Netzwerkdurchsetzungsgesetz – Piratenpartei Deutschland https://www.piratenpartei.de Sun, 04 Jun 2017 11:20:23 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=4.7.5 https://www.piratenpartei.de/files/2016/12/cropped-logo-piratenpartei2015-150x150.png Netzwerkdurchsetzungsgesetz – Piratenpartei Deutschland https://www.piratenpartei.de 32 32 Netzwerkdurchsetzungsgesetz https://www.piratenpartei.de/2017/04/14/netzwerkdurchsetzungsgesetz/ https://www.piratenpartei.de/2017/04/14/netzwerkdurchsetzungsgesetz/#comments Fri, 14 Apr 2017 06:39:41 +0000 https://www.piratenpartei.de/?p=30018 „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ ist der Name für einen Gesetzesentwurf, mit dem Heiko Maas meint, ungezogenen Menschen den Hintern versohlen zu dürfen. Was er dabei übersieht: Meinungsäußerung ist nicht immer sachlich, Auseinandersetzung ist oft hitzig und Menschlichkeit ist nicht regulierbar.

Wenn alles sitzenbliebe,
Was wir in Hass und Liebe
So voneinander schwatzen;
Wenn Lügen Haare wären,
Wir wären rauh wie Bären
Und hätten keine Glatzen.
(Wilhelm Busch)

Herr Maas meint, er könne mit einem wahrhaft dummen Gesetz wieder gut machen, was gesellschaftlich über einen Zeitraum von mindestens 15 Jahren, unter anderem auch von Mitgliedern unserer wunderbaren Bundesregierung, vorzuleben versäumt wurde: Anstand.

Das ist das hehre Ziel, das mit diesem Gesetz verfolgt werden soll – zumindest, wenn wir die angegebenen Absichten unterstellen. Herausgekommen ist dabei eine Art „solange du deine Füße unter meinem Tisch hast, benimmst du dich, wie ich es dir sage“-Pamphlet, das letztlich niemandem helfen wird. Denn der Staat ist weder eine gute Mutter noch ein gestrenger Vater und er darf das auch nicht sein.

Menschen dürfen subjektiv sein, Menschen dürfen sagen, was sie denken, auch wenn es noch so dumm ist; Menschen dürfen sich auch hitzig auseinandersetzen, kurzum:
Menschen dürfen emotional sein. Der Staat darf das nicht und auch die Gesetzgebung nicht. Auch wenn dieses Gesetz (das man eigentlich kaum so nennen kann) hier dürre Worte verwendet, ist es ein sehr emotionales Pamphlet. Es soll dafür sorgen, dass das Strafgesetz ohne jegliche rechtliche Untersuchung Anwendung findet; es soll dafür sorgen, dass Menschen, die sich in der Hitze der Auseinandersetzung inadäquat ausgedrückt haben, staatlicherseits ohne Antrag bestraft werden.

Die Grünen, namentlich Frau Künast, Herr von Notz und Herr Janecek möchten gern noch einen Schritt weiter gehen und auch nicht Strafbares mit diesem Gesetz unter Strafe stellen. Die bösen Kinder sollen lernen, sich zu zügeln und wenn nicht, dann werden sie bestraft – oder der Anbieter, der ihnen ihr schlechtes Benehmen möglich macht. So oder ähnlich stellt man sich das wohl vor.

In all diesen Auswüchsen zeigt sich der extreme Mangel an Erfahrung unserer Politiker im Umgang mit dem Internet im Allgemeinen und schriftlicher Kommunikation im Besonderen. Sie versuchen, schlicht eine Art Prügelstrafe einzuführen, entweder für ungezogene Menschen oder für zu lasche Anbieter, denen hier eine Art Elternfunktion aufoktroyiert werden soll. Dabei liegt das Problem eben nicht im Netz, es liegt im realen Leben da draußen.

