EU – Piratenpartei Deutschland https://www.piratenpartei.de Sun, 04 Jun 2017 11:20:23 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=4.7.5 https://www.piratenpartei.de/files/2016/12/cropped-logo-piratenpartei2015-150x150.png EU – Piratenpartei Deutschland https://www.piratenpartei.de 32 32 Bundestag beschließt EU-Richtlinie: Freifunk vor dem Aus? https://www.piratenpartei.de/2017/04/29/bundestag-beschliesst-eu-richtlinie-freifunk-vor-dem-aus/ https://www.piratenpartei.de/2017/04/29/bundestag-beschliesst-eu-richtlinie-freifunk-vor-dem-aus/#comments Sat, 29 Apr 2017 08:47:08 +0000 https://www.piratenpartei.de/?p=30151 Der Bundestag hat eine Regelung für einheitliche Stecker an Netzteilen für Mobilgeräte beschlossen. Das ist zumindest das, was in der öffentlichen Wahrnehmung primär ankommen wird. Viel wichtiger sind aber die technischen Details der neuen EU-Funkrichtlinie (2014/53/EU), die praktisch wörtlich in deutsches Recht umgesetzt wurde. Unauffällig steht in § 4.3.9 zu „Anforderungen an Funkanlagen in bestimmten Kategorien oder Klassen“ Folgendes: „Sie unterstützen bestimmte Funktionen, mit denen sichergestellt werden soll, dass nur solche Software geladen werden kann, für welche die Konformität ihrer Kombination mit der Funkanlage nachgewiesen wurde.“ Näheres regeln dann sogenannte „delegierte Rechtsakte“. Diese kommen von der EU Kommission und können nur durch eine 2/3 Mehrheit im Europaparlament gestoppt werden.

Guido Körber, Direktkandidat zur Bundestagswahl im Wahlkreis 62 in Brandenburg, erklärt:

„Die Regelungen enthalten politischen Sprengstoff, weil damit die Installation alternativer Software z.B. auf WLAN-Routern oder sogar die Installation von Software auf Funkmodulen unmöglich gemacht werden kann. Darunter würden sowohl die Open Source Bewegung als auch Freifunk und viele kleine und mittelständische Unternehmen leiden. Ihnen wird dadurch der unkomplizierte Zugang zu Funkhardware für ihre Projekte und Produkte verwehrt. Wie der Nachweis der Konformität, also die Einhaltung der vorgeschriebenen technischen Grenzen, genau erfolgt, bleibt offen. Es drohen komplizierte Verfahren, die nur noch von Konzernen mit den entsprechenden finanziellen Mitteln durchgeführt werden können.“

 

Wird bald die halbe Elektronikindustrie verboten?

Nach wie vor bleibt die EU-Kommission eine Erklärung schuldig, wozu diese Regelungen notwendig sind. Es ist bisher kein Nachweis erbracht worden, dass die Installation von alternativer Software auf Funksystemen zu Problemen führt. Guido Körber erläutert weiter:

„Hier drängt sich der Verdacht auf, dass erfolgreiches Lobbyarbeit betrieben wurde, um die lästige Konkurrenz ausschalten zu können, wie z.B. Freifunk-Initiativen und eine Vielzahl von Anbietern in den Internet-of-Things Sparten. Wird mit dieser Regelung zukünftig die halbe Elektronikindustrie verboten?“

 

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Wissenschaftlicher Dienst: Kein Vetorecht jedes Bundeslands gegen CETA https://www.piratenpartei.de/2017/04/09/wissenschaftlicher-dienst-kein-vetorecht-jedes-bundeslands-gegen-ceta/ https://www.piratenpartei.de/2017/04/09/wissenschaftlicher-dienst-kein-vetorecht-jedes-bundeslands-gegen-ceta/#comments Sun, 09 Apr 2017 11:45:38 +0000 https://www.piratenpartei.de/?p=30001 Die PIRATEN haben den Wissenschaftlichen Dienst des schleswig-holsteinischen Landtags prüfen lassen, ob CETA in ausschließliche Zuständigkeiten der Bundesländer eingreift und deshalb der Zustimmung jedes einzelnen Bundeslands bedarf.

In ihrem 18-seitigen Gutachten verneinen die Parlamentsjuristen diese Frage. Begründung: Die der EU übertragene Handelspolitik umfasse auch den Handel mit Kulturgütern, Dienstleistungen im Bildungswesen und das Pressewesen. Allerdings bestätigt das Gutachten, dass CETA die Handlungsspielräume der Länder in den Bereichen Unterhaltungsdienstleistungen (z.B. Filmförderung) und Erwachsenenbildung einschränkt.

Patrick Breyer, Vorsitzender der schleswig-holsteinischen Piratenfraktion, erklärt dazu:

„Es ist seltsam, dass Parlamente durch CETA entmachtet werden, ohne dass sie ein Vetorecht haben. Umso wichtiger ist es, eine Bundesratsmehrheit gegen CETA zu organisieren. Da sich Schleswig-Holsteins rot-grün-blaue Landesregierung bis heute offen hält, wie sie abstimmen wird, muss der Bürger ein Machtwort sprechen. Schon 20.000 Bürger haben die Volksinitiative ‚Schleswig-Holstein stoppt CETA‘ unterschrieben.“

Michele Marsching, Vorsitzender der nordrhein-westfälischen Piratenfraktion ergänzt:

„CETA ist umstritten wie wenige andere internationale Verträge. Was in die Landesgesetzgebung eingreift, muss auch dem Vetorecht der Länder unterliegen. CETA sollte offen und fair verhandelt werden, um diese Umgehung demokratischer Strukturen gar nicht erst notwendig zu machen. Wenn die Politik nicht die richtigen Schritte geht, muss die Bevölkerung in einem Volksentscheid über die Ablehnung von CETA entscheiden.“

Download CETA-Gutachten

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Energiekonfusionslabel https://www.piratenpartei.de/2017/03/24/energiekonfusionslabel/ https://www.piratenpartei.de/2017/03/24/energiekonfusionslabel/#respond Fri, 24 Mar 2017 15:46:52 +0000 https://www.piratenpartei.de/?p=29887 Gastbeitrat von Guido Körber, Direktkandidat zur Bundestagswahl, Wahlkreis 62 (Brandenburg)

Das Energieeffizienzlabel muß seit 1992 auf bestimmten Produktarten angebracht werden, um die Kunden darüber zu informieren, mit wieviel Energiebedarf und somit Betriebskosten sie rechnen müssen. Die Einteilung ging von „G“ für den höchsten Energiebedarf bis „A“ für die effizientesten Geräte. Zunächst wurde es nur für Haushaltsgroßgeräte wie Kühlschränke und Waschmaschinen eingesetzt. Der Erfolg war so gut, daß nach einigen Jahren die Mehrzahl der Geräte in der besten Klasse „A“ eingestuft wurden.

