbote von Wahlkampfauftritten seien ebenso geschickt genutzt und umgedeutet worden, wie die Aufregung um die Inhaftierung des Journalisten Deniz Yücel. Alles habe nur dazu gedient, Stärke zu demonstrieren. Der Ablauf der Wahl selbst wirft hingegen Fragen auf. Laut Beobachtungen der OSZE wurden Manipulationen bei den Wahllokalen festgestellt. So wurden unter anderem Wahlscheine akzeptiert, die nicht den erforderlichen ‚YSK‘-Stempel aufwiesen. Es mehren sich die Proteste. Aktuell bleiben aber die Grundrechte der türkischen Bevölkerung stark eingeschränkt – der Ausnahmezustand wurde nunmehr um weitere drei Monate verlängert.

„Die Bundesregierung muss bereits jetzt, noch vor dem Referendum über die Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei, die EU-Beitrittsverhandlungen als gescheitert erklären und beenden. Gesprächsbereit zu bleiben reicht nicht aus. Jegliche Waffenexporte und der sogenannte Flüchtlingsdeal müssen mit sofortiger Wirkung gestoppt werden. Das Referendum wird langfristig der türkischen Wirtschaft schaden und eine außenpolitische Isolation bewirken. Zudem müssen wir gerade jetzt die oppositionellen demokratischen Kräfte stärken, denn das Ergebnis war knapp und nicht so, wie Erdogan es gerne erlebt hätte. Wir Piraten haben bereits Kontakt mit unseren türkischen Kollegen von der Korsanparti aufgenommen und ihnen engere Zusammenarbeit angeboten.“, so Schiffer.

Anja Hirschel, Spitzenkandidatin der Piratenpartei Deutschland für die Bundestagswahl ergänzt:

„Die Konzentration von politischer Macht auf eine einzelne Person ist und war schon immer gefährlich. Ein Regierungssystem, welches der Gewaltenteilung zuwider läuft, kann von freiheitlich demokratischen Kräften nie akzeptiert werden.“ Dies müsse der türkischen Staatsführung unmissverständlich klar gemacht werden. Hirschel: „Es geht nicht gegen das türkische Volk, sondern gegen eine aufkommende Diktatur am Rande Europas.“

 

Quellen:
[1] Süddeutsche Zeitung: Warum die Türken ihrem Präsidenten noch mehr Macht verleihen, http://www.sueddeutsche.de/politik/referendum-in-der-tuerkei-warum-die-tuerken-erdoan-noch-maechtiger-machen-1.3465771
[2] Ergebnis in Deutschland, http://www.yenisafak.com/secim-referandum-2017/yurtdisi-almanya-secim-sonuclari-referandum
[3] Gesamtergebnis, http://www.yenisafak.com/secim-referandum-2017/secim-sonuclari

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Brexit: Artikel 50 – was ist das überhaupt? https://www.piratenpartei.de/2016/07/03/brexit-artikel-50-was-ist-das-ueberhaupt/ https://www.piratenpartei.de/2016/07/03/brexit-artikel-50-was-ist-das-ueberhaupt/#respond Sun, 03 Jul 2016 09:35:42 +0000 https://www.piratenpartei.de/?p=29460

Gastbeitrag von Alex Kohler

Brexit (Austritt Großbritaniens aus der Europäischen Union)

Aktuell wird im Rahmen der „Brexit“-Berichterstattung immer wieder der Artikel 50 erwähnt. Dabei handelt es sich um einen Artikel im Vertrag über die Europäische Union. In diesem Artikel sind das Recht der Mitgliedstaaten zum Austritt sowie die entsprechenden Modalitäten hierfür festgelegt. Wir wollen es allerdings genauer wissen und analysieren die Primärquelle im Wortlaut mit den entsprechenden Kommentierungen zu jedem Absatz.

Art. 50

(1) Jeder Mitgliedstaat kann im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften beschließen, aus der Union auszutreten.

Im Falle von Großbritannien braucht es jetzt einen Beschluss des britischen Parlamentes, da die Volksabstimmung rechtlich nicht bindend ist.

(2) Ein Mitgliedstaat, der auszutreten beschließt, teilt dem Europäischen Rat seine Absicht mit. Auf der Grundlage der Leitlinien des Europäischen Rates handelt die Union mit diesem Staat ein Abkommen über die Einzelheiten des Austritts aus und schließt das Abkommen, wobei der Rahmen für die künftigen Beziehungen dieses Staates zur Union berücksichtigt wird. Das Abkommen wird nach Artikel 218 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ausgehandelt. Es wird vom Rat im Namen der Union geschlossen; der Rat beschließt mit qualifizierter Mehrheit nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.