Es liegt in denjenigen Elternhäusern, in denen für Erziehung keine Zeit und keine Kraft bleibt; es liegt in denjenigen Schulen, in denen nur Wissen vermittelt wird, aber bedauerlicherweise nur wenig Bildung; es liegt in einer Gesellschaft, die das Erbarmen des Hammers hat, der auf den Amboss trifft, in der Schwächen ebensowenig vorkommen dürfen wie Mayonnaiseflecken auf der Krawatte. Einer Gesellschaft, die derart steril geworden ist, dass sie mit Streit, Zank, Auseinandersetzung, Diskurs und Diskussion überhaupt nicht mehr umgehen kann. Einer Gesellschaft, die kein Gefühl mehr aufbringt für Schwächere, die neidvoll auf die Vorteile derer schielt, die Hilfe bitter nötig haben – und beispielsweise alten Menschen in Pflegeheimen noch nicht einmal gönnt, zumindest ausreichend versorgt zu werden.

Was das Eine mit dem Anderen zu tun hat?
Alles. Denn Menschen, die nicht gelernt haben, zurückzustecken, weil jemand anderes gerade bedürftiger ist als sie, die ellenbogenschwingend nehmen, was sie für das ihre halten und zynisch genug sind, Altenpflegern vorzuhalten, dass sie ja auch einen lukrativeren Beruf hätten ergreifen können, sind die, die auch im Internet schriftlich niederlegen, was sie sonst mit Bierschaum vor dem Mund ihren Stammtischbrüdern entgegenpöbeln würden. Wir kennen diese Typen alle. Wir wissen auch, dass es Mobbing nicht erst seit der Einführung dieses Wortes gibt. Wir wissen, dass Menschen Menschen sind, dass sie sich danebenbenehmen können und dass sie ausgesprochen grausam werden können.

Wer aber Grausamkeit belohnt, wer Ellenbogenverhalten fördert, wer schon in frühester Kindheit Einzelkämpfertum statt Zusammenhalt lehrt und dafür sorgt, dass jeder Erstklässler schon weiß, dass er sein Wissen am besten für sich behält, statt es zu teilen, weil das die besseren Noten für ihn gibt – der hat versagt. Dieses Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist die Schriftform für dieses Versagen und die Forderung der Grünen ist nichts anderes als eine Bankrotterklärung.

Wann bekommen wir eigentlich mal ein Gesetz zur Förderung von Gemeinsamkeit und Zusammenarbeit? Zur Förderung von Bürgerprojekten? Zur Unterstützung von gemeinschaftlichen Aktivitäten? Es gibt so vieles, was man als Gemeinschaft tun kann und dabei lernen, sich wieder näher zu kommen, sozialverträglich zu kommunizieren und wirklich eine Gemeinschaft zu sein. Aber das wäre natürlich blöd für die regierende Kaste. Die müsste dann nämlich tatsächlich mal unter Beweis stellen, dass sie das Vertrauen dieser Gesellschaft wert sind – und das könnte dann doch eher schwierig werden.

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PIRATEN kritisieren Heiko Maas: Ich weiß bald, wer Du bist… https://www.piratenpartei.de/2017/03/31/piraten-kritisieren-heiko-maas-ich-weiss-bald-wer-du-bist/ https://www.piratenpartei.de/2017/03/31/piraten-kritisieren-heiko-maas-ich-weiss-bald-wer-du-bist/#comments Fri, 31 Mar 2017 19:13:03 +0000 https://www.piratenpartei.de/?p=29946 Berlin. Wenn es nach dem neuen Gesetzesentwurf von Justiziminister Heiko Maas geht, werden in Deutschland schon bald „verfassungsfeindliche Verunglimpfungen“ oder „landesverräterische Fälschungen“ innerhalb von 24 Stunden gelöscht. Das geht aus dem Referentenentwurf des „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ hervor, der zur Notifizierung an die EU geschickt wurde und den die PIRATEN bereits in seiner alten Fassung kommentierten.  Auch Heise.de und Netzpolitik.org äußerten sich in Beiträgen dazu.  Die PIRATEN warnen davor, dass durch das neue Gesetz die nach dem Grundgesetz für alle Menschen verbriefte freie Meinungsäußerung ausgehebelt werden könnte.

„Anonymität ist ein wichtiger Schutz und keine Waffe. Dies betrifft Journalisten genauso wie Menschenrechtsaktivisten. Wer sich gegen Unrecht engagiert und seine Identität nicht mehr wirksam schützen kann, ist somit Racheaktionen unmittelbar ausgeliefert. Eine freie Meinungsäußerung wird faktisch unmöglich. Wir bleiben wachsam und werden die weiteren Entwicklungen genau beobachten“,

so Patrick Schiffer, NRW-Spitzenkandidat und Bundesvorsitzender der Piratenpartei Deutschland.