Das ging deshalb so schnell, weil die Hersteller sahen, daß eine bessere Effizienzklasse ein handfestes Verkaufsargument ist. Teilweise wird das sogar dazu genutzt, um den Kunden neue Geräte zu verkaufen, bevor dies ökonomisch und ökologisch sinnvoll ist.

Da mit dem Erreichen der Klasse „A“ der Anreiz für weitere Verbesserung sank, mangels einfacher Darstellbarkeit der Vorteile, wurde die Skala erst um A+, dann A++ und zuletzt in 2010 um A+++ ergänzt. Mittlerweile ist A+++ bei vielen Produktarten schon wieder erreicht und reicht nicht mehr aus.

Bereits 2010 wurde daher vorgeschlagen, die Skala aufsteigend zu numerieren. Diese würde regelmäßig an den technischen Stand angepaßt, so daß immer 7 Kategorien aktuell sind und die schlechteste nach unten heraus fällt. Die alten Buchstaben wären neben den entsprechenden Zahlen stehen geblieben und im Laufe der Zeit verschwunden.

Bild: Energielabel der EU, Quelle: Wikipedia

Anscheinend war das zu logisch, denn die EU-Kommission entschied damals, daß ein solches Vorgehen den Kunden verwirren würde und hängte ein weiteres „+“ an das „A“ an. Ist viel verständlicher … und schon wieder hoffnungslos veraltet.

Nun gibt es aber einen neuen Geniestreich: A+, A++ und A+++ sind weg. Statt dessen gibt es … (Trommelwirbel!) G bis A!

Aber die sind jetzt neu definiert. Man muß also in Zukunft den Jahrgang des Energielabels beachten, damit man eine Idee hat, was „A“ oder „B“ denn nun bedeuten.

Wahrscheinlich wird sich bald eine Community bilden, die Vintage-Energielabels sammelt. Was wohl so ein 2018er „A“ kosten wird? Oder ein rarer 2019 „A+“ weil die Skala schon wieder nicht mehr ausreichte?

Liebe EU, das ist eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme und kein Verbraucherschutz. Diese aberwitzige Entscheidung wird haufenweise Übergangsregelungen, Ausnahmen, Verwechslungen, Fehlkäufe und damit letztlich verwirrte und wütende Kundschaft erzeugen, die völlig zu Recht gegen EU-Verbrauchskennzeichnungen stänkern wird.

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Privacy Cheese: NSA-Zulieferfirmen steigen bei Privacy Shield ein https://www.piratenpartei.de/2017/02/21/privacy-cheese-nsa-zulieferfirmen-steigen-bei-privacy-shield-ein/ https://www.piratenpartei.de/2017/02/21/privacy-cheese-nsa-zulieferfirmen-steigen-bei-privacy-shield-ein/#respond Tue, 21 Feb 2017 17:10:08 +0000 https://www.piratenpartei.de/?p=29417 Featured image: CC-BY-NC-ND, thenoodleator - https://www.flickr.com/photos/noodle/
Featured image: CC-BY-NC-ND, thenoodleator – https://www.flickr.com/photos/noodle/

Ein Kommentar von Rachael Tackett. Übersetzung aus dem Englischen: Nadine Englhart – Artikel ist bereits hier in englischer Sprache erschienen: http://piratetimes.net/nsa-contractors-join-privacy-shield

Habt ihr wirklich gedacht, die Europäische Union würde Eure Privatsphäre schützen? Seid nicht so blauäugig. Das US-EU-Abkommen Privacy Shield ist eigentlich dazu gedacht, die Daten von EU-Bürgern zu schützen. Aber wie ich bereits erwähnte, hat das Privacy Shield-Programm so viele rechtliche Schlupflöcher, dass dieses „Schutzschild“ bestenfalls wie ein Schweizer Käse aussieht.

Und als wäre das noch nicht schlimm genug, Privacy Shield versagt nicht nur dabei persönliche Daten zu schützen, sondern lädt zudem noch Zulieferfirmen und Vertragspartner der NSA dazu ein, sich daran zu beteiligen! Das Privacy Shield-Programm ermöglicht es diesen Unternehmen personenbezogene Daten, die in der EU gespeichert worden sind, auf US-Server zu übertragen. Wenn ihr in den vergangenen Jahren das Weltgeschehen beobachtet habt, werdet ihr euch vermutlich daran erinnern, wie Edward Snowden über die Massenüberwachungsprogramme der NSA auspackte. Snowden deckte auf wie die US-Regierung Zugang zu euren E-Mails erhielt und eure Telefonate abhören konnte.

NSA-Zulieferern Zugang zu Privacy Shield zu verschaffen ist ein wenig so, wie einen Fuchs den Hühnerstall bewachen zu lassen. Obwohl einige dieser NSA-Partner lediglich eingewilligt haben Personaldaten zu teilen, trägt ihre Teilnahme an Privacy Shield nicht gerade dazu bei, den ohnehin schon üblen Ruf, welchen sich das Programm erworben hat, zu verbessern. Diesen Firmen wird der Zugang zu Privacy Shield gestattet, nachdem sie eine Selbsteinschätzung (ein sogenanntes Self-Assessment) darüber abgegeben haben, wie gewissenhaft sie die Standards von Privacy Shield erfüllen. Das bedeutet konkret, dass diese Unternehmen wenig bis gar keiner unabhängigen Kontrolle unterliegen. Bislang sind folgende Unternehmen dem Privacy Shield-Programm beigetreten: BAE Systems, Boeing, General Dynamics, Lockheed Martin, Northrop Grumman und Raytheon.

BAE Systems

2013 gewann BAE Systems eine Ausschreibung über einen mehrjährigen, 127 Millionen Dollar schweren Vertrag für die Durchführung von computergestütztem Hochleistungsrechnern für die NSA. Ein 2013 durchgesickertes Top-Secret-Dokument enthüllte die vorrangigen Überwachungsziele der NSA für die Jahre zwischen 2012 und 2016. Eines dieser Ziele besteht darin, computergestütztes Hochleistungsrechnen zum Knacken von Verschlüsselung einzusetzen. Ein weiteres Ziel besteht laut des Dokuments in der „Dynamischen Einbindung von [Endgeräten, IT-Infrastruktur, industriell standardisierten und kryptoanalytischen Ressourcen], um bislang nicht erreichte Ziele in Informationsbeschaffung, [Cyber]-Abwehr und [Cyber]-Einsätzen zu verwirklichen“. Einfacher ausgedrückt, die NSA plant computergestütztes Hochleistungsrechnen zum Ausbau ihrer Überwachungskapazitäten einzusetzen und BAE Systems hilft ihr dabei.