In unserem konkreten Fall des Brexits muss die britische Regierung offiziell den Austritt verkünden. Diese Mitteilung überlässt David Cameron seinem Nachfolger, der im Oktober feststehen soll. Mögliche Kandidaten verkünden schon jetzt, dass die Mitteilung an die EU nicht 2016 passieren wird. Welche Gründe gibt es hierfür? Zum einen waren sowohl die Brexit-Befürworter als auch ihre Gegner in den britischen politischen Institutionen überrascht über den Ausgang, zum anderen ist das Thema durch die enge Verflechtung sehr komplex und der Aufwand sehr hoch. Einen so genialen Sündenbock wie die EU zu verlieren, ist natürlich auch schade. Nun wird unter Absatz 3 der zeitliche Ablauf des Austritts beschrieben.

(3) Die Verträge finden auf den betroffenen Staat ab dem Tag des Inkrafttretens des Austrittsabkommens oder andernfalls zwei Jahre nach der in Absatz 2 genannten Mitteilung keine Anwendung mehr, es sei denn, der Europäische Rat beschließt im Einvernehmen mit dem betroffenen Mitgliedstaat einstimmig, diese Frist zu verlängern.

In Absatz 3 finden wir nun den konkreten Grund, warum sich Großbritannien so sehr ziert, eine offizielle Mitteilung zu schreiben und die EU-Seite auf einen zügigen Start drängt. Da Großbritannien keine großen eigenen Kapazitäten für solche Vertragsverhandlungen vorweisen kann und nach zwei Jahren theoretisch keine Verträge abgeschlossen sein könnten, möchte man sich hier sich jeden Spielraum offenhalten. Für Großbritannien ist diese Regelung eine absolute Gefahr. In Absatz 4 werden nun die Modalitäten der Beratungen und Beschlussfassungen beschrieben.

(4) Für die Zwecke der Absätze 2 und 3 nimmt das Mitglied des Europäischen Rates und des Rates, das den austretenden Mitgliedstaat vertritt, weder an den diesen Mitgliedstaat betreffenden Beratungen noch an der entsprechenden Beschlussfassung des Europäischen Rates oder des Rates teil. Die qualifizierte Mehrheit bestimmt sich nach Artikel 238 Absatz 3 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

Bei den Verhandlungen ist somit kein britischer Vertreter zugelassen. Die qualifizierende Mehrheit wird seit dem 1. November 2014 mit 55 % der Vertreter der Mitgliedstaaten erreicht. Diese müssen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten repräsentieren. In Absatz 5 wird der mögliche Wiedereintritt geregelt.

(5) Ein Staat, der aus der Union ausgetreten ist und erneut Mitglied werden möchte, muss dies nach dem Verfahren des Artikels 49 beantragen.

Konkret müsste Großbritannien noch einmal den gesamten Aufnahmeprozess durchlaufen, und jedes einzelne Mitgliedsland müsste diesem zustimmen.

Fazit

Das Vereinigte Königreich befindet sich bei der offiziellen Erklärung des Austritts in einer sehr schlechten Verhandlungsposition. Die Kapazitäten für die hochkomplexen Verhandlungen sind begrenzt. Parallel müssten weltweit Handelsabkommen ausschließlich zwischen Großbritannien und anderen Ländern geschlossen werden. Das Zeitfenster ist hier extrem ungünstig und im Extremfall könnte Großbritannien auch ohne Vertrag mit der EU dastehen.

Falls ein Abkommen zwischen der EU und Großbritannien zustandekommen würde, welches denen mit der Schweiz und Norwegen gleicht, müsste Großbritannien einige Dinge, wie beispielsweise die Arbeitnehmerfreizügigkeit, akzeptieren; es müsste zahlen (die Schweiz zahlt jährlich 2 Mrd. Euro an die EU) und hätte keine Einflussmöglichkeiten mehr über die europäischen Institutionen und müsste deren Regeln übernehmen.

Deshalb wird versucht, die offizielle Erklärung zum Austritt hinauszuzögern. Als Moral der Geschichte bleibt uns die Erkenntnis, die EU als Sündenbock für eigene Fehler zu nutzen, kann auch nach hinten losgehen.

Quelle: EU-Vertrag Artikel 50

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