„Uns PIRATEN kommt die Diskussion um erweiterte Kontrollmaßnahmen im Netz sehr bekannt vor“,

betont Schiffer. Im Frühjahr 2009 gab es bereits die Initiative, in das Angebot und die Bereitstellung von Inhalten im Internet einzugreifen. Durch das Zugangserschwerungsgesetz sollten Internetseiten gesperrt und dabei geheime Sperrlisten unter Verwaltung des BKA und ohne richterliche Kontrolle verwendet werden. Die jetzige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen verdiente sich durch ihre Initiative damit den seitdem weithin bekannten Spitznamen „Zensursula“.

Fotokollage von @xwolf aus dem MemBild Zensursula (2009) und Heiko Maas von Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0

Sebastian Alscher, Spitzenkandidat der Piratenpartei Deutschland für die Bundestagswahl, fordert: „Unsere Gesellschaft benötigt einen Raum, in dem ein offener Diskurs stattfinden kann. Mit dem Gesetz überträgt der Staat hoheitliche Aufaben auf privatrechtliche Unternehmen und schafft ein zunehmend engmaschigeres Netz an Überwachungsmaßnahmen. In der Hoffnung, dass in der Fülle der Gesetzesanträge zum Ende der Legislaturperiode der Bürger müde ist und nicht jeden Antrag geeignet kommentieren und kritisieren kann, werden hier die Bürgerrechte gezielt weiter ausgehöhlt.“

„Jetzt geht es wieder um den selben Inhalt und mit derselben Zielsetzung, die Mittel sind jedoch andere. Anstelle des Staates sollen nun privatwirtschaftliche Unternehmen als Kontrollinstanz herhalten. Das Problem, das uns PIRATEN im Kern daran stört, ist der Aufbau einer Infrastruktur, die unzweifelhaft zum Zweck der Zensur eingesetzt wird. Wenn diese zusätzlich durch eine Klarnamenspflicht bei den zu regulierenden Netzwerken ergänzt wird, sind nicht nur dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet, sondern es wird willkürliche Inhaltskontrolle und Überwachung nicht nur legitimiert, sondern sogar zum Normalzustand erhoben, so Schiffer.

Ute Elisabeth Gabelmann, Stadträtin für die Piraten in Leipzig und Direktkandidatin zur Bundestagswahl 2017, die schon bei der großen von den PIRATEN angestoßenen Protestwelle im Jahr 2009 dabei war, kritisiert: „Es ist nicht hinnehmbar, dass die Bundesregierung alle paar Jahre mit wechselnden Begründungen und fadenscheinigen Vorwänden versucht, eine Zensur-Infrastruktur im freien Internet zu etablieren. Bereits 2009 haben Zehntausende diesem Vorhaben eine klare Absage erteilt, und wir werden dies auch in diesem Jahr mit Nachdruck und aller Konsequenz tun.“

Zum Hintergrund:

Was neu ist im Gesetzesentwurf: Ein zivilrechtlicher Auskunftsanspruch ist Teil des aktuellen Entwurfs. Interessant dabei: Bisher ist im §14(2) TMG die Auskunft nur „Auf Anordnung der zuständigen Stellen“ zu erteilen.  Zwar wird im Entwurf festgelegt, dass „durch die Benennung eines Ansprechpartners daher keine zusätzlichen Auskunftspflichten begründet werden.“ Doch genau dies soll nun geändert werden. So heißt es im Entwurf im Abschnitt zur Änderung des Telemediengesetzes: „Aus Sicht der Bundesregierung bestehen grundsätzlich keine Einwände dagegen, die Auskunftserteilung auf weitere Fälle zu erweitern. Denkbar wäre dabei eine Erweiterung nicht nur im Hinblick auf die Verletzung von Persönlichkeitsrechten, sondern auf alle sonstigen absoluten Rechte.“ Zusätzlich wird ausgeführt, dass durch die Anpassung an die Datenschutzgrundverordnung dafür gesorgt würde, dass „…bereits mit Inkrafttreten dieses Gesetzes ein durchsetzbarer Auskunftsanspruch des Opfers gegenüber sozialen Netzwerken bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen und Verletzungen anderer absolut geschützter Rechte.“ bestehe. Es ist also bereits jetzt klar erkennbar, wo die Reise hin gehen soll.

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