Boeing

Die US-Telefongesellschaft AT&T hatte 2003 einen geheimen Raum in einer ihrer Zentralen errichten lassen, um von dort aus NSA-Überwachungseinsätze durchzuführen. 2006 ließ ein AT&T-Techniker die ganze Sache auffliegen und enthüllte die massiven Spionage-Einsätze der NSA. Die NSA hatte ein Gerät benutzt, um riesige Datenmengen aus Internet-Knoten abzufangen und zu sichten. Hersteller des Geräts war die Firma Narus. Narus wurde 2010 vom Boeing-Konzern aufgekauft.

Bereits zwei Jahre zuvor, im Jahre 2008, hatte Boeing das Unternehmen Digital Receiver Technology (DRT), einen Hersteller von Hochleistungs-Funkempfängern, geschluckt. Die von DRT hergestellten Geräte ermöglichen es der NSA, Personen über die Funksignale ihrer Mobiltelefone zu orten. Einige von DRT entwickelte Geräte schaffen es sogar, per Mobilfunk übermittelte Telefongespräche abzuhören und Mobilfunksignale zu blockieren. Im Überwachungsgeräte-Katalog der NSA sind etliche DRT-Geräte gelistet.

General Dynamics

2014 enthüllte die Nachrichten-Website „The Intercept“, dass die NSA praktisch jedes Telefongespräch, das auf den Bahamas geführt wurde, aufzeichnete. Das dazugehörige Projekt wird SOMALGET genannt und ist Teil eines größeren Überwachungsprogramms namens MYSTIC. MYSTIC sammelt die Anruf-Metadaten einiger Länder, unter anderem Mexico, Kenia und die Philippinen. General Electrics hatte einen 51 Millionen Dollar schweren Achtjahresvertrag mit der NSA unterzeichnet, um die mit MYSTIC erlangten Überwachungsdaten auszuwerten.

Lockheed Martin

1988 ließ die Programmiererin Margaret Newsham, damals Mitarbeiterin bei Lockheed Martin, ein gewaltiges NSA-Überwachungsprogramm auffliegen. Die NSA hatte im Rahmen des Überwachungsprogramms ECHELON begonnen, riesige Mengen an Telefonanrufe und Daten abzuhören. In ihrer Zeit bei Lockheed Martin half Newsham dabei, Software zu entwickeln, mit der ECHELON betrieben werden konnte. Newsham enthüllte darüber hinaus, dass die NSA das Telefon eines US-Kongressabgeordneten abgehört hatte.

In den 2000er Jahren hatte die Forschungsabteilung des US-Militärs, DARPA, Aufträge für das Total Information Awareness Programm (TIA) ausgeschrieben. TIA sollte riesige Mengen an Daten sammeln, die in ein Predictive Policing-Programm zur Vorhersage von Verbrechen einfließen sollten. Anders ausgedrückt: TIA nutzte automatisierte Auswertungen dazu potenzielle Terroristen zu identifizieren. Es ist so gruselig, wie es klingt: Man wollte den Film „Minority Report“ zum Leben erwecken. DARPA verschaffte Lockheed Martin 23 Verträge über insgesamt 27 Millionen Dollar für das TIA Programm, an dem die NSA mit beteiligt war. 2012 enthüllte die New York Times, dass die NSA ein eigenes Überwachungsprogramm betrieb, das dem 2003 beendeten TIA stark ähnelte. Das volle Ausmaß der TIA-Altlasten kam erst 2013 durch die Enthüllungen von Edward Snowden ans Licht.

Northrop Grumman

Im Jahr 2000 startete die NSA das Projekt Trailblazer. Dessen Ziel war es, die Überwachungstechnik, die von der NSA im Kalten Krieg eingesetzt worden war, auf den neuesten Stand zu bringen. Das Projekt Trailblazer war ein einziger Skandal: Bis zum Projektende 2006 hatte die NSA eine Milliarde Dollar in ein nicht funktionierendes Programm versenkt und Northrop Grumman war eine der daran beteiligten Firmen.

Im darauffolgenden Jahr schloss die NSA einen weiteren 220 Millionen Dollar schweren Vertrag mit Northrop Grumman ab, um die enormen Datenmengen aus ihren Überwachungsprogrammen bewältigen zu können.

Raytheon

2009 eröffnete die NSA das sogenannte „US Cyber Command“. Die neue Kommandozentrale sollte ihren Fokus vor allem auf defensive und offensive Cyber-Kriegsführung richten. Raytheon schaltete Stellenanzeigen, in denen „Cyberkrieger“ gesucht wurden, die in der Nähe von bekannten NSA-Standorten arbeiten sollten.

2010 vergab die NSA einen geheimen Vertrag über 100 Millionen Dollar an Raytheon für das sogenannte „Perfect Citizen“-Programm. Im Rahmen des Überwachungsprogramm sollte Sensortechnik, mit der Angriffe auf Netzwerke erkannt werden sollten, in kritische Netzwerkstrukturen öffentlicher Einrichtungen eingebaut werden. Ein Angestellter von Raytheon kritisierte das Programm in einer e-Mail mit einer Anspielung auf George Orwells Roman „1984“: „Perfect Citizen ist Big Brother“. Die NSA behauptete in einem Statement, dass „Perfect Citizen“ nicht zur Überwachung genutzt würde; dennoch äußerten Datenschützer Bedenken, dass das Programm für die Inlandsüberwachung genutzt werden könnte.

Durch die Einbeziehung von NSA-Zulieferunternehmen in das Privacy Shield-Programm wird deutlich, dass sich die US-Regierung nicht im geringsten um Datenschutz schert. Während sich die Europäer aufgrund von Privacy Shield noch in falscher Sicherheit wiegen, bauen die USA ihren Überwachungsstaat weiter aus.

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10 alltägliche Dinge im Netz, die die EU-Kommission verbieten will: Oettinger’s Vermächtnis https://www.piratenpartei.de/2017/01/25/10-alltaegliche-dinge-im-netz-die-die-eu-kommission-verbieten-will-oettingers-vermaechtnis/ https://www.piratenpartei.de/2017/01/25/10-alltaegliche-dinge-im-netz-die-die-eu-kommission-verbieten-will-oettingers-vermaechtnis/#comments Wed, 25 Jan 2017 19:07:48 +0000 https://www.piratenpartei.de/?p=28929 Von Julia Reda.

Skandalmagnet Günther Oettinger ist nicht länger für Europas Internet-Gesetzgebung verantwortlich – er wurde zum Haushaltskommissar befördert.

Zum Abschied hinterließ er jedoch Pläne, die die Grundfesten des Internets bedrohen: Links und Uploads. Oettinger ist weg – aber seine von Lobby-Interessen getriebenen Pläne bleiben uns erhalten.

Der Gesetzesentwurf folgt den Forderungen einiger Verlagslobbies, von Suchmaschinen und Sozialen Netzwerken dafür bezahlt zu werden, dass diese ihnen Leser*innen schicken (Ja, das hast du richtig gelesen) – sowie der Musikindustrie, in ihren Verhandlungen mit YouTube gestützt zu werden.

Oettingers Pläne würden Dinge, die du täglich im Netz tust, und Dienste, die du täglich verwendest, illegal machen, ihnen Gebühren auferlegen oder zumindest große Rechtsunsicherheit hervorrufen.

Noch können wir diese Pläne aufhalten – wenn du deine Abgeordneten im Europäischen Parlament überzeugst, an meiner Seite dagegen zu kämpfen.

Ansonsten könnte all das schon bald illegal sein:

1. Teilen, was vor 20 Jahren passierte

Ausschnitte von Nachrichtenartikeln auf einem Blog oder einer persönlichen Website zu teilen, ohne eine Lizenz vom Verlag einzuholen, wird zu einer Rechtsverletzung – und zwar selbst 20 Jahre nachdem der Artikel veröffentlicht wurde.

Die Kommission hat von diesem EU-Leistungsschutzrecht keine neuen Ausnahmen vorgesehen: Nicht für kürzeste Text-Schnipsel, nicht für Privatpersonen oder nichtkommerzielle Zwecke. Es spielt dabei auch keine Rolle, ob du auf die Quelle verlinkst.

Im Detail:

  • Leistungsschutzrecht für Verlage: Artikel 11 des Urheberrechts-Richtlinienentwurfs besagt, dass der urheberrechtliche Schutz (speziell das Vervielfältigungsrecht sowie das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung) auf Presseverleger ausgedehnt werden soll.
  • 20 Jahre Dauer: Der Anspruch wird für 20 Jahre nach der Veröffentlichung eines Artikels eingeräumt (Artikel 11.4).
  • Rückwirkung: Der Anspruch soll rückwirkend (Article 18.2) für bereits veröffentlichte Publikationen gelten.
  • Auch Privatpersonen betroffen: Der Gesetzentwurf gilt unbeschränkt, es sind also nicht etwa nur gewerbliche Nutzungen betroffen, und es gibt keine Mindestlänge für Textauszüge, ab der die Verbreitung eingeschränkt ist.
  • Nicht von einer Schranke umfasst: Bereits bestehende Urheberrechtsschranken, etwa für Zitate, gelten auch weiterhin – allerdings gilt in vielen EU-Staaten das Zitatrecht nur im Kontext einer kritischen Auseinandersetzung mit dem zitierten Inhalt. In Deutschland etwa „[muss] das zitierte Werk als Beleg eigener Ausführungen und als Erörterungsgrundlage [dienen]. Das Zitat soll zur Begründung, zur Vertiefung und zum Verständnis des Dargelegten genutzt werden. Nicht zulässig ist die Verwendung eines Zitats, wenn es lediglich als Beispiel genutzt wird. Das Zitat muss in das neue Werk eingearbeitet sein“. Bei dem obigen Beispiel wäre das nicht gegeben.
  • Gefährlich, auch wenn es nicht durchgesetzt wird: Ob von dem neuen Anspruch Gebrauch gemacht wird oder nicht, liegt in der Hand der jeweiligen Verleger. Selbst wenn also nicht jeder benutzte Textschnipsel zukünftig rechtliche Schritte nach sich ziehen wird, muss doch künftig jede Website, die Nachrichteninhalte zitieren möchte, beim Verlag anfragen, um auf der sicheren Seite zu sein.

 

2. Eine kreative Überschrift twittern

„Wir sind Papst“ lautete eine berühmte Schlagzeile der Bild-Zeitung. Ohne Axel Springer Lizenzgebühren zu zahlen, wäre es eine Verletzung des EU-Leistungsschutzrechts, diese Drei-Worte-Schlagzeile zu twittern.

Twitter könnte die Rechnung selbst übernehmen, indem es etwa bei einer Verwertungsgesellschaft eine Pauschal-Lizenz erwirbt, und dadurch seine Nutzer*innen von der Verpflichtung befreit, selbst in Lizenzverhandlungen zu treten. Realistisch scheint das nicht – und dann ist es deine Verantwortung.

 

Im Detail:

  • Leistungsschutzrecht für Verlage: Artikel 11 des Urheberrechts-Richtlinienentwurfs besagt, dass der urheberrechtliche Schutz (speziell das Vervielfältigungsrecht sowie das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung) auf Presseverleger ausgedehnt werden soll.
  • Kreative Überschriften betroffen: Golem.de berichtete, dass laut Aussage von Günther Oettinger die Bestimmungen gerade auch für Überschriften von Nachrichten gelten sollen, außer sie seien rein faktisch. „Wir sind Papst“ wäre also höchstwahrscheinlich eine jener kreativen Überschriften, die vom Gesetzvorschlag umfasst wären.
  • Sogar allgemeine Überschriften betroffen? In der Praxis könnte der Schutz von Überschriften sogar noch weiter reichen. Da Leistungsschutzrechte wie dieses nicht die kreative Leistung der Urheber*innen schützen, sondern die Investition von Verlagen, muss der Inhalt nicht einmal die für das Urheberrecht notwendige Schöpfungshöhe erreichen, um leistungsschutzrechtlich geschützt zu sein. Im Gesetzesvorschlag deutet nichts darauf hin, dass rein faktische Überschriften tatsächlich vom Leistungsschutzrecht ausgenommen wären. In der Realität mag es sich freilich als schwierig herausstellen, zwischen einer Kopie und einer Neuschöpfung einer solchen Überschrift zu unterscheiden.
  • Twitter im Visier: Der deutsche Pressedienst DPA zitiert Oettingers Behörde mit den Worten: „Adressat der Vorschläge seien vielmehr Anbieter wie der Kurzmitteilungsdienst Twitter“.
  • Privatnutzer betroffen: Die AGB von Twitter besagen, „Durch [die Veröffentlichung] von Inhalten auf [Twitter] gewähren Sie uns eine [Lizenz], diese Inhalte […] zu verwenden [und] zu vervielfältigen“. Wird das angenommen, hättest du aber bei derartigen Tweets nicht das Recht, eine solche Lizenz einzuräumen. Wenn du also einen Tweet absendest und Twitter mit den Verlagen keine Abmachung getroffen hat – etwa weil sie sich dagegen entschieden haben, dies zu tun, oder sich nicht auf einen Preis einigen konnten – würdest du gegen die AGB verstoßen (was zu einer Accountlöschung führen könnte) und wärst rechtlich verantwortlich.

 

3. Einen Blogbeitrag auf Facebook verlinken

 

Wenn du auf Facebook, Twitter, Reddit oder anderen Diensten einen Link teilst, wird automatisch ein Vorschaubild und ein Text-Ausschnitt angezeigt. Für die Kopie und Verbreitung dieser Ausschnitte wird in Zukunft eine Lizenz benötigt, wenn der Link zu einem „Presseerzeugnis“ führt. Unter diese Definition fallen explizit auch alle regelmäßig upgedateten Unterhaltungsangebote.

Wenn Facebook und Twitter nicht anfangen wollen, für Links zu bezahlen, und ihre User*innen vor Klagen schützen wollen, müssten sie diese Vorschaufunktion wohl deaktivieren und damit ihre Seiten weniger benutzerfreundlich (sowie die Links weniger attraktiv) machen.

Im Detail:

  • Leistungsschutzrecht für Verlage: Artikel 11 des Urheberrechts-Richtlinienentwurfs besagt, dass der urheberrechtliche Schutz (speziell das Vervielfältigungsrecht sowie das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung) auf Presseverleger ausgedehnt werden soll.
  • Nicht nur Nachrichten: „Presseerzeugnis“ ist in Artikel 2.4 definiert als „Sammlung literarischer Werke journalistischer Art“ „innerhalb einer unter einem einheitlichen Titel periodisch oder regelmäßig erscheinenden Veröffentlichung“ „unabhängig vom Medium“.
  • Twitter im Visier: Der deutsche Pressedienst DPA zitiert Oettingers Behörde mit den Worten: „Adressat der Vorschläge seien vielmehr Anbieter wie der Kurzmitteilungsdienst Twitter“.

 

4. Ein Foto auf einem Online-Wunschzettel speichern

 

Virtuelle Pinnwände wie Pinterest erlauben es, Bilder von anderen Webseiten zu speichern und in Sammlungen abzulegen, um etwa eine Einkaufsliste oder einen Wunschzettel zu erstellen – oder einfach, um Inspiration zu sammeln.

Dabei kopieren sie das Bild sowie den Seitentitel und einen Textausschnitt von der Seite, von der das Bild stammt – und das wird ein Verstoß gegen das EU-Leistungsschutzrecht sein.

 

Im Detail:

Dies würde gleich mit zwei Klauseln der Urheberrechtsreform kollidieren; Einer, die dich trifft, und einer, die den Diensteanbieter trifft:

1. Zusätzliches Urheberrecht für Verleger:

  • Leistungsschutzrecht für Verlage: Artikel 11 des Urheberrechts-Richtlinienentwurfs besagt, dass der urheberrechtliche Schutz (speziell das Vervielfältigungsrecht sowie das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung) auf Presseverleger ausgedehnt werden soll.
  • Nicht nur Nachrichten: Die Seite eines Magazins wie Wallpaper* fällt ebenso unter die Definition des Presseerzeugnisses – eine „journalistische Veröffentlichung“, die „für die Zwecke der Information oder Unterhaltung veröffentlicht und in bestimmten Zeitabständen oder regelmäßig aktualisiert“ wird. „Solche Veröffentlichungen umfassen beispielsweise […] wöchentlich oder monatlich erscheinende Magazine“ (Erwägungsgrund 33)
  • Nicht nur Text: „‘Presseerzeugnis“ wird in Artikel 2.4 definiert als „Aufzeichnung einer Sammlung literarischer Werke journalistischer Art, die auch sonstige Werke oder Schutzgegenstände beinhalten kann“ – also fallen Fotos auch darunter.

2. Upload-Überwachungsverpflichtung

  • Neue Verpflichtung für Internetdienste: Artikel 13 des Urheberrechts-Reformvorschlags führt neue Verpflichtungen für „Diensteanbieter der Informationsgesellschaft“ ein, die „große Mengen der von ihren Nutzern hochgeladenen Werke und sonstigen Schutzgegenstände speichern und öffentlich zugänglich machen“ – im Widerspruch zu Artikel 14 der E-Commerce-Richtlinie, nach dem Hosting-Dienste nicht verantwortlich sind für Inhalte, die von ihren User*innen hochgeladen wurden. Erwägungsgrund 38 versucht diesen Haftungsausschluss nun von all jenen Anbietern zu entfernen, die sich „aktiv daran beteilig[en], beispielsweise die Präsentation der hochgeladenen Werke zu optimieren oder sie bekannt zu machen“.
  • Upload-Überwachung: Die Verpflichtung besteht darin, entweder zu „gewährleisten, dass die mit den Rechteinhabern geschlossenen Vereinbarungen, die die Nutzung ihrer Werke regeln, eingehalten werden“ oder, mutmaßlich dann, wenn solche Vereinbarungen nicht getroffen werden, „die Zugänglichkeit der von den Rechteinhabern genannten Werke oder Schutzgegenstände über ihre Dienste untersagen“ durch Maßnahmen wie „wirksame Inhaltserkennungstechniken“. Das widerspricht Artikel 15 der E-Commerce-Richtlinie, die explizit jegliche „allgemeine Verpflichtung, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen“, verbietet.
  • Pinterest betroffen: In ihrer Folgenabschätzung des Gesetzesvorschlags [auf Englisch], stellt die EU-Kommission fest, dass „Dienste wie etwa Pinterest ebenso voraussichtlich in diese Kategorie fallen“ [S. 152, Fußnote 466]

 

5. Wenn eine Suchmaschine das Netz durchsuchbar macht

Um dir die Suche im Internet zu ermöglichen, muss eine Suchmaschine zuerst alle Internetseiten mit Hilfe eines Roboters „lesen“ und eine Datenbank anlegen, welcher Inhalt wo zu finden ist. Per Definition ist so eine Datenbank nur nützlich, wenn sie Kopien von urheberrechtlich geschütztem Material enthält.

Der neue Plan droht, solche Kopien von Nachrichten ohne Lizenz der Verlage zu verbieten. Diese Kopien auch nur zu speichern, erfordert dann schon eine Lizenz – unabhängig davon, ob dann Ausschnitte der Inhalte in den Suchergebnissen angezeigt werden.

Bing, Google, Seznam.cz und andere müssten also Lizenzen aller journalistischer Internetseiten einholen – oder eine Sammellizenz durch eine dann eventuell gegründete Verwertungsgesellschaft. Andernfalls müssten sie aufhören, Nachrichteninhalte auffindbar zu machen.

Da ein großer Teil der Besucher*innen von Nachrichtenseiten via Google kommt, könnte der Konzern wohl mit einer Gratislizenz rechnen, wenn er sich weigert, zu zahlen – bei kleineren Anbietern sieht das anders aus.

 

Im Detail:

  • Leistungsschutzrecht für Verlage: Artikel 11 des Urheberrechts-Richtlinienentwurfs besagt, dass der urheberrechtliche Schutz (speziell das Vervielfältigungsrecht sowie das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung) auf Presseverleger ausgedehnt werden soll.
  • Nicht nur Nachrichten: Die Seite eines Magazins wie Wallpaper* fällt ebenso unter die Definition des Presseerzeugnisses – eine „journalistische Veröffentlichung“, die „für die Zwecke der Information oder Unterhaltung veröffentlicht und in bestimmten Zeitabständen oder regelmäßig aktualisiert“ wird. „Solche Veröffentlichungen umfassen beispielsweise […] wöchentlich oder monatlich erscheinende Magazine“ (Erwägungsgrund 33)
  • Kopien für rechtmäßige Nutzung: Das Web zu indizieren wird heute durch eine unverzichtbare Urheberrechtschranke ermöglicht: Unlizensierte Kopien sind demnach dann erlaubt, wenn sie „fluechtig oder begleitend sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen“ und ihr „alleiniger Zweck es ist, eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder eine rechtmäßige Nutzung […] zu ermöglichen“. Bisher war klar, dass die Anzeige von Suchergebnissen eine rechtmäßige Nutzung ist, da die wiedergegebenen Anreißer zu kurz sind, um mit dem Urheberrecht in Konflikt zu kommen. Daher ist es auch legal, für diesen Zweck Kopien anzufertigen. Da das geplante Leistungsschutzrecht selbst kürzeste Textausschnitte schützt, wäre die Anzeige von Anreißern nicht mehr rechtmäßig – und damit wäre auch das bloße Indizieren nicht mehr durch eine Urheberrechtsschranke gedeckt.

 

6. Wenn eine Foto-Website deine Uploads nicht überwacht

 

FotoCommunity ist ein soziales Netzwerk aus Deutschland, das Fotograf*innen nützen, um Millionen ihrer eigenen Bilder zu teilen.

Nach aktueller Rechtslage muss FotoCommunity reagieren, wenn jemand ihnen meldet, dass ein hochgeladenes Foto gegen Urheberrechte verstößt – im Gegenzug sind sie selbst nicht für die Urheberrechtsverletzung verantwortlich.

Der Plan der EU-Kommission würde dieses Prinzip auf den Kopf stellen: FotoCommunity ist dann verpflichtet, aktiv und präventativ zu verhindern, dass Bilder, die Rechteinhaber identifiziert haben, auf der Seite erscheinen.

Dazu müssen sie ein System entwickeln, dass alle Uploads überwacht und jedes hochgeladene Bild mit einer Datenbank geschützter Bilder vergleicht. Das ist eine große technische Herausforderung. YouTube hat für ein ähnliches System für Videos nach eigenen Angaben über 60 Millionen US-Dollar investiert.

Noch schlimmer: Das Gesetz verpflichtet sie, jegliche Art von Urheberrechtsverletzung in hochgeladenen Bildern zu erkennen. Es geht also nicht nur um Uploads einer exakten Kopie eines Bildes – ein Foto kann auch gegen Urheberrechte verstoßen, wenn darauf ein anderes Werk abgebildet ist, wie etwa eine Skulptur. Das verlässlich zu erkennen, ist technisch fast unmöglich.

Endgültig unmöglich ist schließlich, automatisch zu erkennen, ob ein Werk, das geschützte Inhalte enthält, gesetzlich dennoch erlaubt ist, weil es sich etwa um eine Parodie handelt. Selbst wenn er Inhalte perfekt erkennen könnte, kann ein Urheberrechtsroboter nie die Rechte von User*innen fair wahren: Völlig legale Inhalte würden automatisch gelöscht werden.

Im Detail:

  • Neue Verpflichtung für Internetdienste: Artikel 13 des Urheberrechts-Reformvorschlags führt neue Verpflichtungen für „Diensteanbieter der Informationsgesellschaft“ ein, die „große Mengen der von ihren Nutzern hochgeladenen Werke und sonstigen Schutzgegenstände speichern und öffentlich zugänglich machen“ – im Widerspruch zu Artikel 14 der E-Commerce-Richtlinie, nach dem Hosting-Dienste nicht verantwortlich sind für Inhalte, die von ihren User*innen hochgeladen wurden. Erwägungsgrund 38 versucht diesen Haftungsausschluss nun von all jenen Anbietern zu entfernen, die sich „aktiv daran beteilig[en], beispielsweise die Präsentation der hochgeladenen Werke zu optimieren oder sie bekannt zu machen“.
  • Upload-Überwachung: Die Verpflichtung besteht darin, entweder zu „gewährleisten, dass die mit den Rechteinhabern geschlossenen Vereinbarungen, die die Nutzung ihrer Werke regeln, eingehalten werden“ oder, mutmaßlich dann, wenn solche Vereinbarungen nicht getroffen werden, „die Zugänglichkeit der von den Rechteinhabern genannten Werke oder Schutzgegenstände über ihre Dienste untersagen“ durch Maßnahmen wie „wirksame Inhaltserkennungstechniken“. Das widerspricht Artikel 15 der E-Commerce-Richtlinie, die explizit jegliche „allgemeine Verpflichtung, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen“, verbietet.
  • Unklar, wer betroffen ist: „Große Mengen an Werken“ ist im Gesetzesvorschlag nicht näher definiert.

 

7. Wenn Github unüberwachte Commits erlaubt

Die Verpflichtung, alle Uploads auf Urheberrechtsverletzungen zu prüfen, trifft alle Dienste, die „große Mengen an Werken“ bereitstellen – nicht nur Fotos.

Da von der EU-Kommission keine Ausnahmen vorgesehen haben, sind auch populäre Dienste betroffen, die ganz und gar nicht für Urheberrechtsverletzungen bekannt sind. Ein Beispiel ist Github, wo Programmier*innen ihre Entwicklungen teilen und mit anderen an Software kollaborieren. Github müsste Upload-Überwachungssoftware bauen, um ein gar nicht vorhandenes Problem zu bekämpfen – spätestens dann, wenn der erste Rechteinhaber einen Anspruch anmeldet.

Europäische Startups wie MuseScore, wo Nutzer*innen Musiknoten teilen, müssen dann ebenfalls Technologien entwickeln, um urheberrechtsgeschützte Melodien zu erkennen. Diese Verpflichtung würde die Existenz vieler Startups bedrohen.

Im Detail:

  • Neue Verpflichtung für Internetdienste: Artikel 13 des Urheberrechts-Reformvorschlags führt neue Verpflichtungen für „Diensteanbieter der Informationsgesellschaft“ ein, die „große Mengen der von ihren Nutzern hochgeladenen Werke und sonstigen Schutzgegenstände speichern und öffentlich zugänglich machen“ – im Widerspruch zu Artikel 14 der E-Commerce-Richtlinie, nach dem Hosting-Dienste nicht verantwortlich sind für Inhalte, die von ihren User*innen hochgeladen wurden. Erwägungsgrund 38 versucht diesen Haftungsausschluss nun von all jenen Anbietern zu entfernen, die sich „aktiv daran beteilig[en], beispielsweise die Präsentation der hochgeladenen Werke zu optimieren oder sie bekannt zu machen“.
  • Upload-Überwachung: Die Verpflichtung besteht darin, entweder zu „gewährleisten, dass die mit den Rechteinhabern geschlossenen Vereinbarungen, die die Nutzung ihrer Werke regeln, eingehalten werden“ oder, mutmaßlich dann, wenn solche Vereinbarungen nicht getroffen werden, „die Zugänglichkeit der von den Rechteinhabern genannten Werke oder Schutzgegenstände über ihre Dienste untersagen“ durch Maßnahmen wie „wirksame Inhaltserkennungstechniken“. Das widerspricht Artikel 15 der E-Commerce-Richtlinie, die explizit jegliche „allgemeine Verpflichtung, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen“, verbietet.
  • Unklar, wer betroffen ist: „Große Mengen an Werken“ ist im Gesetzesvorschlag nicht näher definiert.
  • Alle Arten von Medien: Nirgends wird diese Verpflichtung auf bestimmte Medientypen begrenzt – sie betrifft also alle Arten urheberrechlich schützbaren Materials, wie etwa Programmcode.

 

8. Wenn Wikipedia unüberwachte Beiträge akzeptiert

 

Die Verpflichtung, alle Uploads auf Urheberrechtsverletzungen zu überwachen, würde nicht nur kommerzielle Seiten und Apps treffen, sondern auch Non-Profit-Projekte wie Wikipedia, obwohl man dort explizit nur Fotos hochladen darf, die frei verwendbar sind.

Auf Wikipedia prüfen zwar Freiwillige neu eingestellte Inhalte in unregelmäßigen Abständen händisch – aber ob dieser unstrukturierte Prozess dem Gesetz genügt, ist zweifelhaft. Es ist wahrscheinlicher, dass auch Wikipedia „wirksame Inhaltserkennungstechniken“ enwickeln müsste.

Im Detail:

  • Neue Verpflichtung für Internetdienste: Artikel 13 des Urheberrechts-Reformvorschlags führt neue Verpflichtungen für „Diensteanbieter der Informationsgesellschaft“ ein, die „große Mengen der von ihren Nutzern hochgeladenen Werke und sonstigen Schutzgegenstände speichern und öffentlich zugänglich machen“ – im Widerspruch zu Artikel 14 der E-Commerce-Richtlinie, nach dem Hosting-Dienste nicht verantwortlich sind für Inhalte, die von ihren User*innen hochgeladen wurden. Erwägungsgrund 38 versucht diesen Haftungsausschluss nun von all jenen Anbietern zu entfernen, die sich „aktiv daran beteilig[en], beispielsweise die Präsentation der hochgeladenen Werke zu optimieren oder sie bekannt zu machen“.
  • Upload-Überwachung: Die Verpflichtung besteht darin, entweder zu „gewährleisten, dass die mit den Rechteinhabern geschlossenen Vereinbarungen, die die Nutzung ihrer Werke regeln, eingehalten werden“ oder, mutmaßlich dann, wenn solche Vereinbarungen nicht getroffen werden, „die Zugänglichkeit der von den Rechteinhabern genannten Werke oder Schutzgegenstände über ihre Dienste untersagen“ durch Maßnahmen wie „wirksame Inhaltserkennungstechniken“. Das widerspricht Artikel 15 der E-Commerce-Richtlinie, die explizit jegliche „allgemeine Verpflichtung, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen“, verbietet.
  • Keine Beschränkung auf kommerzielle Dienste: „Diensteanbieter der Informationsgesellschaft“ sind Dienste, die „normalerweise kostenpflichtig“ angeboten werden. Jedoch haben Gerichtsentscheide etabliert, dass darunter auch Dienste fallen, die regelmäßig um Spenden bitten, oder wo vergleichbare Angebote von Konkurrenten kostenpflichtig betrieben werden, selbst wenn der fragliche Dienst selbst kostenlos ist.
  • Keine Beschränkung auf Urheberrechtsverletzungen: In Artikel 13 wird ausgeführt, dass die Verpflichtung für Plattformen gilt, die „“große Mengen [an] Werke[n] und sonstigen Schutzgegenstände[n] speichern“ – ohne zu verlangen, dass irgendwelche dieser Uploads auch tatsächlich Urheberrechtsverletzungen darstellen. Plattformen wie Wikipedia, die nur frei lizensierte Werke oder solche unter Creative-Commons-Lizenz akzeptieren, sind gleichermaßen betroffen. Dahinter steckt die Annahme: Jedes Mal, wenn ein*e Nutzer*in ein Werk hochlädt, ohne dass der Rechteinhaber direkt involviert ist, muss es sich um eine Urheberrechtsverletzung handeln – dass es freie Lizenzen sowie Urheberrechtsschranken gibt, wurde völlig außer Acht gelassen.

 

9. Deine eigene künstliche Intelligenz trainieren

Okay, vielleicht tust du das heute noch nicht – aber in näherer Zukunft könntest du es vielleicht tun wollen.

Die Art, wie User*innen ihre Rechner dazu bringen, nützliche Aufgaben zu erledigen, verändert sich durch die stetige Weiterentwicklung künstlicher Intelligenz: Traditionell trägt man einer Maschine eine Aufgabe auf, indem man sie programmiert – also Schritt-für-Schritt-Anweisungen schreibt. Eine KI wird im Gegensatz dazu nicht programmiert, sondern trainiert. Du „zeigst“ ihr eine Menge Daten, die deine Aufgabe abbilden (die Eingaben sowie das erwünschte Resultat), und lässt die Maschine dann quasi selbstständig die dafür notwendigen Schritte herausfinden. Eine KI einzusetzen involviert daher das Kopieren großer Datenmengen – von denen viele urheberrechtlich geschützt sind.

Die Urheberrechtspläne führen zum ersten Mal eine europaweite Erlaubnis (Urheberrechtsschranke) für „Text and Datamining“ ein, also für die automatische Analyse großer Datenmengen – jedoch ausschließlich für „ Forschungsorganisationen und „für die Zwecke der wissenschaftlichen Forschung“.

Dir wird’s also nicht erlaubt – und auch nicht den unzähligen anderen Hobbyist*innen, Hacker*innen, privaten Forscher*innen, Journalist*innen, gemeinnützigen Unternehmen, NGOs uvm., die wertvolle Beiträge leisten und Entdeckungen machen könnten… oder mit Technologien auch einfach nur spielen und umzugehen lernen wollen.

Im Detail:

  • Neue Urheberrechtsschranke: Artikel 3 (1) des Urheberrechts-Entwurfs etabliert eine neue Ausnahme für Text- and Datamining
  • Aber nicht für dich: Sie ist jedoch spezifisch limitiert auf „Forschungsorganisationen“ and „für die Zwecke der wissenschaftlichen Forschung“.

 

+ Nicht betroffen: MegaUpload

Wer von den massiven Einschränkungen für Links und Uploads nicht betroffen ist: Ein Dienst wie MegaUpload, der berüchtigterweise von US-Behörden abgedreht wurde, weil damit angeblich systematisch Urheberrechte verletzt wurden.

Das beweist: Dieses Gesetz zielt nicht auf Seiten ab, die es tatsächlich mit dem Urheberrecht nicht so genau nehmen – die Intention ist schlicht, die Betreiber von sozialen Netzwerken und Suchmaschinen dazu zu bringen, schwächelnde Player der europäischen Kulturindustrie querzufinanzieren.

Im Detail:

  • Aktive Rolle? Erwägungsgrund 38 des Urheberrechts-Reformvorschlags betont, dass Plattformen haftbar für Urheberrechtsverletzungen ihrer User*innen werden, wenn sie „aktiv daran beteiligt [sind], beispielsweise die Präsentation der hochgeladenen Werke oder Schutzgegenstände zu optimieren oder sie bekannt zu machen“.
  • Dateihoster wie MegaUpload speichern hochgeladene Inhalte und stellen sie für jene bereit, die den Link kennen, bewerben sie aber nicht und machen sie nicht auf der Plattform auffindbar. Daher spielen sie vermutlich keine „aktive Rolle“ in der öffentlichen Zugänglichmachung und wären nicht von der Verpflichtung betroffen, die Artikel 13 etabliert.

 

Was du tun kannst

Das Europäische Parlament und der Rat (die Regierungen der Mitgliedsstaaten) haben gerade erst begonnen, Oettingers Pläne zu diskutieren.

Fordere sie auf das EU-Leistungsschutzrecht (Artikel 11) und die verpflichtende Upload-Überwachung (Artikel 13) abzulehnen:

Kontaktiere deine Abgeordneten direkt

Nutze das Mailformular der #SaveTheLink-Kampagne

 

Betreibst du einen Onlinedienst, der von den Plänen betroffen sein könnte, wie etwa ein Forum oder einen anderen Dienst, der Uploads akzeptiert? Blogge darüber, was diese Vorschläge für dich bedeuten würden, spreche lokale Medien an, oder teil deine Geschichte in den Kommentaren mit uns!

Um mehr zu erfahren, sieh dir unsere englischsprachige Publikation auf Medium an, wo wir kritische Stimmen von vielen Teilhabern versammeln, darunter etwa Mozilla (die Macher von Firefox) und EDRi, die in der EU für deine Rechte im Netz kämpfen.

Und nicht zuletzt: Hilf mit, diesen Artikel zu verbreiten!

Soweit dies durch das Gesetz möglich ist, hat der Schöpfer auf das Copyright und ähnliche oder Leistungsschutzrechte zu seinem Werk verzichtet.

 

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https://www.piratenpartei.de/2017/01/25/10-alltaegliche-dinge-im-netz-die-die-eu-kommission-verbieten-will-oettingers-vermaechtnis/feed/ 2
Julia Reda führt fraktionsübergreifenden Widerstand gegen EU-Leistungsschutzrecht an https://www.piratenpartei.de/2017/01/11/julia-reda-fuehrt-fraktionsuebergreifenden-widerstand-gegen-eu-leistungsschutzrecht-an-2/ https://www.piratenpartei.de/2017/01/11/julia-reda-fuehrt-fraktionsuebergreifenden-widerstand-gegen-eu-leistungsschutzrecht-an-2/#respond Wed, 11 Jan 2017 17:57:19 +0000 https://www.piratenpartei.de/?p=28760 In einem neuen Kampagnenvideo sprechen sich zwölf Mitglieder des Europäischen Parlaments unisono gegen den Gesetzesentwurf für ein EU-Leistungschutzrecht für Presseverleger aus, den der scheidende Digitalkommissar Günther Oettinger im Herbst vorgelegt hatte.

Mitglieder sämtlicher EU-Fraktionen (mit Ausnahme der Rechtsextremen) schließen sich damit der Kampagne von Julia Reda an. Reda ist Europaabgeordnete der PIRATEN und eine stellvertretende Vorsitzende der Grüne/EFA-Fraktion. Aus Deutschland sind weiter Dietmar Köster (SPD), Martina Michels (LINKE) und Alexander Graf Lambsdorff (FDP) vertreten. Mit dem polnischen MdEP Michał Boni (EVP) ist auch ein Fraktionskollege von Oettinger Teil der Kampagne.

„Der Plan der Kommission würde die Art und Weise, wie wir heute Nachrichten teilen, illegal machen“, warnt Philippe Lamberts, der belgische Ko-Vorsitzende der grünen Fraktion, im Video. „Dieser Plan würde die Meinungsfreiheit im Internet einschränken“, urteilt Laura Ferrara von der italienischen Fünf-Sterne-Bewegung. „Das Vorhaben schadet kleinen Verlagen und innovativen Startups“, so Brando Benifei von den italienischen Sozialdemokraten. „Journalisten werden davon keinen Vorteil haben“, ergänzt Dietmar Köster.

Julia Reda kommentiert:

„Das EU-Leistungsschutzrecht stößt nicht nur in der Bevölkerung auf breiten Widerstand. Dass sich nun Abgeordnete aus allen Fraktionen dem Protest anschließen, macht mich zuversichtlich, dass das Parlament die Linkfreiheit verteidigen und das Leistungschutzrecht ablehnen wird. Das EU-Leistungsschutzrecht soll im Gegensatz zum ähnlichen Gesetz, das in Deutschland seit 2013 in Kraft ist, nicht nur Suchmaschinen und Nachrichtenaggregatoren, sondern auch soziale Netzwerke und sogar Blogger zur Kasse bitten, wenn sie kurze Anreißer von Nachrichteninhalten verbreiten. Die vorgesehene Schutzfrist ist zwanzigmal so lange wie in Deutschland. Im Gesetzesentwurf ist keinerlei Ausnahme für kürzeste Textpassagen oder für Privatpersonen vorgesehen.“

Am morgigen Donnerstag wird der Rechtsausschuss des Europaparlaments erstmals über den Urheberrechtsreformvorschlag beraten. Die zuständige Berichterstatterin Therese Comodini Cachia (EVP) wird im März ihren Entwurf für einen Standpunkt des Parlaments vorlegen.

Kampagnenvideo zu „Save the link“:

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